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Information zum Buch
Die Erwerbsquote von Frauen liegt in Deutschland weiterhin deutlich unter der von Männern. Jutta Allmendinger untersucht, welche Lebensumstände dazu führen, dass Frauen sich vom Arbeitsmarkt zurückziehen. Sie zeigt, dass neben Familienstand und Kindern der zuletzt ausgeübte Beruf wesentlich die Dauer der Nichterwerbstätigkeit beeinflusst. Was aber tun die Frauen während dieser Zeit neben unbezahlter Haus- und Pflegetätigkeit? Welche Rolle spielen Ehrenämter, Umschulungen und Weiterbildung? Welche Frauen treten schließlich wieder in den Arbeitsmarkt ein? Das Buch veranschaulicht die Vielfalt an Lebenswegen, persönlichen Wünschen und Schwierigkeiten, die zur Nichterwerbstätigkeit führen. In persönlichen Porträts geben nichterwerbstätige Frauen zusätzlich Auskunft. Ein abschließender Blick auf die Rahmenbedingungen in anderen europäischen Ländern macht deutlich: Der Staat täte gut daran, typische Hindernisse auf dem Weg zurück ins Berufsleben zu beseitigen und den Frauen aktive Hilfe für den Wiedereinstieg anzubieten. Denn sie werden als qualifizierte Arbeitskräfte gebraucht.
Informationen zur Autorin
Jutta Allmendinger, geboren 1956, ist Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung und Professorin an der Humboldt-Universität zu Berlin. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen Bildungssoziologie, Soziologie des Arbeitsmarktes, soziale Ungleichheit und deren Auswirkungen auf die Lebensverläufe von Frauen. Sie ist Autorin und Herausgeberin zahlreicher Bücher. Zuletzt erschien von ihr »Frauen auf dem Sprung. Wie junge Frauen heute leben wollen« (2009).
Jutta Allmendinger
Verschenkte Potenziale?
Lebensverläufe nicht erwerbstätiger Frauen
Unter Mitarbeit von Mareike Ebach, Marina Hennig und Stefan Stuth
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
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ISBN der Printausgabe: 978-3-593-39266-0
E-Book ISBN: 978-3-593-40956-6
Dieses Buch entstand auf Anregung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Im Jahr 2008 wurde dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) zunächst das Projekt »Wiedereinsteigerinnen: Die Potenziale nicht erwerbstätiger Frauen für den Arbeitsmarkt« übertragen und 2010 das Projekt »Nichterwerbstätigkeit von Frauen: Pfade, Probleme, Potenziale«. Unsere Ansprechpartnerin seitens des Bundesministeriums war die Abteilung Gleichstellung, Chancengleichheit unter der Leitung von Eva Maria Welskop-Deffaa. Neben ihr unterstützten Martina Gräfin von Bassewitz und Irene Bangert unsere Untersuchung.
Am WZB leiteten Jutta Allmendinger und Marina Hennig die beiden Projekte. Zum Team gehörten Stefan Stuth und Mareike Ebach, studentische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren Julia Schorlemmer, Anna Erika Hägglund und Eric Scholz.
Die meisten Kapitel dieses Buches sind im Gesamtzusammenhang der Projekte entstanden. Sie wurden für dieses Buch zusammengestellt und ergänzt. Die Verantwortung für den Text liegt allein bei der Autorin.
Berlin, im Juli 2010
|9|Kapitel 1
Die Tagesthemen am 24. Juni 2010. Die Sendung beginnt mit der Nachricht, dass sich die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der 16 deutschen Bundesländer für eine Frauenquote in Führungspositionen ausspricht. Eine gesetzliche Regelung soll bis Anfang 2011 vorbereitet werden. Die bayerische Justizministerin, Frau Dr. Beate Merk, CSU, erläutert eloquent und höchst überzeugend, warum nicht länger gewartet werden dürfe. Positionen in Aufsichtsräten und Vorständen börsennotierter Unternehmen würden von Frauen selbst dann oft nicht erreicht, wenn sie im Vergleich zu den Männern deutlich besser dafür qualifiziert sind. Man müsse endlich handeln. Das geböte die Geschlechtergerechtigkeit und das Wohl des Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Man reibt sich die Augen. Wenige Wochen zuvor hatte die Telekom ein Tabu gebrochen und eine Frauenquote eingeführt. Konnte dies noch leicht als Marketing eines Konzerns abgetan werden, der weibliche Kunden an sich binden möchte, so besitzt die Offensive der Bundesländer eine ganz andere Wucht. Plötzlich ist da mehr als die stete Flut von Nachrichten über die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen in vergleichbaren Positionen, mehr als der Girls’ Day, mehr als die häufigen Berichte über geringfügige Beschäftigung von Frauen. Auf einmal wird es irgendwie konkret.
Monika und Anke, Kathrin und Sabine, Julia und Sirin sehen die Tagesthemen. Sie fühlen sich wenig angesprochen, denn ihre Gedanken kreisen um andere Probleme. Alle sechs Frauen haben ihr Erwerbsleben für längere Zeit unterbrochen. Finden sie zurück in den Arbeitsmarkt? Mittlerweile sind Monika, Anke und Kathrin über 50. Monika hat ihr Leben lang Teilzeit als Altenpflegerin gearbeitet, doch ihr Rücken spielte nicht mehr mit. Seit einigen Jahren ist sie erwerbsgemindert. Ein beruflicher Aufstieg blieb für sie reine Utopie, in Teilzeit ist der kaum möglich. Anke dagegen arbeitete über Jahrzehnte hinweg als Bautechnikerin in Vollzeit. Als ostdeutsche Frau hielt sie ihre Erwerbstätigkeit trotz der beiden Kinder für völlig normal, sie wuchs |10|so auf, schon ihre Mutter arbeitete ganztags. Derzeit ist Anke arbeitslos, nicht zum ersten Mal. Auch sie stand nie vor der Entscheidung, eine Führungsposition einzunehmen. Sicher, das Zeug dazu hätte sie, doch auch in der DDR saßen Frauen selten in den Chefsesseln. Kathrin ist ihr westdeutsches Pendant. Sie schloss eine Lehre zur Tierarzthelferin ab, arbeitete in ihrem Beruf einige Zeit, heiratete und gründete eine Familie. Die Kinder brauchten sie daheim, davon war sie fest überzeugt. Sie unterbrach ihre Erwerbsarbeit. Alternativen hätte es allemal nicht gegeben, in ihrer Gegend ließen sich damals weit und breit kaum Kitas oder Kindergärten finden, erst recht nicht mit ganztägigem Betreuungsangebot. Mittlerweile sind ihre beiden Kinder erwachsen, doch keine Sekunde vergeht, ohne dass Kathrin sie zu Hause vermisst.
Sabine, Julia und Sirin sind jünger. Sabine ist Bibliothekarin in Rostock und kämpft mit dem sich verändernden ostdeutschen Arbeitsmarkt. Sie erhält nur noch befristete Arbeitsverträge, wechselte schon in geringfügige Beschäftigungen, doch von diesem Einkommen kann sie nicht leben. Seit einigen Jahren ist sie arbeitslos. Julia, die Floristin, versuchte nach der Geburt ihres Kindes ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Ohne Erfolg. Schließlich zog sie sich aus ihrem Job zurück. Sirin ist eine junge Deutsche mit türkischen Wurzeln. Sie legte das Abitur ab, absolvierte eine Lehre zur Bankkauffrau und arbeitete erfolgreich in ihrem Beruf. Jetzt ist sie alleinerziehende Mutter einer dreijährigen Tochter und brennt darauf, endlich wieder voll erwerbstätig zu sein. Sirin ist die einzige der sechs Frauen, die der bayerischen Justizministerin förmlich an den Lippen hängt. Selbst die Leitung einer Bankfiliale zu übernehmen, kann sich Sirin sehr gut vorstellen.
Monika, Anke, Kathrin, Sabine, Julia und Sirin werden uns durch dieses Buch begleiten. In diesem ersten Kapitel beschreiben wir, in welcher Gesellschaft sie heute leben, und erklären, was sich hinter dem Aktionsprogramm »Perspektive Wiedereinstieg« verbirgt. Das zweite Kapitel stellt die Situation in anderen europäischen Ländern dar. Es wird von Informationen im Anhang unterstützt. Wir kommen im dritten Kapitel zu einer Bestandsaufnahme der Nichterwerbstätigkeit in Deutschland: Wie viele Frauen sind nicht erwerbstätig? Welches Sozialprofil haben sie? Die Lebensverläufe der nicht erwerbstätigen Frauen folgen in Kapitel 4. Diese lassen uns eines neu entdecken: Wollen wir mehr über die Dauer der Erwerbsunterbrechung wissen, müssen wir auch die Berufe der Frauen genau betrachten. Diesen Zusammenhang erläutern wir näher in Kapitel 5.
|11|Unsere sechs Frauen sind nicht erwerbstätig. Doch keine von ihnen sitzt tatenlos zu Hause herum. Wie viel und was sie alle arbeiten, das zeigt Kapitel 6. Dann verschieben wir die Perspektive: Wie geht die Bundesagentur für Arbeit mit der Nichterwerbstätigkeit von Frauen um? Welche Programme bietet sie an, welche Probleme sieht sie? Auch dieses Kapitel wird durch weiterführende Informationen und nützliche Adressen unterstützt, die im Anhang des Buches zusammengestellt sind. Mit Kapitel 8 gelangen wir an das Ende eines langen Prozesses: Wir betrachten den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. Welche unserer Frauen wünscht und schafft den Wiedereinstieg? Wir schließen mit Kapitel 9. Wie steht es nun um die Potenziale von nicht erwerbstätigen Frauen? Sind sie versteckt? Werden sie verschenkt?
In diesem Buch steht die Hausfrau im Mittelpunkt, die man sonst häufig gar nicht mehr wahrnimmt. Es geht einmal nicht um die Erwerbsfrau, die in aller Munde ist. Unsere Untersuchungen beruhen auf einer Sammlung von empirischen Fakten, berechnet und zusammengestellt aus Daten des Mikrozensus, des Statistischen Bundesamtes, der OECD, der EU, der Bundesagentur für Arbeit und des Sozio-oekonomischen Panels. Zugrunde liegen auch Gespräche mit nicht erwerbstätigen Frauen, einige dieser Protokolle wurden zwischen den Kapiteln abgedruckt. Die Ausführungen zur Bundesagentur für Arbeit und zum Aktionsprogramm »Perspektive Wiedereinstieg« wurden auf Grundlage vieler Gespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesagentur für Arbeit, der Arbeitsgemeinschaften und der Länder erstellt. All das sind facts and figures. Erfunden sind nur Monika, Anke, Kathrin, Sabine, Julia und Sirin. Sie helfen uns, sicher durch das Dickicht des Materials zu gelangen.
Frauen zwischen Beruf und Familie
Nicht erwerbstätige Frauen werden oft vergessen. Es gibt sie nur in zwei abgeleiteten Rollen: als Mütter von Kindern und als Töchter von Eltern. Töchter, die ihre Eltern und Großeltern pflegen. Mütter, die ihre Kinder erziehen. Das sind starke und wirkungsvolle Rollen, unterstützt von Traditionen, zusammengehalten von Institutionen und ihren Lücken: dem Fehlen von Kinderbetreuungseinrichtungen und guten Ganztagsschulen, der mangelnden Vereinbarkeit von Beruf und Familie, der selbstverständlichen Zuweisung von Erziehung und Pflege an Frauen. Sind Frauen in dieser Rolle, verzichten sie oft für Jahre auf ihr eigenes Erwerbsleben. Anschließend finden sie nur |12|langsam und mühevoll zurück in den Arbeitsmarkt. Manche bleiben für immer außen vor.
Frauen leben in zwei Welten, stehen unentschieden zwischen zwei Heuhaufen wie immer schon Buridans Esel. Hier der Beruf, dort die Familie. Hier das eigene Geld, die finanzielle Unabhängigkeit, die Freunde und Kollegen. Dort die geliebte Familie, die Kinder und Partner, die Eltern und Großeltern. Im Beruf fehlt die Familie, in der Familie fehlt der Beruf. Irgendwie geht das nicht zusammen, hier in diesem Land.
Doch die Anziehungskraft der beiden Pole verändert sich. Die Zugkraft der Familie wird mit der Zeit geringer. Wortwörtlich. Frauen bekommen weniger Kinder, insbesondere aber bleiben Frauen heute weit häufiger als früher kinderlos. Eine einfache Zeitreihe von Frauen bis zum Alter von 45 Jahren verdeutlicht dies.1 Von den 1950 geborenen westdeutschen Frauen hatten 15 Prozent keine Kinder, von den 1955 geborenen Frauen waren es 19 Prozent, von den 1960 geborenen Frauen 23 Prozent. In Ostdeutschland zeigt sich ein anderes Bild. Dort blieben von den 1950 geborenen Frauen8 Prozent kinderlos, von den 1955 geborenen Frauen 6 Prozent und von den 1960 geborenen Frauen 11 Prozent. Aus den Statistiken lässt sich nicht entnehmen, wie viele Frauen keine Kinder bekommen können. Allerdings gehen wir davon aus, dass sich dieser Anteil über die Jahre kaum verändert hat. Dagegen wissen wir aus Erhebungen, dass sich die meisten Frauen eigentlich Kinder wünschten, doch aus ganz unterschiedlichen Gründen auf sie verzichten mussten. Diese Frauen sehen für sich keine Möglichkeit, wie sie Beruf und Familie miteinander vereinbaren können. Denn sie müssen und wollen finanziell auf eigenen Beinen stehen.2 Frauen ohne Kinder unterscheiden sich in ihren Erwerbsverläufen wenig von Männern. Die meisten dieser Frauen arbeiten kontinuierlich und oft in Vollzeit. Allerdings zeigen sich auch bei ihnen deutliche Unterschiede im erzielten Einkommen und in dem erreichten beruflichen Status. Frauen ohne Kinder gelangen nur selten in Führungspositionen.
Während viele Frauen auf die Gründung einer Familie zu verzichten scheinen, erhöht sich die Bedeutung der Erwerbstätigkeit im Laufe der Zeit deutlich. Dabei ist das Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung schwer zu bestimmen. Führt die höhere Erwerbsquote zu einer geringeren Geburtenrate? Folgen aus hohen Scheidungsquoten auch hohe Erwerbsquoten? In welcher Beziehung stehen der demografische Wandel, sich verändernde Wirtschaftsstrukturen, die Bildungsgewinne von Frauen, ihre Erwerbsquoten und Arbeitszeiten? Mit diesen Fragen reißen wir komplexe Themen an, die |13|hier jedoch nicht im Vordergrund stehen. Die großen Umbrüche in all diesen Bereichen lassen sich aber nicht übersehen. Schauen wir auf einige der markantesten Entwicklungen und beurteilen ihre Auswirkungen auf die Frauen.
Abbildung 1.1: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Wirtschaftssektoren (in Prozent), 1950 bis 2007
Quelle: Statistisches Bundesamt. Ergebnisse der Erwerbstätigenrechnung in der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR)3
Der Arbeitsmarkt hat sich über die Jahrzehnte stark verändert. Die deutsche Wirtschaft durchläuft einen doppelten Strukturwandel.4 Zum einen sinkt die Bedeutung des produzierenden Gewerbes zwischen 1950 und 2007 deutlich, während die übrigen Wirtschaftszweige und die Dienstleistungen eine zunehmend größere Rolle spielen. Mittlerweile übertreffen sie die Bedeutung |14|des produzierenden Gewerbes bei Weitem (Abbildung 1.1). Dies hat Folgen für die Beschäftigung von Frauen, da sie traditionell eher im Dienstleistungssektor arbeiten, während sich typische Männerberufe vor allem im industriellen Bereich finden. Zum anderen wachsen die wissens- und forschungsintensiven Wirtschaftszweige. Die Branchen, die weniger auf hoch qualifizierte Arbeitskräfte und moderne Produktionsanlagen setzen, schrumpfen hingegen. Blicken wir auf die Entwicklung seit 1996, so waren allein die wissensintensiven Bereiche der Wirtschaft von sich aus in der Lage, neue Arbeitsplätze zu schaffen (Abbildung 1.2). Auch diese Tendenz hin zu hoch qualifizierter Beschäftigung kommt Frauen zugute.
Abbildung 1.2: Arbeitseinsatz (geleistete Arbeitsstunden) nach Wirtschaftsbereichen in Deutschland
Index: 1995 = 100. 2006 hochgerechnet auf Grundlage der Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, Bundesagentur für Arbeit. Quelle: Belitz et al. (2008b).5 Berechnungen des DIW. Siehe auch Expertenkommission Forschung und Innovation, Gutachten 2008
Dies ist aus Abbildung 1.3 sofort ersichtlich. Sie zeigt die Bildungsexpansion zwischen 1950 und 2008, dargestellt am Beispiel des höchsten Schulabschlusses in Deutschland, dem Abitur. Wir sehen enorme Bildungsgewinne bis zum Jahr 1998, danach stagniert der Wert bis 2004. Seitdem steigen die Abiturientenquoten wieder. Betrachten wir die jungen Männer und jungen |15|Frauen getrennt voneinander. Wir erkennen, dass aus den Bildungsvorteilen von jungen Männern zwischen 1950 bis Mitte der siebziger Jahre deutliche Bildungsvorteile von jungen Frauen geworden sind. Frauen nutzen ihr Abitur, beginnen häufiger als Männer ein Studium und schließen es auch öfter als diese ab.
Abbildung 1.3: Anteil an Absolventen mit allgemeiner Hochschulreife an allgemeinbildenden Schulen an allen Personen des typischen Altersjahrgangs in Deutschland nach Geschlecht, 1950 bis 2008, in Prozent
Daten: Statistisches Bundesamt, verschiedene Jahrgänge, Fachserie 11.1 – Allgemeinbildende Schulen, Wiesbaden. Quelle: Helbig (2011) 6
Bislang skizzierten wir zwei große Entwicklungslinien: Zum einen bemerken wir auf dem Arbeitsmarkt eine deutliche Tendenz hin zu höheren Beschäftigungsanteilen im Dienstleistungssektor und in Berufen, die eine sehr gute Qualifikation erfordern. Zum anderen stellten wir im Bildungsbereich fest, dass die Frauen ihre männlichen Altersgenossen überholen, meist besser (aus-)gebildet sind. Eine dritte Entwicklungslinie soll nicht unerwähnt bleiben: die demografische Zusammensetzung der Bevölkerung in Deutschland.
|16|In unserer Gesellschaft werden zunehmend mehr alte Menschen leben. Ende 2005 waren 19 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre alt und 61 Prozent im Erwerbsalter zwischen 20 und 65 Jahren. Bis zum Jahre 2050 verschieben sich die Anteile, so dass nur noch etwa die Hälfte der Einwohner im Erwerbsalter und ein Drittel über 65 Jahre sein wird. Die geburtenstarken Jahrgänge nähern sich dem Rentenalter und gleichzeitig sinkt die Zahl der jüngeren Arbeitskräfte. Hilmar Schneider vom Institut zur Zukunft der Arbeit schreibt: »Bis 2020 wird die Zahl der Arbeit anbietenden Menschen demografisch bedingt soweit abgeschmolzen sein, dass rein rechnerisch jeder Arbeitswillige einen Arbeitsplatz haben kann.«7 »Dies gilt jedoch nur«, so Peter Schnur und Gerd Zika vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, »wenn der künftige Arbeitskräftebedarf nicht nur quantitativ, sondern auch qualifikatorisch gedeckt werden kann.«8 Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung gibt zu bedenken, dass in Deutschland bereits im Jahr 2014 zwischen 23.000 und 95.000 Ingenieure und 155.000 bis 397.000 andere Akademiker fehlen werden.9 Diese Entwicklung ist für unser Thema ebenfalls wichtig. Die gut gebildeten Frauen werden auf dem Arbeitsmarkt dringend benötigt. Ohne sie geht es nicht mehr.
Auf den ersten Blick kommt diese Botschaft auch an. Parallel zu dem sich umstrukturierenden Arbeitsmarkt, den Bildungsgewinnen von Frauen und der demografischen Wende verändern sich die Erwerbsquoten von Frauen und Männern (Abbildung 1.4). Zwischen 1960 und 2009 steigt die Erwerbsquote von Frauen (von 48 Prozent auf 66 Prozent) und die der Männer sinkt (von 91 Prozent auf 76 Prozent). Betrug im Jahr 1960 der Unterschied zwischen Männern und Frauen noch 43 Prozentpunkte, so liegt er heute nur noch bei knapp 10 Prozentpunkten. Führt man sich vor Augen, dass Monika um 1960 geboren wurde und Sirin um 1980, so ist das eine massive Veränderung in kürzester Zeit, innerhalb nur einer Generation.
Abbildung 1.4: Erwerbsquoten von Frauen und Männern zwischen 1960 und 2009, in Prozent der Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 65 Jahren
Quelle: Statistisches Bundesamt, Eurostat, Mikrozensus, verschiedene Jahrgänge
Hinter dieser beachtlichen Annäherung der Erwerbsquoten von Frauen und Männern verbergen sich jedoch gewaltige Unterschiede. Vier Bereiche stechen besonders hervor: Frauen und Männer üben verschiedene Berufe aus (horizontale Segregation), sie arbeiten auf unterschiedlichen Positionen in diesen Berufen (vertikale Segregation), ihre Arbeitsvolumen weichen deutlich voneinander ab (gender time gap), wie auch die Gesamtdauer ihrer Erwerbstätigkeit über den Lebensverlauf hinweg. Dieses geschlechtstypische Bild der Erwerbsarbeit führt zu großen Unterschieden zwischen Männern und Frauen im Jahreseinkommen, im Stundenlohn für vergleichbare Arbeit (gender wage gap) und in der Rente aus eigener Erwerbsarbeit.10
Die horizontale Segregation lässt sich mit wenigen Daten des Statistischen Bundesamts umschreiben. Die Hälfte aller erwerbstätigen Frauen arbeitet in nur fünf von 87 Berufsgruppen: 20 Prozent der Frauen in Büroberufen, 10 Prozent in Gesundheitsdienstberufen, 8 Prozent als Verkaufspersonal, 7 Prozent in sozialen Berufen, 6 Prozent in Reinigungs- und Entsorgungsberufen. Von den erwerbstätigen Männern ist nur knapp ein Viertel in den fünf am stärksten besetzten Berufsgruppen beschäftigt: 6 Prozent in Büroberufen, 5 Prozent in der Unternehmensleitung und -beratung, 5 Prozent in den Berufen des Landverkehrs, 4 Prozent sind Ingenieure und ebenso viele Techniker. Die erwerbstätigen Männer verteilen sich also auf wesentlich mehr Berufsgruppen.11
Die vertikale Segregation hat die Justizministerinnen und Justizminister der Bundesländer veranlasst, eine Frauenquote in Führungspositionen zu |18|fordern. Betrachtet man in Deutschland Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten, sind nur 6 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt, in mittelständischen Betrieben sind es 20 Prozent. Auch im öffentlichen Dienst finden sich weit weniger Frauen in Führungspositionen als ihrem Beschäftigtenanteil entsprechen würde.12
Der gender time gap wird durch die durchschnittlich geleistete Arbeitszeit von Frauen und Männern gemessen. Abbildung 1.5 zeichnet ein genaues und deutliches Bild. Zunächst entnehmen wir den Daten, dass die Erwerbsquote von Frauen ausschließlich aufgrund der Zunahme von Teilzeittätigkeit gestiegen ist (Abbildung 1.5.1). Diese erhöht sich von 12 Prozent im Jahr 1985 auf 30 Prozent im Jahr 2007. Dabei fällt der Anstieg von Arbeitszeiten unter 15 Stunden pro Woche besonders auf. Die Vollzeitbeschäftigung ist im gleichen Zeitraum dagegen von 30 Prozent auf 28 Prozent gesunken. Auch das sogenannte Normalarbeitsverhältnis, die unbefristete Vollzeitbeschäftigung als Angestellte und Arbeiterin, verringerte sich von 24 auf 21 Prozent. Betrachten wir die Entwicklung bei Männern (Abbildung 1.5.2). Hier erhöht sich die Teilzeitbeschäftigung von 1 Prozent im Jahr 1985 auf 10 Prozent im Jahr 2007. Allerdings nimmt hauptsächlich die Teilzeit von 15 oder mehr Stunden pro Woche zu. Die Vollzeitbeschäftigung von Männern sinkt von 67 Prozent im Jahr 1985 auf 55 Prozent im Jahr 2007. Die Normalarbeitsverhältnisse gehen von 51 Prozent auf 41 Prozent zurück. Wir sehen also einen ähnlichen Trend. Dabei müssen wir uns jedoch vergegenwärtigen, dass weiterhin enorme Unterschiede in der Beschäftigungssituation von Frauen und Männern bestehen. Der Anteil Vollzeit beschäftigter Männer ist doppelt so hoch wie der Anteil Vollzeit beschäftigter Frauen.
Abbildung 1.5.1: Entwicklung des Arbeitsvolumens von Frauen, Deutschland 1985 bis 2007, in Prozent aller Frauen
Daten: Mikrozensus, verschiedene Jahrgänge und amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit. Bis 1990 alte Bundesländer, ab 1991 alte und neue Bundesländer zusammen. Quelle: Schmid und Protsch (2009)13
Abbildung 1.5.2: Entwicklung des Arbeitsvolumens von Männern, Deutschland 1985 bis 2007, in Prozent aller Männer
Daten: Mikrozensus, verschiedene Jahrgänge und amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit. Bis 1990 alte Bundesländer, ab 1991 alte und neue Bundesländer zusammen. Quelle: Schmid und Protsch (2009)
Hinzu kommen deutliche Unterschiede in der Lebensarbeitszeit. Noch immer unterbrechen Frauen ihre Erwerbstätigkeit lange, um ihre Kinder zu erziehen oder ihre Eltern zu pflegen. Männer nehmen nur selten und kurze Erziehungs- und Pflegezeiten. Es ist nicht so, dass Monika, Anke, Kathrin, Sabine, Julia und Sirin diese erziehungs- und pflegebedingten Ausstiege aus dem Erwerbsleben unbedingt wollten. Kathrin sah damals keine Möglichkeit, wie sie ihren Beruf und ihre Familie unter einen Hut bringen sollte. Ihr Mann hätte eine weitere Erwerbsarbeit von Kathrin auch gar nicht verstanden, |21|verdient er doch genug für die ganze Familie. Bei Julia und insbesondere der jungen Sirin war es anders. Sie suchten nach guten Kitas für ihre Kinder und konnten diese partout nicht finden. Anke und Sabine, den beiden ostdeutschen Frauen, lagen familienbedingte Unterbrechungen völlig fern, ihre Nichterwerbstätigkeit ist den Umbrüchen des ostdeutschen Arbeitsmarktes geschuldet.
Die Folgen dieses Geflechts aus frauentypischen Berufen, niedrigen Arbeitszeiten, geringen Einkommen und langen Unterbrechungen spüren die Frauen alle. Sie haben wenig eigenes Geld zum Leben, sind abhängig vom Unterhalt des Partners oder Transferleistungen des Staates. Auf eigenen Beinen stehen? Das ist nicht.
Initiativen wie die der Europäischen Union mit ihren beschäftigungspolitischen Leitlinien sind daher nötig und hochwillkommen. Neben der Ausrichtung auf Vollbeschäftigung, der Steigerung der Arbeitsplatzqualität und der Arbeitsplatzproduktivität fordert die Europäische Union, dass sich die Beschäftigungspolitik am Lebenszyklus der Menschen orientiert. Diese soll geschlechtsspezifische Unterschiede in der Beschäftigung und Entlohnung konsequent beseitigen. Das Bild der zwei Heuhaufen wird durch die Leitlinien der EU hinterfragt. Frauen wie Männer müssen ihren eigenen Unterhalt sichern und Kinder erziehen können. Hierfür sind die nötigen Voraussetzungen gesellschaftlich wie kulturell zu schaffen, hierfür muss die Politik ununterbrochen werben.
Die Unentschiedenheit muss endlich weichen. Eine unserer Gesprächspartnerinnen in der Bundesagentur für Arbeit sagte treffend: »Es muss hier einfach Ziel werden, dass man bei Frauen nicht an eine Sondergruppe denkt. Eigenständige Existenzsicherung durch Erwerbsarbeit gilt für Männer wie Frauen und bei diesem Selbstverständnis sind wir noch nicht angelangt. Auch die BA müsste mit diesem Selbstverständnis arbeiten, aber das will der Gesetzgeber nicht. Er hat sich da einfach noch nicht klar entschieden. Das merkt man dann bei uns, und deswegen gibt’s immer wieder so Ausweichstrategien.«
Entschieden haben sich Politik und Arbeitsverwaltung für die »Perspektive Wiedereinstieg«, eine Presseerklärung zu deren Programm und Zielen findet sich abgedruckt auf den folgenden Seiten. Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein, aber ein wichtiger Tropfen. Und steter Tropfen höhlt den Stein.
Bundesfamilienministerium und Bundesagentur für Arbeit geben zum Internationalen Frauentag 2008 Startschuss für Aktionsprogramm »Perspektive Wiedereinstieg«.
Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ursula von der Leyen, und der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-J. Weise, geben zum Weltfrauentag 2008 gemeinsam den Startschuss für eine breit angelegte Initiative zur Unterstützung von Frauen, die familienbedingt mehrere Jahre aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und jetzt wieder in eine Erwerbstätigkeit einsteigen wollen. Das Programm des Bundesfamilienministeriums fußt auf drei Säulen. Neben einem gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit entwickelten Internetportal speziell für Wiedereinsteigerinnen wird es ein mit 14 Millionen Euro aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds ausgestattetes Budget für Projekte mit der Wirtschaft geben, die neue Wege für eine bessere Integration von Berufsrückkehrerinnen erproben. Um rasch in der Breite Wirkung zu erzielen, sind zudem auf lokaler Ebene bewährte und bereits in der Fläche verankerte Strukturen wie die Lokalen Bündnisse für Familie, die Mehrgenerationenhäuser oder das Bundesprogramm Lokales Kapital für Soziale Zwecke (LOS) in das Aktionsprogramm einbezogen. Sie sollen künftig im Rahmen ihrer jeweiligen Angebotspalette gezielte Schwerpunkte für die Zielgruppe der Wiedereinsteigerinnen setzen.
»Mit Elterngeld und Elternzeit haben wir im letzten Jahr viel für junge Mütter und Väter in der Phase der Familiengründung getan. Wir ergänzen diese Politik nun um ein Maßnahmenpaket für Frauen, die nach sechs, sieben oder mehr Jahren wieder in den Beruf einsteigen. Sie dürfen nicht in einer beruflichen Sackgasse enden!«, sagt Ursula von der Leyen. »Längere Familienzeiten sind völlig in Ordnung. Doch 80 Prozent der Frauen streben – spätestens wenn die Kinder größer sind – zurück in den Beruf. Dafür benötigen sie als erstes Anknüpfungspunkte und Kontakte. Aber die sind insbesondere nach vielen Jahren Auszeit häufig verloren gegangen. Vor allem für Frauen ab 40 gerät das Projekt Wiedereinstieg deshalb zur großen Herausforderung. Für sie soll unser Aktionsprogramm |23|mit seinen Orientierungshilfen und konkreten Unterstützungsangeboten zur Startbahn in ein neues Berufsleben werden«, so von der Leyen.
»Die Bundesagentur für Arbeit wird im Jahr 2008 noch mehr als bisher für Berufsrückkehrerinnen tun«, so der Vorstandsvorsitzende der BA, Frank-J. Weise. »Für die Unternehmen können die Wiedereinsteigerinnen als gute Fachkräfte eine wichtige Rolle spielen. Darum investieren wir in die Weiterqualifizierung der Frauen und stellen dafür in diesem Jahr zusätzlich bis zu 175 Millionen Euro zur Verfügung. Wir wollen aber auch Vorbehalte bei Arbeitgebern abbauen und beraten die Betriebe durch unsere Arbeitgeberteams in den Agenturen für Arbeit, wenn sie eine Frau nach der Babypause einstellen möchten.«
Im Jahresdurchschnitt 2007 waren bei den Arbeitsagenturen rund 60.000 Berufsrückkehrerinnen arbeitslos gemeldet (und 600 Männer). Das waren knapp 9 Prozent aller arbeitslos gemeldeten Frauen im Rechtskreis SGB III. Sie sind meist hoch motiviert und haben gute Chancen auf eine Integration in den Arbeitsmarkt. Gerade Berufsrückkehrerinnen sind für den Arbeitsmarkt eine sehr interessante Gruppe. Nach einer in 2006 durch die Bundesagentur für Arbeit durchgeführten Befragung von Berufsrückkehrerinnen sind 80 Prozent unter 40 Jahre und 25 Prozent unter 30 Jahre alt. 87 Prozent der Befragten haben eine abgeschlossene formale Ausbildung, und etwa die Hälfte der Frauen hat die Berufstätigkeit für maximal drei Jahre unterbrochen. Ein Drittel der Rückkehrerinnen hat während der Elternzeit zusätzliche Kenntnisse erworben – etwa durch einen Minijob, durch Volkshochschulkurse, Mithilfe im Betrieb oder sogar das Schreiben einer Doktorarbeit.
»Gelingt einer Mutter um das 40. Lebensjahr der Wiedereinstieg, gibt es auf allen Seiten nur Gewinner. Die Berufsrückkehrerin hat die große Chance, die rund 27 verbleibenden Erwerbsjahre bis zum Erreichen der Altersgrenze intensiv zu nutzen. Und zwar nicht nur für den eigenen Berufsweg, sondern – heute mindestens so wichtig – für eine solidere und unabhängige finanzielle Absicherung im Alter. Auch für die Unternehmen rechnet sich die Beschäftigung von Frauen nach der Familienzeit. Wiedereinsteigerinnen sind in der Regel hoch motiviert, zuverlässig und reich an Lebenserfahrung und Kompetenz. Diese Erkenntnis muss in Zeiten eines nahenden Fachkräftemangels jeden pfiffigen Personaler aufhorchen lassen«, so von der Leyen.
|24|Das Bundesfrauenministerium hat einige Untersuchungen in Auftrag gegeben, um mehr über die Situation der Wiedereinsteigerinnen zu erfahren.
Die heute präsentierte SINUS-Studie zum Thema hat unter anderem drei wesentliche Befunde erbracht:
Die Berufsrückkehr ist kein punktuelles Ereignis, sondern ein Prozess, der sich von den ersten Überlegungen der Frau bis zur erfolgreichen Bewältigung des Berufseintritts in der Regel über mehrere Jahre hinzieht und dessen Erfolg von verschiedenen Faktoren abhängt.
Nicht die Frau allein, sondern die gesamte Familie ist vom Wiedereinstieg betroffen und beim Wiedereinstieg gefordert. Weit über 80 Prozent der potenziellen Wiedereinsteigerinnen sind verheiratet. Gegen den Partner und ohne seine Unterstützung ist für diese Frauen der Wiedereinstieg kaum zu schaffen. Allerdings geht ein hoher Anteil der von Sinus befragten Männer davon aus, dass der Wiedereinstieg der Frau mit ihnen »nichts zu tun« habe.
Erwartungen der Frauen und der Arbeitgeber an den Wiedereinstieg passen nicht automatisch zueinander. Das beginnt bei der Arbeitszeit, geht über die Frage der richtigen und notwendigen Weiter-Qualifikation bis zu den Fragen der »passenden« Aufgabenprofile für die neue Kollegin. Zahlreiche Unternehmen haben das Potenzial der Wiedereinsteigerinnen noch nicht richtig für sich erkannt.
Das Aktionsprogramm »Perspektive Wiedereinstieg« steht auf drei Säulen:
Gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit wird ein Internetportal mit Lotsenfunktion erstellt. Es unterstützt Frauen, die wieder erwerbstätig sein wollen, aber zumeist nicht arbeitslos gemeldet sind, bei der Suche nach einer bestimmten Beratungsstelle oder einer bestimmten Unterstützungsmaßnahme vor Ort. Das Portal geht noch in diesem Jahr online.
Ein beschäftigungspolitisch ausgerichtetes ESF-Programm soll von 2008 bis 2010 die Entwicklung von Maßnahmen unterstützen, die unter der Berücksichtigung der Situation der Wiedereinsteigerinnen und in Kooperation mit der Wirtschaft Wege für eine erfolgreiche Integration der Frauen in den Arbeitsmarkt aufzeigen. Hierfür stehen ESF-Mittel in |25|Höhe von rund 14 Millionen Euro zur Verfügung. Das Programm wird derzeit unter Einbeziehung von Wirtschaftsverbänden, Frauenverbänden und Beratungseinrichtungen entwickelt und soll im Herbst dieses Jahres ausgeschrieben werden.
Auf der lokalen Ebene werden die Lokalen Bündnisse für Familie und die Mehrgenerationenhäuser in das Aktionsprogramm einbezogen. Ferner soll in der neuen Förderperiode des Bundesprogramms Lokales Kapital für Soziale Zwecke ein Schwerpunkt für die Zielgruppe der Wiedereinsteigerinnen gesetzt werden. Bei den »Infobörsen für Frauen«, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend seit 2007 fördert und die in zahlreichen Städten und Gemeinden stattfinden, werden rund 40 spezielle Infobörsen jährlich nur zum Thema Wiedereinstieg gefördert.
»Ich setze bei dem Aktionsprogramm ›Perspektive Wiedereinstieg‹ auf einen langfristigen politischen Prozess, der viele Akteure einbinden wird: neben der Bundesagentur für Arbeit die Länder, die Unternehmerverbände, die Gewerkschaften, die Industrie- und Handelskammern, die Weiterbildungs- und Beratungseinrichtungen, die Frauenverbände und die Kommunalen Frauenbeauftragten«, so Ursula von der Leyen.