Titel
Impressum
Vorwort des Oberbürgermeisters der Stadt Frankenthal (Pfalz) Martin Hebich zur Neuerscheinung „Sie waren unsere Nachbarn“ von Paul Theobald
Vorwort
Kurze Darstellung der Geschichte der Israelitischen Kultusgemeinde Frankenthal
Die „privilegierte“ Ehe
DIE EINZELSCHICKSALE1)
Familie Julius und Regina Elsa, auch Elsa, Abraham geb. Strauß 2)
Familie Walter Wilhelm und Ruth Abraham geb. Fromm3)
Clementine Adler4)
Eva Adler geb. Schloss5)
Familie Philipp und Bertha Adler geb. Marum6)
Familie Ludwig und Alice Adler geb. Adler7)
Familie Richard Simon und Anna Adler geb. Stern8)
Martha Adler
Klara Andermann
Fanny Bender geb. Michel
Familie Julius und Lina Bender geb. Oppenheimer9)
Lise Lotte Recha Bender
Paul Leopold Bender
Familie Arthur und Bertha, auch Berta, Benjamin geb. Sommer
Aron Bergmann
Familie Alfred Nathan und Alice Margarethe Bloch geb. Weyl
Berta Blum geb. Loeb13)
Familie Dr. jur. Robert Wolfgang und Luise Charlotte Blum geb. Flesch14)
Familie Moses und Sidonie Blumenstiel geb. Levi15)
Familie Markus, auch Max, und Frieda Blumenstiel geb. Ottenheimer16)
Kurt Leopold Blumenstiel17)
Familie Samuel und Emma Bodenheimer geb. Leva18)
Ernst Jakob Bodenheimer19)
Alice Regina Bodenheimer20)
Abraham Aron Breindel (Breindl)
Familie Hermann und Klara (Clara) Brunner geb. Heil-bronner21)
Familie Heinrich und Sara Buxbaum geb. Dreifuß (Dreyfuß)
Art(h)ur Aron Dellheim
Familie Salomon, genannt Sally, und Martha Dellheim geb. Löb
Familie John, auch Johann, Norbert und Anne Lise Amalie Deutsch geb. Weil 23)
Liselotte Hilda Durlacher
Oswald Hugo Feis25)
Familie Eugen und Mina Fischer geb. Kahn
Familie Eugen und Elisabeth Fischer geb. Meyer
Paul Theodor Fischer26)
Kurt Anselm Fischer27)
Ernst Jakob Fischer
Familie Julius und Paula Fischer geb. Levy
Familie Justizrat Justus und Stephanie Flesch geb. Gutmann28)
Dina Flohr
Veronika Fränkel29)
Familie Adolf und Mathilde Frank geb. Ullmann
Elisabeth Frank
Anna Ernestine Frank
Else Groß
Familie Johannes und Franziska Groß geb. Kahn30)
Familie Ernst René und Helene Pauline Grosser geb. Huth
Familie Sally (Salomon) und Ida Grünebaum geb. Feidelberg
Jakob Wilhelm Grünewald33)
Dr. med. Maximilian Grünhut
Ria, auch Richa, Gümbel (Gimbel)34)
Selma Gutmann geb. Wolf
Josefine Hagenburger geb. Wolf
Adam Hagenburger
Familie Adolf und Karolina Heimann geb. Dellheim
Familie David und Susel Helfmann geb. Wischnitzer
August Hirsch
Familie Abraham und Sophie Hirsch geb. Hirsch
Familie Oskar und Friederike Hirsch geb. Günzburger36)
Familie Moritz und Elisabeth Hirsch geb. Lorch
Julius Hirsch
Barbara Hirschler
Familie Jakob, genannt Nathan, und Barbara, auch Babette, Hirschler geb. Eisemann37)
Familie Siegfried und Berta Hirschler geb. Hochherr38)
Familie Siegfried und Rosa Hirschler geb. Baer39)
Familie Johannes und Julie Hölz geb. Mayer
Johanna Jakobson
Familie Otto und Hedwig Jotter geb. Levi41)
Familie Edmund und Johanna Kahn geb. Loeb42)
Emil Elias Kahn43)
Cilly Sara Kahn
Familie Ludwig und Flora Kahn geb. Keller
Elisabeth Kahn
Gertrud Mina Kahn
Henriette, auch Hermine, Kahn47)
Rebekka Kalter geb. Allenberg
Familie Dr. jur. Alfons und Paula Charlotte Kalter geb. Hirsch48)
Familie Emil Kaufmann II. und Sophie geb. Levi(e)s
Familie Karl und Amalie Mathilde, genannt Lilly, Kaufmann geb. Bayerthal51)
Familie Fritz und Margarethe Kaufmann geb. Pfeifer52)
Familie Ernst und Elisabeth Katharina Kaufmann geb. Sass53)
Paula Klein
Katharina Klicker
Karoline, auch Caroline, Koch geb. Moses56)
Elsa Landau
Familie Adolf und Sara Lang geb. Hahn58)
Familie Alfred und Selma Salmon geb. Lang59)
Familie Friedrich, genannt Fritz, und Ida Lang geb. Bähr60)
Amanda Lazarus geb. Israel
Elsa, auch Else, Lehmann
Familie David und Johanna (Jeanne) Leva geb. Wallach61)
Alfred Lion
Emma Löb63)
Hugo Löb
Rosa Löb64)
Elisabeth Loeb geb. Klein
Familie Gabriel und Therese Loeb geb. Löwe65)
Regine Löwenstein
Familie Bernhard und Lina Lorch geb. Maier
Friedrich, genannt Fritz, Lorch
Kurt Lorch
Familie Heinrich und Flora Lurch geb. Dosenheimer68)
Familie Max und Gertrud Maas geb. Hanauer69)
Irma Maas
Willy Maas
Familie Max und Henny Maas geb. Hess70)
Familie Justizrat Dr. jur. Richard und Ida Anselmina Franziska Mann geb. Oppenheim71)
Dr. jur. Friedrich August Alexander Mann72)
Friedel Mayer
Familie Moses und Martha Mayer geb. Kaufmann73)
Anna Mayer74)
Familie Julius und Pauline, auch Paula, Mayer geb. Levi
Sophie Mayer geb. Lazarus
Familie Jakob und Lina Meisel geb. Kahn75)
Ernst Hugo Meisel76)
Anna Hermine Meisel77)
Familie Mendel und Maria Melzer geb. Breindel, auch Breindl78)
Rosa Melzer79)
Franziska Melzer80)
Gusti Sophie Melzer81)
Leo Melzer82)
Herta Flora Mendel
Dr. Walter Meyer
Maximilian, auch Max, Michel85)
Familie Richard Arthur und Walburga Theresie, genannt Wally, Müller geb. Karrer86)
Familie Moritz und Meta Nachmann geb. Rosenmeyer87)
Familie Dr. jur. Ludwig und Thekla Nachmann geb. Sohn88)
Kurt Siegfried Nachmann89)
Hans Arthur Nachmann90)
Dr. Nathan Nathan91)
Joseph Alfred Neuberger
Blanche Neugass
Inge Wilhelmine Neumann
Laura Rudolphine Oppenheim92)
Familie Julius und Frieda Oppenheimer, verw. Rawinsky, geb. Kahn
Ester Rawinsky
Karoline Orenstein
Henriette Ottenheimer95)
Jakob Ottenheimer
Familie Josef und Helene Perez geb. Mayer
Henry (Henri) Perez
Familie Berthold und Toni Pfeifer geb. Dellheim97)
Robert David Pfeifer98)
Paula Pfeifer99)
Frieda Plaut100)
Familie Dr. med. Ernst und Anna Rahlson geb. Mehrle101)
Fanny Reigrozski, auch Rajgrodsky102)
Familie Bernhard und Rosa Reinhard geb. Auerbach103)
Familie Friedrich Josef und Johanna Reinhard geb. Eigenfeld104)
Familie Samuel und Selma Reiter geb. Eggener, auch Egener
Joseph Rheinstein
Familie Dr. jur. Ludwig und Elisabetha, genannt Else, Ritterspacher geb. Hené106)
Familie Dr. jur. Emil und Anna Karolina, auch Carolina, Rosenberg geb. Brunner107)
Betty Rosenthal
Johanna Roth geb. Mayer108)
Elisabeth Salomon geb. Groß
Gottfried Samuel
Klementine, auch Clementine, Samuel
Familie Dr. jur. Siegfried und Hulda Samuel geb. Besser111)
Max Sohn
Alfred Abraham Süssman(n)
Emil Salomon Scheuer
Fritz Erich Scheuer
Dr. med. Johann Gottlieb Justus Schlesinger112)
Familie Otto und Melanie, genannt Meta, Schohl geb. Wolf113)
Erna Schohl
Hans Eduard Schohl
Familie Heinrich und Eugenie Eva Schottland geb. Loeb, auch Löb115)
Max(imilian) Schönberger114)
Familie Abraham und Karoline, auch Caroline, Schulz geb. Rosenthal
Familie Justizrat Dr. jur. Karl und Else Schulz geb. Haas116)
Familie Moses und Bertha, auch Berta, Schwarz geb. Heppenheimer117)
Familie Walter und Senta Schwarz geb. Kahn
Familie Otto und Gertrud Schwarz geb. Neumann
Anna Sophie Schweitzer118)
Lucia, auch Lucie, Schweitzer119)
Familie Karl, auch Carl, und Therese Schweitzer geb. Paul120)
Familie Heinrich und Rosa Steiner geb. Hamburger
Jakob Hugo Steiner
Ida Straaß geb. Trautmann121)
Anna Straß
Familie Wilhelm, auch Willi, und Amanda Amalie Strauß geb. Weil
Barbara, auch Babette, Martha Trautmann
Anna Ullmann geb. Loeb
Elise Usner geb. Hessel
Familie Isaac, auch Isac, und Johanna Vollmer geb. Hirsch122)
Kurt Vollmer
Salomon, auch Sally, und Pauline, genannt Paula, Vollmer geb. Loeb123)
Ernst Voss
Familie Jakob und Amalie Weil geb. Kahn124)
Richard Simon Weil125)
Ernst Leopold, genannt Poldi, Weil126)
Familie Josef, auch Joseph, und Elisabeth Weil geb. Schwarz127)
Gertrude Weil128)
Familie Viktor, auch Victor, und Emma Weil geb. Weil129)
Erich Adolf Weil130)
Familie Markus, auch Marcus, und Helene Weil geb. Abraham
Gertrud Weil
Wilhelm Ludwig Weil
Walter Weinberg
Familie Rudolf und Irene Irma Weynen geb. Nachmann132)
Ludwig Willstädter
Familie Emanuel und Mathilde Wolf geb. Vollmer134)
Familie Heinrich und Melanie, genannt Meta, Wolf geb. Wolf135)
Familie Jakob und Cornelia, auch Claire, Wolf geb. Bieler136)
Familie Theodor und Martha Wolf geb. Lazarus137)
Rosalia, auch Rosalie und Rose, Wolf
Familie Dr. med. Eduard Paul und Irma Jeanette Wolff geb. Stein
Quellenangabe
Abkürzungen:
Übersicht: Die Juden, die in der Zeit zwischen 1.1.1933 und 8.5.1945 in der Stadt Frankenthal (Pfalz) gewohnt haben
Paul Theobald
Sie waren unsere Nachbarn
Die Einzelschicksale der in der Stadt Frankenthal (Pfalz) zwischen 1933 und 1945 lebenden Juden
©Verlag DeBehr
Copyright by: Paul Theobald
Herausgeber: Verlag DeBehr, Radeberg
Erstauflage: 2019
ISBN: 9783957536327
Umschlaggrafik Copyright by Fotolia by ChiccoDodiFC
Fotos: Stadtarchiv Frankenthal, Werner Schäfer und privat. Die Urkunden sind von den jeweiligen Standesämtern.
Anzeigen: Die Zeitungsanzeigen sind, wenn nicht anders vermerkt, aus der Wochenzeitung „Der Aufbau“, New York
Jüdische Jugendgruppe Frankenthal Umschlaggrafik
Von links nach rechts:
Rosa Melzer
Ilse Heimann
Erich Weil
Wilhelm Weil
Kurt Fischer
Anna Frank
Franziska Melzer
Karl Freiberg aus Lambsheim war der Leiter der Jugendgruppe, unten
Vorwort des Oberbürgermeisters der Stadt Frankenthal (Pfalz) Martin Hebich zur Neuerscheinung „Sie waren unsere Nachbarn“ von Paul Theobald
„Innerhalb einer Epoche gibt es keinen Standpunkt, eine Epoche zu betrachten.“
Johann Wolfgang von Goethe, 1749 – 1832
Mit diesem Zitat leite ich ein in das vorliegende Buch „Sie waren unsere Nachbarn“ von Paul Theobald, das sich um die Geschichte und um das Schicksal der Juden, speziell in Frankenthal (Pfalz) dreht. In mühevoller Kleinarbeit wurde die Geschichte der Israelitischen Kultusgemeinde Frankenthal recherchiert, wie auch Einzelschicksale beleuchtet. Wo heute in Frankenthal (Pfalz) noch Straßennamen oder Stolpersteine an ehemals historische Begebenheiten erinnern, war vielen Juden um 1933 noch nicht bewusst, welches Schicksal sie ereilen sollte. Das Buch „Sie waren unsere Nachbarn“ schafft den Brückenschlag zwischen Historie und Gegenwart und stellt gerade durch die Beschreibung der Einzelschicksale nochmals deutlich das Unrecht dar, das den Juden auch in Frankenthal (Pfalz) widerfahren ist.
Martin Hebich
Oberbürgermeister
Vorwort
80 Jahre nach der Reichspogromnacht, die von den Nationalsozialisten verharmlosend Reichskristallnacht genannt wurde, erscheint das Buch über das Schicksal der jüdischen Menschen, die zwischen 1933 und 1945 in der Stadt Frankenthal (Pfalz) gelebt haben. Jede Person, die daran interessiert ist, kann nun nachlesen, was aus diesen Menschen geworden ist.
Denjenigen, die fragen, warum dieses Buch nicht früher erschienen ist, sei geantwortet, dass es in Deutschland für Organisationen, Städte und Gemeinden leichter ist, Denkmäler zu errichten und an bestimmten Tagen Reden und Ansprachen zu halten, als ihre Kraft in eine intensive Forschungsarbeit zu stecken. Dabei kommt es bei den entsprechenden Stellen oft nur auf die verantwortliche Person an, dass dies getan wird. So ist es auch nicht die Stadt Frankenthal (Pfalz), die dieses Buch geschaffen hat, sondern eine Privatperson, die in mühevoller Kleinarbeit die einzelnen Schicksale erforscht hat. Auch wenn viele Jahre vergangen sind, lassen sich immer noch die Schicksale der bedauernswerten Menschen nachvollziehen. Die lange Zeit, die vergangen ist, darf kein Grund sein, es nicht zu tun.
Die ehemaligen Frankenthaler Juden, die ihre frühere Heimatstadt besucht haben und die es für manche/n von ihnen in ihrem Herzen immer noch ist, trotz des schlimmen Schicksals, das sie erlitten, sagten zu mir: „Vergeben: Ja! Vergessen: Nie!“ Damit ist auch gesagt, was Sinn und Zweck dieses Buches ist: Es darf nie vergessen werden, was einst den jüdischen Menschen in Deutschland, auch denen der Stadt Frankenthal (Pfalz), geschah.
Der Verfasser
Kurze Darstellung der Geschichte der Israelitischen Kultusgemeinde Frankenthal
Als Adolf Hitler am 30. Januar 1933 an die Macht kam, sahen dies die meisten Frankenthaler Juden nicht als gefährliches Omen an. Sie hatten am Ersten Weltkrieg als Soldaten teilgenommen und stellten als Kriegsanleihe ihr Vermögen dem Vaterland zur Verfügung. Sie hatten damit ihre Liebe zu diesem hinreichend bewiesen. Was sollte ihnen also passieren?
Am 1. April 1933, als der Boykott der jüdischen Geschäfte, Ärzte und Rechtsanwälte reichsweit organisiert wurde, dachte man, schlimmer kann es nicht mehr kommen. Nur wenige erkannten sofort die Gefahr und verließen die Stadt. Es waren vor allem die jungen Menschen, die Deutschland den Rücken kehrten. Aber fast kein Staat war bereit, die Juden ohne Auflagen aufzunehmen, denn sie durften dem Staat nicht zur Last fallen. So verlangten die Vereinigten Staaten von Amerika die Bürgschaft von Personen, dass sie für den Lebensunterhalt aufkommen, bevor das Visum erteilt wurde. Es blieben hauptsächlich die Alten und diejenigen, die nicht reich, also arm waren, in Deutschland zurück. Aber bis dahin hatte die Israelitische Kultusgemeinde Frankenthal schon einen langen Weg ihrer Geschichte zurückgelegt.
Während im 16. Jahrhundert Juden in Frankenthal Handel trieben, ließen sich im 17. Jahrhundert die ersten Juden, wohnhaft in der Stadt Frankenthal, feststellen. So hielten sich im Dreißigjährigen Krieg zwei jüdische Familien in der Stadt auf, die jedoch wieder ausgewiesen wurden. 1674 wohnten hier 14 jüdische Familien und es ist nachgewiesen, dass die heutige Holzhofstraße in jener Zeit Judengasse hieß. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde Frankenthal durch die französischen Truppen zerstört und die Bevölkerung floh aus der Stadt. Der Stadtrat, der nach Hanau geflüchtet war und 1697 auf kurfürstliche Anordnung zurückkehrte, ließ nun keinen weiteren Zuzug von Juden zu.
Im Jahre 1726 lebten wieder zehn jüdische Familien in der Stadt und 1771 legte Kurfürst Carl Theodor die Anzahl auf höchstens 15 Schutzjuden fest. Im Jahre 1785 gab es mit Elias Durlacher den ersten Gemeindevorsteher und seit 1791 befand sich die erste Synagoge in der Glockengasse. Diese wurde, als sie zu klein geworden war und aufwendige Instandsetzungsarbeiten anstanden, abgerissen und an ihrer Stelle die zweite Synagoge gebaut.
Urkunde Grundsteinlegung
Die feierliche Einweihung fand am 28. August 1885 statt.
Synagoge
Als gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Zeit der Franzosen in der Stadt Frankenthal (Pfalz) begonnen hatte und am 25. Januar 1798 auf dem Marktplatz ein Freiheitsbaum gepflanzt wurde, hielt außer drei weiteren Bürgern auch Herz Goldschmidt, der später den Namen Eduard Goldschmidt annahm, für die jüdische Gemeinde eine Ansprache, in der er die erreichte bürgerliche Gleichberechtigung der Juden herausstellte.
Im Jahre 1808 mussten die Juden vor dem Bürgermeister der Stadt Frankenthal erklären, welchen endgültigen Vor- und Nachnamen sie zukünftig führen wollen.
Ihre Toten bestattete die jüdische Gemeinde zuerst auswärts, bis am 12. Dezember 1826 die erste Grablegung auf dem jüdischen Friedhof in Frankenthal erfolgte.
Als dieser zu klein geworden war, stellte der Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde am 12. Juni 1915 den Antrag, einen neuen jüdischen Friedhof zu errichten, dem der Stadtrat in seiner Sitzung am 29. Oktober 1915 zustimmte. Die erste Beerdigung auf dem Neuen jüdischen Friedhof war die von Julius Nathan, der am 2. November 1915 in Frankenthal verstorben war.
Alter jüdischer Friedhof
Neuer jüdischer Friedhof
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde außerdem ein jüdisches Gemeindezentrum neben der Synagoge, eine jüdische Konfessionsschule (israelitische Volksschule bis 1875, danach noch Religionsschule) und ein rituelles Bad (Mikwe).
FW Nr. 76 vom Samstag, den 19.9.1840, S. 322
(Schulprüfung 1840 in der israelitischen Schule)
Das Badhaus im Schlossergäßchen ging am 10. Mai 1882 bei einer Versteigerung in den Besitz des Bäckermeisters Münzer um 3150 Mark über.
Es gab den Israelitischen Armenverein, der für „Hilfe für Oppau!“, für die Opfer des BASF-Explosionsunglücks, im September 1921 500 Mark spendete und den Zweck hatte, Ortsansässige zu unterstützen und der sich in der Wanderfürsorge einbrachte, sowie einen Israelitischen Kranken-Unterstützungsverein der Männer und einen für die Frauen.
Zur jüdischen Gemeinde Frankenthal gehörten auch die Juden der umliegenden Orte wie Heßheim, als sich die jüdische Gemeinde dort 1911 aufgelöst hatte, Roxheim und Bobenheim, bis sich dort 1854 eine jüdische Gemeinde gründete, Oppau und Edigheim, Schauernheim und Oggersheim. Als sich die Israelitische Kultusgemeinde Dirmstein 1933 aufgelöst hatte, kamen diese Juden ebenfalls nach Frankenthal.
Kontinuierlich nahmen die jüdischen Einwohner in der Stadt Frankenthal (Pfalz) zu und erreichten im Jahre 1900 mit 371 Personen den Höchststand. Danach ging die Anzahl stetig zurück.
1827 wurde die Pfalz in vier Rabbinatsbezirke aufgeteilt und Frankenthal Sitz eines solchen. Da der Bezirksrabbiner aber seinen Sitz in Dürkheim hatte, wurde das Bezirksrabbinat Dürkheim-Frankenthal genannt. Der letzte Rabbiner war Dr. Ernst Steckelmacher, der zuletzt in Ludwigshafen am Rhein wohnte und im KZ Majdanek umgekommen ist.
Foto: Dr. Ernst Steckelmacher mit Ehefrau, 2. von rechts
Allen Benachteiligungen und Demütigungen zum Trotz entwickelten auch die Frankenthaler Juden eine tiefe Liebe zu ihrer Heimatstadt und ihrem Vaterland. So meldeten sie sich freiwillig, als der Erste Weltkrieg ausbrach und in der Synagoge wurden Bittgottesdienste für „Kaiser, König und Vaterland“ abgehalten. Drei Frankenthaler Juden fielen in diesem großen Krieg von 1914 bis 1918. Aber als auf dem Jahnplatz 1936 ein Kriegerdenkmal zur Erinnerung an die Gefallenen eingeweiht wurde, fehlten die Namen von Max Schweitzer, Richard Lurch und Leopold Gutmann. Als Schüler/-innen des Karolinen-Gymnasiums entdeckt hatten, dass die Namen der jüdischen Gefallenen fehlten, wurde 1999 eine Tafel mit diesen am Sockel des Denkmals angebracht.
Das Kriegerdenkmal am Jahnplatz mit der Tafel für die gefallenen
jüdischen Soldaten
Dabei waren die Frankenthaler Juden vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 in die städtische Gesellschaft integriert. Dies soll an folgenden Beispielen verdeutlicht werden:
Emil Loeb (1859–1940), Mitinhaber des Bankhauses Mann & Loeb, gehörte zu den Gründern des Frankenthaler Rudervereins, war von 1900 bis 1909 dessen 1. Vorsitzender und danach dessen Ehrenvorsitzender. Außerdem gehörte er dem Vorstand des Kaufmännischen Vereins, des Saalbau-Vereins und des Altertumsvereins an.
Moses Mayer (1857–1937), Inhaber eines Bekleidungs- und Weißwarengeschäftes in der Wormser Straße, wurde zum 1. Vorsitzenden des Geselligkeitsvereins „Klub Humor“ gewählt und war Mitbegründer des Detaillistenvereins, des Hansabundes und des Allgemeinen Karnevalsvereins, zu dessen 2. Vorsitzenden er 1913 gewählt wurde. Seine Tochter Anna war im Jahre 1914 die „Prinzessin Karneval“.
Simon Durlacher (1841–1899), von Beruf Weinhändler und Versicherungsagent, war 1. Vorsitzender des Hausbesitzervereins und des Musikvereins. Außerdem engagierte er sich im Turnverein.
Emanuel Wolff (1851–1921), der eine Holzhandlung hatte, war 1. Vorsitzender des Schwimmvereins von 1897 und des Vereins für Hundefreunde. Auch der Geflügelzuchtverein legte auf seine Mitarbeit großen Wert.
Die Liste könnte mit weiteren Personen fortgesetzt werden. Regelmäßig wurde in der Frankenthaler Zeitung auf die jüdischen Feiertage hingewiesen, während die jüdischen Geschäfte anzeigten, wenn an jüdischen Feiertagen geschlossen war. Else Ritterspacher, die jüdische Ehefrau des Landgerichtsrates Dr. Ludwig Ritterspacher, trug ihre Gedichte in Pfälzer Mundart bei Veranstaltungen der Frankenthaler Vereine vor, die natürlich auch in der Frankenthaler Zeitung erschienen.
Es war selbstverständlich, dass Juden in den Rat der Stadt Frankenthal (Pfalz) gewählt wurden. So war Marx Kaufmann (1820 – 1887), Inhaber einer Branntwein-, Essig- und Spirituosengroßhandlung, die sich in der Karolinenstraße befand, das erste jüdische Mitglied des Rates der Stadt Frankenthal (Pfalz) von 1869 bis 1887. Er war außerdem der Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Frankenthal und gehörte dem Aufsichtsrat der Frankenthaler Volksbank an. Nach ihm gehörte von 1889 bis 1898 der Justizrat und Rechtsanwalt Joseph (Josef) Thalmann (1835 – 1899) dem Frankenthaler Stadtrat an, dem dann der Gastwirt und Weinhändler Emil Kaufmann I. (1848 – 1909) folgte. Er war in den Stadtrat nachgerückt und dessen Mitglied von 1891 bis 1894. Vielen Frankenthalern ist heute noch das „Hotel Lang“ ein Begriff. Doch bevor das Hotel diesen Namen hatte, hieß es „Hotel Kaufmann“ und wurde von Emil Kaufmann I. und seinem Onkel Lazarus Kaufmann betrieben. Die Väter von Emil Kaufmann I. und Lazarus Kaufmann waren Brüder. Sie gründeten die Firma Gebr. Kaufmann, unter deren Namen man das Hotel Kaufmann und später die Weinhandlung betrieb.
Als es wegen des Ersten Weltkrieges im Jahre 1914 eine gemeinsame Vorschlagsliste aller Parteien für die Wahl des Frankenthaler Stadtrates gab, wurde der Justizrat und Rechtsanwalt Dr. Moritz Mayer (1864 – 1942) in diesen gewählt, in dem er blieb, bis er 1918 in die Stadt Heidelberg zog. Er war von 1896 bis 1918 ehrenamtlich der 1. Vorstand der Allgemeinen Ortskrankenkasse Frankenthal und noch bei weiteren Vereinen in der Vorstandschaft tätig. Zuletzt gehörte Jakob Weil (1868 – 1955), von Beruf Schuhhändler, als Mitglied dem Rat der Stadt Frankenthal von 1920 bis 1928 an. Er war außerdem 1. Vorsitzender der Ortsgruppe Frankenthal des Handelsschutzverbandes der Pfalz und des Vereins Pfälzer Schuhwarenhändler.
Bis zum Jahre 1933 fiel es in der Stadt Frankenthal (Pfalz) fast nicht auf, wer Christ und wer Jude war, lediglich, wenn an Sonntagen der Christ den Gottesdienst in seiner Kirche besuchte und der Jude zur Synagoge ging. Dies änderte sich mit der Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler am 30. Januar 1933. Schon am 29. März 1933 wurde in Flugblättern in der Stadt Frankenthal (Pfalz) zum Boykott der jüdischen Geschäfte aufgerufen, während reichsweit der Boykott am 1. April 1933 stattfand.
Flugblatt Einzelhandel in Frankenthal am 29.3.1933
Am 10. November 1938 wurde in den frühen Morgenstunden die Synagoge in Brand gesetzt. Schon in der Nacht hatte man es versucht, doch war dies fehlgeschlagen. Weiterhin wurden an diesem Tage die Wohnungen und Geschäfte der jüdischen Einwohner zertrümmert. Die Demütigungen und die Angst der Betroffenen kann man nicht in Worten ausdrücken. Frauen und Kinder mussten die Stadt verlassen. Die Männer waren schon am frühen Morgen in Schutzhaft genommen und ins Landgerichtsgefängnis eingeliefert worden und kamen anschließend ins KZ Dachau. Nach ein paar Wochen kamen sie wieder zurück.
Wer von ihnen Deutschland bis 23. Oktober 1941 nicht verlassen hatte, konnte nicht mehr ins Ausland flüchten. Schon vor dem 10. November 1938 mussten sie zahlreiche Demütigungen und Diskriminierungen hinnehmen, wie die Kennzeichnung als Jude durch den zweiten Vornamen oder das „J“ in ihrem Pass.
Kennkarte Hulda Samuel geb. Besser
Hinzu kam, dass sie überall dort, wo sie auftauchten, unerwünscht waren. Bereits im August 1933 wurde „nichtarischen“ Personen der Zutritt zum neuen Schwimmbad (Strandbad) verboten.
Juden ist der Zutritt zum neuen Schwimmbad verboten.
Das Schwimmbad wird heute Strandbad genannt
Mit der Deportation von 39 Frankenthaler Juden am 22. Oktober 1940 in das Internierungslager Gurs, das sich an der französisch-spanischen Grenze befand – die Deportation der badisch-pfälzischen Juden war durch die beiden Gauleiter Robert Wagner und Josef Bürckel veranlasst worden –, war auch das Ende der Israelitischen Kultusgemeinde Frankenthal gekommen.
Josef Bürckel, Robert Wagner,
Gauleiter der Saarpfalz Gauleiter von Baden
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Johanna Roth geb. Mayer von der Israelitischen Kultusvereinigung Rheinpfalz beauftragt, in jüdischen Angelegenheiten deren Interessen gegenüber der Stadt Frankenthal (Pfalz) zu vertreten. Der Stadtrat beschloss in seiner Sitzung vom 1. Oktober 1948 die Rückübertragung der enteigneten Grundstücke und Gebäude und am 16. Oktober 1948 wurde das Grundstück mit der Ruine der Synagoge übergeben.
Zerstörte Synagoge
Nach vier weiteren Jahren verkaufte die Israelitische Kultusvereinigung Rheinpfalz dieses an die Stadt Frankenthal (Pfalz). Heute erinnern ein Gedenkstein und die Synagogengasse daran, dass sich hier einmal das Gotteshaus der Israelitischen Kultusgemeinde Frankenthal befand, auf deren Gelände heute ein Wohn- und Geschäftshaus steht.
Gedenkstein Synagoge
Straßenschild Synagogengasse
Am 27. Januar 2019 wurde bei der Synagogengasse ein Legendenschild angebracht.
Einladung des Oberbürgermeisters vom 10. Januar 2019
Die „privilegierte“ Ehe
Der Begriff der „privilegierten“ Ehe wurde um 1939 von Adolf Hitler geschaffen. Er ist nirgendwo definiert. Der Verwaltungsapparat hat diesen Begriff übernommen und angewendet.
Privilegiert war eine Ehe, wenn der Mann „Arier“ war und die Ehefrau Jüdin. War der Mann Jude und die Ehefrau „Arierin“ war es keine privilegierte, sondern nur eine einfache Ehe. Diese war nicht geschützt. Da der Begriff der „privilegierten“ Ehe nicht definiert war, kam es vor, dass auch Ehen, in denen die Ehefrau „arisch“ war und der Mann Jude, vom Verwaltungsapparat als privilegiert behandelt wurden, ebenso deren Kinder.
Warum dem so war, lässt sich nur vermuten. Es stand der Zweite Weltkrieg bevor und Adolf Hitler wollte durch die „arischen“ Männer, die in den Krieg ziehen mussten, keinen Widerstand. Diese sollten das Gefühl haben, dass die jüdische Ehefrau geschützt ist. Auch die Kinder aus einer „privilegierten“ Ehe waren dadurch geschützt. Privilegiert bedeutete aber nicht, dass die Deportation nicht mehr vorgesehen war. Am Ziel der Vernichtung aller Juden wurde festgehalten.
Die Nürnberger Gesetze aus dem Jahre 1935 führten dazu, dass die Mischlinge wie folgt unterschieden wurden:
Mischlinge mit einem jüdischen Großelternteil galten als Arier. Sie wurden auch Mischlinge 2. Grades genannt.
Mischlinge mit zwei jüdischen Großelternteilen waren privilegiert oder nicht privilegiert. Es kam darauf an, dass der Vater „Arier“ war. Diese privilegierten Mischlinge konnten jedoch zu Volljuden (Geltungsjuden) werden, wenn weitere Voraussetzungen vorlagen. Mischlinge mit zwei jüdischen Großelternteilen wurden auch Mischlinge 1. Grades genannt.
Mischlinge mit drei jüdischen Großelternteilen galten als Volljuden.
DIE EINZELSCHICKSALE1)
Familie Julius und Regina Elsa, auch Elsa, Abraham geb. Strauß 2)
Geburtsurkunde Julius Abraham
Julius Abraham kam am 6. August 1878 in Börsborn, einem kleinen Dorf, das heute zur Verbandsgemeinde Oberes Glantal im Landkreis Kusel gehört, als Sohn des Handelsmannes Wilhelm Abraham und dessen Ehefrau Jeannette geb. Süss zur Welt. Er war das jüngste Kind. Am 19. Dezember 1904 heiratete er in Bad Dürkheim die Tochter Regina Elsa der Eheleute Ludwig Strauß und Clara geb. Neumann, die am 6. Februar 1882 in der pfälzischen Kurstadt zur Welt gekommen war. Am 1. September 1896 zog die junge Familie von Bad Dürkheim in das vorderpfälzische Frankenthal und wohnte zunächst in der Westlichen Ringstraße 7.
Foto von Julius und Regina Elsa Abraham geb. Strauß
Mit seinem Bruder Moritz gründete Julius Abraham nun die Firma Gebr. Abraham, eine offene Handelsgesellschaft, um das Schuhwaren- und Bekleidungsgeschäft und das Möbelgeschäft, die bisher Moritz Abraham alleine führte, nun gemeinsam zu betreiben. In der Stadtratssitzung am Freitag, den 12. Oktober 1905, wurden ihre Gesuche auf Verleihung des Heimatrechts genehmigt.
Gebrüder Abraham, Anzeige, Adreßbuch 1908/09
Doch dann muss die Harmonie zwischen Moritz und Julius Abraham abhandengekommen sein, denn in einer Anzeige in der Frankenthaler Zeitung vom 8. Oktober 1910 wurde den Lesern mitgeteilt, dass ein „Total-Ausverkauf wegen Geschäftsaufgabe unseres Schuhwaren- und Herrenkleider-Geschäftes“, das sich in der Wormser Straße 20 befand, durchgeführt wird. Moritz Abraham zog mit seiner Familie am 1. Oktober 1911 in die Stadt Ludwigshafen am Rhein und eröffnete in der Kaiser-Wilhelm-Straße 18 „Abraham’s Möbel-Magazine“.
Die Frankenthaler Zeitung vom Montag, den 24. April 1911, gab kund, dass „Julius Abraham in Frankenthal“ im Handelsregister eingetragen wurde und „unter dieser Firma der Kaufmann Julius Abraham in Frankenthal ein Schuh- und Bekleidungsgeschäft betreibt“, das am 6. Mai 1911 eröffnet wurde. Das Möbelgeschäft, früher Gebr. Abraham, so die Frankenthaler Zeitung vom Samstag, den 30. September 1911, „wird unter der Firma Julius Abraham, Wormser Straße 30, in unveränderter Weise weitergeführt.“
Julius Abraham und seine Ehefrau Regina Elsa geb. Strauß bekamen zwei Kinder, die hier zur Welt kamen, und zwar: Walter Wilhelm, geboren am 5. September 1906 und Hans, geboren am 9. Juni 1911.
Die Frankenthaler Zeitung vom Freitag, den 7. März 1919, und die vom nächsten Tage meldeten, dass „das Haus Wormser Straße 27“, was die Wirtschaft zum Bayerischen Hof war, „von Herrn Friedrich Huxel zum Kaufpreis von 55.000 Mark in den Besitz von Julius Abraham überging“.
Der Eintrag im Handelsregister wurde im Frühjahr 1920 dahingehend geändert, dass der „Geschäftszweig Möbel- und Polsterwarenfabrikation und -handel sowie Schuh- und Kleiderhandlung en gros und detail“ ist. Für „Hilfe für Oppau!“, was für die Opfer des BASF-Explosionsunglücks war, spendete Julius Abraham, Möbel- und Schuh-Haus, im September 1921 500 Mark.
Der Kaufmann Julius Abraham stellte ein Baugesuch, einen Ladenumbau im Anwesen Wormser Straße 27 vornehmen zu dürfen, was der Senat in seiner Sitzung am 22. August 1922 genehmigte. Neben der Wormser Straße 30 befand sich nun das Möbelhaus auch in der Wormser Straße 27.
Langfinger verschonten die Geschäfte von Julius Abraham nicht. So meldete der Polizeibericht in der Frankenthaler Zeitung vom Donnerstag, den 22. November 1923, dass vier Männer ermittelt werden konnten, die einen Einbruchdiebstahl bei der Firma Abraham verübt hatten und vier weitere Personen wegen Begünstigung und Hehlerei zur Anzeige gebracht wurden.
Die Geschäfte von Julius Abraham nahmen einen erfreulichen Aufschwung und zum Frankenthaler Oktobermarkt 1927 wurde bei einer großen Möbelschau das Leistungsvermögen des Möbelhauses Abraham gezeigt.
Am 1. Januar 1929 trat der Sohn Walter Wilhelm Abraham als persönlich haftender Gesellschafter ein, sodass aus dem Einzelunternehmen eine offene Handelsgesellschaft wurde, die ansonsten unverändert fortgeführt wurde. Die Vertretung der Gesellschaft und Zeichnung der Firma oblag aber nur dem Vater Julius Abraham.
In der Sitzung des Städtischen Senats am 12. August 1930 wurde das Baugesuch genehmigt, einen Umbau der Straßenfassade vornehmen zu dürfen. Die Frankenthaler Zeitung vom Freitag, den 3. Oktober 1930, berichtete: „Das nun schon seit 30 Jahren bestehende Möbelhaus Julius Abraham hat seine Ausstellungsräume Wormser Straße 27 überaus glücklich umgestaltet. Aus der vorher scheinbar unscheinbaren Fassade mit kleinen unzweckmäßigen Fenstern ist unter Leitung des Architekten Herrn Dipl.-Ing. Karl Buch eine ganz andere Fensterfront geschaffen worden. Sie lässt in ihrer klaren Einfachheit die Schaufenster mit ihren Ausstellungen bestens zur Wirkung kommen und könnte sich in jeder Großstadt sehen lassen. Die Eröffnung der neuen Ausstellungsräume begeht die Firma Abraham mit einer großen Möbelschau, die sich in den neuen Räumen schön ausnehmen wird.“ Die Möbelschau dauerte vom 4. bis 12. Oktober 1930. Nun wurde auch dem Sohn Walter Wilhelm die Berechtigung eingeräumt, die Gesellschaft vertreten zu dürfen, und das Geschäft in der Wormser Straße 30 wurde aufgegeben. Das Personal fühlte sich bei den Abrahams gut aufgehoben. So beging der Schreiner Alois Zimmermann am 25. Februar 1932 sein 25-jähriges Dienstjubiläum.
Aber so viel geschäftlicher Erfolg Julius Abraham beschieden war, kam doch das Familienglück abhanden. Der Sohn Hans starb am 26. Januar 1931 in Frankenthal nach langem schwerem Leiden und wurde auf dem Neuen jüdischen Friedhof in Frankenthal beigesetzt.
Grabstein von Hans Abraham, Neuer jüdischer Friedhof Frankenthal
Julius Abraham war noch im Dezember 1932 in den Altertumsverein Frankenthal eingetreten. Dieser schloss nach der Machtübernahme Hitlers die jüdischen Mitglieder nicht aus. Er lud sie ganz einfach zu den Mitgliederversammlungen nicht mehr ein.
Mit der Machtübernahme durch Adolf Hitler am 30. Januar 1933 begann auch für die Familie Julius Abraham die Zeit, in der dunkle Wolken aufzogen. Die Geschäfte waren vom Boykott, der reichsweit ab 1. April 1933 stattgefunden hat, aber in der Stadt Frankenthal bereits am 29. März 1933 begann, betroffen. Es kann nur vermutet werden, warum der Boykott hier früher begann. Es ist anzunehmen, dass man verhindern wollte, dass die „arischen“ Bürger der Stadt noch ihr Gehalt bzw. ihren Lohn in die jüdischen Geschäfte trugen.
Nachdem Meta Nachmann am 28. Juni 1937 nach Mannheim verzogen war, wurde Elsa Abraham Vorsitzende des Israelitischen Frauenvereins Frankenthal und blieb dies, bis sie mit ihrem Mann nach Mannheim zog.
Israel. Frauenverein, Elsa Abraham wird 1937 1. Vorsitzende
(Zeitungsbericht) Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der Pfalz
Am 25. März 1937 übernahm die Firma Schüßler & Völker das Möbelhaus Julius Abraham. „Damit“, so schrieb die Frankenthaler Zeitung vom Donnerstag, den 25. März 1937, „ist dieses Haus in arische Hände übergegangen.“ Die Gesellschafter der Firma Schüßler & Völker waren Lena Schüßler, Witwe in Worms, und Hermann Völker, Kaufmann in Frankenthal. Das Möbelhaus Abraham wurde zuerst gemietet und erst 1939 gekauft. Der Sohn Walter Wilhelm zog am 14. Februar 1938 von Frankenthal nach Berlin.
Schüßler & Völker, Frankenthal, übernahm Möbelgeschäft Julius Abraham
Am 10. November 1938 wurde die Wohnung der Familie Julius Abraham, die sich mittlerweile in der Wormser Straße 27 befand, von den Nazi-Schergen heimgesucht, die einiges mitgehen ließen, und das, was sie nicht wegtragen konnten, kurz und klein schlugen. Julius Abraham, der vom 24. Juli 1915 bis 1918 Soldat im Ersten Weltkrieg war, wurde in das Landgerichtsgefängnis eingeliefert und kam zwei Tage später ins KZ Dachau, wo er die Gefangenennummer 25560 hatte und am 26. November 1938 entlassen wurde. Die Ehefrau musste am 10. November 1938 die Stadt Frankenthal verlassen und ging nach Mannheim.
Am 9. März 1939 nahm die Familie Julius Abraham Zuflucht in der 14 Kilometer entfernt liegenden Stadt Mannheim, in der sich eine große israelitische Kultusgemeinde befand. Aber auch dadurch gab es keinen wirksamen Schutz gegen die braunen Machthaber. Die Eheleute Julius und Regina Elsa Abraham geb. Strauß wurden von den Nazis in der Bürckel-Wagner-Aktion am 22. Oktober 1940 von Mannheim aus in das „Camp de Gurs“ verschleppt. Julius Abraham kam über das Durchgangslager Drancy mit dem Transport Nr. 50 am 4. März 1943 ins KZ Majdanek, wo sein Leben am 9. März 1943 endete. Seine Witwe überlebte in Frankreich und fuhr am 10. September 1948 mit dem Schiff „Sobieski“ von Cannes nach New York, wo sie am 21. September 1948 ankam. Sie lebte bei ihrem Sohn Walter Wilhelm in New York und starb dort am 6. Januar 1967.
Zeitungsbericht (Ausschnitt) über Eintreffen in New York u. a. von Elsa Abraham
Todesanzeige von Elsa Abraham geb. Strauss,
früher Frankenthal
Im November 1938 hatte auch der Vorsitzende des Hausbesitzervereins Frankenthal, Herr Forcht, den Zorn der Nazis zu spüren bekommen, da er den „Juden Abraham noch im Frühjahr 1938 regelmäßig zu den Versammlungen“ eingeladen hatte. Der Hausbesitzerverein wurde aufgelöst und der Vorsitzende seines Amtes enthoben.
Das Schuhhaus Abraham in der Wormser Straße 20 übernahm der Kaufmann Rudolf Weil aus Hofheim/Ried. Da dieser eine Umgestaltung der Geschäftsräume vornahm, fand der Verkauf vom 26. Juli bis zur Rückkehr am 23. Oktober 1939 in der Adolf-Hitler-Straße 17 (heute: Bahnhofstraße) statt. Das Warenlager für Herrenarbeitshosen, das sich in der Wormser Straße im Schuhhaus Abraham befand, wurde von der Firma K. A. Ullrich & Cie. aus Ludwigshafen am Rhein-Oppau übernommen. Das Haus Willestraße 2, das Eigentum von Julius Abraham war, erwarb Frau Elisabeth Scherer aus Lambsheim.
Schuhhaus Abraham, Frankenthal, von vorne, 1. Haus rechts
Familie Walter Wilhelm und Ruth Abraham geb. Fromm3)
Der Sohn Walter Wilhelm heiratete am 30. Dezember 1938 in Berlin-Wilmersdorf Frau Ruth Fromm, geboren am 6. Juli 1913 in Löbau. Am 19. Januar 1943 kam in Berlin die Tochter Reha zur Welt. Danach tauchte die Familie unter und konnte überleben, weil ihr Hilfe zuteil wurde, wobei besonders Frau Maria Nickels zu erwähnen ist.
Ruth Abraham geb. Fromm und Walter Abraham mit Tochter Reha, 1944
1948 zog Walter Wilhelm Abraham mit seiner Familie nach New York, wo er ein Möbelgeschäft betrieb.
Neueröffnung, A. & E. Furniture Corp.,
Walter Abraham (Zeitungsausschnitt)
In New York kam der Sohn Johnny Mark zur Welt. Walter Wilhelm Abraham starb im Jahre 1979 in New York, während seine Witwe dort am 25. August 2003 verstorben ist. Walter Wilhelm Abraham und seine Ehefrau wurden in Israel bestattet. Ihre beiden Kinder leben heute in den USA.
Walter und Ruth Abraham geb. Fromm, Bar Mizwa des Sohnes
Johnny Mark (Zeitungsausschnitt)
Für die Eheleute Julius und Regina Elsa Abraham geb. Strauß und den Sohn Walter Wilhelm wurden am 7. April 2006 auf dem Gehweg vor dem Anwesen Wormser Straße 27 in Frankenthal drei Stolpersteine gesetzt.
Clementine Adler4)
Über sie ist so gut wie nichts bekannt. Sie kam am 3. August 1876 in Wetzlar zur Welt und war ledig. Sie war die Tochter der Rosalia Adler, die am 30. Juli 1849 in Neuleiningen zur Welt gekommen war. Der Vater ist unbekannt, ebenso, warum sich die Mutter bei der Geburt in Wetzlar aufhielt, denn sie war wohnhaft gemeldet im pfälzischen Grünstadt.
Clementine Adler zog am 2. Oktober 1932 nach Frankenthal zu und befand sich zuletzt in der Kreis-Heil- und Pflegeanstalt in Frankenthal. Sie wurde am 22. Oktober 1940 in das „Camp de Gurs“ deportiert und starb dort am 25. November 1940. Ihr Grabstein hat die Nr. 209.
Zur Erinnerung an die Opfer der Kreis-Kranken- und Pflegeanstalt in der Zeit des Nationalsozialismus, die diese in Kreis-Heil- und Pflegeanstalt umbenannten, wurde ein Gedenkstein gesetzt.
Eva Adler geb. Schloss5)
Sie kam am 31. März 1876 in Dittigheim, das heute ein Stadtteil der Stadt Tauberbischofsheim im Main-Tauber-Kreis ist, zur Welt. Sie heiratete am 31. Juli 1899 in Würzburg den Kaufmann Philipp Adler, der am 15. Juli 1864 in Würzburg zur Welt gekommen war und dessen Leben am 31. Oktober 1916 in Berlin endete. Am 19. Mai 1900 kam in Bamberg die Tochter Alice zur Welt.
Eva Adler geb. Schloss zog mit ihrer Tochter Alice im September 1922, von Bamberg kommend, in Frankenthal zu. Sie wohnte zuletzt in der Wormser Straße 2. Am 22. Oktober 1940 musste sie von Frankenthal aus die „Reise in den Süden“ antreten, die im Lager Gurs endete. Dort war sie im Block L, Baracke 3 untergebracht. Sie wurde am 2. Juli 1941 nach Villeurbanne (Rhone) aus dem Lager Gurs entlassen. Wie es ihr gelang, sich der erneuten Verhaftung durch die Gestapo zu entziehen, konnte bisher nicht geklärt werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlangte sie vergebens Auskunft von der Stadtverwaltung Frankenthal über das Schicksal ihrer Angehörigen. Sie ist in Frankreich verstorben.
Familie Philipp und Bertha Adler geb. Marum6)
In unmittelbarer Nähe des Rathauses, dort, wo der Durchgang nach Süden geht, ist die Färbergasse. In der Hausnummer 5 wohnte die Familie Philipp Adler. Beim Treppenaufgang zur Willy-Brandt-Anlage findet man die Stolpersteine, die für Philipp Adler, Ludwig Adler und seine Ehefrau Alice geb. Adler und deren Tochter Lotte Eva Adler gesetzt wurden. Außerdem setzten Schüler/-innen des Karolinen-Gymnasiums in Frankenthal einen Stolperstein für Lotte Eva Adler an der Ecke Karolinenstraße und Johannes-Mehring-Straße, also dort, wo einmal die Karolinenschule stand.
In dem kleinen Dorf Urspringen, das heute zur Verwaltungsgemeinschaft Marktheidenfeld im Kreis Main-Spessart gehört, kam am 17. April 1865 Philipp Adler zur Welt. Die Entstehung einer israelitischen Gemeinde in diesem Ort geht bis ins 16. Jahrhundert zurück.
Am 6. Juli 1891 heiratete Philipp Adler in Frankenthal die jüngste Tochter Bertha des Eisenhändlers Heinrich Marum, die hier am 3. September 1867 zur Welt gekommen war.
Philipp Adler
Bertha Adler geb. Marum
Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor, die alle in der Stadt Frankenthal zur Welt kamen:
Ludwig, am 16. Juli 1892,
Karl, am 20. März 1894, der von Beruf Kaufmann war, am 1. Weltkrieg teilnahm und 1924 nach San Francisco, CA, USA auswanderte,
Barbara Hedwig, am 22. Januar 1896, von Beruf Lehrerin, heiratete am 28. Oktober 1920 in Mannheim den Bankdirektor Hans Behrend. Von Mannheim zog die Familie nach Aschaffenburg. Zwei Töchter erblickten das Licht der Welt, bevor die Familie 1935 nach Palästina flüchtete.
Barbara Hedwig Behrend geb. Adler starb am 17. Januar 1981 in Israel,
Richard Simon, am 30. April 1899 und
Martha, am 11. März 1902.
Nach dem Tode von Heinrich Marum, dessen Leben am 18. März 1902 in Frankenthal endete, wurde Philipp Adler Inhaber der Eisenhandlung, führte diese aber unter der bisherigen Firma weiter.
Eisenhandlung Heinrich Marum, am Fenster Frau Bertha Adler geb. Marum
Verlobungsanzeige Ludwig Adler und Hochzeitsanzeige Hedwig Adler, FZ vom 21.11.1920
Anzeige Eisenhandlung H. Marum, Adreßbuch 1905
Das Heimatrecht wurde Philipp Adler gegen Zahlung der üblichen Gebühr in der Stadtratssitzung am 24. Oktober 1898 verliehen. Im Jahre 1906 wurde in der Färbergasse 5 ein neues Magazin gebaut. Im Oktober 1918 verkaufte Philipp Adler die Wirtschaft „Zum deutschen Michel“ in der Eisenbahnstraße 53 für 48.000 Mark an den Bierführer Karl Hechler.
Am 1. Dezember 1919 trat der Sohn Ludwig als Gesellschafter in das Geschäft ein, das dadurch eine offene Handelsgesellschaft wurde, dem im Sommer 1931 der Sohn Richard Simon als weiterer Gesellschafter folgte. Im Frühjahr 1920 kaufte die Eisengroßhandlung einen Teil des Geländes der Tropfschen Fassfabrik, welches 5.000 Quadratmeter umfasste.
Haus Eisenbahnstrasse 53 heute
Philipp Adler kümmerte sich aber nicht nur um das Geschäft, sondern war auch in verschiedenen Organisationen tätig. Er gehörte für die Arbeitgeber dem Vorstand der AOK Frankenthal an und der Gewerbeverein ehrte ihn im Herbst 1927 für 25-jährige Mitgliedschaft. Bei der ordentlichen Hauptversammlung des Kaufmännischen Vereins am 22. Mai 1901 wurde Philipp Adler in die Vorstandschaft gewählt und gehörte dieser über 20 Jahre lang an. Auch war er als Schöffe tätig.
In den Synagogenrat der Israelitischen Kultusgemeinde wurde Philipp Adler am 4. Januar 1925 erstmals gewählt. Bei der Wahl fünf Jahre zuvor war er Ersatzmitglied geworden. Nach der Wahl am 8. Dezember 1929 wurde er Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Frankenthal und blieb dies bis zu seinem Wegzug im November 1935.
Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der Pfalz, Dank an Philipp Adler
Anfang des Jahres 1933 traten Philipp und Richard Simon Adler als Gesellschafter aus der OHG aus. Die Gesellschaft wurde aufgelöst. Das Geschäft ging mit Fortführungsrecht, Aktiven und Passiven auf den verbleibenden Ludwig Adler über, der dasselbe als Einzelunternehmen unter der bisherigen Firma unverändert weiterführte und vom Boykott der jüdischen Geschäfte, der in der Stadt Frankenthal bereits am 29. März 1933 begann, betroffen war.
1935 zogen die Eheleute Philipp und Bertha Adler geb. Marum in das Israelitische Altersheim in Neustadt an der Haardt (heute: Neustadt an der Weinstraße). Als das Heim am 10. November 1938 in Brand gesetzt wurde, fanden sie eine Unterkunft in Mannheim, wo das Leben der Ehefrau im Israelitischen Krankenhaus am 8. Januar 1939 zu Ende ging. Sie wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Mannheim bestattet.
Grabstein in Mannheim
Philipp Adler flüchtete im April 1939 nach Nancy/Frankreich. Er wurde verhaftet und kam über das Durchgangslager Drancy mit dem Transport Nr. 36 am 23. September 1942 ins KZ Auschwitz. Er wurde für tot erklärt. Als Zeitpunkt des Todes wurde der 31. Dezember 1945 festgestellt.
Das Wohnhaus in der Wilhelmstraße 1 (heute: Heinrich-Heine-Straße), das Philipp Adler gehörte, wurde von dem Lehrer Hermann Stemler erworben.
Mitteilung der Frankenthaler Zeitung vom 13. März 1939
„Besitzwechsel“
Das Anwesen (Wohnhaus mit Laden) Färbergasse 5 kaufte die Stadt Frankenthal, während der Lagerplatz (Eisenlager) die Eisenhandlung Heinrich Raithel, die später in Mannheim war, kaufte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg überließen die Angehörigen, die in Israel lebten, der Stadt Frankenthal das Anwesen Färbergasse 5 gegen Zahlung von 2.880,-- DM. Der Eigentümer Raithel übergab den ehemaligen Lagerplatz an die Angehörigen und diese übertrugen das Eigentum daran auf die Stadt Frankenthal, wofür 1.680,-- DM gezahlt wurden. Herr Raithel zahlte noch eine Nutzungsentschädigung von 700,-- DM.
Für Philipp Adler wurde am 12. April 2005 beim Treppenaufgang zum Rathaus, Färbergasse in Frankenthal, ein Stolperstein gesetzt. Für den Neffen seiner Ehefrau, den SPD-Reichstagsabgeordneten Ludwig Marum, der am 5. November 1882 in Frankenthal zur Welt kam, danach zuerst in der Stadt Bruchsal und dann in der Stadt Karlsruhe lebte und am 29. März 1934 im KZ Kislau ermordet wurde, wurde am 7. November 2006 ein Stolperstein gesetzt.
Ludwig Marum
Familie Ludwig und Alice Adler geb. Adler7)
Ludwig Adler, der mit seiner Familie zuletzt in der Wormser Straße 2 wohnte, nahm als Kriegsfreiwilliger im 6. Bayerischen Reserve-Feldartillerie Regiment am Ersten Weltkrieg teil. Bereits im ersten Kriegsjahr wurde ihm das Eiserne Kreuz verliehen, da er, wie die Frankenthaler Zeitung Nr. 286 vom Montag, den 7. Dezember 1914, 1. Blatt, meldete, „beim Legen eines Feldfernsprechers unter feindlichem Feuer besonderen Mut und Unerschrockenheit an den Tag gelegt hatte.“ Er heiratete am 30. März 1921 in Bamberg Alice Adler, die am 19. Mai 1900 dort zur Welt gekommen war. Mit der Ehefrau zog auch deren Mutter, Eva Adler geb. Schloss, nach Frankenthal. Am 12. Februar 1926 kam in Mannheim das einzige Kind, die Tochter Lotte Eva, zur Welt.
Ludwig Adler Alice Adler geb. Adler
Lotte Eva Adler
Damit schien das Familienglück vollkommen, zumal Ludwig Adler Mitgesellschafter der gut gehenden Eisengroßhandlung Heinrich Marum war. Die Tochter besuchte nach der 4. Klasse Volksschule die hiesige Karolinenschule.
Karolinenschule, Schulklasse 1938, stehend, 2. von rechts, Lotte Eva
Adler
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten ging die Kundschaft der Eisengroßhandlung, deren Alleininhaber nun Ludwig Adler war, immer mehr zurück. Deshalb ging er im Mai 1938 nach Frankreich, um eine neue Existenzgrundlage zu schaffen. Im Januar 1939 holte Ludwig Adler seine Tochter nach Frankreich. Beide versuchten, in die Schweiz zu kommen, wurden aber an der Grenze von den Schweizer Behörden zurückgewiesen. Ludwig Adler trat der französischen Fremdenlegion in Algier bei. Die Ehefrau blieb mit ihrer Mutter in Frankenthal, vielleicht, weil sie das Geschäft führte und die Mutter wegen ihres Alters nicht mehr ins Ausland gehen wollte. Am 22. Oktober 1940 wurde Alice Adler mit ihrer Mutter von Frankenthal aus auf den „Trip nach Süden“ geschickt, der im Internierungslager in Gurs endete, wo sie im Block L, Baracke 3 waren. Ludwig Adler veranlasste Anfang Juli 1941 die Freilassung seiner Ehefrau und seiner Schwiegermutter, wobei ihm zugutekam, dass er der französischen Fremdenlegion angehörte. Auch hatte der Lagerarzt einen „schlechten gesundheitlichen Zustand“ attestiert.
Ludwig Adler wohnte seit seiner Rückkehr aus Algier in Villeurbanne (Rhone), 40, place Jules Grand Clément, wohin dann seine Tochter Lotte Eva, die in Chateau Montatin, Gemeinde Chateau Chervix (Haute Vienne) gewohnt hatte, seine Ehefrau und seine Schwiegermutter zogen. Ludwig Adler muss später mit seiner Familie (außer seiner Schwiegermutter) nach Chambost-Allières (Rhone) gezogen sein, denn dort waren sie wohnhaft gemeldet und arbeiteten als Bauern, während die Tochter Lotte Eva Schülerin war, als die Familie am 1. Februar 1943 verhaftet und, aus Chalons-sur-Saône kommend, in das Internierungslager Drancy eingeliefert wurden. Am 11. Februar 1943 wurden sie den deutschen Behörden überstellt und mit dem Konvoi Nr. 47 (998 Personen, darunter 182 Kinder) ins KZ Auschwitz deportiert. Ludwig Adler, seine Ehefrau und seine Tochter wurden für tot erklärt. Zeitpunkt des Todes: 31. Dezember 1945.
Schülern und Schülerinnen des heutigen Karolinengymnasiums Frankenthal gesetzt.