Für alle meine Wegbegleiter.
Insbesondere für
meine Mutter, die den Startschuss gab,
Kyra und Anno, die immer an meiner Seite sind,
Melle, die schon ewig mit mir läuft,
Ralf, ohne den jeder Weg ins Leere führt,
Fynn, Freja und Mira, die in die Zukunft sprinten,
und meinen Vater, der an der Ziellinie wartet.
© Heiner Labonde Verlag, Grevenbroich 2013
Alle Rechte vorbehalten
BoD – Books on Demand, Norderstedt
ISBN 978-3-937507-50-7
Gestaltung: Antje Zerressen, Pada ri GmbH, Essen
Printed in Germany
Hallo Milla,
herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Jetzt bist du also auch der vierzig näher als der zwanzig und, wenn du ganz ehrlich bist: So schlimm, wie wir uns das früher immer vorgestellt haben, ist es gar nicht. Und wenn ich mir dich so angucke, muss ich feststellen, dass die Botox-Spritzer und Zumba-Gurus wohl noch eine Weile warten müssen, bis du an ihre Türe anklopfst. Graue Haare, Krähenfüße, die nicht mehr als Lachfältchen durchgehen könnten, Tribute diverser Körperteile an die Schwerkraft ... davon habe ich bei unserem letzten Treffen bei dir nichts feststellen können.
Finde wirklich, dein Körper ist noch voll intakt. Ist ja auch kein Wunder, du warst immer schon die Sportlichere von uns beiden.
Ich mach mir da schon eher Sorgen um dein Langzeitgedächtnis: Kann doch nicht sein, dass du so viele Dinge vergessen hast, die wir zusammen erlebt und durchgestanden haben. Dass quasi unsere ganze Jugend zu ein paar wenigen Bruchstücken und Erinnerungsfetzen zusammengeschrumpft ist ...
Habe mir deswegen gedacht, dass ich dich mit meinem Geburtstagsgeschenk quasi nötigen werde, dich endlich wieder mit deiner und meiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. Verdrängen nützt da gar nichts!
Du kannst mir echt dankbar sein, dass ich immer ganz ausführlich Tagebuch geschrieben habe, während du dich beim Volleyball oder Tennis rumgetrieben hast. Des halb hast du ja auch heute die bessere Figur und ich das bessere Gedächtnis!
Und indem ich dir jetzt Einblick in meine damals ultrageheimen Tagebucheinträge gebe, werde ich dir ein Stück deiner Jugend wiedergeben. Na ja, zumindest die Erinnerung daran. Und damit das Ganze nicht nur was für die Augen, sondern auch für die Ohren wird, habe ich dir noch ein paar »Songs von Damals« auf CD gebrannt. Die kannst du dann immer an den Stellen hören, an denen ich dir ein paar Zeilen von den Songtexten raus geschrieben habe. So als Einstimmung auf das nächste dunkle Kapitel unserer Vergangenheit. Vielleicht erahnst du dann auch schon, was dich auf den folgenden Seiten erwartet. Musik soll ja sogar schon Komapatienten ins bewusste Leben zurückgeholt haben. Ich verspreche mir hier Ähnliches für dein Langzeitgedächtnis.
Zwischendurch konnte ich es mir nicht verkneifen, ein paar nachträgliche Kommentare hinzuzufügen. Du weißt ja, wie ich bin ...
Also: Lege die CD ein, schließe die Augen und lasse dich entführen in den Sommer 89. Aber mit geschlossenen Augen lässt es sich nun mal so schlecht lesen. Deshalb also nur die CD einlegen, die Kinder ins Bett und den Mann in die Hobbywerkstatt schicken und es Dir selber auf dem Sofa bequem machen.
Um auch deine Geschmacksnerven auf »gestern« einzustellen, hätte ich gerne eine Flasche von diesem süffigen Tropicana-Sekt mit Maracujageschmack mitgeschickt, den wir damals immer so gerne getrunken haben. Konnte ich leider nirgendwo mehr auftreiben – gabs den früher nicht immer beim Aldi? Hoffe, der rote Faber tut’s auch. Auf den sind wir ja früher auch manchmal ausgewichen. So, ich stoß in Gedanken auf dich an und lass dich jetzt alleine.
1000 liebe Grüße
Deine Anja
P.S.: Habe ganz vergessen dir zu erzählen, dass ich Sophia und Anna bei »stayfriends.de« wiedergefundenhabe. Schade, dass wir uns total aus den Augen verloren haben, aber jetzt können wir ja wieder an alte Zeiten anknüpfen. Ich finde, wir sollten dringend ein Treffen organisieren. Da müssen wir aber warten, bis Anna mal wieder in Deutschland ist. Sie ist Ärztin, lebt auf Mallorca und betreut da auswanderungswütige Senioren. Kinder hat sie nicht, aber zwei Männer und jede Menge Hunde. Die rennen da alle auf ihrer Finca rum. Also die Hunde, mein’ ich. Was die Männer angeht: Sie meint, sie kann sich da im Moment einfach nicht entscheiden. Der eine ist ein deutscher Frührentner aus Iserlohn mit jeder Menge Kohle und Sinn für Humor, aber leider auch schon mit vier Bypässen und einem Raucherbein. Und der andere ist ein spanischer Tierarzt mit den »tollsten Augen und Händen der Welt« und einem großen Herz für alles, was da so auf Annas Finca rumkreucht und -fleucht, aber leider auch mit einer Ehefrau und zwei Kindern. Ich werde dich auf dem Laufenden halten.
Ja, und Sophia hat es in den Schwarzwald verschlagen. Du weißt (na ja, du weißt wahrscheinlich nicht mehr ...), ihre Großeltern haben da doch ein Haus gehabt. Mit Blick auf die Schwarzwaldklinik. Also, ich mein’ das Gebäude, das sie immer im Vorspann gezeigt haben. Irgendwo im Glottertal in der Nähe von Freiburg. Sophia hat auf jeden Fall das Haus übernommen und eine kleine Ferienpension gleich mit dazu gekauft. Und jetzt ist sie gerade schwanger mit dem dritten Kind. Und geheiratet hat sie den Cedric. Ja, und wenn du jetzt fragst, wer das noch mal war, dann empfehle ich dir dringend, endlich mit dem Lesen anzufangen!
Little black book
(...) In my little black book
There`s someone I used to know
Day by day time slips away
(...) In my little black book
You`re always there to remind me
It wasn`t just a dream (...)
Belinda Carlisle
Bevor es jetzt endgültig losgeht, für dich zunächst einmal zur Einstimmung eine kleine Rückführung.
Willkommen im Sommer 1989: Wenn du dir alte Fotos ansiehst, wirst du feststellen, dass wir Espandrilles an unseren Füßen und T-Shirts groß und weit wie Säcke über abgeschnittenen Jeans tragen. Oder Radlerhosen mit Hemden, die über dem Bauch geknotet werden. Und Turnschuhe. Und zu allem Jeansjacken, die nur bis zur Taille reichen. Dafür enden die Hosen deutlich über der Hüfte und werden dort von einem Gürtel möglichst eng zusammengehalten.
Im Radio läuft auf allen Sendern »Das Omen« von Mysterious Art und » The Look« von Roxette. Heino besingt den blauen Enzian in einer neuen Discomix-Version. Unser Sommerhit aber ist »Lambada«. Ein Lied, auf das alle tanzen wollen, aber nicht wirklich können. Wir würden gerne ins Kino gehen, um uns Timothy Dalton in »Lizenz zum Töten« anzugucken, aber wir dürfen nicht: Einlass erst ab sechzehn. Stattdessen sehen wir James Belushi in »Mein Partner mit der kalten Schnauze« und »Otto – Der Außerfriesische«.
Sportlich gesehen lässt der Sommer die Herzen, die für den FC Bayern München schlagen, ein paar Takte zulegen, als der Verein mal wieder die deutsche Fußballmeisterschaft gewinnt. Die deutschen Tennisfans dagegen freuen sich über einen Doppelsieg von Steffi Graf und Boris Becker in Wimbledon.
In diesem Sommer beneiden wir alle, die ihren Urlaub am Meer verbringen können. Nur wer Ferien an der Adria gebucht hat, ist ein armes Schwein. Da tobt nämlich gerade die Algenpest.
Es ist der letzte Sommer des geteilten Deutschlands, der Sommer, als Ayatollah Khomeini stirbt und der Sommer, in dem tausende chinesische Demonstranten auf dem Platz des Himmlischen Friedens ihr Leben lassen müssen. Es ist der Sommer, in dem sich in Berlin 150 Leute zur ersten Loveparade treffen und nicht ahnen, welche Menschenmassen diese Veranstaltung einmal bewegen wird und welch ein katastrophales Ende ihr beschieden ist.
Sommer 1989. Die französische Revolution liegt 200 Jahre zurück, der Eiffelturm feiert seinen 100. Geburtstag und Sophia und ich werden endlich fünfzehn.
Es ist ein heißer Sommer und zusammen mit Anna sind wir ständig auf der Suche nach der großen Liebe. Und die Suche beginnt im Erftstädtchen Grevenbroich.
You can’t hurry love
(...) My Mama said
You can’t hurry love
No, you’ll just have to wait
She said love don’t come easy
But it’s a game of give and take
You can’t hurry love
No, you’ll just have to wait
Just trust in a good time
No matter how long it takes (...)
Phil Collins
Donnerstag, 15.6.89
Habe mir heute dieses Tagebuch gekauft. Eigentlich nur deshalb, weil vorne auf dem Einband James Dean drauf ist. Als er mich mit Cowboyhut auf dem Kopf und diesem wahnsinnig süßen Lächeln von oben im Regal in der Schreibwarenabteilung vom Kaufhof in der Fußgängerzone angesehen hat, konnte ich einfach nicht widerstehen. Habe fast zwei Wochen Taschengeld auf den Tisch legen müssen, um ihn mit zu mir nach Hause nehmen zu können. Aber jetzt gehört er ganz mir und ich kann ihn mir sogar unters Kopfkissen legen. Wenn ich jetzt schon mal ein Tagebuch habe, kann ich ja auch ab und zu mal was reinschreiben. Hoffe nur, dass ich die Einzige bin, die das hier liest. Daniela ist ja im Moment immer noch zum Schüleraustausch in Kalifornien. Da muss ich mir also keine Sorgen machen. Aber Arno hat schon im Schulbus gefragt, was ich mir da gekauft habe. Bin mir daher nicht so sicher, was passiert, wenn ihm das Buch in die Hände fällt. Schätze, ich muss mir ein gutes Versteck in meinem Zimmer suchen. Kleine Brüder sind manchmal echt fies neugierig. Schlimmer noch als große Schwestern. Und dieses Buch hat leider nur ein kleines Schloss ...
Samstag, 17.6.89
Heute haben Milla, Anna und ich uns bei Sophia getroffen. Anna und Milla haben mich vorher mit den Fahrrädern hier abgeholt. Als wir gerade los wollten, hat Mama gesagt:
»Na, trifft sich heute wieder das A-Team?«
Wir haben sie total blöd angeguckt und überhaupt nichts gerallt. Mama hat gelacht und gesagt:
»Ich mein’ A wie Anja.«
Da haben wir das erst gerafft. Anna und Milla fanden das total gut und haben die ganze Zeit auf dem Weg nach Bedburdyck über nichts anderes gelabert. Das hat auch bei Sophia nicht aufgehört. Sie hat sofort gemeint, sie ist dann »Hannibal« und hat die ganze Zeit rum gekreischt:
»Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!«
Und Anna hat für sich beschlossen, dass sie »Face« sein will. Natürlich, weil er immer derjenige mit den besten Klamotten ist. Toll, da blieben für Milla und mich ja nur noch der motzige »B.A.« und der Spinner »Murdock« übrig. Milla hat dann gesagt, dass sie, wenn überhaupt, ja wohl noch am meisten Ähnlichkeit mit B.A. hat. Ich habe mich fast an meiner Cola verschluckt und echt gedacht, ich hätt’ mich da verhört. Aber sie meinte:
»Na, zumindest steh’ ich auch auf Goldschmuck. Und du trägst doch immer Silber. Und mit dem Fliegen habe ich’s ja auch nicht so. Nicht, dass ich schon mal geflogen wäre, aber du weißt schon, was ich meine.«
Super. Jetzt nennen wir uns also offiziell das A-Team und ich bin der Bekloppte, den sie immer aus der Psychiatrie holen müssen! Vielen Dank auch!
Milla hatte den Text, den der Typ zu Beginn jeder Folge immer im Vorspann spricht, genau im Kopf. Zusammen mit Anna und Sophia haben sie den dann für uns umgetextet.
Na sieh mal an, da hat dein Gedächtnis ja anscheinend noch super funktioniert! Nur für den Fall, dass du das Intro heute vergessen haben solltest, hier das Original:
»Vor einigen Jahren wurden vier Männer einer militärischen Spezialeinheit wegen eines Verbrechens verurteilt, das sie nicht begangen hatten. Sie brachen aus dem Gefängnis aus und tauchten in Los Angeles unter. Seitdem werden sie von der Militärpolizei gejagt, aber sie helfen anderen, die in Not sind. Sie wollen nicht so ganz ernst genommen werden, aber ihre Gegner müssen sie ernst nehmen. Also, wenn Sie mal ein Problem haben und nicht mehr weiter wissen, suchen Sie doch das A- Team!«
Ich wollte da nicht mitmachen, weil ich das echt so bescheuert fand, dass ich jetzt ein Typ sein soll, der sich mit Gegenständen unterhält. Als ob ich nicht mehr alle Tassen im Schrank habe ...!
Sophia hat versucht, mich zu trösten und gesagt, dass Murdock nach Face der Bestaussehende im Team ist. Und dass ich doch jetzt Tagebuch schreibe, und dass das doch quasi schon so ähnlich ist, wie sich mit Gegenständen zu unterhalten. Nur eben nicht so ganz daneben. Na gut, ich bin jetzt also Murdock.
Und dann haben wir alle an unserem ganz eigenen »Vorspann« rumgetextet. Und das ist dabei rausgekommen:
»Vor einigen Jahren wurden vier Mädchen einer ländlichen Gegend wegen Herzensbrecherei verurteilt, die sie nicht begangen hatten. Sie brachen aus der Einsamkeit aus und tauchten in Grevenbroich unter. Seitdem werden sie von Machos, Schleimern und Blödmännern gejagt, aber sie helfen anderen, deren Herzen in Not sind. Sie wollen nicht so ganz ernst genommen werden, aber Traumboys müssen sie ernst nehmen. Also, wenn Sie mal Liebeskummer haben und nicht mehr weiter wissen, suchen Sie doch das A-Team!«
Und dann hat Anna noch gerufen: »Eine für alle und alle für eine!«
Und wir haben mit unserer Cola angestoßen.
Sophia meinte, dass wir jetzt nur noch ein paar Traumboys suchen müssen. Ich wollte wissen, wie sie sich das vorstellt. Die liegen ja nicht mal eben auf der Straße rum und »It’s raining Men« habe ich hier auch irgendwie noch nicht erlebt.
»Och, da fällt mir schon was ein. Was ist eigentlich mit dem Typ vom Kanu-Verein?«
»Ja, genau, was ist eigentlich mit dem Typ vom Kanu-Verein?«
Das kam von Milla. Und Anna meinte:
»Was für’n Typ vom Kanu-Verein? Du hast mir noch gar nichts davon erzählt!«
Ich glaub’, sie war ein bisschen beleidigt. Aber das ist ja auch erst seit ein paar Tagen aktuell und bei Anna weiß man nie, was sie da hinterher für eine Story draus macht. Die meint das nicht böse oder so, aber die zieht einen dann schon mal ganz gerne mit so was auf, darauf hatte ich echt keinen Bock.
Aber dann habe ich ihr doch von dem »Typ vom Kanu-Verein« erzählt. Der hat übrigens auch einen Namen und heißt Thomas. Ist erst vor drei Wochen beim Training aufgetaucht. Er ist ein bisschen größer als ich und hat ganz viele dunkle Locken. Ich habe mich nicht viel um ihn gekümmert, er war mir zuerst auch ziemlich egal. Aber vor ein paar Tagen stand er da so vor dem Vereinshaus rum und hat mich immer wieder angelacht. Auch beim Trainieren mit dem blauen Kajak mit dem roten Streifen an der Seite sah er richtig süß aus. Und er hat mir dann nach dem Training geholfen, als wir an der Anlegestelle aus den Kanus ausgestiegen sind und wie immer die Boote die Treppenstufen hochtragen mussten. Nicht, dass ich das nicht alleine könnte ...!
Nö, aber wenn wir damals etwas gelernt haben, dann doch das: Stell dich blöd oder hilflos an und du findest immer jemanden, der die Dinge für dich tut. Habe allerdings den Eindruck, dass ich dass heute nicht mehr ganz so gut beherrsche wie früher!
Bevor wir die Kajaks ins Bootshaus zurückbringen, muss das Erftwasser aus ihnen rausgelassen werden. Dabei muss man das Boot an der einen Seite hochheben, damit das Wasser rauslaufen kann.
Thomas ist letztes Mal zu mir rüber gekommen und hat mir das abgenommen. Er meinte, er wär ja schließlich größer als ich und könnte das Boot höher heben und dann ginge das alles viel schneller und besser. Und dabei hat er mich total lieb angelächelt. So süß! Bin wohl nicht die Einzige, der das aufgefallen ist. Harry und Akne sagen schon dauernd mit so einem blöden Unterton: »Thomas, Thomas ...!« Akne heißt ja eigentlich Andreas Akner, aber niemand nennt ihn Andreas. Alle rufen ihn nur Akne. Das ist nicht gerade nett, aber ich denke, da er nicht total verpickelt ist, wird er es hoffentlich verkraften.
Harry ist fast sechzehn und aus unserer Gruppe derjenige, der schon am längsten trainiert. Der kann all die Sachen, die ich nicht auf die Reihe kriege: Eskimorolle, beim Wintertraining im Schwimmbad mit dem Kanu vom Drei-Meter-Brett springen und den Eiskanal runterfahren. Ob ich das jemals schaffe?
Aber ich wollte ja von Thomas erzählen. Ich weiß noch nicht so viel von ihm. Nur dass er im Oktober fünfzehn wird und dass er mit Akne in dieselbe Klasse geht. Die kommen auch immer zusammen zum Training. Aus Neuenhausen.
Anna ist natürlich voll drauf auf meinen Bericht angesprungen. Sie meint, Sophia soll ihrer Rolle als Hannibal mal gerecht werden und sich einen anständigen Plan überlegen, wie ich mir den Thomas angeln kann. Aber dabei ist es erst mal geblieben, weil ich nach Hause zum Essen musste.
Dienstag, 20.6.89
Gestern waren Arno und ich im Schwimmbad in Neurath und lagen da so faul auf der Liegewiese rum, als Akne plötzlich vor uns stand. Erst hat er ein bisschen mit uns gequatscht, dann hat er Arno gefragt, ob er mit ihm ins Schwimmbecken geht. Arno ist nach einer Weile allein wieder gekommen und hat gemeint, dass er mich von Akne fragen soll, ob ich mit ihm gehen will. Ich habe sofort nein gesagt – da musste ich echt nicht überlegen. Aber Arno hat Akne erzählt, dass ich total happy wär’, dass er mich endlich gefragt hat! Und mir hat er natürlich keinen Ton davon erzählt! Wie kann mein eigener Bruder mich dermaßen in die Pfanne hauen? Und das Aller schlimmste: Akne hat ihm das auch noch geglaubt! Jetzt ist mir klar, warum er den ganzen Nachmittag bei uns rumhing. Ich war schon voll angenervt, weil er überhaupt nicht mehr weggegangen ist. Der ist auch irgendwie so gar nicht mein Typ. Also, er ist schon nett, aber kleiner als ich. Blond, kurze Haare und mit kleinem Schwänzchen im Nacken.
Übel ist, dass er Thomas erzählt hat, wir wären zusammen. Als Arno und ich vorhin beim Clubhaus vom KC Grevenbroich angekommen sind, hatte ich davon keine Ahnung und habe gar nicht gerafft, warum der Thomas mir immer so komische Sprüche gedrückt hat von wegen: »Geh doch zu Akne!«
Oder hat mich Frau Akne genannt. Auch nicht besser. Ich habe ihn gefragt, was das soll. Er meinte: »Du gehst doch mit dem. Hat der mir eben erzählt.«
Na super, da habe ich erst kapiert, was er meint. Armer Akne. Ist voll auf Arno reingefallen. Ich habe Thomas dann erzählt, wie das gelaufen ist, und er hat sofort zu Akne rüber gebrüllt: »Du gehst doch gar nicht mit der.«
Oh Scheiße, hat Akne mir da leid getan! Ich habe gesagt: »Wenn ich mit ihm gehen würde, würd’ ich mich doch anders verhalten, oder?«
Darauf Thomas: »Kann ja sein, dass du dich nicht traust.«
Peinlich, peinlich. Ich glaube, ich würde mich wirklich nicht trauen, so vor allen rumzuknutschen oder so. Deshalb habe ich dazu erstmal lieber nichts gesagt. Immer hin: Thomas scheint ja doch eifersüchtig gewesen zu sein. Gut!
Nach dem Kanutraining habe ich mich geduscht und umgezogen, aber Thomas war noch nicht fertig. Ich habe aus meinem Kajak das Wasser extra langsam rauslaufen lassen und meine Schwimmweste genauso langsam weggebracht. Und dann habe ich mir auch noch die Fotos im Vereinshaus angeguckt, auf denen ein paar von unseren Leuten bei den Olympischen Spielen von 1972 zu sehen sind. Einer von denen hat damals sogar Silber im Einer-Kanadier beim Kanu-Slalom geholt. Als Harry mir das am Anfang mal erzählt hat, habe ich gedacht, dass er mich bloß verarschen will. Aber es stimmt tatsächlich. Ich habe unseren Trainer gefragt und der hat’s bestätigt.
Na ja, aber was ich eigentlich sagen wollte: Wenn hier jemand denkt, dass Thomas endlich erschienen wär’ – nichts da!
Ich habe Arno gefragt, ob wir noch bis 17 Uhr 45 warten sollen, weil ich dann die Zeit besser messen könnte. Wir gucken nämlich immer, wie lang wir von Hemmerden nach Grevenbroich und auch wieder zurück mit den Fahrrädern brauchen. Arno meinte, dass es ihm egal sei. Aber als Akne so provozierend gefragt hat, ob ich auf Thomas warten würde, bin ich dann doch direkt gefahren. Erstens, weil ich ja wirklich gewartet habe, und zweitens, weil ich auf keinen Fall wollte, dass die anderen das merken, und drittens, weil mir diese Anspielungen langsam echt auf die Nerven gegangen sind!
Zuhause habe ich erst einmal mit Sophia telefoniert, weil Milla um die Zeit immer »Trio mit vier Fäusten« guckt. Da stört man sie besser nicht.
Hätte auch eben in Bedburdyck vorbeifahren können, aber ich war zu k.o. nach dem Training. Wir hängen aber sowieso gerne am Telefon.
Das hatte übrigens noch eine Wählscheibe und musste bei der Telekom angemietet werden. Und telefonieren konnten wir damit stundenlang. Acht Minuten à 23 Pfennig. Und ohne Telefonmarktliberalisierung versteht sich.
Sophia meint, dass ich, falls Thomas mich fragt, ob ich mit ihm gehen will, auf jeden Fall ja sagen soll. Das hat sie sich am Samstagabend noch so überlegt. Super Plan, Hannibal!
Aber was soll ich dann machen? Ich glaub, ich könnte den nie einfach so küssen. Vor all den anderen! Will schwer hoffen, dass er schüchtern genug ist, mich nicht zu fragen. Oder fragen zu lassen. Wenigstens jetzt noch nicht ...
Ach Mann, warum machen Jungen einem eigentlich immer nur Stress? Arno fängt jetzt auch schon an, mich Frau Akne zu nennen. Kleine Brüder sind eine Plage!
Mittwoch, 21.6.89
Habe mir eben nach der Schule im Plattenladen vom Montanushof die Single von Robin Beck »First Time« gekauft. Hat fünf Mark gekostet. Das ist eine ganze Woche Taschengeld, aber – oh, Mann, ich musste die einfach haben. Als ich das erste Mal die Cola-Werbung gesehen habe, in der die das Lied spielen, habe ich sofort gedacht: Kaufen! Ich meine das Lied. Nicht die Cola. Und jetzt habe ich endlich die Platte!
Gleich treffe ich mich mit Milla und Sophia bei Anna. Da sind wir unter uns und können die Musik so laut aufdrehen wie wir wollen. Und ich muss den Dreien auch unbedingt meine neuen Ohrringe zeigen. Sind so richtige Ringe. Na ja, mittelgroß würd’ ich sagen. In Silber. habe ich mir auch noch schnell bei Bijou Brigitte gekauft. Die wollt’ ich schon lange haben, aber ich bin mir nicht so sicher, ob die mir auch stehen ...
Donnerstag, 22.6.89
Gestern bei Anna alias Face war es richtig gut. Das A-Team war wieder komplett. Alle drei fanden die Ohrringe super. Auch an mir. Und die Musik? Noch besser! Wir haben das Lied immer wieder von vorne gehört und versucht, den Text aufzuschreiben. War gar nicht so einfach, aber jetzt haben wir es einigermaßen zusammen.
Ich glaub’, ich wär’ auch gern mal so richtig verliebt. Muss doch super sein.
Wir haben ein bisschen rumgesponnen und uns überlegt, wie unser Traumtyp so aussehen soll und so. Sophia steht ja total auf Morton Harket von a-ha. Und Milla hat eine komplette Wand in ihrem Zimmer mit Postern und Zeitungsausschnitten von Stefan Edberg zugekleistert. Wenn der spielt, steht sie sogar nachts dafür auf, um sich die Übertragung anzusehen.
Wenn ich mir jemanden aussuchen könnte, wär’ es natürlich James Dean. Aber Anna hat gesagt, dass das nicht gilt, weil er ja schon tot ist. Schade eigentlich. Also entscheide ich mich stattdessen für Patrick Swayze. Wie der tanzen kann – da wär’ ich auch gerne mal Jennifer Grey!
Oh Mann, der ist ja jetzt auch schon tot ...! Ist jetzt echt einfach nicht mehr dasselbe, sich »Dirty Dancing« anzugucken. Und an »Ghost – Nachricht von Sam« mag ich gar nicht erst denken!
Anna findet, dass Tom Cruise noch mehr hergibt, obwohl der bestimmt kleiner ist als sie. Früher stand sie voll auf David Hasselhoff, aber sie behauptet, dass das jetzt vorbei sei. Sie guckt sich aber immer noch regelmäßig »Knight Rider« im TV an.
Habe sie ein paar Monate später erwischt, als sie sich »Looking for Freedom« als Single gekauft hat. Damals hat sie behauptet, das wäre für ihre Mutter ... Nee, schon klar!
Eigentlich sind wir uns einig, dass das Aussehen ja nicht unbedingt das Wichtigste ist. Viel wichtiger ist, dass so ein Typ super nett ist. Und uns versteht. Und so akzeptiert, wie wir sind. Und wenn er dann noch Mambo tanzen kann, ist doch alles perfekt! Scherz!
Bei Aussehen fällt mir ein: Milla, Anna, Sophia und ich sehen total unterschiedlich aus und sind auch sonst eigentlich ziemlich verschieden.
Anna ist die Größte von uns (so einsachtzig) und hat superlange, blonde Haare. Wenn sie die nach dem Schulschwimmen mit vornüber gebeugtem Kopf auswringt, denkt man echt, man wär’ in der Timotei-Werbung. Fehlt nur noch der blonde Reiter in weißem Hemd, der auf seinem weißen Pferd über eine Blumenwiese geritten kommt. Oder über die Liegewiese vom Freibad.
Sie ist ziemlich temperamentvoll, kein besonders ordentlicher Typ, aber sie beherrscht das Chaos. Zumindest das in ihrem Zimmer. Und sie weiß, was sie will. Heißt, wenn sie sich was in den Kopf gesetzt hat, kann sie meistens nichts und niemand mehr davon abbringen.
Ich kenne sie schon so lange wie Milla. Seit der dritten Klasse, als wir von Neuss nach Hemmerden gezogen sind. Sie ist diejenige, die eigentlich immer weiß, was mode-mäßig gerade angesagt ist, und sie hat immer die coolsten Klamotten von uns allen. Wenn in der »Mädchen« mal wieder ein neuer Trend angesagt ist, der Anna gefällt, hat sie die Sachen ein paar Tage später im Schrank. Kein Wunder. Ihr Papa ist Arzt und ihre Mama Rechtsanwältin. Soviel Taschengeld wie Anna in einer Woche bekommt, habe ich nicht in einem Monat.
Im Moment steht sie voll auf den Dandy-Look. Sie trägt am liebsten weiße Hemden oder Blusen zur Levis, dazu Westen oder auch schon mal Krawatten aus dem Schrank von ihrem Papa. Wenn’s kühler ist, darf’s auch mal ein Kaschmirpullover mit Karos sein.
Anna ist immer heiß umschwärmt. Wenn ich mit ihr unterwegs bin, fühl’ ich mich wie das letzte Mauerblümchen. Aber ich weiß, das geht Milla und Sophia nicht anders ...
Sophia ist in vielen Dingen so ziemlich das Gegenteil von Anna. Sie weiß zwar auch, was sie will (eigentlich ist sie ziemlich ehrgeizig und hat auch immer gute Noten), aber sie behält das eher für sich. Sie ist mehr auf der beobachtenden Seite zu Hause, aber wenn sie etwas von sich gibt, dann sind das echt oft so trockene Sprüche, dass ich mich nur noch wegschmeißen könnte vor Lachen. Sophia ist zwanzig Tage älter als ich und damit die Älteste von uns allen. Sie hat blonde, kinnlange Haare mit einem Touch ins Rote. Das will sie aber nicht hören, also sage ich ihr das auch nicht. Ich weiß, dass sie eine harte Schale zur Schau trägt, aber eigentlich sehr verletzbar ist.
Aus Mode macht sie sich nicht so viel. Aber sie hat Unmengen von Halstüchern. Die trägt sie auch im Sommer. Zumindest morgens, bevor es so richtig heiß wird. Ansonsten trägt sie am liebsten bequeme Sachen: Jeans, Sweatshirt oder Poloshirt und Turnschuhe.
Sophia hat genau wie ich einen Bruder und eine Schwester. Aber ihr Bruder ist der Älteste und ihre Schwester die Jüngste. Immer zwei Jahre Abstand genau wie bei uns Zuhause, nur eben in umgekehrter Reihenfolge. Und ihre Eltern sind auch geschieden, aber schon länger als meine.
Sophia sammelt Sprüche und kleine Gedichte, so wie ich Anstecker. Ständig schleppt sie Stift und Papier mit sich rum und schreibt alles auf, was ihr gefällt. Egal, ob das aus Zeitungen, von öffentlichen Klos, Schulbänken, Rücklehnen in Bussen oder Unterführungen kommt. Ihre Lieblingssprüche hat sie auf ihr Federmäppchen und ihre Ledertasche geschrieben. Da steht z.B.:
»Auch Arme haben Beine«. Und »Sperma die Tür auf, damit da keiner Vorhaut!«. Oder »Marx ist tot. Lenin ist tot. Und mir ist auch schon ganz schlecht.«
Kennst du die noch: »Ich bin tolerant. Wem das nicht passt, dem hau ich eine.« Oder »Legal – Illegal – Ikea-Regal.« Und »Wissen ist Macht. Ich weiß nichts. Macht nichts.« Sophia kenn ich jetzt seit der fünften Klasse. Oder Sexta, wie es bei uns am Erasmus-Gymnasium heißt. Eigentlich finde ich, Sexta klingt schöner. Und schreibt sich auch schöner: VIb. Sieht doch viel besser aus als 5b.
Milla hat ganz tolle blaue Augen, mittelblondes, kurzes Haar (sie will es jetzt wachsen lassen) und ist auch ein ganzes Stück größer als ich. Sie ist diejenige von uns, die sich am wenigsten aus der Ruhe bringen lässt. Obwohl meine beste Freundin, ist sie in vielen Dingen ganz anders als ich. Ich glaub’, sie ist einfach viel offener als ich. Und nicht so ängstlich oder zögerlich. Vielleicht auch neugieriger. Sie probiert Dinge oft erst einmal aus und macht sich hinterher Gedanken, ob das jetzt okay war oder nicht. Bei mir läuft das genau anders herum. Ich mach’ mir schon so oft vorher einen Kopf, dass ich gar nicht erst zum Ausprobieren komme ...
Milla hat ein Meerschweinchen und einen jüngeren Bruder. Das Meerschweinchen heißt Bommel, wie bei »Ich heirate eine Familie«, und der Bruder heißt Tom – auch wie in der Fernsehserie. Der ist auf den Tag genau ein Jahr jünger als sie und geht zusammen mit Arno in die achte Klasse der Realschule auf der Bergheimer Straße. Milla ist übrigens die Jüngste von uns. Unser Küken. Und wird erst im April 15. Ihr erzähle ich normalerweise immer alles zuerst. Wir haben schon super viel miteinander erlebt. Bei Sophia und Anna habe ich z.B. noch nie übernachtet, aber bei Milla schon ein paar Mal. Ich könnte dann die ganze Nacht mit ihr durchlabern. Oder fernsehen. Milla hat einen eigenen Apparat auf ihrem Zimmer. Letztens haben wir zusammen »Der Glöckner von Notre Dame« geguckt. Das ging aber nur ganz leise, damit ihre Eltern das nicht mitbekamen. War ganz schön gruselig so spät abends, wie der da über den Bildschirm gehumpelt ist und immer gerufen hat: »Gedenkt des Elends!«. Und dann gab es nach den ganzen Gemeinheiten noch nicht einmal ein Happy End! War ein ganz schöner Schock. Ich konnte erst gar nicht einschlafen danach, weil er mir so leid getan hat. Und Esmeralda natürlich auch.
Na, das war ja wohl noch harmlos gegen die ganzen Folgen von »Eis am Stiel«, die Arno und ich mit Tom und dir bei euch auf Video geguckt haben. Wenn das meine Mutter gewusst hätte ...
Milla ist die Sportlichste von uns. Sie freut sich allen Ernstes auf den Schulsport. Egal, ob es Schwimmen, Leichtathletik oder irgendeine fiese Ballsportart ist. Ich kann das überhaupt nicht verstehen.
Ich fand ja immer, das einzig Gute am Schulsport war, wenn man sich mal wieder beim Volleyball-Pritschen den Finger verstaucht hat und zum Unfallarzt geschickt wurde. Wir konnten stundenlang wegbleiben, weil das Wartezimmer so voll war, und am besten auch noch gleich Mathe mit verpassen! Dann hatte sich die Sportstunde wenigstens gelohnt.
Milla mag es genau wie Sophia bei den Klamotten bequem. Am allerliebsten trägt sie Jeans-Latzhosen. Lange im Winter und kurze im Sommer. Und dazu T-Shirts oder Sweatshirts. Und Milla mag Bandanas, diese bunten Baumwolltücher mit Paisley-Muster. Milla trägt eigentlich immer eins von den Tüchern: im Haar, um den Hals oder ums Handgelenk geknotet.
Jetzt, mein Tagebuch, ein paar Zeilen über mich. Ich bin die Kleinste von uns hier, gerade mal eins-sechzig, habe braune, lange Haare, so bis zu den Schulterblättern. Mit ein paar Locken drin. Auf der Nase habe ich ein paar Sommersprossen und meine Augen sind grün. Daniela und Arno haben blonde Haare und blaue Augen. Ich seh so völlig anders aus, ich bin bestimmt nach der Geburt vertauscht worden.
Ansonsten bin ich ganz normal. Meine Hobbys? Kanu fahren (immer dienstags und donnerstags) und Trompete spielen. Immer montags nach der sechsten Stunde bei uns im Erasmus. Das ist ganz praktisch. Ich darf nur morgens den Trompeten koffernicht zu Hause vergessen. Passiert mir aber selten. Ich habe jetzt schon vier Jahre bei Herrn Gütgen Unterricht. Ein weiblicher Louis Armstrong oder Maurice Andre wird wohl trotzdem nicht aus mir werden. Schätze, dafür müsste ich mit dem Üben schon ein bisschen fleißiger sein. Mama sagt immer: »Eine Viertelstunde täglich muss schon drin sein.« Ehrlich, manchmal schaffe ich noch nicht einmal das.
Vom Trompetenunterricht habe ich das Zeugnis schon letzte Woche Montag nach dem Unterricht bekommen. Ich habe ein befriedigend im Lernerfolg und auch ein befriedigend in Fleiß. Da war ich ganz schön erleichtert, ich hatte nämlich schon Schlimmeres befürchtet. Aber Herr Gütgen hat wohl noch mal alle Augen und Hühneraugen zugedrückt und empfohlen, dass ich den Unterricht fortsetzen soll.
Mit dem Kanutraining habe ich letzten Winter angefangen. Eigentlich war es Arno, der sich zuerst dafür interessiert hat. Er war von Anfang an total begeistert und hat mir super viel erzählt. Und da habe ich gedacht, kann ja nichts schaden, wenn ich mir das auch mal angucke. Auch wenn ich Sport ja eigentlich nicht ausstehen kann. Tja, und dann bin ich eben dabei geblieben. Es macht nämlich wirklich richtig Spaß und die Leute sind alle super nett.
Ja, und das war’s auch erstmal von uns. Krieg’ auch schon einen Schreibkrampf … Morgen gibt’s Zeugnisse!
Freitag, 23.6.89
Sophia meinte gestern morgen im Bus auf dem Weg zur Schule, sie hätte sich überlegt, wie wir mehr über Thomas erfahren können, und hat mich in der Pause zu einem Mädchen aus der c-Klasse geschleppt. Die wohnt auch in Neuenhausen und Sophia hat erst einmal gefragt, ob sie Akne und Thomas kennt. Sie hat gesagt, sie kenne sie gut, und hat so nebenbei erzählt, dass Thomas schon zweimal hängen geblieben ist. Schock – so kommt der gar nicht rüber! Ich wollte ihn später beim Training mal fragen, aber ausgerechnet gestern war er nicht da. Mist! Harry hat aber gesagt, dass das mit dem Hängenbleiben stimmt.
Sophia und Anna meinen, ich soll ihn vergessen. Als ob das so einfach wäre! Milla war von den Neuigkeiten auch nicht so super begeistert. Aber ist das wirklich so wichtig, wie gut jemand in der Schule ist? Scheiße, ich bin echt durch einander!
Wenigstens ist mein Zeugnis ganz okay. Nichts, worüber Mama oder Papa sich aufregen könnten!
Samstag, 24.6.89
Endlich Ferien! Ich kann es kaum fassen, dass jetzt sechs Wochen Freizeit vor mir liegen. Und natürlich auch Urlaub! Ich fahre mit der Jugendgruppe vom Roten Kreuz für drei Wochen nach Südtirol. Vom 13.7. bis zum 3.8.! Ich freu mich schon total! Schade nur, dass ich noch keinen kenne, der mitfährt. Letztes Jahr ist Arno mitgekommen, aber der hatte diesmal keinen Bock auf Berge und fährt mit der KJG für zwei Wochen nach Sylt. Außerdem hat er behauptet, das Essen wäre da bestimmt viel besser. Im letzten Urlaub hätte es immer nur »Reis mit Scheiß und fingerdickem Rotz« gegeben. Bäh!
Anna fliegt mit ihren Eltern morgen für vierzehn Tage nach Gran Canaria. Hannibal hat für sie einen Plan ausgearbeitet, wie sie im Urlaub am besten einen Jungen kennenlernt. Sie hat eine ganze Liste zusammengestellt. Da waren dann so super Tipps bei wie: »Tu doch mal so, als ob du dich verlaufen hättest, und lass dich von einem netten Boy ins Hotel zurückbringen.« Oder: »Du kannst ja auch beim Beachvolleyball zufällig den Ball auf sein Handtuch pritschen.« Und: »Lass dich aus dem Wasser retten. Aber pass auf, dass du nicht gerade so einen Paule erwischst!«
Yeah!
»Paule heißt er – ist Bademeister, / im Schwimmbad an der Ecke.
Paule heißt er – ist Bademeister, / und er bringt kleine Mädchen zur Strecke!«
1000 Dank für dieses Lied an »Die Ärzte«. Definitiv die beste Band der Welt!
Na ja, wir werden sehen, ob’s hilft. Ich mach’ mir bei Annas Aussehen gar keine Sorgen darüber, dass sie einen Verehrermangel hat.
Wenn ich in Südtirol bin, muss Sophia mit ihren Geschwistern für drei Wochen zu ihren Großeltern in den Schwarzwald. Ihre Mutter fährt in der Zeit zur Kur. Sie hat irgendwas am Rücken. Besonders begeistert ist sie darüber nicht. Also, sie mag ihre Großeltern schon gern, aber sie meint, da wär’ für Jugendliche echt nichts los. Total tote Hose eben.
Milla fährt dieses Jahr nicht weg. Wir haben alle versprochen, ihr zu schreiben, und auch, ihr aus dem Urlaub etwas mitzubringen. Milla macht aber einen Tenniskurs beim TC Hemmerden. Darauf freut sie sich echt total. Sie findet, dass sie das Stefan Edberg irgendwie ein Stück näher bringt.
Ich habe ja kein Glück mit Ballsportarten. Bevor ich den Ball treffe, trifft er meistens mich. Einmal haben Milla und ich einen Badmintonkurs beim TV Hemmerden mitgemacht. Habe mich von ihr dazu breitschlagen lassen. Direkt in der ersten Stunde ist mir der blöde Ball voll ins Auge geknallt, und ich bin super lange mit einem Veilchen rumgelaufen. Das war echt so’n Mist und mir eine echte Lehre: Ballsportarten gibts für mich nur noch, wenn ich im Schulsport dazu genötigt werde!
Gleich fahr’ ich mit Arno zum Papa nach Neuss, und wir bleiben auch über Nacht. Darauf freu’ ich mich schon. Papa ruft zwar jeden Tag an, aber gesehen haben wir uns jetzt schon drei Wochen nicht mehr.
In den Ferien können wir jeden Tag zum Kanutraining. Fünfmal in der Woche ist vielleicht ein bisschen viel, aber wenn das Wetter gut ist, werde ich bestimmt öfter gehen als sonst. Dann erhöht sich ja auch die Chance, Thomas zu treffen.
Montag, 26.6.89
Heute Abend geh’ ich mit Mama ins Kino in den Montanushof. Sie zeigen als Sondervorführung den Film »Exodus« mit Paul Newman. Ist schon ein alter Film. Bin neugierig, wie er ist. Es geht um den Auszug jüdischer Holocaustüberlebender von Zypern nach Palästina gegen den Widerstand der Briten im Jahr 1947 auf dem Schiff »Exodus« und später auch um die Gründung des Staates Israels und die ausbrechenden Kämpfe zwischen Arabern und Israelis.
Bei Papa war’s übrigens ganz gut. Arno hat ihn beim Schach geschlagen und damit zehn Mark gewonnen. Papa hat immer gedacht, dass das nie passieren würde, und jetzt hat Arno ihn ganz klar schachmatt gesetzt. Mein kleiner Bruder scheint doch mehr im Kopf zu haben als ich dachte. Sieh mal an!
Dienstag, 27.6.89
Der Film gestern war echt super. Mama und ich haben am Ende Rotz und Wasser geheult! Super lang war der Film auch: 208 Minuten! Zwischendurch gab es eine Pause, und wir waren von acht bis kurz vor zwölf im Kino. Das Einzige, was genervt hat: Meine Haare und Klamotten haben hinterher voll nach Zigarettenrauch gestunken. Das Kino im Montanushof ist anscheinend das Einzige weit und breit, in dem man während des Films rauchen darf. Deswegen kommen die Leute sogar aus Düsseldorf zu uns nach Grevenbroich ins »Grefi«, um ohne Schmacht einen Film anzusehen. Bei der Langnese-Werbung sieht man die einzelnen Rauchschwaden vor der Leinwand aufsteigen und beim Filmabspann liegt dann über allem der blaue Dunst. Paul Newman ist übrigens Top der Typ! Der hat die geilsten blauen Augen der Welt!
Beim Kanutraining war es heute ganz gut. Thomas war zwar wieder nicht da (Akne hat gesagt, dass er im Urlaub ist), aber was soll’s. Langsam gewöhn’ ich mich schon daran.
Akne hat mich schon wieder gefragt, ob ich mit ihm gehen will. Habe ihm dann gesagt, dass er echt okay ist, aber dass ich im Moment keinen Freund will. Okay, kleine Notlüge, aber ich fand es schon ganz schön mutig, dass er mich diesmal selber gefragt hat und wollte ihn nicht verletzen.
Donnerstag, 29.6.89
Gestern sind wir mit dem Kanu von Grevenbroich nach Wevelinghoven gefahren. Und dann auch wieder zurück. Mit der Erft zu paddeln ist super, aber gegen den Strom zurück ist einfach nur echt anstrengend. Beim Paddeln hat Harry gesagt, dass er mich von Akne fragen soll, wie ich mit Nachnamen heiße, weil der mich mal besuchen kommen möchte. Das will ich auf gar keinen Fall. Also langsam nervt der Typ. Ich habe ihm doch schon deutlich gesagt, dass ich nichts von ihm will. Harry meint, dass Akne wahrscheinlich nur gehört hätte, dass er ganz okay ist. Und den Rest hat er einfach wieder schnell vergessen. Super, wozu hat der Typ eigentlich ein Hirn?
Freitag, 30.6.89
Harry hat heute gesagt, weil ich mit dem Nachnamen nicht rausgerückt bin und Akne im Telefonbuch unsere Adresse nicht herausfinden konnte, will Akne mir hinterher fahren, um zu sehen, wo ich wohne. Als ich ihn ganz entsetzt angeguckt habe, hat er gemeint, dass er das sowieso nicht machen würde, weil Akne dazu viel zu faul ist, aber der Typ hat es dann doch gemacht. Bis Orken ist er mir nachgefahren! Das muss man sich mal abtun! Immer in einem Abstand von zwanzig Metern oder so. Ich habe dann auf der Richard-Wagner-Straße angehalten und bin in eine Telefonzelle gegangen, um Mama anzurufen und ihr zu sagen, dass ich später komm’, weil ich Akne noch abhängen muss. Gut, dass ich immer drei Notgroschen dabei habe!
Ja genau, die Notgroschen für die gelben Telefonhäuschen, die immer so nach kaltem Rauch gestunken haben und in denen meistens auch ein leeres Fläschchen » Underberg« oder ein Klarer irgendwo abgestellt waren. Und wenn der Groschen dann immer wieder durchfiel, haben wir den an dem Telefonapparat gerieben, weil man uns erzählt hatte, wir könnten ihn damit irgendwie elektrisch aufladen. Hat ja auch meistens funktioniert und mindestens eine Stelle neben der Tastatur war ja auch immer ganz blank gescheuert.
Akne ist dann endlich abgehauen. Wer hätte gedacht, dass der Typ so hartnäckig sein kann?
Arno ist im Moment auch nicht da, um mich zu unterstützen, sondern hängt beim Philipp in Düsseldorf rum und ist vom Computer nicht wegzubekommen. Eigentlich ist Philipp unser gemeinsamer Freund, aber wenn die beiden einen auf Computerfreaks machen, bleib’ ich lieber zu Hause! Obwohl: Ich kenne ihn ja schon viel länger als Arno und habe damit ältere Rechte, oder nicht? Ich bin schließlich älter als mein Bruder und auch schon vierzehn Tage länger als Philipp auf dieser Welt und kenn’ ihn quasi schon von Geburt an. War ein ganz schöner Brocken bei seiner Ankunft und auf den Kinderfotos in meinem Fotoalbum ist er schon ein richtiger Pummel. Heute ist Philipp aber gar nicht mehr pummelig. Hat sich alles in der Länge verwachsen. Ist voll der Sportliche geworden. Macht Karate und so. Einmal hat er Arno und mir mal ein paar Katas gezeigt, da hatte er doch tatsächlich was von »Karate Kid«. Schade, dass Milla das nicht gesehen hat, wir haben uns den Film nämlich zusammen angeguckt. War echt cool. Aber Milla und Philipp können nicht wirklich gut miteinander. Ich weiß gar nicht, was die immer haben, aber wenn die aufeinander treffen, wird Philipp echt ekelig und Milla zickt immer rum. Anna und Sophia kennen Philipp gar nicht. Es wird Zeit, dass ich mal ein gemeinsames Treffen organisiere!
Philipp ist echt ein super Kumpel, auch wenn wir uns öfters mal streiten. Eigentlich kann ich mit ihm über alles reden. Er liest sogar mit mir zusammen die »Mädchen«- Hefte oder »Bravo Girl«, wenn er bei uns ist. Schade nur, dass er soweit weg wohnt. Düsseldorf ist doch eine Ecke von uns weg. Philipps Eltern haben sich auch getrennt. Schon doof irgendwie, wenn das alles hinterher nicht mehr so läuft, wie die sich das mal vorgestellt haben.
Hier noch schnell Philipps Lieblings-Anti-Witz: »Kommt eine Frau beim Arzt!«
Sonntag, 2.7.89
Im Moment ist Hemmerdener Schützenfest. Im Sommer ist die Kirmes immer auf dem Kirmesplatz direkt neben der Grundschule. Wenn keine Kirmes ist, führen die Leute ihre Hunde auf der Wiese spazieren, und das Ganze ist einfach nur ein riesiges Hundeklo. Sonst benutzt den Platz irgendwie niemand. Ach ja: Der Vogelschuss findet auch hier statt und Karneval steht das Zelt da. Und einmal war noch ein Zirkus auf der Wiese. Mit Tieren. Die hatten auch so ein kleines Minipony. Das hieß Goliath und ging mir gerade so bis zum Oberschenkel und hatte schrecklichen Husten.
Die Herbstkirmes findet immer auf dem Kirchplatz statt. Es gibt einen Fressstand mit Pommes und Curry-Wurst und fettigem Backfisch in Brötchen, eine Schießoder eine Losbude, einen Bierausschank und ein Kinderkarussell. Nicht, dass die Kirmes im Sommer so wahnsinnig viel größer wäre.
Immerhin gibt es einen Selbstfahrer.
Den meisten Platz nimmt doch sowieso immer das Schützenzelt ein. Und der Klowagen, vor dem sich die Frauen immer brav in die Warteschlange einreihen, während die Schützen auf die umliegenden Büsche und Sträucher ausweichen. Sehr zum Leidwesen aller, deren Gärten an die Hohle Straße angrenzen. Bin ich froh, dass wir da nicht gewohnt haben! Aber vermeiden ließ sich der Weg für uns zumindest in der Grundschulzeit ja nie, und das war am Montag nach dem Kirmeswochenende kein Vergnügen – irgendwo lag doch immer Kotze auf dem Weg. Da half nur eins: Luft anhalten, Bogen machen, nicht so genau hinsehen und hoffen, dass das eigene Frühstück drin bleibt.
Ich war letztens in Korschenbroich, als da gerade Schützenfest war. An Pfingsten. Du weißt schon: »Unges Pengstes«. Da gab es auch einen Selbstfahrer. Und als ich mir die Mädchen angeguckt habe, die da so cool rumlungerten und so taten, als würde sie das alles gar nicht interessieren, habe ich festgestellt, dass sich auch so gar nichts geändert hat. Die waren genauso drauf wie wir früher: Äußerlich möglichst gelangweilt am Rand der Fahrfläche abhängen, während wir in Wahrheit sehnlichst darauf hofften, endlich von einem gutaussehenden Jungschützen auf eine Runde eingeladen zu werden.
Bin aber bisher nur einmal eingeladen worden mitzufahren, und das auch nur von einem von Arnos Freunden. Aber Milla und ich haben ein paar Runden gedreht und ein paar Crashs gebaut. Das war total gut. Nur rückwärts fahren kann ich nicht. Das sieht immer so cool aus, aber ich krieg’s nicht auf die Reihe. Na ja, und vor allen zu üben, ist ja voll peinlich.
Sehe sie immer noch vor mir, die Typen, die so locker, einen Arm um die Kopfstütze gelegt, völlig lässig den Wagen rückwärts durch das Gewühl kutschieren. Dabei am besten noch eine Fluppe im Mund. Konnte irgendjemand cooler sein?
Habe mit Mama darüber gesprochen, dass Thomas in der Schule anscheinend nicht so eine Leuchte ist. Mama meinte, es kommt auf den Menschen an und nicht auf die Schulbildung. Und dass ich dazu stehen soll, wenn ich ihn mag. Außerdem denkt sie, dass das sowieso nichts fürs Leben ist, weil ich noch zu jung dafür wäre. – Bleibt eh noch die Frage, ob er überhaupt wieder zum Kanu-Training kommt.
Montag, 3.7.89
Komme gerade von Sophia wieder. Sie hat heute Geburtstag und wir haben ein bisschen gefeiert. Anna war ja nicht da, aber Milla und ich sind mit dem Fahrrad nach Bedburdyck gefahren. So ganz alleine fahr’ ich die Strecke über die Felder oder die Landstraße nicht so gern. Ist doch ziemlich einsam, und ich bin ein richtiger Hasenfuß, was so was angeht. Ich würd’ auch nie allein durch den Bend radeln. Dabei ist es da echt schön, der Wald und die Erft und das Wildtiergehege. Aber allein – nee danke!
Milla und ich haben Sophia ein neues Notizbuch geschenkt, in das sie alle ihre Gedichte und Sprüche eintragen kann. Es ist weiß und hat ganz viele gelbe Smileys auf dem Einband. Außerdem haben wir ein kleines Fläschchen mit Parfümöl geholt, das nach Apfel riecht. Ist so eine kleine braune Flasche mit rotem Verschluss und Plastikstäbchen im Deckel, mit dem man sich das Öl auftragen kann. Danach riecht man wie ein wandelnder Apfelbaum!
Dienstag, 4.7.89
Heute ist wieder Kanu-Training. Wie hänge ich Akne am besten auf dem Rückweg ab, wenn er mir wieder nachkommt? Ich glaube, ich fahr’ erst einmal ganz normal über die Schlossstraße an der Alten Feuerwache vorbei, über die Erckens-Insel mit dem Museum bis zum Bahnhof, die Von-Goldammer-Straße runter und weiter zur Richard-Wagner-Straße in Orken, das Dichterviertel links liegen lassend, dann rechts die Düsseldorfer Straße runter, durch die Todeskurve bei Noithausen, am Allkauf vorbei, unter der Brücke durch, an den Feldern entlang und dann in Hemmerden die Pfannenstraße runter, rechts abbiegen zum Kirchplatz, dann links die Schulstraße hoch, am Friedhof geradeaus weiter – da bin ich ja schon fast in Busch! – und irgendwann über viele Umwege zurück ins Blumenviertel, wo wir wohnen. Ach Scheiße! Soviel Aufwand wegen dem!
Mittwoch, 5.7.89
Morgen kommt Arno endlich vom Philipp aus Düsseldorf wieder. Er war da ja nur ein paar Tage, kommt mir aber vor wie ewig. Dann kann er mir auch gleich helfen, Akne loszuwerden.
Gestern hat der die Verfolgung übrigens schnell aufgegeben, und ich konnte mir die Umwege sparen. Ich find’s trotzdem besser, wenn Arno wieder da ist, und ich die Strecke nicht ganz allein fahren muss.
Donnerstag, 6.7.89
In fünf Tagen kommt Daniela wieder aus Kalifornien zurück. Meine große Schwester wieder zu Hause – wie das wohl wird? Ob sie sich verändert hat? So ein super tolles Verhältnis hatten wir ja nicht. Trotzdem habe ich sie vermisst! Und sie mich auch. Hat sie mir auf jeden Fall geschrieben. Habe eben noch mal ihren letzten Brief rausgekramt:
»Hi Sis (or shall I call you Murdock?),
I miss you sooo much! I hope you don’t mind me writing in English, do you? It’s just easier for me – sorry for being so lazy. I read english, speak english and even dream in english ... I really have to tell you about Ronny, the guy I met three weeks ago. His parents have moved from L.A. to Sacramento and he’s in most of my classes. Guess what – his family name is »Baker«. His greatgrandparents are from Germany. They came from somewhere in the middle of nowhere in Bavaria and there they were actually called »Bäcker«. He is really cute! I could talk to him forever. I feel I never met anybody before that I had so many things in common with ...
What’s the matter with your love-life? I mean except for James Dean? By the way, he’s kind of cute, too!
Now I am sitting at the kitchen table and try to write you something really sensible, but I can’t think of something. Sometimes I stare at the phone and think »Gosh, I wish I could talk to Anja now.« But those thoughts always occur to me when your are asleep. Time difference! But I guess you are fine and so is the rest. Tell everybody »Hi« from me! Lots of love, Daniela