Fritz J. Raddatz
Das Rot
der Freiheitssonne
wurde Blut
Literarische Essays
Fritz J. Raddatz, Jahrgang 1931, Schriftsteller und Publizist, lebt in Hamburg. Er war Programmleiter bei Rowohlt und Feuilletonchef der ZEIT. Er hat Romane, eine Autobiographie und ein umfangreiches essayistisches und biographisches Werk vorgelegt. Zuletzt erschienen von ihm »Gottfried Benn. Leben – niederer Wahn« (2001), »Unruhestifter. Erinnerungen« (2003), »Ich habe dich anders gedacht. Erzählung« (2004), »Taubenherz und Geierschnabel. Heinrich Heine« (2005) und bei zu Klampen »Schreiben heißt, sein Herz waschen. Literarische Essays« (2006).
© 2007 zu Klampen Verlag · Röse 21 · D-31832 Springe
info@zuklampen.de · www.zuklampen.de
Umschlag: Matthias Vogel (paramikron), Hannover,
unter Verwendung eines Fotos
von Hervé Allemand – Fotolia.com
Satz: thielenVERLAGSBÜRO, Hannover
(Gesetzt aus der Linotype Aldus)
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014
ISBN 9783866743823
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über ‹http://dnb.ddb.de› abrufbar.
Cover
Titel
Über den Autor
Impressum
Vorbemerkung
Das Rot der Freiheitssonne wurde Blut
Die Französische Revolution und das deutsche Geistesleben
Weiberfeind und Kirchenhasser
Friedrich II. als Schriftsteller
Ein Bürger, ein Radikaler
Gotthold Ephraim Lessing
Geistreicher Spötter und politischer Reaktionär
Theodor Fontane
Adler mit Taubenherz
Rosa Luxemburg
Schreiben ist die Ausformung von Schweigen
Zum Literaturentwurf von Jean-Paul Sartre
Melancholie mit Kaviar
Thea Sternheim in ihren Tagebüchern
Verzeichnis der Erstdrucke
Fußnote
Essay, wie man weiß, heißt Versuch. So sind die hier versammelten Texte zögernde – manchmal wohl auch fragwürdig-gewisse – Versuche, das feine Gewebe Kunst zu durchleuchten; die Bedingungen seines Entstehens zumal. Wobei gleich zu Beginn, mit Fontane zu sprechen, konzediert werden muß »Wie’s dich auch aufzuhorchen treibt, / Das Dunkel, das Rätsel, die Frage bleibt«. Das klingt nach der Rigorosität eines Gottfried Benn, der zeitlebens eine verachtend-scharfe Trennlinie zog zwischen Kulturmenschen (also unsereins) und Kunstmenschen (also den Dichtern); was ihn im übrigen nicht hinderte, so manchen interpretierenden Aufsatz – gar der Selbstdeutung – zu verfassen.
So versuche ich es mit einer so streitbaren wie bestreitbaren These: Literatur entsteht nicht jenseits von Zeit und Raum. Sie gibt, wie schon die frühen Ritzungen antiker Tonscherben, Ahnung von Geschichte, Zeugnis von deren Geschmack und Geruch; von Zusammenhängen. Kultur kommt aus dem Lateinischen, von colere – bebauen. Ich behaupte, noch die avancierteste Literatur – selbst Mallarmés Tanzfächer-Verse – gibt Zeugnis ihrer Zeit; ist Saat und Ernte in einem. Wenn Sartre sagt: »Die Literatur einer Epoche ist die durch ihre Literatur verdaute Epoche«, dann meint er ganz offensichtlich eben das. Von Epochen Kenntnis haben wir überhaupt nur durch Bild, Ton – und Schrift; das gilt für Homer wie für Remarque. Das Kunstwerk Literatur ist der Bernstein, der die Mücke bewahrt. Ohne Balzac wüßten wir weniger über das Enrichissez-vous-Frankreich des Bürgerkönigs Ludwig, und ohne William Faulkners moralische Landkarten seines Kunstkontinents Yokuapatawpha County begriffen wir schlecht die Südstaaten der USA. Heerscharen von Interpreten haben mit hohem Sachverstand das Einschmelzen historischer Realität ins Kunstwerk aufgedeckt, von Dante bis Proust; Galerien von Bildbänden haben die verformten Porträts »entlarvt«, von Dostojewski bis Musils Dr. Arnheim alias Rathenau; das Original des Werther ist so bekannt wie das von Thomas Manns Mynheer Peeperkorn alias Gerhart Hauptmann. Noch die angeblich reinste Formgebung aller Künste, die Musik, nährt sich von den Schatten der Biographie wie der Historie. Béla Bartóks zauberisch-schwebendes zweisätziges Violinkonzert – Ende 1907, Anfang 1908 beendet – ist Umschrift seiner unerwiderten Liebe zu der neunzehnjährigen ungarischen Geigenvirtuosin Stefi Geyer; er übersandte ihr die Partitur, die sie bis zu ihrem Tod in ihrem Notenschrank verschloß; erst im Mai 1958, ein halbes Jahrhundert nach seiner Entstehung wurde das Konzert öffentlich uraufgeführt. Und um Beethovens »Sinfonia Eroica« rankt sich ein dichtes Gezweig von Legenden. Er habe die Komposition zunächst Napoleon widmen wollen, den er als Konsul der ersten französischen Republik tief verehrt habe und dann, als Bonaparte sich zum Kaiser krönen ließ, das Titelblatt mit der Widmung doch wieder zerrissen; was wohl mit den Tatsachen nicht übereinstimmt. Immerhin trug die Sinfonie, als sie 1906 im Druck erschien, den Zusatz »composita per festiggiare il sovvenire di un grand’ uomo« (»komponiert, um das Andenken eines großen Mannes zu feiern«) – und es ist kein Zweifel, daß Beethoven von den Freiheitsideen, dem geistigen Aufbruch der Aufklärung und der Französischen Revolution infiziert war. Der Lauf der Geschichte bestimmte die Läufe seiner Tongebung.
Die Beweislage ist klar. Jedennoch: Aufregend und unheimlich ist ja, daß nie ist, was ist. Wer Literatur eins zu eins zurückrechnet, auf irgendein biographisches Detail, ein Erlebnis des Urhebers, hat sie nicht verstanden. Der Fleck auf dem Löschpapier ist nicht die Tinte. Sie hat einen anderen Aggregatzustand. »Ein Roman enthält nicht die Dinge« heißt es in Sartres Mauriac-Aufsatz, »sondern ihre Zeichen.« Legendär die traurig-empörten Zurückweisungen der Künstler, die sich durch Banausen fälschlich festgelegt fühlten. Faulkner antwortete einer kunstsinnig-beflissenen Leserin auf die Frage, mit wem er in seinem wohl unheimlichsten Roman »Die Freistatt« identisch sei: »Mit dem Maiskolben, Madam«– (seine Hauptfigur, die rätselhafte Temple Drake, war mit einem Maiskolben vergewaltigt worden); Franz Marc gab einer empörten Vernissagen-Dame auf deren Bemerkung »Pferde sind aber nicht blau« Bescheid mit der Bemerkung »Dies sind auch keine Pferde, dies ist ein Bild«– weswegen Magritte unter sein Pfeifenbild schrieb »Ça n’est pas une pipe«; entgeistert quittierte Beckett den Premierenapplaus nach »Warten auf Godot« mit einem »Mein Gott, man muß sich getäuscht haben, das ist doch nicht möglich, sie klatschen!«
Wie nun aber – alles nur Gaukelspiel? Nicht ganz. Kenntnisse schaden ja nicht. Es mindert nicht die malerische Qualität, wenn man weiß, daß Picassos »Desmoiselles d’Avignon« die Damen eines »Maison privée« meinen. So wenig wie der Zauber von Shakespeares Sonetten – etwa des zwölften, das Oscar Wilde zu seiner Novelle »Porträt des Mr. W. H.« anregte – darunter leidet, daß die kurz nach ihrer Veröffentlichung 1609 verbotenen Gedichte deutlich homosexuelle Bezüge aufweisen; Shakespeare-Entdecker Wilhelm Schlegel sagte: »Sie schildern ganz augenscheinlich wirkliche Lagen und Stimmungen des Dichters, sie machen uns mit den Leidenschaften des Menschen bekannt.«
Des Menschen. Damit kann Shakespeare gemeint sein; aber auch wir, wir alle können gemeint sein, die Menschheit.
Geheimnis der Kunst – Wirkung der Kunst. Beides ist miteinander verwoben. Die Künstler selber sind es. Man gehe einmal auf den Friedhof Père Lachaise, wo Balzac endlich vereint liegt mit seiner Geliebten Halska und der störempfindliche Proust (der sich gegen Menschengeräusch durch Korkwände abschirmte) nicht einmal allein im Grab. Am anderen Ende von Paris, auf dem Montmartre-Friedhof, liegt Heine unweit des gehaßten Berlioz und seines syphilitischen Übersetzers Gérard de Nerval, der sich erhängte. Als der junge William Faulkner in Paris eintraf, starb die Frau von Zola, der im Panthéon liegt und der die Grabrede auf Maupassant hielt, mit dessen Mutter Flaubert ein Verhältnis hatte (manche halten ihn für Maupassants Vater). Zolas Grabrede hielt Anatole France. Und Sainte-Beuve, der Victor Hugo die Frau ausspannte, liegt auf demselben Friedhof (Montparnasse) wie Sartre. Gut, gut, man mag derlei als Kreuzworträtsel-Plänkelei abtun. Ich denke, es hat mit jenem Säen und Ernten zu tun, mit dem Acker namens Kultur.
Weshalb auch erlaubt ist, Lebensumstände – sie sind schließlich ebenfalls »Geschichte«– mit einzudenken bei der Erörterung von Literatur. Sartre hat mit seinem fünfbändigen Riesenwerk »Der Idiot der Familie« auf gigantische Weise vorgeführt, wie aus dem Gemenge von autobiographischer Gründelung, biographischer Recherche und Werkinterpretation ein gar wundersames Flaubert-Porträt entstehen konnte. Der Essay ist immer auch Biographie.
Diesem literarischen Gesetz folgend unternehmen die Aufsätze dieses schmalen Bandes den Versuch, das Individuum gegen seine Zeit zu spiegeln – und umgekehrt den Prägungen und Versehrungen des Subjekts durch Geschichte nachzugehen. Deswegen etwa wurde das Porträt Rosa Luxemburgs aufgenommen, keine Künstlerin, wohl wahr. Doch ein freier Geist und – wenig bekannt – eine empfindsame Frau; der Lebensweg wie das Werk dieser politischen Intellektuellen läßt uns beispielhaft erkennen, wie eine eigene Moralvorstellung – bis hinein in ihren Liebesanspruch – das politische Konzept von Freiheit durchdringt. Nicht zuletzt weil sie diesem Konzept folgte, war Rosa Luxemburg Lenins ZK-Verordnungs-Moral fremd. Sie bekämpfte sogar Lenin und seinen Apparat-Dirigismus. In nur leicht frevelnder Übertreibung darf man in ihr den geistigen Ahn der unbestechlichen Thea Sternheim sehen, die in ihren unübertrefflichen Tagebüchern eine grelle Zeichnung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwirft.
Wie der Steinbutt, gar köstlich, den Schotter des Meeresgrundes in der Haut aufschürft, so bergen die Bücher Diamanten und Kot der Geschichte, Größe und Niedrigkeit, Schönheit des Wahns und Abgründe des Verbrechens. Dies Gesetz gilt von Ovid bis Walt Whitman, für Pessoa wie für Celan. Man sage nicht, die Literatur sei statt in der Welt über der Welt, sie siedle in einem schönen Jenseits-Schein. Ich sage das nicht. Einspruch erbeten.
Fritz J. Raddatz, Frühjahr 2007
Die Französische Revolution und
das deutsche Geistesleben
Johanna Schopenhauer – ihr Sohn Arthur war ein Jahr alt – stand hinter dem Fenster ihrer Wohnung in Danzig, um den Zeitungsboten mit dem Hamburger Correspondent abzufangen, als sie an dem heißen Sommertag ihren Mann gegen alle Gewohnheit heranreiten sah. »Nur ein Ereignis von ganz außergewöhnlicher Wichtigkeit konnte ihn dazu veranlaßt haben«, erinnerte sie sich, »er hatte seine Geschäfte verlassen, um mir schnurstracks die Nachricht vom Sieg der Freiheit zu überbringen – den Sturm auf die Bastille. Von diesem Moment an erwachte neues Leben in mir, voller unerhörter Hoffnung auf eine vollkommene Veränderung der Welt. Meine Zeitgenossen werden sich an die glühende Freiheitsliebe erinnern, die in jeder jugendlichen Brust brannte.«
War es so? Ist 1789, das »Jahr der Gnade«, wie Heinrich Heine es später nennen sollte, ein Jubeljahr, in dem »die Seelen der Besten in Deutschland von der französischen Bewegung mit fortgerissen« wurden? Klopstock und Wieland, Herder und Humboldt, Fichte und Voß, Schubart, Kant und Beethoven – ein brausend Chor von Revolutionsbegeisterung, müde der Despotie, und die Republik herbeisehnend?
Es war so – und es war ganz anders. Das Echo auf die revolutionären Ereignisse im »Frankenland« war laut, aber zwiespältig, grell gelegentlich und kichernd oft. Emphase und Schock, Jubel und Skepsis, tatkräftige Hingabe und kleinbürgerliches Mißtrauen liefen ineinander. Die Wirkung der Französischen Revolution auf das deutsche Geistesleben schillert in allen Farben: Der Geschichts-Blitz des Nachbarn brach sich an den Facetten des in zahllose Teilstaaten zergliederten Nicht-Reiches.
Der dreizehnjährige Ludwig Tieck hörte begeistert in Berlin Mirabeau reden, und von Immanuel Kant weiß man, daß er ein einziges Mal in seinem Leben den berühmten Nachmittagsspaziergang versäumte: als Rousseaus »Emile« eintraf. Bereits im Juli-Heft von Boies Neuem deutschen Museum war Klopstocks Jubel-Ode »Les Etats Generaux« veröffentlicht worden, und Wieland hatte die französische Nationalversammlung im Teutschen Merkur begrüßt. Herder machte auch als Kanzelredner aus seiner Gesinnung so wenig Hehl, daß die Herzogin Luise von Weimar sich in einem Brief an Charlotte von Stein über die »Predigt sonderbarer Art« empörte, in der er »Personen eines höheren Ranges eine Menge Vorurteile vorwerfe«, und in Hamburg-Harvestehude hatte man zur Entgeisterung vieler Bürger auf dem Landsitz des Kaufmanns Heinrich Sieveking ein Bastillenfest gefeiert, bei dem mit Klopstocks Oden »Galliens Freiheit« gefeiert und die »Marseillaise« gesungen wurde.
So ließe sich eine hübsche Revolutionsanthologie zusammenfügen; allein: Den Gang der Ereignisse, ihre vielhundertfachen Ursachen und vieltausendfachen Wirkungen gäbe die nicht wieder. Zu fragen ist: Was ist jenem denkwürdigen Datum vorausgegangen, das im Tagebuch des etwas dicklichen und reichlich dümmlichen Königs Ludwig XVI. mit einem unüberbietbaren Eintrag verewigt wurde. »Nichts«, schrieb der erfolglose Jäger von Versailles unter dem 14. Juli 1789 ein. Als man ihm am Abend berichtete, was vorgefallen war, sagte der Enkel Ludwigs XIV., noch immer verständnislos: »C’est une révolte.«–»Non, Sire«, mußte ihn der berichterstattende Duc de la Rochefoucault-Liancourt belehren, »c’est une révolution.«
Was Papa Schopenhauer nach Hause galoppieren ließ, was Chodowiecki in Kupfer stach und Klopstock in Oden besang, war eine Explosion lange aufgestauter Wut gewesen.
Bei nur geringfügiger Verbiegung der Tatsachen läßt sich zudem das Paradox wagen: Der 14. Juli in Paris begann am 11. Juli in Versailles. Da hatte Ludwig XVI. Jacques Necker entlassen, den einzigen beim Volk beliebten Minister, von dem sich Rentiers wie Bankiers und Kaufleute eine Konsolidierung der zerrütteten Staatsfinanzen versprachen. Am 13. Juli erklärt sich die Nationalversammlung – deren Abgeordnete immun sind – in Permanenz und appelliert an den König, die Entlassung rückgängigzumachen. Die Antwort ist die Lunte am Pulverfaß: »Mir allein kommt zu, zu bestimmen, ob es nöthig sei, die abgedankten Minister zurückzurufen.« Da erschallt im Palais Royal der Ruf: »Zu den Waffen!«
Dieses Palais Royal war die »Kommandozentrale«, von der einerseits die bezahlten Intrigen des auf den Thron erpichten Herzogs von Orléans ausgingen, in der andererseits aufrührerische Pamphlete, revolutionäre Broschüren gelesen und diskutiert wurden; eine Art Hyde Park der Revolution, deren Künder ein mittelloser, hochbegabter neunundzwanzigjähriger Rechtsanwalt ohne Klienten war: Camille Desmoulins. Er war es, der auf einen Tisch sprang, als Zeichen des neuen Aufbruchs einen grünen Zweig brach und »Zu den Waffen!« rief: Das war die Erfindung der Kokarde (als sich herausstellte, daß Grün die Farbe eines Prinzen war, nahm man die Farben der Stadt Paris, Blau und Rot, und nähte sie auf weißen Grund), es war der Beginn der Revolution, der Funke fürs Pulverfaß.
Und die sich häufenden Meldungen über Truppenzusammenziehungen waren das Öl ins Feuer – fünf Regimenter aus Metz und Givet, ein Husarenregiment, Kanonen, von Postpferden gezogen, zwei Schweizer-Regimenter. Über den Montag vor dem Sturm berichtet eine Berliner Zeitung: »Am Montag früh wurden die kampirenden Truppen angegriffen und überwältigt. […] Alle Laden waren verschlossen, und von allen Thürmen wurde gestürmt. Nachmittags wurden alle ansässige Bürger in die Kirchen zusammengerufen, um sich zur Formirung einer Bürgermiliz zu unterzeichnen, und es fanden sich an 15.000 Personen, deren Abzeichen eine grüne Kokarde ist. In der Nacht vom Montag zum Dienstag patroullirte zum ersten Mal die Bürgermiliz und alles war ruhig: am Dienstag waren auch die Laden wieder geöffnet.«
So ruhig blieb der Dienstag dann nicht. Es wurde der entscheidendste Tag der neueren Geschichte. Schon am 12. und 13. hatte es Kämpfe gegeben. Am 14. Juli durfte niemand mehr die Stadt Paris verlassen, pulverbeladene Schiffe wurden gestürmt. Munitionswagen der Ecole Militaire beschlagnahmt, schließlich das volle Waffenlager des »Hôtel des Invalides« ausgeräumt: zwanzigtausend Flinten, Kanonen, Munition. Ab zwei Uhr mittags galt die Devise: »Zur Bastille!«
Unter den Hunderten von Quellen, Schilderungen und Augenzeugenberichten gibt es nicht zwei, die übereinstimmen. So soll die Menge die Invaliden geschlagen und zugleich beim Mittagessen bedient, sie beraubt und zugleich kein Stück Brot vom Tisch genommen haben.
Darauf geht Joachim Heinrich Campe in einem seiner Pariser Briefe ein. Heute würde man das eine »Gegendarstellung« nennen:
Ueberhaupt gehen verschiedene ausländische Journalisten und Zeitungsschreiber bei der Beurtheilung der großen, für die gesammte Menschheit so überaus wohlthätigen französischen Revolution schon jetzt […] so unbarmherzig und ungerecht zu Werke, daß man zweifelhaft wird, ob man sie mehr einer vorsetzlichen Unredlichkeit oder einer gänzlichen Unwissenheit in der Geschichte beschuldigen soll. Bald erdichten sie Briefe aus Paris, mit Grausamkeiten und Unmenschlichkeiten angefüllt, denen doch Jeder, der nur einmal hier gewesen ist, es gleich beim ersten Blicke ansehen kann, daß sie absichtlich geschmiedet sind, weil sie von den gröbsten Verstößen gegen das hiesige Locale wimmeln. So lese ich z. B., um nur Ein Beispiel anzuführen, in mehreren deutschen Zeitungen die Geschichte einer grausamen und unmenschlichen Mishandlung, die einem Accisebedienten, während unsers hiesigen Aufenthalts, mitten in Paris und zwar bloß deswegen widerfahren seyn soll, weil er seine Schuldigkeit verrichten wollte. Die klägliche Geschichte endiget sich mit dem Umstande, daß das Volk diesen unglücklichen Menschen zuletzt nach dem Palais royal geführt und ihn daselbst in den Strom geworfen habe. Wer in Paris gewesen ist, weiß, daß weder im noch beim Palais royal, weder ein Strom noch ein Bach fließt, und daß also wenigstens dieser Umstand von keinem Pariser nach Deutschland geschrieben werden konnte.
Was auch immer damals wirklich geschah: Es war die Geburtsstunde einer neuen Zeit, der Moderne. Es ging so blutig zu wie bei jeder Geburt – aber wir alle, heute noch, leben von diesem Ausbruch in den Aufbruch. Am 15. Juli fielen mehr als die Steine eines Despotie-Monstrums. Es fiel der Despotismus.
Woher der Haß?
Die Diskrepanz zwischen einem luxuriös-selbstherrlichen despotischen Feudalismus und dem Gros der Bevölkerung, heruntergeknutet unter das Niveau von Stallschweinen, zerriß die Nation. Der Adel besaß vierzig Prozent des Bodens und machte zwei Prozent der Bevölkerung aus (Jaurès spricht von sogar nur anderthalb Prozent, gleich 350.000 Menschen). Von den 25 Millionen Franzosen lebten nur etwa 2 Millionen in den Städten (Paris hatte 500.000, nach anderen Quellen 700.000 Einwohner, Marseille hatte 90.000, Lyon und Bordeaux 85.000). 20 Millionen Einwohner des volkreichsten Landes Westeuropas waren Bauern – ganz wenige freie Bauern. Als Pächter hatten sie lebenslang Zins zu zahlen, sie waren die Lasttiere des Staates, denen auch keinerlei Befreiung von den Steuern zugebilligt wurde. Der Klerus etwa, zirka zwei Prozent der Bevölkerung und Eigentümer von zehn Prozent des Bodens, war wie der Adel steuerfrei. Der Schriftsteller Otto Flake hat anderthalb Jahrhundert später die bäuerliche Existenz vor der Revolution geschildert: »Der Bauer trank Wasser und aß dunkles Brot; er kochte seine Suppe mit demselben Rüböl, mit dem er seine Lampe speiste: er kleidete sich in die selbstgesponnenen Stoffe und verbrauchte an barem Geld unfaßbar geringe Summen, zwanzig oder dreißig Livres jährlich. Die Kartoffeln waren unbekannt. Fleisch war unerschwinglich. Die Häuser wurden aus gestampfter Erde errichtet und mit Stroh gedeckt. Soweit es überhaupt Fenster gab, fehlten die Scheiben.«
Zwanzig Livres jährlich (der Franc wurde erst um 1795 eingeführt) – Ludwig XIV. hatte eine halbe Milliarde für den Bau von Versailles ausgegeben, die Staatsverschuldung unter Ludwig XVI. betrug vier Milliarden, allein die Hochzeitsfeierlichkeiten mit der schönen und leichtsinnigen Tochter Maria Theresias hatten Millionen verschlungen. Marie Antoinettes Satz »Das Volk hat kein Brot? Dann soll es doch Kuchen essen!« ist nicht wirklich überliefert worden. Aber man traute der verhaßten »Österreicherin« so einen Satz zu! Die Verschwendungssucht war so töricht wie schamlos und wurde an Hunderten von kleineren Höfen des Provinzadels nachgeahmt mit Bällen, Feuerwerken, tagelangen Gelagen und Jagdausritten, bei denen zur Belustigung der Jagdgesellschaft auch schon mal ein Bauer mit dem Säbel mittendurch gehauen wurde.
Die Leichtfertigkeit des Adels ging so weit, daß man – ähnlich den Ku’damm-Schiebern, die sich bei der »Dreigroschenoper«-Premiere über die Konterfeis amüsierten – applaudierte, als in Beaumarchais’ »Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit« die Sätze fielen: »Weil Sie ein großer Herr sind, glauben Sie, ein großes Genie zu sein – Sie haben geruht, geboren zu werden, weiter nichts.« Marie Antoinette empfing den Autor sogar im Trianon.
Der deutsche Politiker und Publizist Wilhelm Blos summierte die Zustände des alten Frankreich: »Die Regierung im alten Frankreich war eine durchaus despotische. Sie schien nur die Aufgabe zu haben, die Mittel für den Glanz des Hofes und für dessen Günstlinge aufzubringen, die Privilegien der bevorzugten Stände zu wahren und jede Regung der Unzufriedenheit mit Gewalt niederzuhalten.«
Allerdings gab es einen verarmten und es gab einen aufgeklärten Adel, dessen Repräsentanten zumindest die erste Phase der Revolution – mit dem Ziel vorabsolutistischer Zustände – mittrugen: Mirabeau, Lafayette, Clermont-Tonnerre, Pétion, La Rochefoucauld, selbst Robespierre waren Adlige. Sie waren Royalisten – aber sie wollten keinen König mehr.
Es war der dritte Stand, das Bürgertum, das den beiden anderen – Aristokratie und Klerus – den Kampf angesagt hatte. Schon 1788 berichtete die Vossische Zeitung aus Paris: »In Bretagne herrscht noch große Uneinigkeit. Die Advokaten und Prokuratoren haben daselbst beschlossen, ihre Dienste der Geistlichkeit und dem Adel zu entziehen, bis diese beide Stände eben die Abgaben nach Verhältniß, als der dritte Stand bezahlen muß, entrichten. Man sagt deshalb, daß der Adel und die Geistlichkeit Truppen verlangen, um den gärenden dritten Stand in Schranken zu halten. Auch in Languedoc schreit man laut über die enormen Privilegien der Geistlichkeit.«
Die verschiedenen Phasen der Revolution entsprechen – auch und gerade in den wechselnden Bündnissen: mal Mirabeau mit dem Hofe; mal das Bürgertum mit dem »Mob«; schließlich der Kampf zwischen Bergpartei und Gironde – den Möglichkeiten, alte Macht zu erhalten beziehungsweise neue Macht zu gewinnen. Frankreichs Sozialistenführer Jean Jaurès hat das Zusammenlaufen der beiden Bedingungen charakterisiert: »Zwei starke Kräfte sind es, zwei revolutionäre Kräfte, die zu einem leidenschaftlichen Aufbruch in den Köpfen und in der Realität geführt und die Gewalt der Ereignisse mit einem gigantischen Koeffizienten vervielfacht haben. Zum einen die geistige Reife der französischen Nation zu diesem Zeitpunkt; zum anderen die gesellschaftliche Reife des Bürgertums. […] Das Bürgertum gewann ein Klassenbewußtsein, die Intelligenz dagegen ein universelles Bewußtsein.«
Das veränderte Bewußtsein. Vielleicht ist das das Spannendste am Ausgang des 18. Jahrhunderts: Geschichte definiert sich selber. Intellektuelle haben ihre Zeit nicht nur beschrieben, sie haben sie gemacht. »Verzeihen Sie mir, mein Freund, daß ich Sie immer wieder von unserer öffentlichen Meinung unterhalte«, schreibt Georg Forster aus Paris, »allein sie ist das Werkzeug der Revolution und zugleich ihre Seele. […] Die Abhängigkeit der im Übermaß genießenden Klasse von der ihren Begierden dienstbaren, die sich dadurch immer mehr emanzipierte; das böse Gewissen des Hofes und der Administration, die einem Staatsbankrott entgegensahen; endlich die dadurch entstandene Straflosigkeit der politischen Broschürenschreiber, die zu Hunderten jetzt die Wunden des Staats sondierten und mit grenzenloser Keckheit und Quacksalberweisheit ihren Wundbalsam darauf zu streichen sich erkühnten – dies alles bahnte der Denkfreiheit und der Willensfreiheit dergestalt den Weg, daß schon eine geraume Zeit vor der Revolution eine entschiedene öffentliche Meinung durch ganz Paris, und aus diesem Mittelpunkt über das ganze Frankreich beinahe unumschränkt regierte.«
Der große Aufbruch des Denkens hatte lange vorher begonnen. Das Gedankengut der Aufklärer lebte zwar in der Revolution, ja wurde ihr Kanon – aber sie selber waren längst tot: Voltaire 1778, Rousseau 1778, d’Alembert 1783, Diderot 1784. Sie hatten auch nicht etwa eine »Schule« gebildet: Keiner war mit dem anderen einig. Rousseaus gefühlsbestimmte Idee der Rückkehr zum Naturzustand der Menschheit war für ihn selbst keine revolutionäre Forderung, und für Voltaire war er ein »Deserteur«. »Was mich betrifft, so lache ich einfach, wie ich über alles lache«, schrieb wiederum d’Alembert an den empörten Voltaire, der ihn »Herr Vielgestalt« schimpfte: »Sie sind ein großer Denker und ein großer Inszenator, aber es genügt nicht zu zeigen, daß man mehr Geist hat als die andern. Tun Sie doch bitte einmal etwas für die Menschheit. […] Es ist mir unerträglich, daß Sie Ihren Brief mit den Worten schließen: Ich lache. Ach, lieber Freund, lachen in dieser Zeit? […] Wenn Sie das Infame nicht vernichten, verraten Sie Ihre Berufung.« Dabei war auch er, Voltaire, nicht etwa »Demokrat«, keineswegs will er die Bauern, Sattler und Dienstboten aufklären. Er hält sie für dessen nicht würdig – das Volk soll nicht gebildet, es soll geführt werden: »Vierzigtausend Weise, das ist etwa alles, was wir brauchen.« Seinem Briefpartner Damilaville schreibt er: »Ich glaube, wir verstehen uns nicht in der Auffassung des Begriffes ›Volk‹, das Sie einer Bildung für würdig halten. Unter ›Volk‹ verstehe ich die Masse der Bevölkerung, die zum Leben nur ihrer Hände bedarf. Ich bezweifle, daß dieser Teil der Bürger je die Zeit und die Fähigkeit hat, sich zu bilden; sie würden eher verhungern, als weise werden. […] Das aufgeklärte Denken muß stufenweise hinabsteigen; dem niederen Volk wird es immer fremd bleiben […] hier genügt das Beispiel der Höhergestellten.«
Die Dialektik von Denken und Tun, Geschichte und Bewußtsein will es, daß die eher vagen, mittelbaren, ohne exaktes Ziel formulierten Gedanken Rousseaus geradezu Gesetzeskraft erhielten. Sein unerhörter Satz aus dem »Contract social«, »Der Mensch wird frei geboren, überall liegt er in Ketten«, wird sich in der Erklärung der Menschenrechte wiederfinden. »Die Menschen sind und bleiben von Geburt frei und gleich an Rechten«, beginnt diese vom 26. August 1789 datierte Erklärung, Grundgesetz aller bürgerlichen Ordnung bis auf den heutigen Tag.
Erstaunlich ist zweierlei: diese kühl gedachte, klar formulierte Verfassung, die da vor 200 Jahren schon unser aller Zusammenleben gültig regelte; zumindest ebenso erstaunlich aber ist, daß derlei ja Schriftsteller, Künstler, Philosophen vorgedacht haben. Nicht Kanzleiräte, Staatssekretäre, irgendwelche amtierenden Politiker waren die »Väter« der Verfassung der Moderne, sondern die Querdenker und Unzuverlässigen, die Träumer und Liederjane. Sie hatten das Undenkbare gedacht, das Unsagbare ausgesprochen, das Unfaßbare in Gedanken gefaßt. Die gesamte Marxsche Theorie von der ersten Akkumulation steckt in dem Satz von Rousseau aus seiner »Untersuchung über den Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen«. 1755: »Der erste, der ein Stück Land einzäunte und sich einfallen ließ, zu sagen, das gehört mir, und Leute fand, die einfältig genug waren, es ihm zu glauben, war der wahre Begründer der bürgerlichen Gesellschaft […] Hütet euch, diesen Betrüger anzuhören. Ihr seid verloren, wenn ihr vergeßt, daß die Früchte allen, das Land keinem gehört.« Die These »Alle Menschen sind gleich« hat in den zweihundert Jahren seit ihrer Geburt Debatten hervorgerufen, die Bibliotheken füllen.
Gewiß kein Zufall, daß die Diskussionen besonders heftig in Deutschland geführt wurden, wo der Einfluß des gefühlsseligen und vielfach als sentimentaler Schwärmer mißverstandenen Rousseau besonders stark war. Gewiß hat er viel von Seele und dem Guten im Menschen gesprochen: Das war für ihn ja die – unveränderbare – Natur des Menschen, die durch alles andere, Geistesgabe, Erziehung, soziale Beziehungen, Besitz, nur verstellt werde. Man kann auch sagen: »entfremdet«.
Es ist eine Art Heilslehre, die den Menschen zum Bewußtsein des eigenen Wertes führen will, der sich nach dem Natürlichen, Wahren, Guten bestimmen läßt; das muß nur geweckt werden, der Mensch – nach dem Abschied von allen Äußerlichkeiten – nur zu sich selber erweckt werden. Dann eben sind alle Menschen Brüder – frei und gleich: Liberté, Egalité, Fraternité.
Das ist die Geburtsstunde des Sozialismus, jedenfalls seiner säkular-eschatologischen Idee »Der Mensch ist gut«. Ist es auch die Geburtsstunde des Stalinismus? Spätestens wenn wir Robespierre walten sehen, den rasenden, kopfsüchtigen Rousseauaner, werden wir uns das fragen müssen.
Taumel und Terror liegen da nahe beieinander. Von der Robinson-Insel der Seligen zum Gulag für die Uneinsichtigen ist es ein kleiner Schritt. Daher war Rousseau auch emphatischer Applaus so sicher wie aggressivste Kritik. Seine Wirkung in Deutschland war enorm.
Als im Sommer 1793 eine anonyme Denkschrift »Zurückforderung der Denkfreiheit von den Fürsten Europens, die sie bisher unterdrückten« erschien, hörte man eine Sprache, wie sie bisher in deutschen Landen unerhört war. Eine Mischung aus Marquis Posa, Mirabeau und Rousseau ergriff das Wort zu einem Zeitpunkt, zu dem Ludwig XVI. bereits guillotiniert und jene »Fürsten Europens« in Begriff waren, das aufmüpfige Paris dem Erdboden gleichzumachen: »Nein, Fürst, du bist nicht unser Gott. Von ihm erwarten wir Glückseligkeit; von dir die Beschützung unserer Rechte. Gütig sollst du nicht gegen uns sein: du sollst gerecht sein.«
Die Schrift – und der kurz darauf folgende »Beitrag zur Berichtigung der Urtheile des Publikums über die französische Revolution«– waren ein De profundis. Atemlos schrieb Schelling an Hegel voller Bewunderung: »Haben Sie das gelesen? Wenn nicht, besorgen Sie es sich. Niemand kann sich über den Autor im unklaren sein.« Es war Johann Gottlieb Fichte.
Wie kaum ein anderer hat er sich, auch noch als sich viele Applaudierer der ersten Stunden abwandten, für die Ideen der Französischen Revolution eingesetzt. Er prügelte nahezu die Gedanken der Aufklärung in die deutschen Köpfe:
Eure Fürsten haßt darum nur nicht; euch selbst solltet ihr hassen. Eine der ersten Quellen eures Elendes ist die, daß ihr von ihnen und ihren Helfern viel zu hohe Begriffe habt. […] Sie, in deren zartes Herz man von Jugend auf die Maxime einprägt: Alle die Menschen, Sire, die Sie da sehen, sind für Sie da, sind Ihr Eigentum. […] Die Zeiten der Barbarei sind vorbei, ihr Völker, wo man euch im Namen Gottes anzukündigen wagte, ihr seiet Herden Vieh, die Gott deswegen auf die Erde gesetzt habe, um einem Dutzend Göttersöhnen zum Tragen ihrer Lasten, zu Knechten und Mägden ihrer Bequemlichkeit, und endlich zum Abschlachten zu dienen. […] Auf solche Vorspiegelungen hört ihr nicht weiter; ihr wagt es, den Fürsten, der euch beherrschen will, zu fragen, mit welchem Rechte er über euch herrsche? Durch Erbrecht, sagen wohl einige Söldner des Despotismus. […] Glaubt ihr denn, daß man Menschen erben könne, wie eine Herde Vieh, oder eine Weide für sie? Der Mensch kann weder ererbt, noch verkauft, noch verschenkt werden; er kann niemandes Eigentum sein, weil er sein eigenes Eigentum ist, und bleiben muß. […] Es darf mithin kein Fremder über ihn schalten; er selbst muß es, nach Maßgabe des Gesetzes in ihm, tun: Er ist frei und muß frei bleiben.
Das war die Musik, die die französischen Verhältnisse zum Tanzen gebracht hatte, und es war bereits das oratorische Feuer von Fichtes späterer »Ansprache an die deutsche Nation«. Er hatte die eigene Erkenntnis »Die Menschheit rächt sich auf das grausamste an ihren Unterdrückern, Revolutionen werden notwendig« nicht nur als Denkmodell ausgerufen, sondern als Handlungsanleitung.
Gut konnte das nicht lange gehen. Die beiden Schriften wurden in Berlin unter der Herrschaft des Religions- und Zensur-Edikts Friedrich Wilhelms