Bindungsangst verstehen und überwinden.

Warum Männer und Frauen unter

Beziehungsangst leiden und was Sie als

Betroffener oder Partner tun können.

Autoren: Theresa König, Ole Andersen

Herausgeber: Das Beraterteam

Reihe: Beziehungsratgeber des Beraterteams

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar

ISBN: 978-3-03799-301-9. Auflage 2012

© Beraterteam (Theresa König, Ole Andersen)

Alle Rechte vorbehalten.

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Verlag: Bluepoint Publishing Limited

Bilderquellen: Fotolia, Springender Goldfisch © akf #31815634

INHALT

VORWORT

GESICHTER DER ANGST

DIE ÄNGSTE UND ABWEHRMECHANISMEN DER FLÜCHTIGEN PARTNER

VOM WEGLAUFEN UND WEGSTOßEN

Der aktive Vermeider auf der Flucht

Die Angriffslust der aktiven Vermeider

NARZISSMUS UND BINDUNGSANGST

WENN TRENNUNGSÄNGSTE ÜBERWIEGEN – ODER DIE BEWUSSTE WAHL EINES EMOTIONAL UNTERLEGENEN PARTNERS.

DIE PASSIVEN VERMEIDER

Gefühle und Verhalten der passiven Vermeidungsstrategen

Die Gefahr von Manipulationstechniken

BINDUNGSANGST UND HELFERSYNDROM

DER ROLLENWECHSEL IN BINDUNGSÄNGSTLICHEN BEZIEHUNGEN.

DIE WURZELN

Von der Entstehung einer sicheren Bindung

Warum es manchen Eltern nicht gelingt, sich feinfühlig auf die Bedürfnisse ihrer Kinder einzustellen

Die Entstehung von Trennungsängsten des Erwachsenen

WENN FLÜGEL ANFANGEN ZU WACHSEN – VON DER NOTWENDIGKEIT EINER GELINGENDEN AUTONOMIEENTWICKLUNG

Keine Wurzeln – keine Flügel?

Eingriffe in die Autonomieentwicklung und ihre Folgen

Selbstwertempfinden

Selbstbehauptung, eigener Wille und eigene Grenzen

ÜBERTRAGUNGEN

DER AUTONOMIE-ABHÄNGIGKEITS-KONFLIKT

Das Kollusionsmodell

ZUSAMMENFASSUNG

DIE FÜNF SÄULEN DER BINDUNGSFÄHIGKEIT

DIE ABGRENZUNGSFÄHIGKEIT

Verantwortung übernehmen

Innere Abgrenzung

Manipulationsresistenzen

Innere Haltung statt Rechtfertigungen

Äußere Abgrenzung

Äußerer Rückzugsraum

Individuation

Schmerzgrenzen

GEFÜHLSBEWUSSTSEIN

Aggressionen und Glücksgefühle

Der wunde Punkt

Gefühle wollen gefühlt werden

Achtsamkeit

Körpersignale

Gefühlsdifferenzierung

SELBSTGEFÜHL

Authentizität und Identität

Anpassung und Identitätsverlust

Selbstentfremdung im Alltag

Authentizität wieder erlernen

UNABHÄNGIGKEIT

Aktiv und selbstwirksam Einfluss nehmen

Emotionale Unabhängigkeit in der Partnerschaft

Freiheit

KOMMUNIKATION

Destruktive Kommunikation erkennen

Fehler beim Zuhören

Duett statt Duell

Regeln für den Sprecher:

Regeln für den Zuhörer

Negative Gefühle Mitteilen und Anhören

Helfen Sie sich gegenseitig, Gefühle zu äußern

Positive Rückmeldung bei gutem Kommunikationsverhalten

NACHWORT

CINEOGRAPHIE/ ERWÄHNTE UND EMPFOHLENE SPIELFILME

VERWENDETE LITERATUR UND LITERATUREMPFEHLUNGEN

VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn Sie sich entschieden haben, dieses Buch zu lesen, dann haben Sie dies sicherlich getan, weil Sie irgendeinen Leidensdruck verspüren. Sie haben eine Partnerin oder einen Partner, der sich nicht fest an Sie binden will, oder aber Sie merken selbst, dass Sie sich nicht hundertprozentig auf Ihren Partner einlassen können. Vielleicht ist Ihre Beziehung aus einem dieser Gründe ins Wanken geraten, oder Ihre bisherigen Partnerschaften sind immer wieder daran gescheitert. Sollte eine dieser Situationen auf Sie zutreffen und Sie möchten gerne etwas an Ihrer Beziehungsfähigkeit ändern oder etwas über die Bindungsängste Ihres Partners erfahren, dann haben Sie mit diesem Buch die richtige Wahl getroffen.

In diesem Buch möchten wir Ihnen verdeutlichen, auf welche Art sich Bindungsängste äußern können. Im ersten Teil gehen wir differenziert auf diese Thematik ein. Wir werden beschreiben, welche Verhaltensweisen und Gefühle typisch sind. Vermutlich haben Sie auch selbst schon eine Vorstellung davon, was Sie unter bindungsängstlich verstehen. Man muss kein Psychologe sein, um zu wissen, was ein typisches bindungsängstliches Verhalten ist. Wenn Menschen immer wieder das Bedürfnis haben „Reißaus zu nehmen“, sobald eine Beziehung enger und verbindlicher wird, und großen Wert auf Freiheit und Unabhängigkeit legen, es nie lange in einer Beziehung aushalten oder sich vielleicht gar nicht mehr binden, können dies Indizien dafür sein.

Was vielleicht zunächst weniger auf der Hand liegt, ist die Tatsache, dass Menschen mit einem solchen Bindungsverhalten auch bestimmte Partner anziehen und umgekehrt. Diese Partner, die von Menschen mit Bindungsängsten angezogen werden, nehmen die entsprechend andere Rolle in der Beziehung ein. Sie tun alles in ihrer Macht Stehende, um den „flüchtigen“ Partner enger an sich zu binden. Oft leiden diese Personen unter der ständigen Unerreichbarkeit ihres Partners und wünschen sich nichts sehnlicher als mehr Verbindlichkeit und mehr Beständigkeit in der Beziehung. Sie fühlen sich abhängig und häufig verletzt, da ihr Liebster oder ihre Liebste ihnen diese Wünsche immer wieder versagt. Oftmals können solche Personen schon ein Lied davon singen, da sie auch in der Vergangenheit immer wieder an flüchtige Partner geraten sind. Auf den ersten Blick könnte man denken, dass sie einfach ein schlechtes Händchen in der Partnerwahl haben. Dass sie Pechvögel sind, die im Liebesleben eben immer an den oder die Falsche geraten. Manchmal ist es geradezu auffällig, dass ihr „Beuteschema“ auf flüchtige oder unnahbare Partner ausgerichtet ist. Für diese Menschen ist nichts interessanter, ja geradezu unwiderstehlicher, als ein potenzieller Partner, der sich für sie nicht oder nur wenig interessiert. Häufig fragt man sich dann bei diesen potenziellen Partnern: Was ist so besonders an ihr oder ihm? Vielleicht ist die Person noch nicht einmal besonders attraktiv, intelligent, gebildet oder ansonsten eine gute Partie. Dennoch haben solche unnahbaren Kandidaten auf bestimmte Menschen eine außerordentliche Anziehungskraft. Es muss einen Grund dafür geben, dass sich manche Menschen immer wieder leidenschaftlich in emotional unerreichbare Partner (und zwar ausschließlich in solche) verlieben. Je unerreichbarer der (potenzielle) Partner ist, desto leidenschaftlicher ist die Liebe. Damit wollen wir nicht ausdrücken, dass sie dabei bewusst vorgehen, vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Betroffene Personen würden dagegen auch heftig protestieren. Schließlich leiden sie ja unter der emotionalen Abstinenz ihrer Partner und spüren ganz deutlich, dass sie sich nichts sehnlicher wünschen, als eine enge und verbindliche Beziehung mit ihm oder ihr zu führen, vielleicht zu heiraten, eine Familie zu gründen, etc. Dennoch suchen sich solche Menschen immer wieder Partner, mit denen dies nicht möglich ist. Sei es, weil der oder die Auserwählte immer wieder für Distanz sorgt, wenn die Beziehung enger wird, oder weil schon von vornherein eine Distanz „installiert“ ist. Zum Beispiel durch eine räumliche Distanz bei einer Fernbeziehung oder weil der Partner z. B. verheiratet, geschäftlich viel unterwegs oder einfach emotional nicht erreichbar ist. Es ist der große Verdienst der Erfolgsautoren Steven Carter und Julia Sokol, den Blick weg vom bindungsängstlichen Partner hin zum bindungsängstlichen Paar zu richten. Von Carter und Sokol übernehmen wir die Begrifflichkeiten „passiver Vermeider“ und „aktiver Vermeider“. Mit passiven Vermeidern sind Personen gemeint, die sich zu aktiven Vermeidern, also typisch bindungsängstlichen Menschen, hingezogen fühlen. In ihrem sehr empfehlenswerten Buch „Nah und doch so fern“ schildern die beiden Autoren ausführlich und mit zahlreichen Fallbeispielen das Zusammenspiel von passiven und aktiven Vermeidern in Beziehungen. Es sind stets die aktiven Vermeider, die in der Beziehung für mehr Distanz und somit für mehr Aufregung in der Beziehung sorgen, sei es, dass sie aus der Beziehung aussteigen, wenn sie ihnen zu eng wird, oder auf andere Art und Weise Distanz schaffen. Der Partner mit dem aktiven Vermeidungsmuster sorgt dafür, dass sich die Beziehung selten oder nie über einen bestimmten Punkt hinaus entwickeln kann. Während es bei einem aktiven Vermeider offenkundig ist, dass ihm ein Zuviel an Nähe unangenehm wird, ist dies bei einem passiven Vermeider auf den ersten Blick nicht der Fall, denn er verhält sich paradoxerweise so, als würde er ein größeres Maß an Nähe anstreben. Doch tatsächlich vermeidet er die Nähe passiv, indem er häufig immer wieder Partner wählt, die diesen Part übernehmen. Beide Vermeider-Typen verhalten sich gegensätzlich und haben dennoch (natürlich unbewusst) das gleiche Ziel: das Verhindern von zu viel Nähe in der Beziehung.

Im ersten Teil wollen wir uns zunächst ausführlicher den Gefühlen und Verhaltensweisen der aktiven Vermeider widmen. Sie sind diejenigen, die in bindungsängstlichen Beziehungen Nähe und Distanz regulieren, oft zum Leidwesen ihrer Partner, denen manchmal plötzlich und ohne erkennbaren Zusammenhang die eben noch vorhanden gewesene Wärme versagt wird. An dieser Stelle sei erwähnt, dass es sich bei den aktiven Vermeidern nicht ausschließlich um Männer und bei den passiven Leidensgenossen nicht um ein grundlegend weibliches Phänomen handelt. Beide Rollen haben sowohl männliche als auch weibliche Stellvertreter. Viele Menschen vertreten die Auffassung, dass es überwiegend Männer sind, die sich nicht fest binden wollen. Unzählige Autoren bedienen sich dieses Klischees und richten ihre Bücher über Bindungsangst ausschließlich an weibliche Leser. Sie stellen Hypothesen über das männliche Gehirn auf und erklären Frauen, was sie tun sollen, um ihren Traumpartner an sich zu binden. Wir sind hier grundlegend anderer Auffassung. Wir haben in therapeutischen Gesprächen, aber auch in unserem Freundes- und Bekanntenkreis unzählige Fälle beobachtet, bei denen die Frauen typische Verhaltensweisen von aktiven Vermeidern aufwiesen und Männer typisch passives Vermeidungsverhalten. Beim Lesen wird Ihnen zwar auffallen, dass wir keine weibliche Form als Zusatz- bzw. Doppelnennung benutzt haben. Doch haben wir auf die Verwendung der weiblichen Form, wie z. B. „VermeiderInnen“ oder „BindungsphobikerInnen“, lediglich der Einfachheit halber verzichtet. Der Text lässt sich dann einfach flüssiger lesen.

Im zweiten Teil werden wir ausgiebig auf die Ursachen von Bindungsangst eingehen, die in der Kindheit und der Erziehung zu finden sind. Die Ursachenforschung soll Ihnen helfen, Zusammenhänge zu erkennen. Bestimmte Erziehungsmaßnahmen sorgen dafür, dass wir als Erwachsene wiederholt in Konflikte geraten. Wenn uns die Ursachen für diese Konflikte nicht bekannt sind, ist es schwer, etwas zu verändern. Aus den Erkenntnissen, welche Erziehungsmaßnahmen bindungsängstliches Verhalten begünstigen, lässt sich ableiten, an welchen Baustellen der erwachsene bindungsängstliche Mensch arbeiten kann, um seine Beziehungsfähigkeit zu verbessern. Die Bewusstwerdung und das Erlernen neuer Verhaltensweisen ermöglichen es den aktiven wie auch den passiven Beziehungsphobikern, ein größeres Maß an Nähe zuzulassen und die Partnerschaft glücklicher zu gestalten. Mit welchen Bausteinen Sie eine neue Art der Bindungsfähigkeit erlernen können, erfahren Sie im dritten und letzten Teil unseres Buches.

Um die Lesbarkeit zu vereinfachen, verwenden wir die übergeordnete Form „Partner“. Gemeint sind jedoch immer sowohl das männliche als auch das weibliche Geschlecht, es sei denn, es ist ausdrücklich anders erwähnt. Der Begriff „Bindungsangst“ wird in diesem Buch synonym verwendet mit „Beziehungsangst“.

Wir wünschen Ihnen viele neue Erkenntnisse und Freude beim Lesen.

Herzlichst

Ihre Theresa König und Ole Andersen

www.beraterteam.info

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Bindungsängste Erkennen

GESICHTER DER ANGST

Öffnen wir zunächst den Vorhang für ein Drama in drei Akten, denn bindungsphobische Beziehungen verlaufen in typischen Phasen und enden leider meistens in einer Tragödie:

Der Auftakt

Zu Beginn ist eine jede Liebesbeziehung weitestgehend frei von Konflikten. Während der Kennenlernphase muss das Objekt der Begierde zunächst erobert werden. Es sind vor allem die aktiven Vermeider, die sich der Eroberung ausdauernd und hartnäckig widmen. Mit allen Künsten der Verführung versuchen sie, den andern für sich zu gewinnen. Unglücklicherweise wird dies häufig als besonders ernsthaftes Interesse missverstanden.

Das Interesse in dieser Phase gilt tatsächlich in vollem Maße dem potenziellen Partner. Solange sich die auserkorene Person noch nicht zu einer festen Beziehung bekannt hat, gibt es noch keinen Grund, sich bedroht oder eingeengt zu fühlen. Im Gegenteil: Sollte die Eroberung nicht glücken, wäre in dieser Phase viel stärker das Ego bedroht. In dieser Phase wird die umschwärmte Person meist noch uneingeschränkt idealisiert und begehrt. Eine Zurückweisung ihrerseits wäre schmerzhaft und kränkend. Um dies zu verhindern, werden alle Hebel in Bewegung gesetzt.

Die Wende

Der Wendepunkt tritt zu dem Zeitpunkt ein, an dem die Eroberung erfolgreich war und die eroberte Person signalisiert, dass sie sich nun zu einer festen Beziehung bekennt. Ein solches Bekenntnis führt zunächst dazu, dass sich der Eroberer etwas zurücklehnen kann. Ist das Zielobjekt erst einmal „erbeutet“, schwindet die Angst, bei der Eroberung scheitern zu können. Die Sicherheit, die er nun hat, erlaubt es ihm, seine Eroberung kritisch zu betrachten. Während der Kennenlernphase war ihm dies nicht möglich, war er doch viel zu sehr damit beschäftigt, selbst zu imponieren. Jetzt aber fragt er sich, ob die Eroberung auch all die Mühe wert war. Je stärker die eroberte Person nun ebenfalls in die Beziehung investiert, desto mehr kann sich der aktive Vermeider auf seinen „Lorbeeren“ ausruhen und seine kritische Betrachtung intensivieren. In einer noch jungen Beziehung kann sich dies zunächst darin äußern, dass sich der aktive Partner lediglich etwas weniger ins Zeug legt und vorerst nur die romantischen Gesten ausbleiben. Je mehr der neu eroberte Partner jedoch in die Beziehung investiert, desto mehr wird sich der aktive Vermeider eingeengt, erdrückt und vereinnahmt fühlen. Er wird seine Freiheit und das anspornende Glücksgefühl vermissen, das er beim „Akt der Eroberung“ empfunden hat. Seine Gefühle gegenüber seinem Partner werden immer ablehnender, er verhält sich zunehmend desinteressiert und zurückweisend.

Das Ende

Je enger und fester die Beziehung wird, desto mehr verstärken sich Bindungsangst und entsprechende Abwehr beim aktiven Vermeider. Instinktiv wird er auf irgendeine Weise Distanz zwischen sich und dem Partner schaffen. Sein Bedürfnis nach Freiraum wird zunehmen, das Gleiche gilt möglicherweise für sein Interesse an anderen Frauen bzw. Männern. Vielleicht beendet er früher oder später die Beziehung, oder er sorgt durch sein respektloses Verhalten dafür, dass der Partner diesen Schritt für ihn übernimmt.

Die Zugabe

Unmittelbar nach der Trennung lassen die bindungsängstlichen Gefühle des aktiven Partners nach. Die Gefühle von Einengung und Ablehnung weichen schließlich dem Gefühl von starker Sehnsucht nach dem verlorenen Partner. Häufig können sich die aktiven Partner dann ihre ablehnenden Gefühle nicht mehr erklären und glauben, einen Fehler gemacht zu haben. In solchen Fällen nehmen sie wieder Kontakt auf, um es mit dem Ex-Partner erneut zu probieren. Auch dieser leidet am Verlust, sodass es zu einem Neubeginn der Beziehung kommt. Das Ganze geschieht nicht selten auch in mehreren Runden, die sich jedoch im Ablauf sehr ähneln und meistens früher oder später ein unglückliches Ende nehmen.

JAN UND SABINE

DER AUFTAKT

JAN UND SABINE LERNTEN SICH BEI DER ARBEIT KENNEN. ALS JAN SABINE SAH, WAR ER BEGEISTERT VON IHR UND WOLLTE SIE UNBEDINGT NÄHER KENNENLERNEN. DARAUS MACHTE ER KEINEN HEHL UND SIGNALISIERTE IHR ZUNÄCHST MIT KLEINEN GESTEN GANZ OFFENSICHTLICH SEIN INTERESSE. ER HOLTE SIE ZUR MITTAGSPAUSE AB, ÜBERRASCHTE SIE MIT KLEINEN MITBRINGSELN, UND MANCHMAL UNTERNAHMEN BEIDE AUCH ETWAS PRIVAT. SABINE WAR ZUNÄCHST GAR NICHT SO ANGETAN VON JAN, DOCH JE NÄHER SIE IHN KENNENLERNTE, DESTO MEHR GEFIEL ER IHR AUCH. ZUNÄCHST DACHTE SIE NOCH GAR NICHT AN EINE FESTE BEZIEHUNG. SIE GENOSS ES EINFACH, UMSCHWÄRMT ZU WERDEN. EINES TAGES SCHLUG JAN SABINE VOR, ÜBERS WOCHENENDE GEMEINSAM WEGZUFAHREN, UND SABINE WILLIGTE EIN. SCHON WIEDER HATTE JAN KEINE KOSTEN UND MÜHEN GESCHEUT UND ALLES PERFEKT VORBEREITET. NACHDEM JAN SABINE NUN EINIGE WOCHEN LANG DEN HOF GEMACHT UND DABEI IMMER WIEDER SIGNALISIERT HATTE, DASS ER SICH EINE BEZIEHUNG MIT SABINE WÜNSCHTE, WAR ES NUN AUCH UM SABINE GESCHEHEN, DENN SIE GENOSS DIE AUFMERKSAMKEIT VON JAN SEHR. IN DER ZWISCHENZEIT HATTE SIE SICH RICHTIG IN IHN VERLIEBT. ES DAUERTE NICHT LANGE UND DIE BEIDEN WURDEN EIN PAAR.

DIE WENDE

SABINE WAR NUN SO RICHTIG VERLIEBT. SIE KONNTE SICH ALLES MIT JAN VORSTELLEN UND FREUTE SICH AUF EINE GEMEINSAME ZUKUNFT. DOCH SCHON NACH KURZER ZEIT MERKTE SIE, DASS DAS ROMANTISCHE LIEBESGEFLÜSTER UND DIE UMSCHWÄRMEREI NACHLIEßEN. DOCH DAMIT NICHT GENUG. JAN ZOG SICH IMMER MEHR ZURÜCK UND HATTE SELTENER ZEIT FÜR SABINE. AM TELEFON GAB ER SICH RESERVIERTER. HINZU KAM, DASS ER AUF PARTYS, TEILWEISE IN SABINES ANWESENHEIT, MIT ANDEREN FRAUEN FLIRTETE.

SABINE WAR SEHR VERLETZT UND KONNTE JANS VERHALTEN NICHT BEGREIFEN. ER WAR DOCH ANFANGS GENAUSO GLÜCKLICH UND VERLIEBT GEWESEN WIE SIE. SIE KONFRONTIERTE IHN MIT DER BEOBACHTETEN VERÄNDERUNG. JAN KONNTE SICH DAS DAHINSCHWINDEN SEINER ZUNEIGUNG AUCH NICHT ERKLÄREN. ER MERKTE LEDIGLICH, DASS ER SABINE NICHT MEHR SO ANZIEHEND FAND WIE ZU ANFANG. DA ER SIE NUN NÄHER KENNENGELERNT HATTE, FIEL IHM AUF, DASS IHN VIELE KLEINIGKEITEN AN IHR STÖRTEN. ER MACHTE AUCH NICHT HALT DAVOR, SIE AUF IHRE FEHLER AUFMERKSAM ZU MACHEN, UND DACHTE, WENN SIE NUR DAS EINE ODER ANDERE ÄNDERN WÜRDE, KÖNNTE ER SIE WIEDER MEHR LIEBEN.

DAS ENDE

SABINE WAR SEHR VERLETZT. WIE HATTE JAN SICH NUR IN DER KURZEN ZEIT SO VERÄNDERN KÖNNEN. GERADE JETZT, WO ALLES SO SCHÖN WAR. JAN WAR SELBST VERWIRRT ÜBER SEINEN GEFÜHLSZUSTAND. ER UNTERNAHM GAR KEINE GROßEN ERKLÄRUNGSVERSUCHE MEHR UND ZOG SICH IMMER MEHR ZURÜCK. JE WEITER ER SICH ZURÜCKZOG, UMSO MEHR MÜHE GAB SICH SABINE, UM NOCH ETWAS ZU RETTEN. AUßERDEM VERSUCHTE SIE, ATTRAKTIVER FÜR IHN ZU SEIN, DOCH DAS ALLES BRACHTE NICHTS. IM GEGENTEIL, ALLES WURDE NUR NOCH SCHLIMMER. SCHLIEßLICH GAB SABINE ES AUF. VERLETZT UND ENTTÄUSCHT BEENDETE SIE DIE BEZIEHUNG.

DIE ZUGABE

NACH EINIGEN TAGEN DER FUNKSTILLE FING JAN AN, SABINE MEHR UND MEHR ZU VERMISSEN. ER KONNTE ES SICH AUCH NICHT ERKLÄREN, DOCH JETZT, DA SABINE WEG WAR, FÜHLTE ER WIEDER DIE GLEICHE ZUNEIGUNG ZU IHR WIE AM ANFANG DER BEZIEHUNG. ER WOLLTE SABINE NUN UM JEDEN PREIS ZURÜCK UND RIEF SIE AN. AUCH SABINE LITT UNTER DER TRENNUNG, DENN SIE WAR SEHR IN JAN VERLIEBT.

DIE BEIDEN VERSUCHTEN ES EIN ZWEITES MAL MITEINANDER, DOCH SCHON NACH EINER KURZEN ROMANTISCHEN PHASE WIEDERHOLTE SICH DIE GESCHICHTE.

 

DIE ÄNGSTE UND ABWEHRMECHANISMEN DER FLÜCHTIGEN PARTNER

Wird das für den Bindungsängstlichen erträgliche Maß an Zuneigung überschritten, stellen sich Ängste ein. Diese Bindungsängste werden jedoch häufig nicht als solche empfunden. Die Bindungsangst „tarnt“ sich vielmehr und erscheint in anderer Form. Sie zeigt sich beispielsweise in der Sorge, im Leben noch etwas verpassen zu können. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn es nach einer stabilen und dauerhaften Beziehung aussieht. Bindungsängstliche haben das Gefühl, in der Falle zu sitzen, und dass von nun an nur noch Langeweile droht. Manch anderer Beziehungsflüchtige erlebt noch nicht einmal ein Angstgefühl, sondern nur ein diffuses Unwohlsein in festen Beziehungen. Er hat das Gefühl, dass „irgendetwas“ in der Beziehung nicht stimmt, dass der Partner nicht gut genug ist, oder er empfindet einfach einen außerordentlichen Freiheitsdrang. Bei solchen Kandidaten wird die Angst nicht als solche empfunden, da sie noch tiefer im Unbewussten verborgen liegt. Anstatt Angst zu empfinden, fangen sie an, ihre Partner plötzlich überkritisch zu betrachten. Vielleicht finden sie sie plötzlich nicht mehr so attraktiv. Kleinere Makel, die zunächst gar nicht aufgefallen sind, erscheinen nun in einem ganz anderen Licht. Der kleine Leberfleck auf der Wange, den sie zuvor noch gar nicht wahrgenommen haben, erscheint plötzlich außerordentlich hässlich, und der Partner könnte optimalerweise eigentlich etwas größer, kleiner, ordentlicher, gepflegter, intelligenter, gebildeter, unternehmungslustiger oder origineller sein. Viele sind zudem der Überzeugung, dass sie einfach nur noch nicht den oder die Richtige gefunden haben.

SUSANNA: „ALS JENS MICH GEFRAGT HAT, OB WIR NICHT ZUSAMMENZIEHEN WOLLEN, HABE ICH MIR SOFORT VORGESTELLT, WIE ES WÄRE, WENN ER IN DER GEMEINSAMEN WOHNUNG SO HAUST WIE IN SEINER JETZIGEN. ICH BIN EIN SEHR ORDENTLICHER MENSCH, DAS WÜRDE ÜBERHAUPT NICHT HARMONIEREN. AUßERDEM MÜSSTEN WIR UNS BEI DER EINRICHTUNG ABSTIMMEN, UND IN SOLCHEN DINGEN MAG ICH GAR KEINE KOMPROMISSE EINGEHEN.“

Susanna kam es zunächst nicht in den Sinn, dass der Grund für ihr Empfinden etwas mit Bindungsängsten zu tun haben könnte. Stattdessen kamen ihr eher Zweifel daran, dass Jens wirklich der richtige Partner für sie ist.

Häufig werden Themen der Bindungsangst akut, wenn die Beziehung einen bestimmten Punkt erreicht hat. Je nach Ausprägung der Bindungsangst geschieht dies zu völlig unterschiedlichen Zeitpunkten, beziehungsweise durch völlig unterschiedliche Auslöser. Ein häufiger Auslöser besteht darin, dass der emotional unterlegene Partner vom aktiven Vermeider ein Bekenntnis zur Beziehung fordert. Irgendwann werden Lippenbekenntnisse nicht mehr ausreichen, und vom aktiven Vermeider wird mehr gewünscht. Typische Beispiele hierfür sind: Zusammenziehen, Heiraten, Erwerb von Eigentum und Familienplanung. Bei anderen aktiven Partnern sind es bereits viel kleinere Situationen, die starkes Unbehagen auslösen, wie Händchenhalten auf der Straße, die Planung eines gemeinsamen Urlaubs oder der Gedanke, den Partner dem Freundes- oder Familienkreis vorzustellen. Jedes erforderliche Bekenntnis droht, das innere Gleichgewicht zu gefährden.

Dieses Unbehagen, das die aktiven Vermeider immer dann empfinden, wenn ein bestimmtes Maß an Nähe überschritten wird, spüren auch ihre Partner. Für sie ist es das Gefühl von Ablehnung, das immer wieder zu großen Enttäuschungen und Verletzungen führt. Doch die aktiven Vermeider wollen ihre Partner nicht völlig verlieren, sondern lediglich auf Distanz halten. Um den Partner nicht völlig zu vergraulen, ihn aber gleichzeitig auch nicht zu nah an sich heranzulassen, finden viele aktiven Vermeider einen Kompromiss darin, sich ständig in einer Bekenntnis-Grauzone zu bewegen: Sie sagen weder Ja noch Nein, sind weder Fisch noch Fleisch. Sie sagen Dinge, wie: „Die Umstände sind derzeit denkbar ungünstig, um diesen Schritt zu gehen“, „Ich bin noch nicht bereit, mich fest zu binden“, „Ich bin noch zu jung“ oder „Ich benötige noch etwas Zeit“. Durch derartige Hinhaltetaktiken erhofft sich der aktive Vermeider, Verständnis und Zeit beim Partner zu erschleichen, die er irrtümlicherweise glaubt zu benötigen, um herauszufinden was er eigentlich will. Der emotional abhängige Partner ist nun ebenfalls stark verunsichert, wird er doch (meist vergebens) in der Hoffnung gelassen, dass der Partner sich zwar jetzt noch nicht sicher ist, sich dies jedoch in absehbarer Zeit ändern wird. Diese Hoffnung wird allerdings fast immer enttäuscht, denn: Der aktive Vermeider braucht nicht unbedingt Zeit, er weiß einfach nicht, was er will.

 

VOM WEGLAUFEN UND WEGSTOßEN

Menschen nehmen Ängste sehr unterschiedlich bewusst wahr. Bindungsangst geht bei den wenigsten Betroffenen mit körperlichen Beschwerden wie Nervosität, Schweißausbrüchen, Herzrasen, Übelkeit oder Erstickungsgefühlen einher. Die meisten Bindungsphobiker nehmen gar nicht unbedingt ein Angstgefühl wahr. Stattdessen wird das Nähebedürfnis des Partners als bedrohlich erlebt, worüber die Anziehung oftmals verloren geht. Sehr häufig wird der Partner dann als „nervend“ oder „uninteressant“ beschrieben. Um die Abwehrmechanismen von Bindungsphobikern zu verstehen, ist es jedoch sehr wichtig, sich vor Augen zu führen, dass es sich bei Bindungsangst tatsächlich um eine Angst handelt. Der Psychoanalytiker Erich Fromm schreibt: „Der Mensch ist auch ein Tier, aber ein solches, das nicht genügend mit Instinkten ausgerüstet ist, um es bei seinem Handeln zu leiten.“1 Auch die Psychotherapeutin und Autorin Stefanie Stahl schreibt in ihrem sehr empfehlenswerten Buch „Jein!“2, dass wir Menschen genau wie Tiere exakt drei Möglichkeiten haben, mit denen wir auf eine starke Bedrohung reagieren können, nämlich mit Angriff, Flucht oder dem Totstellreflex. Im Fall starker Angst schaltet sich das bewusste Gehirn aus und stellt sich auf Kampf oder Flucht ein. Der Körper setzt Adrenalin frei, ein Hormon, das Energiereserven mobilisiert und unseren Körper auf Hochtouren bringt, sodass wir in bedrohlichen Situationen den Überlebenskampf meistern können. Von der Natur waren diese Reaktionen ursprünglich dafür angelegt, dass wir bei Gefahr schneller weglaufen oder uns besser wehren können. In solchen Situationen muss unser Körper beispielsweise schneller mit Blut versorgt werden, weshalb das Herz schneller schlägt. Dies erklärt auch, weshalb (Bindungs-)Angst bei manchen Menschen mit körperlichen Symptomen wie beispielsweise Herzrasen einhergeht.

Im kommenden Abschnitt werden wir erläutern, wie der aktive Vermeider unbewusst und instinktiv durch Angriffs- oder Fluchtverhalten wieder Distanz in die Beziehung bringt. Selbstverständlich unterscheidet sich unser Flucht- und Angriffsverhalten von dem unserer Vorfahren. Unter den Begriffen Angriff und Flucht sind weniger körperliche, handgreifliche als vielmehr emotionale Reaktionen zu verstehen.

DER AKTIVE VERMEIDER AUF DER FLUCHT

Weglauftaktik durch emotionalen Rückzug

Bei dieser Weglauftaktik ist der aktive Vermeider zwar noch körperlich anwesend, aber er entzieht sich seinem Partner emotional. Er lässt ihm nicht mehr das bisherige Maß an Wärme, Aufmerksamkeit und Liebe zuteilwerden. Die plötzliche, bisher ungewohnte kühle Ausstrahlung lässt das Herz des passiven Partners erfrieren, hat er doch nichts anders oder falsch gemacht. Der emotionale Rückzug ist eine unbewusste Methode des aktiven Vermeiders in der Hoffnung, ein für ihn erträglicheres Maß an Nähe herstellen zu können. Er lässt den Partner emotional am ausgestreckten Arm verhungern, häufig so sehr, dass es fast schon grausam anmutet. Die Erwartungen des anderen werden immer wieder enttäuscht.

Flucht in die Geschäftigkeit

Sehr häufig klagen Partner darüber, dass derjenige, der sich vor Beziehungsnähe schützt, Arbeitsverpflichtungen vorschiebt. Dabei kann es sich entweder um Arbeitsverpflichtungen beruflicher Art oder auch um Haus- bzw. Gartenarbeiten handeln (Letzteres allerdings seltener). Entscheidend ist, dass es um einen Bereich geht, der nicht vom Partner geteilt wird. Dieses Verhalten wird häufig weder von den betroffenen passiven noch von den aktiven Partnern in seiner Barriere-Funktion durchschaut. Für die aktiven Vermeider bekommt die berufliche oder private Beschäftigung plötzlich eine außerordentliche Wichtigkeit. Die Gründe, weshalb die Arbeit Priorität vor der Beziehung haben muss, scheinen ja auch für alle Beteiligten auf der Hand zu liegen, weshalb sich die passiven Partner zu viel Nachsicht verpflichtet fühlen, aber dennoch enttäuscht sind.

HANNA: „ES LIEF RICHTIG GUT MIT UNS, DOCH DANN STÜRZTE SICH JÜRGEN SO SEHR IN DIE ARBEIT, DASS ER KAUM NOCH ZEIT FÜR MICH HATTE. ICH KANN SEINE GRÜNDE VERSTEHEN, ER HAT EINEN WICHTIGEN POSTEN MIT VIEL VERANTWORTUNG UND BEI GUTER ARBEITSLEISTUNG AUSSICHT AUF EINE BEFÖRDERUNG. DAS GEHALT KOMMT JA AUCH DER GESAMTEN FAMILIE ZUGUTE. DENNOCH WÜNSCHE ICH MIR MEHR ZEIT FÜR ZWEISAMKEITEN.“

PETER: „IN IHRER FREIZEIT IST JULIA LEIDENSCHAFTLICHE KÜNSTLERIN. IN DIESEM HOBBY GEHT SIE AUF, UND ICH BEWUNDERE SIE SEHR FÜR IHR TALENT. DAHER MÖCHTE ICH SIE IN IHREM HOBBY AUCH NICHT EINSCHRÄNKEN, INDEM ICH MEHR ANSPRÜCHE AN SIE STELLE. ICH WÜRDE MIR ABER WÜNSCHEN, DASS ICH EBENFALLS MEHR PRIORITÄT IN IHREM LEBEN HÄTTE.“

Weglauftaktik durch geografische Distanzierung

Die Barrieren, die Bindungsphobiker errichten, können auch räumlicher oder medialer Art sein. Häufig werden Beziehungen von vornherein vorwiegend in der Ferne und/oder über das Medium Internet gesucht und gefunden. Auch hier lassen sich schnell und einfach Gründe finden, um sich nicht weiter rechtfertigen zu müssen. Nur im Internet glaubt der Bindungsängstliche, den wirklich passenden Partner zu finden. Und wenn es dann doch vor Ort „funkt“, bietet das Jobangebot aus dem Ausland eine passende Gelegenheit, sich zu distanzieren, und den gewünschten Studiengang gibt es natürlich ausschließlich in Schönweitweghagen. Aktive Vermeider sind geradezu prädestiniert dafür, sich von vornherein für einen Beruf zu interessieren, der sie zeitlich immer stark in Anspruch nimmt oder des Reisens verpflichtet, das heißt, sie wählen nicht selten eine berufliche Tätigkeit aus, die voraussetzt, dass man viel unterwegs sein muss.

Flucht in die ewige Suche nach Mr./Mrs. Right

Eine weitere Abwehrstrategie, um sich seine Ängste nicht eingestehen zu müssen, ist die folgende: Aktive Vermeider sind häufig der Ansicht, dass sich ihre Schwierigkeiten, sich enger zu binden, dann in Wohlgefallen auflösen werden, wenn erst der Traumprinz oder die Traumprinzessin vorbeigeritten kommt. Bisher haben sie einfach noch nicht den Richtigen oder die Richtige kennengelernt. Doch die Partner, egal wie attraktiv, erfolgreich oder charmant sie auch sind, können es den aktiven Vermeidern einfach nicht recht machen. Sie hoffen weiterhin auf den Traumpartner, der plötzlich in ihr Leben kommen wird, und alle Zweifel werden behoben sein. Das Problem ist nur, dass sich diese „Traumwesen“ immer wieder in „Alptraumwesen“ verwandeln werden, und zwar dann, wenn sie ihnen zu nahekommen.

Das Prinzip Bindung oder Sexualität

Die sexuelle Enthaltsamkeit ist eine „Unterform“ des emotionalen Rückzugs. Zu Beginn einer Beziehung ist das Sexualleben häufig besonders berauschend und leidenschaftlich, denn solange die Partner leidenschaftlich verliebt sind, läuft der Sexualtrieb auf Hochtouren. Zu Beginn einer bindungsängstlichen Beziehung ist dies in der Regel noch bei beiden Partnern der Fall. Je stärker sich jedoch die bindungsängstlichen Gefühle breitmachen, also die Angst des aktiven Vermeiders vor emotionaler Vereinnahmung, desto mehr wird auch seine Liebeslust dahinschwinden (und zwar bis hin zum Nullpunkt). Der Partner verliert an Anziehung und Attraktivität, und das wirkt sich selbstverständlich auch auf das Sexualverhalten aus. Wie die Überschrift bereits ausdrückt, wird die Mischung aus Nähe und Sexualität zu einem Gräuel! Somit entwickelt sich eine Entweder-oder-Logik nach dem Motto: „Ich liebe dich irgendwie noch, aber im Bett läuft nichts mehr“, oder: „Ich will Sex mit dir, aber keine dauerhafte, feste Verbindung.“

auf Dauer