Nr. 914
Begegnung auf Zaltertepe
Abenteuer im Land der Riesen – und in der Stadt der Zwerge
von H. G. EWERS
Zu Beginn des Jahres 3587 sind die Aufgaben, die sich Perry Rhodan und seine Leute in Algstogermaht, der Galaxis der Wynger, gestellt haben, zur Gänze durchgeführt.
Das Sporenschiff PAN-THAU-RA stellt keine Gefahr mehr dar, denn es wurde befriedet und versiegelt; die Wynger gehen, befreit von der jahrtausendelangen Manipulation des Alles-Rads, einer neuen Zeit entgegen, und die SOL ist schließlich, wie schon lange versprochen, in den Besitz der Solgeborenen übergegangen und kurz darauf mit unbekanntem Ziel gestartet.
Auch die BASIS hat soeben Algstogermaht verlassen, und Perry Rhodan und seine Leute haben zusammen mit dem Roboter Laire die Suche nach der Materiequelle angetreten.
Um das Mittel, den Weg zur Materiequelle zu finden, geht es auch den in das Solsystem eingedrungenen Loowern. Sie wollen das »Auge«, das inzwischen längst seinen Besitzer gewechselt hat, ohne dass die Terraner oder die Loower etwas davon wissen.
Baya Gheröl und der Helk Nistor, die neuen Besitzer des Augenobjekts, treten eine lange Reise an. Diese Reise führt den loowerischen Roboter und das Mädchen in das Land der Riesen und gipfelt in der BEGEGNUNG AUF ZALTERTEPE ...
Die Hauptpersonen des Romans
Baya Gheröl – Eine junge Terranerin zwischen den Fronten.
Nistor – Der Helk des Quellmeisters.
Bagno Cavarett und Bervos Mudies – Prominente Mitglieder der Siganesenkolonie auf Zaltertepe.
Tramton Kalackai, Kenar Tomp und Quopa Xucko – Führende Persönlichkeiten aus dem Lager der Ertruser von Zaltertepe.
1.
»Neunundneunzigtausendneunhundertneunundneunzig Relativmeter«, erklärte Bagno Cavarett. »Also rund hundert Relativkilometer bis zur Landestelle des ›siganesischen Großkampfschiffs‹.«
»Wieviel Schritte sind das – bei einer Schrittlänge von rund dreißig Millimetern?«, erkundigte sich Aaro Turfil.
»Meinst du Relativmillimeter?«, erkundigte sich Bagno Cavarett boshaft. Dann tat es ihm schon wieder leid, dass er Aaros Begriffsstutzigkeit benutzte, um seine schlechte Laune abzureagieren und schlechtgelaunt war der Subschwingkreis-Kybernetiker, weil es ihm noch nicht gelungen war, die Hyperfeldschlinge, die den ertrusischen Zentralcomputer zu pseudohumoristischen Antworten bewog, wieder fortzuschalten.
Dabei brannte ihm die Zeit auf den Nägeln, denn irgendwo in der Schlucht lag ein unbekanntes Raumfahrzeug, von dem die Ertruser annahmen, dass es ein siganesisches war, das der Subkolonie der Siganesen auf Zaltertepe Nachschub liefern sollte.
Nur die Siganesen wussten, dass das bewusste Fahrzeug kein siganesisches war. Deshalb mussten sie eine Expedition in die Schlucht schicken. Doch das ging leider nicht, solange die Ertruser ihre Absicht weiterverfolgten, ihrerseits einen Erkundungstrupp in die Schlucht zu schicken. Um sie davon abzuhalten, musste ihr Zentralcomputer manipuliert werden – und um ihn manipulieren zu können, musste die Hyperfeldschlinge beseitigt werden.
Nur aus diesem Grund befand sich Bagno Cavarett im geheimen SUPERPOSITION CENTER mitten im Zentralcomputer von Nagelia, der einzigen ertrusischen Stadt auf dem Fluchtplaneten Zaltertepe. Wäre dieser Grund nicht gewesen, kein einziger Siganese hätte Mater, den Baum, verlassen, in dem sich die heimliche siganesische Subkolonie von Zaltertepe befand. Diese Subkolonie kämpfte nämlich noch immer um ihren Bestand, seit der Wucherpilz mit dem Namen Pilobolus Zaltertepeum Matris sich infolge einer mutativen Veränderung explosiv ausbreitete.
Mühsam verdrängte Bagno diese Gedanken und die Sorgen um seine Familie. Er widmete sich wieder ganz seiner Arbeit, denn eine Hyperfeldschlinge wegzuschalten, erforderte nicht nur ein immenses Fachwissen, sondern außer einem vollkommenen Einfühlungsvermögen in positronische Schalt- und Steuerungsvorgänge äußerste Konzentration. Sicher flogen die Fingerkuppen des Kybernetikers über die Sensorpunkte seiner Schaltkonsole.
»Jetzt stabilisiert er sich!«, rief Cludie Sanfro, Bagnos Assistentin. »Ein Vierundneunziger!« Bei den letzten beiden Worten klang ihre Stimme beinahe andächtig.
Bagno Cavarett hob den Kopf und blickte auf seinen Kontrollschirm. Dort waren die Kombinationen, die er geschaltet hatte, durch Symbole dargestellt.
»Können Sie ihn allein festhalten, Cludie?«, fragte Bagno.
»Ich werde alles tun, um es zu schaffen«, versicherte Cludie Sanfro. Aber sie wurde blass dabei, denn einen Vierundneunziger durch ständige Korrekturschaltungen gegen die auf SUPERPOSITION CENTER herniederprasselnden Fremdeinflüsse zu halten, erforderte viel Können.
Bagno Cavarett nickte seiner Assistentin aufmunternd zu. Er wusste, dass er sie bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit trieb. Aber ihm blieb nichts anderes übrig, denn er musste die Zeitspanne nutzen, die sich der Vierundneunziger festhalten ließ, um die Hyperfeldschlinge zu beseitigen und den Zentralcomputer der Ertruser unter seine Kontrolle zu bringen.
Rund dreißig Sekunden später hatte er es geschafft. Keinen Augenblick zu früh, denn fast im gleichen Moment stieß Cludie Sanfro einen Angstschrei aus, weil ihr der Vierundneunziger praktisch unter den rasend schaltenden Fingern zerrann. »Lassen Sie ihn ruhig, Cludie!«, sagte Bagno. »Sie haben ihn genauso lange festgehalten, wie ich ihn brauchte.«
Wenige Minuten später hatte Bagno Cavarett es geschafft. Der Zentralcomputer von Nagelia würde wieder im Sinn der siganesischen Subkolonie arbeiten. Zwar nur eine begrenzte Zeitspanne, aber das würde, so hoffte Bagno, genügen, um den Ertrusern bei der Untersuchung des unbekannten Raumfahrzeugs zuvorzukommen.
*
»Neueste Auswertung!«, rief Tramton Kalackai und riss eine Auswertungsfolie aus dem Ausgabeschlitz des Zentralcomputers.
»Da bin ich aber gespannt«, meinte Ruko Mamock, Kommandeur der Miliz von Zaltertepe. »Meine Männer brennen vor Unternehmungslust, und ich möchte nicht stundenlang im Majorspalast herumstehen und Maulaffen feilhalten.«
»Gib schon her!«, grollte Kenar Tomp, Stadtmajor von Nagelia, und hielt Kalackai die große, auf dem Rücken dicht behaarte Hand hin.
Der Erste Kybernetiker hatte den Text auf der Folie mit undurchdringlichem Gesicht gelesen. Er gab die Folie kommentarlos an den Stadtmajor weiter.
Tomp überflog den Text. Sein Gesicht lief violett an.
»Was soll das heißen?«, brüllte er außer sich. »Haben wir die ganzen Vorbereitungen etwa für nichts und wieder nichts getroffen?«
»Was steht da?«, fragte Quopa Xucko, der Kommandeur des Raumfahrtkommandos Zaltertepe und ein für Ertruser ungewöhnlicher kleiner Mann. Er maß nur 2,33 Meter und wog, auf Erdgravitation umgerechnet, 11,4 Zentner.
»Hier steht, das Großkampf- und Nachschubschiff der Siganesen hätte uns nur vorgetäuscht, dass es in der Schlucht niedergegangen sei!«, schrie Kenar Tomp. »Die Berechnungen ließen nur den Schluss zu, dass das Schiff durch die Schlucht geflogen ist, um seine Absicht, in der Khancoban-Plain niederzugehen, zu vertuschen.«
Er knüllte die Folie zusammen und warf sie auf den Boden.
»Dann brauchen wir Fahrzeuge des Raumfahrtkommandos, um das fremde Objekt zu finden«, stellte Quopa Xucko sachlich fest.
»Was?«, schrie Ruko Mamock ihn an. »Sind meine Soldaten etwa nicht mehr gut genug!«
»Wollen wir sie dreitausend Kilometer zu Fuß gehen lassen?«, fragte Xucko sarkastisch. »Ganz abgesehen von den Blasen, die sie sich laufen würden, kämen sie viel zu spät in der Khancoban-Plain an. Das fremde Schiff hätte seine Mission bis dahin erledigt und wäre vielleicht sogar schon wieder gestartet.«
»Quopa hat recht!«, stellte Kenar Tomp fest. »Wir müssen die Mittel einsetzen, die der Sachlage angemessen sind – und in diesem Fall sind das die Raumschiffe. Quopa, wieviel leichte Einheiten können in einer Stunde starten?«
»Siebzehn«, antwortete Quopa Xucko.
»Siebzehn sind zuviel«, erwiderte der Stadtmajor. »Ich denke, drei dürften genügen, um den Landeplatz des fremden Schiffes festzustellen.«
»Aber ...!«, warf Ruko Mamock ein – und schwieg, als Kenar Tomp ihn mit einer Handbewegung stoppte.
»Lass außerdem drei Transportschiffe startklar machen, Quopa!«, fuhr der Stadtmajor fort. »Und Ruko, du stellst ein Expeditionskorps von tausend Mann zusammen, das in zwei Stunden in die Transporter steigen wird.«
Mamocks wütende Miene verschwand und machte einem erleichterten Grinsen Platz. Knallend schlug er die Hacken zusammen.
»Wird sofort veranlasst, Herr Stadtmajor!«, brüllte er begeistert.
Er eilte an eine Telekomkonsole, schaltete das Gerät ein, wartete, bis sich sein Adjutant meldete und bellte dann eine Serie von Befehlen.
Kenar Tomp ging zu einem Wandschränkchen, öffnete es und holte eine Zwanzigliterflasche heraus, die mit goldgelbem Korn gefüllt war. Genießerisch zog er den Korken heraus, während Quopa Xucko vier Litergläschen aus dem Schrank holte. Unterdessen war Ruko Mamock vom Telekom zurückgekehrt, so dass auch er sein Gläschen in Empfang nehmen konnte.
Der Stadtmajor schenkte die Gläser randvoll, dann winkelte er den rechten Arm an und sagte: »Auf unseren Erfolg!«
»Auf unseren Erfolg!«, echoten die anderen Ertruser, dann kippten sie ihren Schnaps mit einem Ruck hinunter.
»Ob Siganesen oder nicht; wir werden die Burschen schon kassieren!«, meinte Mamock.
Kenar Tomp verschluckte sich. Sein Gesicht lief dunkelblau an, dann befreite er seine Kehle mit energischem Husten.
»Was wolltest du damit sagen, Ruko?«, krächzte er.
Ruko Mamock blickte den Stadtmajor verständnislos an.
»Wieso?«, fragte er. »Was hätte ich damit sagen sollen, Stadtmajor?«
»Ich glaube, es handelt sich um ein Missverständnis«, griff Tramton Kalackai vermittelnd ein. »Ruko hat seine Bemerkung bestimmt nicht so gemeint, als zweifelte er daran, dass es sich bei dem Schiff um ein siganesisches Großkampf- und Nachschubschiff handelt.«
»Wie dann?«, schnappte Kenar Tomp.
»Einfach so«, erklärte Kalackai. »Ein gedankenloses Gerede, wie es oft geschieht, wenn es um die Siganesen geht.«
»Ach, so!« Der Stadtmajor schnaufte erleichtert, doch dann musterte er den Ersten Kybernetiker argwöhnisch. »Bei dir gibt es also nicht den geringsten Zweifel daran, dass das Schiff ein siganesisches ist? Wisst ihr auch, was das hieße? Das hieße, dass es tatsächlich eine Subkolonie der Grünlinge auf Zaltertepe gäbe!«
Als niemand darauf einging, zuckte er resignierend die Schultern und grollte: »Wir führen uns also wieder einmal selbst an unseren Nasen herum, wie? Nur, weil wir an eine siganesische Subkolonie glauben wollen, muss das unbekannte Raumfahrzeug ein siganesisches sein.« Er winkte ab. »Nein, sagt jetzt nichts! Dieses ganze Gerede geht mir auf die Nerven. Ich werde selbst an dem Einsatz teilnehmen. Quopa, reserviere für mich einen Platz in der Steuerzentrale eines der drei leichten Raumschiffe, die zur Khancoban-Plain fliegen.«
Er bemerkte, dass er noch immer die Flasche in der Hand hielt. Nach kurzem Kampf mit sich selbst füllte er die Gläser noch einmal, dann trank er, diesmal aber ohne Trinkspruch.
»An die Arbeit!«, rief er dann. »Wenn ihr noch länger faul herumsteht, lachen die Siganesen sich bestimmt ins Fäustchen!«
*
Wieder einmal stand Bagno Cavarett vor seiner Alarmgruppe und musterte die Männer, die seit der explosiven Expansion der Mörderpilze kaum zur Ruhe gekommen waren und Grauenhaftes erlebt hatten.
Wie sie trug er wieder den gelben Schutzanzug, die kapuzenförmig eingerollte Druckhelmkapuze, die Antigrav-Antiortungs-Kombination auf dem Rücken, Desintegratoren, Sprengsätze und Giftausrüstung am Gürtel und das Flammstrahlrohr in den Händen. Alles in allem wog die Einsatzausrüstung genausoviel wie ein durchschnittlicher Siganese – und die Hälfte des Gewichts machte allein die Antigrav-Antiortungs-Kombination aus.
Aber das Tragen der Antigrav-Antiortungs-Kombination war außerhalb des Baumes lebenswichtig, denn die Schwerkraft Zaltertepes betrug 2,77 Gravos, während auf der Heimatwelt der Siganesen nur 1,10 Gravos herrschten. Auch der Luftdruck war natürlich erheblich höher als auf Siga, aber daran hatten sich die Subkolonisten inzwischen gut gewöhnt. Nur die hohe Schwerkraft vertrugen sie nicht; deshalb die Antigravaggregate.
Da aber ausgerechnet Antigravaggregate besonders ortungsintensive Instrumente sind, mussten die siganesischen Wissenschaftler spezielle Ortungsschutzaggregate entwickeln, damit sich die dafür vorgesehenen Siganesen überhaupt auf Zaltertepe niederlassen konnten, ohne im nächsten Moment von den Ertrusern entdeckt zu werden.
Die Wissenschaftler hatten ihre Aufgabe erfüllt. Man hatte die kleinsten Ortungsschutzgeräte entwickelt, die überhaupt noch funktionsfähig waren, aber für Siganesen waren sie so schwer, dass sie etwa die Hälfte des eigenen Körpergewichts wogen. Kleiner ging es aber nicht, denn auch die raffiniertesten subatomaren Prozesse zur Erzeugung von Energie der fünften und sechsten Dimension benötigten ein bestimmtes Mindestfunktionsvolumen.
Das bedeutete für jeden Siganesen, der Antigrav-Antiortungsgeräte tragen musste, weil er außerhalb des Baumes zu tun hatte, eine starke physische Belastung, die auch dadurch, dass die Antigravgeräte die Schwerkraft Zaltertepes auf 1,0 Gravos reduzierten, nicht voll kompensiert wurde. Dazu kam eine starke psychische Belastung, weil hin und wieder die Antigravs ausfielen – und so mancher Siganese hatte irgendwo draußen ein grauenhaftes Ende gefunden.
Bervos Mudies räusperte sich dezent, um Bagno Cavarett daran zu erinnern, dass sie nicht hier waren, um im Stehen zu schlafen, sondern um ins wilde Umland aufzubrechen und herauszufinden, was es mit dem gelandeten Raumfahrzeug auf sich hatte.
Bagno riss sich zusammen und kommandierte: »Ich ersuche euch höflich, Grundstellung einzunehmen!«
Vierundzwanzig Hacken – seine eingeschlossen – berührten sich sacht. Nur die von Bervos Mudies knallten geräuschvoll zusammen. Der Premier – und nebenbei Schwiegervater von Bagno Cavarett – war früher Chef der siganesischen Raumflotte gewesen und hatte sich bei der Zusammenarbeit mit terranischen Raumfahrern eine »ordinäre« Ausdrucks- und Lebensweise angewöhnt.
»Bitte, rechtsherum drehen!«, sagte Bagno. »So, und nun gehen wir im harmonischen Gleichschritt auf den Ausgang zu, wenn ich bitten darf!«
»Zucker!«, schimpfte Mudies verbittert. »Was kommandierst du, wenn du deine Truppe in den Kampf führst, he? Etwa: Wer möchte, darf sein Energiestrahlerchen anheben und ...! Bei Danger, sind wir tief gesunken!«
Jemand kicherte, aber wer, ließ sich nicht erkennen. Auf jeden Fall aber erfüllte die Truppe Bagnos Wünsche und ging im Gleichschritt auf das Panzertor der Schleuse zu, die die Verbindung zwischen dem Baum und dem wilden Umland darstellte.
Bagno Cavarett betätigte den Kodegeber seines Armbandgeräts. Das schwere Innenschott der Schleuse, fast ein halber Millimeter starker Panzerstahl, glitt lautlos auseinander. In der dahinterliegenden Schleusenkammer schaltete sich die Beleuchtung ein.
Nacheinander betraten die zwölf Siganesen die Schleuse, hielten vor dem Kontrollelement der Schleusenpositronik an und nannten, sobald sie an der Reihe waren, ihre Namen: Bagno Cavarett, Bervos Mudies, Gadar Dreamer, Zeary Mahon, Study Broder, Sander Merdlo, Beauty Winger, Moore Slagger, Hano Bailing, Loelle Mohair, Sirke Fogel und Taimer Zartband.
Zwölf körperlich kleine Männer, die nichts so sehr verabscheuten wie Gewaltanwendung und die entschlossen waren, alles für die Sicherheit ihres Volkes zu tun – notfalls auch das, was sie verabscheuten.
2.
Baya Gheröl hatte zuerst geschrien, dann gewimmert – und als ihr auch dazu keine Kraft mehr geblieben war, blickte sie nur noch anklagend in den strichförmigen Himmel über der Oberfläche des Planeten, der dabei war, sie unter Qualen vom Leben zum Tode zu befördern.
Am schlimmsten für das Mädchen war, dass der Helk sie im Stich gelassen hatte. Inzwischen ahnte sie die Ursache ihrer Qualen. Das war auch der Grund, warum sie im seichten Wasser des kleinen Sees liegen blieb, in den der Helk gestürzt war. Der Auftrieb des Wassers kompensierte einen Teil der hohen Schwerkraft von Zaltertepe.
Aber er konnte nicht alles kompensieren, und das Wasser wirkte nicht nur positiv, denn jede Welle, die das kleine Mädchen mit dem zarten Körper überrollte, konnte es ersticken. Baya Gheröl brachte es mit zunehmender Schwäche nicht mehr fertig, jedes Mal im rechten Augenblick den Mund zusammenzupressen und die Luft anzuhalten. Immer öfter schluckte sie Wasser und würgte es zusammen mit Schleim wieder heraus.
Und Baya hatte das Gefühl, von der hohen Schwerkraft allmählich in den Boden von Zaltertepe hineingezogen zu werden. Doch obwohl sie sicher war, dass sie elendiglich zugrunde ging, hielt sie den geheimnisvollen Gegenstand, der das Auge genannt wurde, mit der linken Hand fest an ihre Brust gepresst.
»Nistor!«, jammerte sie mit schwacher Stimme, als sie das Rauschen von Wind in den Kronen der Bäume hörte. Sie begriff, dass der Wind hier unten am Grunde der unvorstellbar tiefen Schlucht das stille Wasser des kleinen Sees aufwühlen würde –