100 X VERRÜCKTE BUNDESLIGA
Die unglaublichsten Geschichten und Momente
Liebe Leserinnen und Leser,
100 verrückte Geschichten: Die Bundesliga hat in ihren nunmehr über 50 Jahren für viele Schlagzeilen gesorgt. Gravierende und lustige, unfassbare und manchmal unbegreifliche. Die Geschichten auf und außerhalb des Rasenrechtecks sorgen dafür, dass der Fußball im Gespräch und somit interessant bleibt. Es gibt viel zu reden und es gibt viel zu erzählen.
Dieses Buch hat die unglaublichsten Momente der Bundesliga-Geschichte festgehalten. Vom ersten Platzverweis, den ausgerechnet ein Weltmeister kassierte, bis zu den fünf Toren binnen neun Minuten, die Bayerns Mittelstürmer im September 2015 erzielte. Der Weltmeister hieß Helmut Rahn, der Fünf-Tore-Rekordler Robert Lewandowski. Es sind die Typen, die den Fußball so interessant machen und dafür sorgen, dass uns dieses Spiel immer neu fasziniert. Namen wie Willi »Ente« Lippens, Sepp Maier, Wolfram Wuttke oder Mario Basler sind unvergessen und zeugen von hohem Unterhaltungswert.
Wir haben dieses Buch nicht chronologisch geordnet, sondern alphabetisch. Daraus ergibt sich eine faszinierende Mixtur aus Vergangenheit und Gegenwart, aus krassen Ereignissen und sportlichen Rekorden. Der Kugelblitz Aílton darf ebenso wenig fehlen wie Meistertrainer Branko Zebec, der sanft von der Trainerbank kippte. Herbert Laumen erzählt, wie es zum Torpfostenbruch in Mönchengladbach kam, und Friedel Rausch, wie er im Derby gegen Dortmund mit einem Schäferhund unliebsame Bekanntschaft machte. Franz Beckenbauer mit seinem blauen Auge fehlt ebenso wenig wie Kevin Großkreutz und sein unrühmlicher Döner-Wurf, der Tonnentritt von Jürgen Klinsmann oder die legendäre Kultrede von Trapattoni.
Episoden, allesamt lesens- und liebenswert.
Viel Spaß bei der Lektüre wünscht
Ulrich Kühne-Hellmessen
Herausgeber
1. AÍLTON - TORJÄGERKANONE AUF EBAY (S. 4),
2. WOLF-DIETER AHLENFELDER - DER EINZIGE SCHIRI, DER NACH 32 MINUTEN ZUR HALBZEIT BAT (S. 6),
3. RUDI ASSAUER – DER MACHO IM KAMPF GEGEN DAS VERGESSEN (S. 7),
4. PIERRE-EMERICK AUBAMEYANG – DER BATMAN AUS GABUN (S. 8),
5. KLAUS AUGENTHALER – »ICH STELLE HIER DIE FRAGEN« (S. 10),
6. HARRY BÄHRE – DER SPIELER MIT DER PASSNUMMER 001 (S. 11),
7. MICHAEL BALLACK – PER EIGENTOR DEN MEISTERTITEL VERGEIGT (S. 12),
8. MARIO BASLER – SUSPENDIERUNG NACH DER PIZZA-AFFÄRE (S. 14),
9. FRANZ BECKENBAUER – TRAINERSTART MIT BLAUEM AUGE (S. 16),
10. KARIM BELLARABI – REKORDTOR IN NEUN SEKUNDEN (S. 18),
11. BRENO – ALS BRANDSTIFTER IN STADELHEIM (S. 19),
12. RUDI BRUNNENMEIER – VOM KNAST AUF DEN RASEN (S. 21),
13. REINER CALMUND – DIE ERSTEN TRANSFERS VON OST NACH WEST (S. 22),
14. DIE ČEBINACS – VERWIRRSPIEL DER ZWILLINGE (S. 23),
15. DANTE – MIT ZWEI SONGS IN DEN HITLISTEN (S. 25),
16. CHRISTOPH DAUM – DIE KOKAINAFFÄRE UM DEN FAST-BUNDESTRAINER (S. 28),
17. MANFRED DREXLER – ERSTE SPERRE DANK TV-BEWEIS (S. 30),
18. STEFAN EFFENBERG – EINE WETTE MACHTE IHN ZUM TIGER (S. 30),
19. LUTZ EIGENDORF – EINE TV-DOKU TITELTE »TOD DEM VERRÄTER!« (S. 31),
20. PETER ENDRULAT – DER EINZIGE TORWART MIT ZWÖLF GEGENTOREN (S. 33),
21. MARCELL FENSCH – DER KÖLNER TRIKOTSCHUSSEL (S. 34),
22. JAN-AAGE FJØRTOFT – MIT EINEM ÜBERSTEIGER ZUR LEGENDE (S. 35),
23. ROLF FUHRMANN – DER REPORTER DER SCHALKER SCHMERZEN (S. 36),
24. EDUARD GEYER – DER REKORD MIT ELF AUSLÄNDERN (S. 38),
25. ROGER VAN GOOL – DER ERSTE MILLIONENEINKAUF (S. 39),
26. KEVIN GROSSKREUTZ – WM-HELD TROTZ DÖNERSKANDAL UND PINKELAFFÄRE (S. 40),
27. OLIVER HELD – HANDSPIEL, FALSCHAUSSAGE, ABSTIEG (S. 42),
28. THOMAS HELMER – DAS PHANTOMTOR, DAS TITEL UND ABSTIEG ENTSCHIED (S. 43),
29. THOMAS HITZLSPERGER – OUTING NACH DER KARRIERE (S. 44),
30. DIETER HOENESS – EIN TURBAN MIT SYMBOLKRAFT (S. 45),
31. ULI HOENESS – ABSTURZ ÜBERLEBT, AN STEUERN GESCHEITERT (S. 46),
32. ERNST HUBERTY – BIS 1988 ZEIGTE DIE SPORTSCHAU NUR DREI SPIELE (S. 48),
33. OLLI ISOAHO – ZEHN GEGENTORE IN 45 MINUTEN (S. 49),
34. DITMAR JAKOBS – EINE GROSSE KARRIERE ENDET AM KARABINERHAKEN (S. 50),
35. OLIVER KAHN – DIE GOLFBALLATTACKE VON FREIBURG (S. 52),
36. KEVIN KEEGAN – DIE »MIGHTY MOUSE« STÜRMTE DIE CHARTS (S. 54),
37. STEFAN KIESSLING – EIN PEINLICHES PHANTOMTOR (S. 55),
38. IVAN KLASNIČ – DER EINZIGE PROFI MIT EINER SPENDERNIERE (S. 57),
39. MAX KLAUSER – ALS DER SCHIRI K. O. GING (S. 58),
40. JÜRGEN KLINSMANN – DER BERÜHMTE TRITT GEGEN DIE WERBETONNE (S. 59),
41. LEVAN KOBIASHVILI – HÖCHSTSTRAFE FÜR EINEN REKORDNATIONALSPIELER (S. 61),
42. CHARLY KÖRBEL – REKORD OHNE ABSCHIEDSGALA (S. 62),
43. TIMO KONIETZKA – TÄTLICHKEIT GEGEN DEN SCHIRI MIT REKORDSPERRE (S. 64),
44. ERWIN KOSTEDDE – NEUN MONATE UNSCHULDIG IM KNAST (S. 65),
45. FRANZ KREMER – DER GRÜNDERVATER DER BUNDESLIGA (S. 66),
46. DR. PETER KROHN – DER ERSTE MARKETINGGURU (S. 67),
47. HELMUT »FIFFI« KRONSBEIN – NACH DEM TOD SEINER FRAU VOR GERICHT (S. 69),
48. MICHAEL KUTZOP – EIN ELFMETER KOSTETE DEN TITEL (S. 70),
49. UDO LATTEK – EIN BLAUER PULLOVER ALS TALISMAN (S. 72),
50. HERBERT LAUMEN – »ICH BIN SCHULD, DASS ES JETZT ALUTORE GIBT« (S. 75),
51. ULRIK LE FEVRE – DAS ERSTE TOR DES JAHRES (S. 76),
52. JENS LEHMANN – DAS TORWARTTOR IM REVIERDERBY (S. 77),
53. ARIE VAN LENT – HATTRICK IN GELIEHENEN SCHUHEN (S. 78),
54. ROBERT LEWANDOWSKI – FÜNF TORE FÜRS GUINNESSBUCH (S. 80),
55. EWALD LIENEN – EIN AUFGESCHLITZTER OBERSCHENKEL SCHOCKT FUSSBALL-DEUTSCHLAND (S. 82),
56. HERMANN LINDEMANN – WIE BVB-STARS IHREN TRAINER SCHOCKTEN (S. 84),
57. WILLI »ENTE« LIPPENS – DAS RESTAURANT HEISST »ICH DANKE SIE!« (S. 85),
58. PETER LUX – ERSTER WESSI IM OSTEN (S. 86),
59. SEPP MAIER – WIE EIN WELTMEISTER SEINEN PRÄSIDENTEN ZUM RÜCKTRITT ZWANG (S. 87),
60. GÜNTER MAST – DIE GEBURTSSTUNDE DER TRIKOTWERBUNG (S. 89),
61. LOTHAR MATTHÄUS – EIN TAGEBUCH KOSTETE IHN DAS KAPITÄNSAMT (S. 90),
62. NORBERT MEIER – BERUFSVERBOT NACH KOPFSTOSS (S. 92),
63. RINUS MICHELS – ERSTER TRAINER OHNE LIZENZ (S. 94),
64. FRANK MILL – DER LEGENDÄRE PFOSTENSCHUSS VON MÜNCHEN (S. 95),
65. ANDREAS MÖLLER – SEINE SCHWALBE MACHTE DEN BVB ZUM MEISTER (S. 96),
66. DIETER MÜLLER – SECHS TORE FÜR DIE GESCHICHTSBÜCHER (S. 98),
67. GERD MÜLLER – DAS TRAURIGE LEBEN NACH DEM FUSSBALL (S. 100),
68. THOMAS MÜLLER – »RADIO MÜLLER« KANN AUCH SMS (S. 102),
69. MANUEL NEUER – FANAUFSTAND MIT »KOAN NEUER« (S. 103),
70. ARNE-LARSEN ØKLAND – DREI TORE GEGEN DEN FC BAYERN UND EIN FAIR-PLAY-PREIS (S. 106),
71. JAY JAY OKOCHA – DER TORTANZ GEGEN KAHN (S. 107),
72. NICO PATSCHINSKI – EIN TREFFER GEGEN DEN WELTPOKALSIEGER (S. 108),
73. JEANMARIE PFAFF – DER GRÖSSTE WURF VON UWE REINDERS (S. 110),
74. TOMISLAV PIPLICA – EIN KOPFBALL-EIGENTOR DER BESONDEREN ART (S. 111),
75. CLAUDIO PIZARRO – DIE NUMMER EINS IST PERUANER (S. 113),
76. BABAK RAFATI – SPIELABSAGE WEGEN SELBSTMORDVERSUCHS (S. 115),
77. HELMUT »BOSS« RAHN – EIN WELTMEISTER MIT DEM ERSTEN PLATZVERWEIS (S. 116),
78. RALF RANGNICK – DER ERSTE TRAINER, DER WEGEN BURN-OUT AUFGAB (S. 118),
79. FRIEDEL RAUSCH – SCHÄFERHUND REX BISS GNADENLOS ZU (S. 119),
80. MARCO REUS – REKORDSTRAFE FÜRS »SCHWARZFAHREN« (S. 121),
81. FRANCK RIBÉRY – SEXAFFÄRE ENDETE MIT FREISPRUCH (S. 122),
82. HANNES RIEDL – OPFER EINES GEFÄLSCHTEN SPIELBERICHTS (S. 124),
83. HELMUT ROLEDER – DIE ERSTE ROTE FÜR EINE NOTBREMSE (S. 127),
84. JAN ROSENTHAL – EIN FELDSPIELER ALS ELFMETERTÖTER (S. 128),
85. HARALD SCHUMACHER – AUF DEN »ANPFIFF« FOLGTEN DIE DOPINGKONTROLLEN (S. 130),
86. BERND SCHUSTER – ABFINDUNG ZUM ABSCHIED (S. 133),
87. ULI STEIN – RAUSSCHMISS NACH FAUSTSCHLAG (S. 135),
88. DRAGOSLAV STEPANOVIĆ – »LEBBE GEHT WEIDER« (S. 136),
89. MORITZ STOPPELKAMP – DAS TOR AUS 81,98 METERN (S. 138),
90. CARMEN THOMAS – SCHALKE 05 ALS ANGEBLICHER STOLPERSTEIN (S. 140),
91. KLAUS TOPPMÖLLER – 7:4 NACH 1:4 – DIE GROSSE AUFHOLJAGD (S. 142),
92. GIOVANNI TRAPATTONI – DIE LEGENDÄRE WUTREDE (S. 144),
93. ZOLTAN VARGA – TELEFONPOSSE IM BUNDESLIGA-SKANDAL (S. 146),
94. JÜRGEN WEGMANN – DIE KOBRA RETTET DORTMUND IN LETZTER SEKUNDE (S. 148),
95. HERBERT WIDMAYER – DER ERSTE TRAINERRAUSWURF (S. 150),
96. HELMUT WINKLHOFER – EIGENTOR ALS TOR DES MONATS (S. 152),
97. ROLAND WOHLFARTH – DER ERSTE DOPINGFALL DANK APPETITZÜGLER (S. 153),
98. WOLFRAM WUTTKE – WIE JUPP HEYNCKES ZU OSRAM WURDE (S. 154),
99. ANTHONY YEBOAH – AUFSTAND GEGEN HEYNCKES IN FRANKFURT (S. 156),
100. BRANKO ZEBEC – BETRUNKEN AUF DER TRAINERBANK (S. 159).
AÍLTON GONÇALVES DA SILVA
Torjägerkanone auf eBay
Er war der erste Ausländer, der in Deutschland zum Fußballer des Jahres gewählt wurde. 2004 war das, und es war sein Jahr: Torschützenkönig mit 28 Treffern, Meister mit Werder Bremen, Pokalsieger dazu und gefeiert als »Kugelblitz«. Aílton Gonçalves da Silva, den alle nur als Aílton kennen, war mit 31 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Den Ruhm ließ er sich bezahlen, wechselte zu Schalke 04. Und begann anschließend eine Odyssee, die ihn über die Türkei, die Schweiz und China am Ende zurück nach Deutschland bis zu Hassia Bingen führte, wo er 2013 mit 40 Jahren seine Laufbahn beendete. Insgesamt brachte er es in seiner Karriere auf 21 Stationen in neun Ländern, ehe er in seine Heimat Brasilien zurückkehrte.
In Bremen haben sie ihn geliebt und verehrt. Und richteten für ihn deshalb im September 2014 auch ein Abschiedsspiel aus, unter anderem deshalb, weil er während seiner Karriere stets über seine finanziellen Verhältnisse gelebt hatte. Die Bremer Doublesiegerelf von 2004 traf dabei auf eine Südamerikaauswahl – und Aílton verabschiedete sich mit drei Toren. Zur gleichen Zeit aber sorgte ein Verkaufsangebot auf der Online-Plattform eBay für Aufsehen. Da wurde die Torjägerkanone angeboten, die Aílton im Jahr 2004 gewonnen hatte. Sein ehemaliger Berater Werner Helleckes hatte die Versteigerung initiiert. Die Kanone – so Helleckes – gehöre ihm und sei 2006 seiner Firma überschrieben worden, weil Aílton ihm 400.000 Euro schulde. Schon 2007 war die Kanone übrigens einmal auf der Verkaufsplattform aufgetaucht. Da lag das Höchstgebot bei 600.000 Euro, bis Aílton per einstweiliger Verfügung den Verkauf stoppen konnte.
GOLDENE ZEITEN. Aílton trägt den Pokal im Arm und die goldenen Schuhe um den Hals. 2004 war sein Jahr. Er gewann mit Bremen das Double und wurde Torschützenkönig der Bundesliga.
»NICHT DIE GROSSEN FRESSEN DIE KLEINEN, SONDERN DIE SCHNELLEN DIE LANGSAMEN.« (REINER CALMUND)
WOLF-DIETER
AHLENFELDER
Der einzige Schiri, der nach 32 Minuten zur Halbzeit bat
Wolf-Dieter Ahlenfelder, am 2. August 2014 viel zu früh verstorben, hält einen einsamen Rekord. Er ist der einzige Schiedsrichter, der schon nach 32 Minuten zur Halbzeit bat.
Es passierte am 8. November 1975. Ahlenfelder leitete die Partie zwischen Werder Bremen und Hannover 96. Und wollte bereits nach etwas über einer halben Stunde die beiden Teams zum Pausentee schicken. Ahlenfelder erzählte, als wenn es gestern gewesen wäre: »Da kam der Höttges zu mir und sagte: ›Schiri, kann nicht sein, mein Trikot ist ja noch nicht nass.‹ Da habe ich zu meinem Assistenten geschaut und einen Schiriball gegeben. Weiter ging's. Irgendwat hat mit meiner Uhr nicht gestimmt.«
Ahlenfelder war, wie damals üblich, von Gastgeber Bremen zum Mittagessen eingeladen worden. Es gab Gans. Dazu, so Ahlenfelder, »ein Bierchen und Malteser für alle obendrauf«. Wie viele Bierchen es waren, wird sein Geheimnis bleiben. Aber wer in Bremen heute einen »Ahlenfelder« bestellt, erhält noch immer ein Gedeck mit Bier und Malteser. Der frühe Pfiff hat den Mann aus Oberhausen berühmt gemacht.
ENERGISCH. Wolf-Dieter Ahlenfelder in seinem Element, mit Pfeife im Mund und Herr der Situation. Nicht immer ...
»DIE SCHÖNSTEN TORE SIND DIEJENIGEN, BEI DENEN DER BALL SCHÖN FLACH OBEN REINGEHT.« (MEHMET SCHOLL)
RUDI
ASSAUER
Der Macho im Kampf gegen das Vergessen
TYPISCH. Die Zigarre im Mund, die Sonnenbrille im Gesicht, den Pokal in der Hand. Rudi Assauer prägte als Schalkes Manager die Bundesliga nachhaltig.
Was für ein Mann. Was für eine Ausstrahlung. Was für eine Persönlichkeit. Rudi Assauer prägte das Bild der Bundesliga über mehr als 40 Jahre. Erst als Spieler bei Bremen; dann bei den Dortmundern, mit denen er 1966 den Europapokal der Pokalsieger gewann. Schließlich als Manager. Mit ihm an der Spitze feierte Schalke 04 ab 1997 seine größten Erfolge. Seine Markenzeichen: Zigarre im Mund, immer einen derben Spruch auf den Lippen.
Auch Alkohol war bei ihm oft im Spiel. Wie am 11. Mai 2002 bei der tumultartigen Jubelfeier nach dem Pokalerfolg gegen Leverkusen (4:2). Irgendwann im Lauf der Triumphfahrt durch Gelsenkirchen fiel dem Manager der Pokal aus der Hand. Während die Anhänger den bananenkrummen Pott gleich auf tausendfach verkauften T-Shirts verewigten, zeigte sich Wilhelm Nagel weniger erfreut. Der Goldschmied der Kölner Werkkunstschule und Schöpfer der Trophäe benötigte für die Reparatur 700 Arbeitsstunden, musste den verbogenen oberen Ring austauschen, die Beulen am krumm gewordenen Sockel entfernen, die Dellen an den Seiten ausgleichen, Bergkristalle und Turmaline neu einsetzen. Ob der geringen Wertschätzung seiner Arbeit zeigte sich der Künstler äußerst erbost: »Die Herren wissen das nicht zu schätzen.« Assauers Konter: Er rief bei Nagel in Köln an und wies ihn sachte darauf hin, der Goldschmiedemeister möge ihm bitte nicht weitere Journalisten auf den Hals hetzen.
So war er, der letzte Macho der Bundesliga. Schon als Spieler hatte er mit nacktem Oberkörper posiert, später glänzte er mit seiner Lebensgefährtin, der Fernsehschauspielerin Simone Thomalla, in ironischen Werbespots des Schalke-Sponsors (»Nur gucken, nicht anfassen«). 2006 war dann plötzlich Schluss auf Schalke, es wurde still um Assauer. Bis zum Januar 2012. Da brachte er seine im Riva-Verlag erschienene Autobiografie »Wie ausgewechselt« auf den Markt und bekannte öffentlich: Ich habe Alzheimer. Er ging dabei einen typischen Assauer-Weg. Ein großes deutsches Boulevardblatt hatte bereits einen Vorabdruck aus dem Buch gebracht – das ZDF sendete schließlich eine Doku. »Assi« (so sein Spitzname) stellte sich mit Pauken und Trompeten seiner Krankheit, auch wenn damals schon klar war, dass er den Kampf nicht gewinnen kann.
JUBELPOSE. Pierre-Emerick Aubameyang und Marco Reus feiern ein Tor gegen Schalke als Batman und Robin.
PIERRE-EMERICK
AUBAMEYANG
Der Batman aus Gabun
Natürlich hat Pierre-Emerick Emiliano François Aubameyang (so sein voller Name) auch sportliche Schlagzeilen geschrieben. Der Kapitän der gabunischen Nationalmannschaft, in Laval/Frankreich geboren, glänzte in seinem ersten Spiel als dreifacher Torschütze. Das war im August 2013 beim 4:0-Sieg von Borussia Dortmund in Augsburg. Damit war er der erste Torschütze aus Gabun in der Bundesliga.
Zudem hatte kein BVB-Neuling bisher in seinem ersten Spiel gleich dreimal getroffen. Zu Beginn der Saison 2015/16 erzielte er in den ersten acht Saisonspielen hintereinander mindestens einen Treffer. Auch das war vor ihm noch keinem gelungen. Als erster Spieler der Bundesliga wurde er 2016 zudem zu Afrikas Fußballer des Jahres gewählt.
Mehr noch aber fällt der Mann, der die 30 Meter in 3,75 Sekunden sprintet und somit einer der schnellsten Fußballer weltweit ist, durch exzentrische Frisuren, extravagante Kleidung, rassige Autos und ausgefallene Jubelarien auf. Beim Supercupsieg über den FC Bayern zu Beginn der Saison 2014/15 zeigte Dortmunds Nummer 17 ein Spiderman-T-Shirt. Aber unvergessen ist vor allem der Jubel im Februar 2015 beim 3:0-Sieg über Schalke 04.
»DER JÜRGEN KLINSMANN UND ICH, WIR SIND EIN GUTES TRIO. ICH MEINTE: EIN QUARTETT.« (FRITZ WALTER)
Für das Derby hatten sich Marco Reus und Aubameyang beim Mittagessen einen besonderen Coup ausgedacht. Sie deponierten neben dem Schalker Tor eine Plastiktüte mit Maskeninhalt. Nach seinem 1:0 (78.) verwandelte sich der Schütze mit einem Umhang in Batman und gab seinem Offensivpartner eine Augenbinde, damit der den Fledermausgehilfen Robin mimen konnte. »Wir wollten mal ein wenig Spaß reinbringen«, sagte Reus über den kreativen Torjubel. Weil »Robin« beim nächsten Derby verletzt fehlte, setzte der Gabuner zu einer Solofeier an. Diesmal zeigte der Stürmerstar ein T-Shirt unter dem Trikot mit dem Fledermaus-Aufdruck und dem Spruch »Do you remember?« – in Anspielung an den vorherigen Torjubel.
»Eine der schillerndsten Figuren der Bundesliga«, urteilte eine deutsche Tageszeitung nach dieser Aktion, mit der der Revierrivale Schalke, sehr zu seinem Leidwesen, schon zum zweiten Mal zum Auba-Opfer geworden war. Der damalige BVB-Trainer Jürgen Klopp, der noch die ersten Schauspieleinlagen seines Stürmerstars miterlebt hatte, fand sie übrigens ebenfalls nicht besonders witzig und verwies auf DFB-Recht und -Gesetz: »Wenn er fünfmal mit Maske jubelt und Gelb sieht, ist Aubameyang gesperrt.«
KLAUS
AUGENTHALER
»Ich stelle hier die Fragen«
Der Mann aus Niederbayern, jahrelang Kapitän des FC Bayern und bestbezahlter Bundesligaprofi in den 1990ern, war stets kurz angebunden und kein Mann großer Worte. Legendär waren die Zusammenkünfte in seinem Partykeller, wenn es galt, mal wieder ohne Trainer eine Bayern-Krise in den Griff zu bekommen, und die ganze Mannschaft dabei tief ins Glas schaute. Was bei diesen Treffen wirklich passierte, bleibt wohl ein ewiges Bayern-Geheimnis.
Ganz offen aber trug der Trainer Klaus Augenthaler seine Distanz zu den Medien als Trainer des VfL Wolfsburg zur Schau. Eine Pressekonferenz vom 10. Mai 2007 vor der Begegnung bei Alemannia Aachen fiel so bemerkenswert aus, dass wir sie hier im Wortlaut wiedergeben. »Auge« stellte sich selbst vier Fragen, die er auch sofort beantwortete. Nach 42 Sekunden war alles vorbei:
»Guten Tag! Es gibt vier Fragen und vier Antworten. Die Fragen stelle ich, die Antworten gebe ich auch. Erstens: Wie ist die Stimmung in der Mannschaft? Die Mannschaft hat hervorragend gearbeitet.
Zur Taktik: ein oder zwei Stürmer? Das liegt daran, wie die personelle Situation ist und welche Spieler verletzt sind.
Zum Gegner? Aachen wird sicherlich Druck machen, darauf müssen wir vorbereitet sein.
Und ob die Mannschaft dem Druck standhält? Wir haben hervorragend gearbeitet, die Mannschaft wird die Antwort auf dem Platz geben.
Danke schön!«
AUFTRITT. Nur 42 Sekunden dauerte die berühmte Pressekonferenz von Klaus Augenthaler als Wolfsburgs Trainer.
GESCHICHTE. Harry Bähre – hier beim Nordderby gegen Hannover im Bundesliga-Gründungsjahr – hat sich durch seine Passnummer verewigt.
HARRY
BÄHRE
Der Spieler mit der Passnummer 001
Jeder Amateurfußballer kennt das. Der Spielerpass regelt die Spielberechtigung, er wird vom Verband ausgestellt, mit einem Foto versehen und vom Schiedsrichter vor dem Anpfiff kontrolliert ...
Solch ein Dokument besitzt natürlich auch jeder Bundesliga-Profi. Und so erlangte ein Spieler Berühmtheit, den nur eingefleischte Hanseaten kennen: Harry Bähre vom Hamburger SV. Stolz kann der Angreifer, der im Hamburger Stadtteil Lokstedt lebt, von sich behaupten: »Ich bin der Spieler mit der Passnummer 001.«
Der Grund: Der HSV erhielt 1963 als Vertreter der Oberliga Nord als erster Verein die Spielberichtigung für die neu gegründete Bundesliga. Ein Spieler mit dem Anfangsbuchstaben A im Nachnamen stand damals nicht in den Hamburger Reihen. Und da die Mannschaftsmitglieder bei der Ausstellung der Pässe für die neue Spielklasse in alphabetischer Reihenfolge gelistet wurden, war Bähre die Nummer eins. Am 5. Oktober 1963 bestritt er beim 5:1 gegen Hertha BSC seine erste Bundesliga-Partie, insgesamt kam er auf 78 Einsätze. Auch nach dem Ende seiner Spielerkarriere blieb er dem HSV in vielen Funktionen treu: als A-Jugend-Trainer, Kotrainer bei den Profis, Scout, Berater von Präsident Uwe Seeler, Vizepräsident, Rechnungsprüfer und Manager der Altliga.
Bähres Pass landete übrigens im Reißwolf des DFB. In seiner Brieftasche trägt er bis heute aber den HSVMitgliedsausweis. Der hat die Nummer 1030 und ist datiert auf den 1. Juli 1956. Damit ist Harry Bähre eines der dienstältesten HSV-Mitglieder, das auch sportlich für den Klub aktiv war.
MICHAEL
BALLACK
Per Eigentor den Meistertitel vergeigt
Der 20. Mai 2000 hat sich als Höhepunkt der Vereinsgeschichte in die Annalen der SpVgg Unterhaching eingeschrieben. Ein Datum, das im Münchner Vorort keiner vergisst. Ein Tag aber auch, den Bayer 04 Leverkusen am liebsten aus dem Fußballgedächtnis löschen würde. Und Michael Ballack besonders.
Es war der Tag, als die Spielvereinigung die Sensation schaffte und Leverkusen den Titel verspielte. Mit 2:0 siegte Haching im letzten Spiel der Saison 1999/2000 gegen den bisherigen Tabellenführer, dem ein Punkt zur Meisterschaft gereicht hätte. Stattdessen sollte der FC Bayern seinen 16. Titel einfahren.
Als Hachings Trainer Lorenz-Günther Köstner drei Tage vor dem Endspiel die Geschäftsstelle aufsuchte, saß da Bayer-Manager Reiner Calmund, um die Einzelheiten für die Meisterfeier festzulegen. Nicht so einfach angesichts des kleinen »Sportparks« zu Unterhaching, der damals nur 11.300 Zuschauern Platz bot. Köstner: »Alles war für den Triumph von Leverkusen gerichtet. Bayer wollte ausgerechnet vor den Toren des großen Rivalen seinen Erfolg auskosten.«
Es kam anders. Bayern, das im nahe gelegenen Münchner Olympiastadion Werder Bremen zu Gast hatte, legte vor. 1:0, 2:0, 3:0 bis zur 16. Minute. Die 5.000 Bayern-Fans im Sportpark feierten, der Druck auf die Leverkusener wurde mit jedem Bayern-Tor größer. Und dann die Unglücksszene: Michael Ballack grätscht in eine flache Hereingabe und versenkt den Ball im eigenen Tor (21.). Es ist der Anfang vom Ende. Obwohl Trainer Christoph Daum mit Rink, Brdaric und Robson Ponte drei weitere Stürmer bei Bayer einwechselt, hält Hachings Gerhard Tremmel seinen Kasten sauber. Ein Konter sorgt in der 72. Minute für das 2:0 durch Oberleitner und die Entscheidung.
Das kleine Unterhaching hatte den FC Bayern München zum Meister gemacht. Und Bayer bald seinen Spitznamen weg: »Vizekusen«.
MARIO
BASLER
Suspendierung nach der Pizza-Affäre
»Basler ist bis zum Hals Weltklasse«, sagte einst sein früherer Trainer Bernd Stange, »darüber aber nur Kreisklasse.«
Mario Basler war ein Typ. Einer, der Trainer zur Verzweiflung bringen und im nächsten Moment Weltklasseaktionen hervorzaubern konnte. Im Trikot der Bayern machte er sein vielleicht bestes Spiel im Champions-League-Finale 1999 gegen Manchester United. Sein 1:0 hätte ihm einen Platz in den Fußballgeschichtsbüchern gesichert, wenn da nicht Sølskjaer und Sheringham in den letzten Sekunden das Spiel noch gedreht hätten.
Ein halbes Jahr später verkündete Präsident Franz Beckenbauer nach einem 3:1-Heimsieg gegen Hertha: »Der FC Bayern München hat beschlossen, Mario Basler und Sven Scheuer wegen wiederholter Verstöße gegen die Pflichten eines Spielers vom Spielbetrieb zu suspendieren. Es wurde ihnen nahegelegt, sich umgehend einen anderen Verein zu suchen.« Mario Basler war über die sogenannte Pizza-Affäre gestolpert.
»ICH HATTE VOM FEELING HER EIN GUTES GEFÜHL.« (ANDREAS MÖLLER)
Was war passiert? Der Mittelfeldspieler, wie Ersatztorwart Scheuer zu dieser Zeit verletzt, war im Aufbautraining in Donaustauf bei Regensburg. Morgens um 3.20 Uhr gerieten sie in der Trattoria »da Fernando« in eine Rangelei mit Gästen und wurden anschließend von der Polizei vernommen. Für Manager Uli Hoeneß war damit das Maß voll: »Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Jetzt ist er zerbrochen.« Der Vergleich mit dem Krug mag Zufall gewesen sein, aber Basler war den vom FC Bayern angeheuerten Detektiven zuvor schon mehrfach durch Alkoholexzesse aufgefallen. Es war die Zeit, als der FC Bayern als FC Hollywood galt – mit Mario Basler als einer der Hauptfiguren.
SHOWSTAR. Mario Basler in Siegerpose. Ein Mann mit hohem Unterhaltungswert.
Das Register seiner Sünden aus der damaligen Zeit liest sich in der Tat ziemlich lang: geräuschvolle Auftritte zu nachtschlafender Zeit in Münchner Diskotheken und niederbayerischen Lokalen, Ausflüge in weit entfernte Spielkasinos am Tag vor einem Spiel,
Nun also hatte das eine oder andere bis morgens um 3.20 Uhr genossene Weizenbier, nebst dem italienischen Nationalgericht, das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. Uli Hoeneß: »Sein Privatleben hat er einfach nicht in den Griff bekommen.« Baslers Konter: »Diesen Schwachsinn muss ich mir Gott sei Dank in Zukunft nicht mehr anhören.« Nach 78 Partien in Deutschlands höchster Spielklasse mit 18 Toren war Schluss in München. Basler wechselte im November 1999 für 1,5 Millionen Mark zum 1. FC Kaiserslautern, der letzten Station seiner Bundesliga-Karriere als aktiver Spieler.