Inhaltsverzeichnis
Elisabeth,
Königin von England
Maria Stuart,Königin von Schottland, Gefangne in England
Robert Dudley,Graf von Leicester
Georg Talbot,Graf von Shrewsbury
Wilhelm Cecil,Baron von Burleigh, Großschatzmeister
Graf von Kent
Wilhelm Davison,Staatssekretär
Amias Paulet,Ritter, Hüter der Maria
Mortimer,sein Neffe
Graf Aubespine,französischer Gesandter
Graf Bellievre,außerordentlicher Botschafter von Frankreich
Okelly,Mortimers Freund
Drugeon Drury,zweiter Hüter der Maria
Melvil,ihr Haushofmeister
Burgoyn,ihr Arzt
Hanna Kennedy,ihre Amme
Margareta Kurl,ihre Kammerfrau
Sheriffder Grafschaft
Offizier der Leibwache Französische und englische Herren Trabanten
Hofdienerder Königin von England
Diener und Dienerinnender Königin von Schottland
Inhaltsverzeichnis
Burleigh. Paulet.
Burleigh. Sie trotzt uns – wird uns trotzen, Ritter Paulet,
Bis an die Stufen des Schafotts – Dies stolze Herz
Ist nicht zu brechen – Überraschte sie
Der Urtelspruch? Saht Ihr sie eine Träne
Vergießen? Ihre Farbe nur verändern?
Nicht unser Mitleid ruft’ sie an. Wohl kennt sie
Den Zweifelmut der Königin von England,
Und unsre Furcht ist’s, was sie mutig macht.
Paulet. Lord Großschatzmeister! Dieser eitle Trotz wird schnell
Verschwinden, wenn man ihm den Vorwand raubt.
Es sind Unziemlichkeiten vorgegangen
In diesem Rechtsstreit, wenn ich’s sagen darf.
Man hätte diesen Babington und Tichburn
Ihr in Person vorführen, ihre Schreiber
Ihr gegenüberstellen sollen.
Burleigh (schnell). Nein!
Nein, Ritter Paulet! Das war nicht zu wagen.
Zu groß ist ihre Macht auf die Gemüter
Und ihrer Tränen weibliche Gewalt.
Ihr Schreiber Kurl, ständ’ er ihr gegenüber,
Käm’ es dazu, das Wort nun auszusprechen,
An dem ihr Leben hängt – er würde zaghaft
Zurückziehn, sein Geständnis widerrufen –
Paulet. So werden Englands Feinde alle Welt
Erfüllen mit gehässigen Gerüchten,
Und des Prozesses festliches Gepräng’
Wird als ein kühner Frevel nur erscheinen.
Burleigh. Dies ist der Kummer unsrer Königin –
Daß diese Stifterin des Unheils doch
Gestorben wäre, ehe sie den Fuß
Auf Englands Boden setzte!
Paulet. Dazu sag ich Amen.
Burleigh. Daß Krankheit sie im Kerker aufgerieben!
Paulet. Viel Unglück hätt’ es diesem Land erspart.
Burleigh. Doch, hätt’ auch gleich ein Zufall der Natur
Sie hingerafft – wir hießen doch die Mörder.
Paulet. Wohl wahr. Man kann den Menschen nicht verwehren,
Zu denken, was sie wollen.
Burleigh. Zu beweisen wär’s
Doch nicht und würde weniger Geräusch erregen –
Paulet. Mag es Geräusch erregen! Nicht der laute,
Nur der gerechte Tadel kann verletzen.
Burleigh. Oh! auch die heilige Gerechtigkeit
Entflieht dem Tadel nicht. Die Meinung hält es
Mit dem Unglücklichen, es wird der Neid
Stets den obsiegend Glücklichen verfolgen.
Das Richterschwert, womit der Mann sich ziert,
Verhaßt ist’s in der Frauen Hand. Die Welt
Glaubt nicht an die Gerechtigkeit des Weibes,
Sobald ein Weib das Opfer wird. Umsonst,
Daß wir, die Richter, nach Gewissen sprachen!
Sie hat der Gnade königliches Recht.
Sie muß es brauchen; unerträglich ist’s,
Wenn sie den strengen Lauf läßt dem Gesetze!
Paulet. Und also –
Burleigh. (rasch einfallend).
Also soll sie leben? Nein!
Sie darf nicht leben! Nimmermehr! Dies, eben
Dies ist’s, was unsre Königin beängstigt –
Warum der Schlaf ihr Lager flieht – Ich lese
In ihren Augen ihrer Seele Kampf;
Ihr Mund wagt ihre Wünsche nicht zu sprechen,
Doch vielbedeutend fragt ihr stummer Blick:
Ist unter allen meinen Diener keiner,
Der die verhaßte Wahl mir spart, in ew’ger Furcht
Auf meinem Thron zu zittern, oder grausam
Die Königin, die eigne Blutsverwandte
Dem Beil zu unterwerfen?
Paulet. Das ist nun die Notwendigkeit, steht nicht zu ändern.
Burleigh. Wohl stünd’s zu ändern, meint die Königin,
Wenn sie nur aufmerksamre Diener hätte.
Paulet. Aufmerksamre?
Burleigh. Die einen stummen Auftrag
Zu deuten wissen.
Paulet. Einen stummen Auftrag!
Burleigh. Die, wenn man ihnen eine gift’ge Schlange
Zu hüten gab, den anvertrauten Feind
Nicht wie ein heilig teures Kleinod hüten.
Paulet (bedeutungsvoll).
Ein hohes Kleinod ist der gute Name,
Der unbescholtne Ruf der Königin,
Den kann man nicht zu wohl bewachen, Sir!
Burleigh. Als man die Lady von dem Shrewsbury
Wegnahm und Ritter Paulets Hut vertraute,
Da war die Meinung –
Paulet. Ich will hoffen, Sir,
Die Meinung war, daß man den schwersten Auftrag
Den reinsten Händen übergeben wollte.
Bei Gott! Ich hätte dieses Schergenamt
Nicht übernommen, dächt’ ich nicht, daß es
Den besten Mann in England forderte.
Laßt mich nicht denken, daß ich’s etwas anderm
Als meinem reinen Rufe schuldig bin.
Burleigh. Man breitet aus, sie schwinde, läßt sie kränker
Und kränker werden, endlich still verscheiden,
So stirbt sie in der Menschen Angedenken –
Und Euer Ruf bleibt rein.
Paulet. Nicht mein Gewissen.
Burleigh. Wenn Ihr die eigne Hand nicht leihen wollt,
So werdet Ihr der fremden doch nicht wehren –
Paulet (unterbricht ihn).
Kein Mörder soll sich ihrer Schwelle nahn,
Solang die Götter meines Dachs sie schützen.
Ihr Leben ist mir heilig, heil’ger nicht
Ist mir das Haupt der Königin von England.
Ihr seid die Richter! Richtet! Brecht den Stab!
Und wenn es Zeit ist, laßt den Zimmerer
Mit Axt und Säge kommen, das Gerüst
Aufschlagen – für den Sheriff und den Henker
Soll meines Schlosses Pforte offen sein.
Jetzt ist sie zur Bewahrung mit vertraut,
Und seid gewiß, ich werde sie bewahren,
Daß sie nichts böses tun soll, noch erfahren!
(Gehen ab).
Inhaltsverzeichnis
Elisabeth. Leicester.
Elisabeth. Wer ging da von Euch weg? Ich hörte sprechen.
Leicester (sich auf ihre Rede schnell und erschrocken umwendend).
Es war Sir Mortimer.
Elisabeth. Was ist Euch, Lord?
So ganz betreten?
Leicester (faßt sich).
– Über deinen Anblick!
Ich habe dich so reizend nie gesehn,
Geblendet steh ich da von deiner Schönheit.
– Ach!
Elisabeth. Warum seufzt Ihr?
Leicester. Hab ich keinen Grund,
Zu seufzen? Da ich deinen Reiz betrachte,
Erneut sich mir der namenlose Schmerz
Des drohenden Verlustes.
Elisabeth. Was verliert Ihr?
Leicester. Dein Herz, dein liebenswürdig Selbst verlier ich.
Bald wirst du in den jugendlichen Armen
Des feurigen Gemahls dich glücklich fühlen,
Und ungeteilt wird er dein Herz besitzen.
Er ist von königlichem Blut, das bin
Ich nicht, doch Trotz sei aller Welt geboten,
Ob einer lebt auf diesem Erdenrund,
Der mehr Anbetung für dich fühlt als ich.
Der Duc von Anjou hat dich nie gesehn,
Nur deinen Ruhm und Schimmer kann er lieben.
Ich liebe dich. Wärst du die ärmste Hirtin,
Ich als der größte Fürst der Welt geboren,
Zu deinem Stand würd’ ich heruntersteigen,
Mein Diadem zu deinen Füßen legen.
Elisabeth. Beklag mich, Dudley, schilt mich nicht – Ich darf ja
Mein Herz nicht fragen. Ach! das hätte anders
Gewählt. Und wie beneid ich andre Weiber,
Die das erhöhen dürfen, was sie lieben.
So glücklich bin ich nicht, daß ich dem Manne,
Der mir vor allen teuer ist, die Krone
Aufsetzen kann! – Der Stuart ward’s vergönnt,
Die Hand nach ihrer Neigung zu verschenken;
Die hat sich jegliches erlaubt, sie hat
Den vollen Kelch der Freuden ausgetrunken.
Leicester. Jetzt trinkt sie auch den bittern Kelch des Leidens.
Elisabeth. Sie hat der Menschen Urteil nichts geachtet.
Leicht wurd’ es ihr, zu leben, nimmer lud sie
Das Joch sich auf, dem ich mich unterwarf.
Hätt’ ich doch auch Ansprüche machen können,
Des Lebens mich, der Erde Lust zu freun,
Doch zog ich strenge Königspflichten vor.
Und doch gewann sie aller Männer Gunst,
Weil sie sich nur befliß, ein Weib zu sein,
Und um sie buhlt die Jugend und das Alter.
So sind die Männer. Lüstlinge sind sie alle!
Dem Leichtsinn eilen sie, der Freude zu
Und schätzen nichts, was sie verehren müssen.
Verjüngte sich nicht dieser Talbot selbst,
Als er auf ihren Reiz zu reden kam!
Leicester. Vergib es ihm. Er war ihr Wächter einst,
Die List’ge hat mit Schmeicheln ihn betört.
Elisabeth. Und ist’s denn wirklich wahr, daß sie so schön ist?
So oft mußt’ ich die Larve rühmen hören,
Wohl möcht’ ich wissen, was zu glauben ist.
Gemälde schmeicheln, Schilderungen lügen,
Nur meinen eignen Augen würd’ ich traun.
– Was schaut ihr mich so seltsam an?
Leicester. Ich stellte
Dich in Gedanken neben die Maria.
– Die Freude wünscht’ ich mir, ich berg es nicht,
Wenn es ganz in geheim geschehen könnte,
Der Stuart gegenüber dich zu sehn!
Dann solltest du erst deines ganzen Siegs
Genießen! Die Beschämung gönnt’ ich ihr,
Daß sie mit eignen Augen – denn der Neid
Hat scharfe Augen – überzeugt sich sähe,
Wie sehr sie auch an Adel der Gestalt
Vor dir besiegt wird, der sie so unendlich
In jeder andern würd’gen Tugend weicht.
Elisabeth. Sie ist die Jüngere an Jahren.
Leicester. Jünger!
Man sieht’s ihr nicht an. Freilich ihre Leiden!
Sie mag wohl vor der Zeit gealtert haben.
Ja, und was ihre Kränkung bittrer macht,
Das wäre, dich als Braut zu sehn! Sie hat
Des Lebens schöne Hoffnung hinter sich –
Dich sähe sie dem Glück engegenschreiten
Und als die Braut des Königssohns von Frankreich,
Da sie sich stets so viel gewußt, so stolz
Getan mit der französischen Vermählung,
Noch jetzt auf Frankreichs mächt’ge Hilfe pocht!
Elisabeth (nachlässig hinwerfend).
Man peinigt mich ja, sie zu sehn.
Leicester (lebhaft). Sie fordert’s
Als eine Gunst, gewähr es ihr als Strafe!
Du kannst sie auf das Blutgerüste führen,
Es wird sie minder peinigen, als sich
Von deinen Reizen ausgelöscht zu sehn.
Dadurch ermordest du sie, wie sie dich
Ermorden wollte – Wenn sie deine Schönheit
Erblickt, durch Ehrbarkeit bewacht, in Glorie
Gestellt, durch einen unbefleckten Tugendruf,
Den sie, leichtsinnig buhlend, von sich warf,
Erhoben durch der Krone Glanz und jetzt
Durch zarte Bräutlichkeit geschmückt – dann hat
Die Stunde der Vernichtung ihr geschlagen.
Ja – wenn ich jetzt die Augen auf dich werfe –
Nie warst du, nie zu einem Sieg der Schönheit
Gerüsteter als eben jetzt – Mich selbst
Hast du umstrahlt wie eine Lichterscheinung,
Als du vorhin ins Zimmer tratest – Wie?
Wenn du gleich jetzt, jetzt wie du bist, hinträtest
Vor sie, du findest keine schönre Stunde –
Elisabeth. Jetzt – Nein – Nein – Jetzt nicht, Leicester – Nein, das
muß ich
Erst wohl bedenken – mich mit Burleigh –
Leicester (lebhaft einfallend). Burleigh!
Der denkt allein auf deinen Staatsvorteil;
Auch deine Weiblichkeit hat ihre Rechte,
Der zarte Punkt gehört vor dein Gericht,
Nicht vor des Staatsmanns – ja auch Staatskunst will es,
Daß du sie siehst, die öffentliche Meinung
Durch eine Tat der Großmut dir gewinnest!
Magst du nachher dich der verhaßten Feindin,
Auf welche Weise dir’s gefällt, entladen.
Elisabeth. Nicht wohlanständig wär’ mir’s, die Verwandte
Im Mangel und in Schmach zu sehn. Man sagt,
Daß sie nicht königlich umgeben sei –
Vorwerfend wär’ mir ihres Mangels Anblick.
Leicester. Nicht ihrer Schwelle brauchst du dich zu nahn.
Hör meinen Rat. Der Zufall hat es eben
Nach Wunsch gefügt. Heut ist das große Jagen,
An Fotheringhay führt der Weg vorbei,
Dort kann die Stuart sich im Park ergehn,
Du kommst ganz wie von ohngefähr dahin,
Es darf nichts als vorherbedacht erscheinen,
Und wenn es dir zuwider, redest du
Sie gar nicht an –
Elisabeth. Begeh ich eine Torheit,
So ist es Eure, Leicester, nicht die meine.
Ich will Euch heute keinen Wunsch versagen,
Weil ich von meinen Untertanen allen
Euch heut am wehesten getan. (Ihn zärtlich ansehend.)
Sei’s eine Grille nur von Euch. Dadurch
Gibt Neigung sich ja kund, daß sie bewilligt
Aus freier Gunst, was sie auch nicht gebilligt.
(Leicester stürzt zu ihren Füßen, der Vorhang fällt.)
Inhaltsverzeichnis
Mortimer, gleich darauf Okelly.
Mortimer. Bin ich im Wahnwitz? Kam nicht eben jemand
Vorbei und rief, die Königin sei ermordet?
Nein, nein, mir träumte nur. Ein Fieberwahn
Bringt mir als wahr und wirklich vor den Sinn,
Was die Gedanken gräßlich mir erfüllt.
Wer kommt? Es ist Okell’. So schreckenvoll!
Okelly (hereinstürzend).
Flieht, Mortimer! Flieht. Alles ist verloren.
Mortimer. Was ist verloren?
Okelly. Fragt nicht lange. Denkt
Auf schnelle Flucht.
Mortimer. Was gibt’s denn?
Okelly. Sauvage führte
Den Streich, der Rasende.
Mortimer. So ist es wahr?
Okelly. Wahr, wahr! O rettet Euch!
Mortimer. Sie ist ermordet,
Und auf den Thron von England steigt Maria!
Okelly. Ermordet! Wer sagt das?
Mortimer. Ihr selbst!
Okelly. Sie lebt!
Und ich und Ihr, wir alle sind des Todes.
Mortimer. Sie lebt!
Okelly. Der Stoß ging fehl, der Mantel fing ihn auf
Und Shrewsbury entwaffnete den Mörder.
Mortimer. Sie lebt!
Okelly. Lebt, um uns alle zu verderben!
Kommt, man umzingelt schon den Park.
Mortimer. Wer hat
Das Rasende getan?
Okelly. Der Barnabit
Aus Toulon war’s, den Ihr in der Kapelle
Tiefsinnig sitzen saht, als uns der Mönch
Das Anathem ausdeutete, worin
Der Papst die Königin mit dem Fluch belegt.
Das Nächste, Kürzeste wollt’ er ergreifen,
Mit einem kecken Streich die Kirche Gottes
Befrein, die Martyrkrone sich erwerben;
Dem Priester nur vertraut’ er seine Tat,
Und auf dem Londner Weg ward sie vollbracht.
Mortimer (nach einem langen Stillschweigen).
Oh, dich verfolgt ein grimmig wütend Schicksal,
Unglückliche! Jetzt – ja, jetzt mußt du sterben,
Dein Engel selbst bereitet deinen Fall.
Okelly. Sagt! Wohin wendet Ihr die Flucht? Ich gehe,
Mich in des Nordens Wäldern zu verbergen.
Mortimer. Flieht hin, und Gott geleite Eure Flucht!
Ich bleibe. Noch versuch ich’s, sie zu retten,
Wo nicht, auf ihrem Sarge mir zu betten.
(Gehen ab zu verschiedenen Seiten.)
Inhaltsverzeichnis
Davison, gleich darauf Burleigh.
Davison. Sie geht! Sie läßt mich ratlos, zweifelnd stehn
Mit diesem fürchterlichen Blatt – Was tu ich?
Soll ich’s bewahren? Soll ich’s übergeben?
(Zu Burleigh, der hereintritt.)
O gut! gut, daß Ihr kommt, Mylord! Ihr seid’s,
Der mich in dieses Staatsamt eingeführt!
Befreit mich davon. Ich übernahm es,
Unkundig seiner Rechenschaft! Laßt mich
Zurückgehn in die Dunkelheit, wo Ihr
Mich fandet, ich gehöre nicht auf diesen Platz –
Burleigh. Was ist Euch, Sir? Faßt Euch. Wo ist das Urteil?
Die Königin ließ Euch rufen.
Davison. Sie verließ mich
In heft’gem Zorn. O ratet mir! Helft mir!
Reißt mich aus dieser Höllenangst des Zweifels.
Hier ist das Urteil – Es ist unterschrieben.
Burleigh (hastig).
Ist es? O gebt! Gebt her!
Davison. Ich darf nicht.
Burleigh. Was?
Davison. Sie hat mir Ihren Wunsch noch nicht deutlich – Burleigh. Nicht deutlich! Sie hat unterschrieben. Gebt!
Davison. Ich soll’s vollziehen lassen – soll es nicht
Vollziehen lassen – Gott! Weiß ich, was ich soll?
Burleigh (heftiger dringend).
Gleich, augenblicks sollt Ihr’s vollziehen lassen.
Gebt her! Ihr seid verloren, wenn Ihr säumt.
Davison. Ich bin verloren, wenn ich’s übereile.
Burleigh. Ihr seid ein Tor, Ihr seid von Sinnen! Gebt!
(Er entreißt ihm die Schrift und eilt damit ab.) Davison (ihm nacheilend).
Was macht Ihr? Bleibt! Ihr stürzt mich ins Verderben.
Inhaltsverzeichnis
Die Vorigen. Burleighm, zuletzt Kent.
Burleigh (beugt ein Knie vor der Königin).
Lang lebe meine königliche Frau,
Und mögen alle Feinde dieser Insel
Wie diese Stuart enden!
(Shrewsbury verhüllt sein Gesicht, Davison ringt verzweiflungsvoll die Hände.)
Elisabeth. Redet, Lord!
Habt Ihr den tödlichen von mir
Empfangen?
Burleigh. Nein, Gebieterin! Ich empfing ihn
Von Davison.
Elisabeth. Hat Davison ihn Euch
In meinem Namen übergeben?
Burleigh. Nein!
Das hat er nicht –
Elisabeth. Und Ihr vollstrecktet ihn,
Rasch, ohne meinen Willen erst zu wissen?
Das Urteil war gerecht, die Welt kann uns
Nicht tadeln, aber Euch gebührte nicht,
Der Milde unsres Herzens vorzugreifen –
Drum seid verbannt von unserm Angesicht!
(Zu Davison.)
Ein strengeres Gericht erwartet Euch,
Der seine Vollmacht frevelnd überschritten,
Ein heilig anvertrautes Pfand veruntreut.
Man führ’ ihn nach dem Tower, es ist mein Wille,
Daß man auf Leib und Leben ihn verklage.
– Mein edler Talbot! Euch allein hab ich
Gerecht erfunden unter meinen Räten,
Ihr sollt fortan mein Führer sein, mein Freund –
Shrewsbury. Verbanne deine treusten Freunde nicht,
Wirf sie nicht ins Gefängnis, die für dich
Gehandelt haben, die jetzt für dich schweigen.
– Mir aber, große Königin, erlaube,
Daß ich das Siegel, das du mir zwölf Jahre
Vertraut, zurück in deine Hände gebe.
Elisabeth (betroffen).
Nein Shrewsbury! Ihr werdet mich jetzt nicht
Verlassen, jetzt –
Shrewsbury. Verzeih, ich bin zu alt,
Und diese grade Hand, sie ist zu starr,
Um deine neuen Taten zu versiegeln.
Elisabeth. Verlassen wollte mich der Mann, der mir
Das Leben rettete?
Shrewsbury. Ich habe wenig
Getan – Ich habe deinen edlern Teil
nicht retten können. Lebe, herrsche glücklich!
Die Gegnerin ist tot. Du hast von nun an
Nichts mehr zu fürchten, brauchst nichts mehr zu
achten. (Geht ab.)
Elisabeth (zum Grafen Kent, der hereintritt).
Graf Leicester komme her!
Kent. Der Lord läßt sich
Entschuldigen, er ist zu Schiff nach Frankreich.
(Sie bezwingt sich und steht mit ruhiger Fassung da. Der Vorhang fällt.)
Inhaltsverzeichnis
Im Schloß zu Fotheringhay. – Ein Zimmer.