Kennzahlen werden – besonders wenn sie Positives darlegen – immer wieder gerne eingesetzt: für interne Besprechungen, für externe Termine mit Banken und Investoren, auf Konferenzen oder in Geschäftsberichten. Kennzahlen bringen die wirtschaftliche und technische Situation von Unternehmen auf den Punkt und zeigen sowohl die Stärken als auch die Schwächen.
Wenn sich Literatur mit dem Thema „betriebliche Kennzahlen“ beschäftigt, handelt es sich häufig um komplexe Werke. Da bleibt im Berufsalltag kaum Zeit, diese Informationen zu lesen und zu verarbeiten. Dieses kompakte Buch habe ich für alle geschrieben, die Kennzahlen einsetzen und deren Zeit knapp ist: Praktiker, die sich einen Überblick verschaffen möchten, und Experten, die nur kurz nachschlagen möchten, um ihr Wissen aufzufrischen. Auch Studenten finden eine für ihr Studium wichtige Zusammenfassung der wichtigsten Kennziffern.
Der Vorteil dieses kompakten Formats: Es findet in jeder Tasche Platz und begleitet Sie überall, beispielsweise während einer Reise im Zug oder Flugzeug.
Die gewünschte Information finden Sie schnell: Die Gliederung entspricht betrieblichen Bereichen, sodass jeder Leser direkt in seinem Ressort einsteigen kann, ganz gleich ob er als Einkäufer, Mitarbeiter im Rechnungswesen oder im Produktionsbereich tätig ist.
Bleibt mir nur noch, Ihnen viel Spaß und viel Erfolg mit Ihrer neuen Lektüre zu wünschen.
Susanne Kowalski
Was sind eigentlich betriebliche Kennzahlen und wem nützen sie? Ist das Zusammenstellen von Kennziffern eine lästige Pflicht, oder bieten sie einen echten Mehrwert? Eignen sich Kennzahlen wirklich zur Beurteilung von Sachverhalten, oder reichen Kostenrechnung & Co. aus? Die Palette der Fragen kann beliebig erweitert werden. Eines jedoch bleibt stets gleich: Die meisten Fragen können nicht pauschal beantwortet werden.
Am besten lassen sich die Arbeit mit Kennzahlen und deren Nutzen anhand von Praxisbeispielen erklären. Steigen wir deshalb anhand von drei Praxisbeispielen in den Alltag von Unternehmen ein.
Praxisbeispiel 1
Die Liquiditätsdecke der Seibelt GmbH ist zurzeit dünn. Dabei ist die aktuelle Auftragslage gut. Auch was die künftigen Umsätze anbelangt, hat die Geschäftsführung allen Grund, optimistisch zu sein. Bei der Analyse der Unternehmenskennzahlen ergeben sich folgende Erkenntnisse:
Aus den Erkenntnissen werden folgende Konsequenzen gezogen:
Praxisbeispiel 2
Die Werner Hauser OHG stellt Zusatzteile für die Automobilindustrie her und ist seit Jahren in der Gewinnzone. Das Unternehmen beschäftigt aktuell 375 Mitarbeiter. Trotz der guten Auftragslage und der damit verbundenen sicheren Arbeitsplätze ist die Fluktuationsquote im Branchenvergleich hoch. In regelmäßigen Abständen geht dem Unternehmen dadurch Know-how verloren. Die Personalverantwortlichen haben Probleme, geeignete Fachkräfte einzustellen. Das vorhandene Personal ist häufig gezwungen, Überstunden zu leisten, um das Arbeitspensum zu schaffen.
Ein Branchenvergleich zeigt: Beim Pro-Kopf-Umsatz weist die Werner Hauser OHG die höchsten Werte aus, dagegen liegt sie mit dem Pro-Kopf-Einkommen je Mitarbeiter deutlich unter dem Durchschnitt. Wenn das Unternehmen dauerhaft zufriedene Arbeitnehmer beschäftigen will, müssen Löhne und Gehälter auf einem akzeptablen Niveau gezahlt werden. Kompensiert werden können die dadurch entstehenden 11Kosten durch wegfallende Überstunden und wegfallende Überstundenzuschläge sowie durch den Wegfall der nicht unerheblichen Kosten, die durch das Einstellen von Personal entstehen.
Praxisbeispiel 3
Die Firma Maier GmbH beschäftigt 72 Mitarbeiter und stellt Einbaumöbel her, die überwiegend an Endkunden veräußert werden. Seit Jahren führt die Vertriebsabteilung des Unternehmens ein Angebotsbuch, in dem alle erstellten Angebote erfasst werden. In einem Auftragsbuch werden alle eingehenden Aufträge vermerkt. Nachdem die Auftragslage rückläufig ist, stellt der Geschäftsführer des Unternehmens die Anzahl der Angebote der Anzahl der Aufträge für die letzten drei Jahre quartalsweise gegenüber. Er stellt dabei fest, dass die Zahl seit etwa einem Jahr rückläufig ist. Hatte die Quote „Aufträge im Vergleich zu Angeboten“ zuvor bei rund 52 % gelegen, ist sie heute mit 36 % deutlich niedriger.
Die Geschäftsführung geht der Sache auf den Grund: Vor einem Jahr schied Herr Müller, der für das Erstellen der Angebote zuständig war, aus Altersgründen aus dem Unternehmen aus. Herr Müller fasste bei allen von ihm erstellten Angeboten, für die er innerhalb von zehn Tagen keinen Auftrag erhalten hatte, telefonisch beim Kunden nach. In diesen Gesprächen konnte er oftmals Unklarheiten ausräumen oder preislich attraktive Änderungen anbieten.
Das blieb nicht ohne Erfolg: Aufträge, die vermutlich an die Konkurrenz gegangen wären, konnte er auf diese Weise für die Maier GmbH einholen.
Die Geschäftsführung des Unternehmens konnte mithilfe der Kennzahlen den Rückgang ausmachen und eine darauf basierende Ursachenforschung betreiben. Der Nachfolger 12von Herrn Müller muss künftig ebenfalls das Gespräch mit dem Kunden suchen und wird entsprechend geschult.
Betriebliche Kennziffern basieren auf betrieblichen Daten bzw. Zahlen aus dem betrieblichen Umfeld. Sie dienen der Steuerung des Unternehmens und geben als eine Art Messlatte Auskunft darüber, ob Ziele erfüllt wurden oder nicht. Mit ihrer Hilfe lassen sich inner- und zwischenbetriebliche Vergleiche durchführen, Zusammenhänge erklären und das Betriebsergebnis kontrollieren. Anders ausgedrückt: Kennzahlen bringen die wirtschaftliche und technische Situation eines Unternehmens auf den Punkt und zeigen dessen Stärken und Schwächen. Damit dürfte eines klar sein: Kennzahlen haben durchaus eine Daseinsberechtigung.
Kennzahlen werden – besonders wenn sie Positives darlegen – immer wieder gerne eingesetzt: ganz gleich ob für interne Besprechungen, für externe Termine mit Banken und Investoren, auf Konferenzen oder in Geschäftsberichten.
Kennzahlen zeigen schnell und prägnant:
Beispiel: Erfolg und Misserfolg
Mit Aussagen wie „Unser Gewinn betrug im vergangenen Jahr 7 Mio. EUR. Das entspricht einer Eigenkapitalrentabilität von 12 %. Damit konnte die Rentabilität des vergangenen 13Jahres noch einmal um 3,5 Punkte verbessert werden“ bringen Kennzahlen Fakten auf den Punkt. Es wird ganz deutlich: Hier wurde erfolgreich gearbeitet!
Beispiel: Auffälligkeiten und Veränderungen
Die Personalfluktuation betrug im vergangenen Jahr 12 %. Dieser Wert ist damit dreimal so hoch wie in den vergangenen Jahren. Diese Veränderung zeigt, dass hier etwas im Argen liegt, dem nachgegangen werden muss.
Beispiel: Einzelinformationen
Die Liquidität ersten Grades liegt bei 20 %. Diese Zahl sagt aus: Die Liquiditätsdecke ist dünn. Dazu später mehr.
Einsatzgebiete
Das Einsatzgebiet von Kennzahlen ist vielschichtig: Marktanteile, Werbeerfolge, Zusammenhänge zwischen Kosten und Erlösen, Liquidität, Personalzusammensetzung und vieles mehr können als Kennzahlen dargestellt werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Arbeit mit Kennzahlen ist die Zieldefinition. Kennziffern können eine Messlatte sein. Sie stellen damit ein wichtiges Instrument zur Steuerung und Führung eines Unternehmens dar. Kennzahlen können also ein Ziel definieren, das es zu erreichen gilt. Im Rahmen dieser 14Zieldefinition geht es nicht um Absichten oder Visionen, sondern um klare Vorstellungen.
Ein Beispiel aus dem Alltag:
Ein Übergewichtiger hat den Wunsch, schlank zu werden. Das Ziel lautet: Innerhalb von neun Monaten specke ich 15 kg ab.
Ein Beispiel aus der Unternehmenspraxis:
Der Geschäftsführer hat die Vision, dass die Mitarbeiter des Unternehmens mit Ihrem Arbeitsplatz und den Arbeitsbedingungen zufrieden sein sollen. Das Ziel lautet: Bei der Mitarbeiterbefragung im kommenden Jahr sind 95 % der Beschäftigten zufrieden.
So sollen Ziele aussehen
Beide Ziele sind nachprüfbar bzw. messbar: Die Nachprüfbarkeit ist ein wichtiges Kriterium, das ein Ziel erfüllen sollte. Darüber hinaus sollte ein Ziel erreichbar – also realistisch – sein.
Wichtig außerdem: Das Ziel muss eindeutig formuliert werden. Hier kommen die Kennzahlen ins Spiel: Mithilfe von Kennziffern lassen sich Ziele konkret definieren und vor allem messbar machen.
Unternehmensbeispiele:
„Unser Ziel war eine Eigenkapitalrentabilität von 15 %. Dieses Ziel konnte mit 12,5 % nicht realisiert werden.“ Oder: „Wir haben eine Frauenquote von 40 % angestrebt. Mit 41 % liegen wir knapp über der Vorgabe.“
Eine Vielzahl an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, die in irgendeiner Form miteinander verknüpft sind, wird als Kennzahlensystem bezeichnet. Die Verknüpfung ermöglicht es, dass umfassend über bestimmte Sachverhalte informiert werden kann. Kennzahlen werden in diesem Zusammenhang als Informationssystem eingesetzt, darüber hinaus sollen sie die Verantwortlichen bei der Planung, Kontrolle und Steuerung eines Betriebs unterstützen.
Geschichtliches
Bereits 1919 wurde das erste Kennzahlensystem, das Du-Pont-Schema, angewendet. Es gilt als Grundsystem der Kennzahlensysteme, da es die Basis zahlreicher Kennzahlensysteme bildet.
Einzelne Kennzahlen haben für sich betrachtet in der Regel nur eine begrenzte Aussagekraft. Deshalb sollten Kennzahlen nicht isoliert betrachtet werden. Möchte man einen Sachverhalt mithilfe von Kennzahlen beurteilen, müssen häufig weitere Informationen, Erkenntnisse und weitere Kennzahlen herangezogen werden. Wenn ergänzende und gegenseitig abhängige Kennzahlen in einem System zusammengefasst werden, steigt die Aussagefähigkeit. Auf diese Weise werden die Kennzahlen zu einem wirklich effektiven Hilfsmittel. Gute Dienste leisten sie unter anderem bei der 16Vorbereitung von Entscheidungen, beim Aufzeigen von Problemen sowie bei Soll-/Ist-Vergleichen, egal ob als Kosten- oder Zeitvergleich.
Die Kennzahlen eines Kennzahlensystems können auf unterschiedliche Art zueinander in Beziehung stehen:
Eine logische Beziehung ergibt sich auf der Basis mathematisch-logischer Zusammenhänge (z. B. mehr Personal verursacht höhere Personalkosten).
Empirische Beziehungen kristallisieren sich in erster Linie durch Analysen heraus (z. B. die Mitarbeiterzufriedenheit wirkt sich positiv auf den Erfolg – sprich den Gewinn – des Unternehmens aus).
Bei hierarchischen Beziehungen lassen sich Kennzahlen in eine bestimmte Rangfolge bringen (z. B. Liquidität 1. Grades, 2. Grades, 3. Grades).
Ganz gleich wie umfangreich ein Kennzahlensystem ist oder auf welchem Bereich der Schwerpunkt liegt, folgenden Anforderungen sollte jedes Kennzahlensystem gerecht werden: