Ein Ratgeber zum Mietrecht für Vermieter – ungewöhnlich? Ja und nein: Nein, weil das Mietrecht natürlich für Vermieter und Mieter gleichermaßen gilt. Ja, weil gerade in der Ratgeberliteratur der Vermieter häufig nur am Rande vorkommt. Tipps und oft genug auch Tricks richten sich in der Regel an den Mieter. So ist es gut und richtig, dass es in diesem Ratgeber anders ist.
Das Mietrecht ist durch die Rechtsprechung, die immer mehr Einzelfälle regelt und sich zwischendurch gerne auch einmal grundsätzlich ändert, einer ständigen Weiterentwicklung unterworfen. Zusätzlich ist der Gesetzgeber aktiv, ändert Gesetze oder führt sie ganz neu ein. Die unterschiedlichsten Maßnahmen zur
Genau hier setzt der Ratgeber an. Systematisch orientiert er sich am Ablauf des Mietverhältnisses und erläutert ausführlich die auftretenden Fragen. Dabei bleibt er nicht an der Oberfläche, sondern beantwortet die Fragen, die sich dem Praktiker häufig stellen und die auch nach der Lektüre vieler Fachbücher oft noch bleiben. Dazu greift Mersson diese speziellen Fragen in Beispielen auf und löst sie eindeutig und nachvollziehbar. Hier zeigt sich, dass der Autor aus seiner langjährigen Richtertätigkeit genau weiß, wo die Knackpunkte liegen. Darin liegt auch der Unterschied zu den Ratgebern, die aus der Sicht der Mieter verfasst sind. Denn die Tipps und Erläuterungen sind aus der Sicht des Vermieters geschrieben, so dass der Vermieter auch wirklich Antworten auf die Fragen findet, die in der täglichen Vermieterpraxis auftreten.
Der Ratgeber behandelt alle Stadien des Mietverhältnisses – von der Mietersuche bis zur Rückgabe des Mietobjekts. Der Vermieter findet auch Antwort auf Probleme, die sich aus den aktuellen Gesetzesänderungen ergeben, etwa aus der „Mietpreisbremse“. Checklisten, VIVertragsmuster und Formulare bieten zusätzliche praktische Hilfen, die den Vermieteralltag erleichtern.
Und doch: Stehen Vermieter vor weitergehenden Fragen oder ist unklar, ob der eigene Fall tatsächlich dem beschriebenen Beispiel entspricht, dann gibt es Verbände, die Immobilieneigentümer und Vermieter vertreten und beraten. Sie sind ganz in Ihrer Nähe: Haus & Grund Bayern ist der größte Landesverband der insgesamt 22 Landesverbände umfassenden Haus & Grund Organisation. Mit 105 Ortsvereinen sind wir bayernweit zu finden und vertreten die Interessen der über 140.000 bei uns organisierten Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer. Die Beratung unserer Mitglieder ist unsere Leidenschaft und steht im Mittelpunkt unserer Arbeit. Mindestens genauso wichtig wie die Beratung unserer Mitglieder ist für uns die Vertretung Ihrer Interessen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Und das schaffen wir durch unsere dreigliedrige Organisation: die Ortsvereine in den Städten und Gemeinden, die Landesverbände in den Bundesländern und der Bundesverband auf der Bundesebene. Haus & Grund Bayern ist dazu gut aufgestellt. Wir vertreten schlagkräftig Ihre Interessen im Freistaat Bayern. Und wenn nach der Lektüre des Ratgebers weitere Fragen auftreten oder Sie Ihre Probleme nicht alleine lösen wollen, finden Sie die notwendige Hilfe in einem unserer Ortsvereine auch in Ihrer Nähe.
Dr. Ulrike Kirchhoff
Vorstand Haus & Grund Bayern
Landesverband der privaten Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V.
a.A. |
anderer Ansicht |
a.F. |
alter Fassung |
AFWoG |
Gesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen |
AG |
Amtsgericht |
AGBG |
Gesetz zur Regelung des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen |
AGG |
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz |
AO |
Abgabenordnung |
Az. |
Aktenzeichen |
BayObLG |
Bayerisches Oberstes Landesgericht |
b.b. |
bereits benannt |
BetrKV |
Betriebskostenverordnung |
BGB |
Bürgerliches Gesetzbuch |
BGBl |
Bundesgesetzblatt |
BGH |
Bundesgerichtshof |
BGHZ |
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen |
BV(BVO) |
Berechnungsverordnung |
BVerfG |
Bundesverfassungsgericht |
d.h. |
das heißt |
DWW |
Deutsche Wohnungswirtschaft (Zeitschrift) |
EGBGB |
Einführungsgesetz zum BGB |
EnEV |
Energieeinsparverordnung |
EStG |
Einkommensteuergesetz |
f./ff. |
(fort)folgende |
Fn. |
Fußnote |
GE |
Das Grundeigentum (Zeitschrift) |
GG |
Grundgesetz |
ggf. |
gegebenenfalls |
GKG |
Gerichtskostengesetz |
HeizkVO |
Heizkostenverordnung |
XXi.d.R. |
in der Regel |
i.S.d. |
im Sinne des |
i.V.m. |
in Verbindung mit |
JMBl NW |
JustizMinisterialblatt Nordrhein-Westfalen |
KG |
Kammergericht |
LG |
Landgericht |
LPartG |
Lebenspartnerschaftsgesetz |
MDR |
Monatsschrift für Deutsches Recht |
MHG |
Gesetz zur Regelung der Miethöhe |
MietÄndG |
Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften |
MüKo |
Münchner Kommentar |
ModEnG |
Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz |
MwSt |
Mehrwertsteuer |
NJW |
Neue Juristische Wochenschrift |
NJW-RR |
NJW-Rechtsprechungsreport |
NMV |
Neubaumietenverordnung |
NZM |
Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht |
OLG |
Oberlandesgericht |
Rn. |
Randnummer |
S. |
Satz |
s.o. |
siehe oben |
StGB |
Strafgesetzbuch |
s.u. |
siehe unten |
u.a. |
unter anderem |
vgl. |
vergleiche |
WEG |
Wohnungseigentumsgesetz |
WiStG |
Wirtschaftsstrafgesetz |
WoBindG |
Wohnungsbindungsgesetz |
WoFIV |
Wohnflächenverordnung |
WoVermG |
Wohnungsvermittlungsgesetz |
WuM |
Wohnungswirtschaft und Mietrecht |
z.B. |
zum Beispiel |
ZGB |
Zivilgesetzbuch |
XXIZMR |
Zeitschrift für Miet- und Raumrecht |
ZPO |
Zivilprozessordnung |
zzgl. |
zuzüglich |
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Mietrechtsratgeber gibt es viele. Ebenso oft fühlt sich der Vermieter darin nicht genügend vertreten. Viele Mietrechtsratgeber sind Bücher, die überwiegend für Mieter geschrieben worden sind. Dies kommt auch in einigen Fällen unmittelbar im Titel zum Ausdruck. Das vorliegende Werk will dagegen dem Vermieter konkrete Hilfestellungen geben. Dazu dienen nicht nur die Darstellung des Mietrechts für Vermieter, sondern insbesondere auch Mustertexte für den Vermieteralltag, bestehend aus sofort einsetzbaren Briefen, Formularen, Checklisten, Abrechnungsbeispielen, Verträgen und Klagen.
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Das „soziale“ Mietrecht in Deutschland ist durch ein gesetzlich unausgewogenes Übergewicht der Mieterrechte und leider auch durch eine manchmal einseitige Betonung der Mieterrechte in der Rechtsprechung längst vom Mietrecht zu einem Recht der Mieter geworden. In der Presse fühlt sich der Vermieter mit seinen Belangen und Sorgen oft unverstanden oder unterrepräsentiert. Urteile, die die Rechte der Mieter „stärken“, werden manchmal so verkürzt wiedergegeben, dass sie zu Missverständnissen und ggf. Streit und Prozessen 2führen können. Tipps und Tricks in diversen Publikationen befassen sich damit, wie man die Miete mindert. Wie man die Miete erhöht, wird eher selten behandelt. Von den hohen Belastungen der Mieterhaushalte durch die Mieten ist oft die Rede. Von den vielen „kleinen“ Vermietern, die oft unter Verzicht auf persönliche Lebensqualität stattdessen Geld, Zeit und Nerven in den Bau eines – von ihnen oft selbst mitbewohnten – Mehrfamilienhauses gesteckt haben, redet niemand. Es wird auch vielfach übersehen, dass die beklagten hohen „Mieten“ zu einem nicht unerheblichen Teil auf Betriebskosten zurückzuführen sind, die ständig und gerade in den letzten Jahren viel schneller steigen als die Kaltmieten.
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Hinzu kommt, dass in den letzten Jahren das Klima zwischen Mietern und Vermietern angespannter geworden ist. Der Gesetzgeber hat durch die Modernisierungsmieterhöhung Anreize zur Erreichung der Klimaziele und Verbesserung der Wohnqualität, aber auch zur Erhöhung der Miete geschaffen. Es ist nicht zu leugnen, dass diese Anreize von einigen Investoren auf dem Kapitalmarkt exzessiv genutzt werden. Alteingesessene Mieter sehen sich plötzlich hohen Mieterhöhungen gegenüber, das böse Wort vom „Herausmodernisieren“ macht die Runde. Die Presse „stürzt“ sich auf solche Fälle. Bedauerlicherweise wird dabei vielfach pauschaliert „der Vermieter“ an den Pranger gestellt, ohne zu sehen, dass diese Ausnahmen die Bestätigung der Regel – des redlichen Vermieters – sind.
Nicht zu leugnen ist ferner, dass vor allem in besonders gefragten Großstädten der Wohnraum knapp ist und die Mieten steigen. Mieter weisen auch hier die Schuld an der Misere oft (vor)schnell dem Vermieter zu. Die Politik überschlägt sich mit populistischen Lösungsansätzen bis hin zur Kriminalisierung des Vermieters. Die Begründung des Regierungsentwurfs zum durch das Mietrechtsanpassungsgesetz ab 1. Januar 2019 eingefügten Ordnungswidrigkeitentatbestand (§ 6 WiStG) bedient sich einer z.T. erschreckenden Wortwahl. All diesen teilweise „mit der heißen Nadel“ genähten Maßnahmen ist allerdings eines gemein: Sie schaffen keine neuen Rahmenbedingungen und insb. keinen neuen Wohnraum und sind daher a priori gar nicht in der Lage, das Problem zu lösen. Hier bedürfte es anderer Lösungen (Ausweisung von Bauland, schnellere 3Genehmigungsverfahren, Entschlackung des Baurechts, Verkauf von kommunalem Land kleinteilig parzelliert an einzelne statt an wenige Großinvestoren, steuerliche Anreize usw.). Leider ist so mit der Zeit ein Klima entstanden, in dem man die Tatsache, dass man Vermieter ist, oftmals nur noch ganz leise zu erwähnen wagt.
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Auswüchse dieses Klimas sind vielfältig. Dabei muss man sich auf jeden Fall vor Verallgemeinerungen hüten, denn die Durchsetzung berechtigter Interessen steht dem Mieter genauso zu wie dem Vermieter. In einigen Fällen allerdings erscheint die Ausgewogenheit fraglich. Vermieterseits ggf. als misslich empfundene Punkte sind z.B.:
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Oft erfährt der Vermieter erst durch einen Blick auf seinen Kontoauszug davon, dass ein Mieter der Ansicht ist, es läge ein Mangel der Wohnung vor. Auf Rückfrage tritt dann manchmal der Irrglaube zutage, dass der Mieter meint, zwischen Mietminderung und Zulassen der Reparatur wählen zu können (und sich lieber für die Mietminderung entscheidet). Wenn die vom Vermieter beauftragten Handwerker zur Mängelbeseitigung kommen, ist ggf. der Mieter dann trotz Terminankündigung nicht anzutreffen.
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Der Vermieter erhält am Sonntag folgenden Anruf: „Seit Montag letzter Woche schon läuft die Toilettenspülung durch. So kann das nicht weitergehen. Das muss jetzt aber sofort repariert werden.“ Es mag ja sein, dass der Mieter jetzt am Wochenende zu Hause ist und Zeit für die Handwerker hat, aber diese würden den Vermieter mit dem üblichen Stundensatzzuschlag für Notreparaturen außerhalb der üblichen Geschäftszeiten belasten.
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Wenn ein Vermieter wegen der Mietminderung auf Zahlung der Miete klagt, geschieht dies meistens mit vollem Kostenrisiko. Die 4wenigsten Vermieter haben insoweit eine Rechtsschutzversicherung , da das Vermieterrisiko im Rechtsschutz teuer gesondert zu versichern ist. Ein Mieter dagegen hat in aller Regel eine Rechtsschutzversicherung, in der das Mieterrisiko enthalten ist.
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Durch die Bestimmungen zur Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete ist die Mietpreisfindung praktisch unter eine Mietpreisbindung gestellt worden. Während in anderen Wirtschaftszweigen der Investor marktwirtschaftlich seine Investitionskosten plus eine Gewinnmarge als Preis kalkulieren kann, ist das im Mietrecht weitestgehend unmöglich. Es gelten starre Werte, z.B. Mietspiegel, die über die Höhe der Investitionen überhaupt nichts aussagen.1
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Das Recht der Mieterhöhungen ist so kompliziert, dass mancher Vermieter oft bereits in den Fallstricken aus Formalien und Fristen hängen bleibt.
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Die Gerichte machen sich immer wieder Gedanken darüber, in welchem Umfang dem Mieter Schönheitsreparaturen während des laufenden Mietverhältnisses sowie Renovierungspflichten bei Auszug vertraglich aufgegeben werden dürfen: Während es in der Sache selbst letztlich sinnvoll wäre, dass jeder Mieter bei Einzug nach seinem Geschmack renoviert und bei Auszug die Mietwohnung unrenoviert verlassen kann, sieht die Wirklichkeit ganz anders aus. Für den Vermieter ergibt sich, vertragliche Regelungen hin oder her, oft die tatsächliche Situation: Der Mieter übernimmt die Wohnung frisch renoviert, und er verlässt sie frisch ruiniert.
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Wenn ein Mieter seine Miete nicht mehr bezahlt, kann der Vermieter nicht etwa wie ein Lieferant seine Warenlieferungen einfach einstellen. Da der Mieter „drin“ ist, erbringt der Vermieter seine Leistungen 5wohl oder übel weiter, ohne eine entsprechende Gegenleistung zu erhalten. Der Vermieter muss dann wegen des Mietrückstands auf Räumung klagen. Sodann muss die Klage zugestellt werden. Bis zum Termin vergehen Wochen, gar Monate. Wenn der Mieter Berufung gegen das Urteil einlegt, dauert es noch viel länger, bis ein Räumungsurteil vorliegt. Zudem erhält der Mieter oft vom Gericht zur Vermeidung von Obdachlosigkeit großzügige Räumungsfristen. Bis dann schließlich der Gerichtsvollzieher kommt, vergeht weitere Zeit. Anschließend muss dann die im besten Fall nur abgewohnte, oftmals aber leider regelrecht beschädigte Wohnung erst wieder in einen vermietbaren Zustand gebracht werden. Dazu kommen die Kosten durch den hohen Streitwert einer Räumungsklage2 und die Tatsache, dass der Vermieter für alles (Gericht, Anwälte, Gerichtsvollzieher usw.) Vorschüsse leisten muss, die er danach meist beim Mieter nicht mehr realisieren kann. Dies trifft vor allem Vermieter, die – ggf. zur Aufbesserung ihrer Rente – nur über eine vermietete Eigentumswohnung verfügen.
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Die auf die Wohnung entfallenden anteiligen Betriebskosten , z.B. die Grundschuldbelastungen und Versicherungen, laufen während dieser Zeit natürlich weiter. Zusätzlich ist misslich, dass der Vermieter in diesem Fall auch das Inkassorisiko für die Versorgungsträger übernimmt. Denn Vertragspartner des (z.B.) Wasserlieferanten ist in aller Regel der Vermieter, auch wenn das Wasser vom Mieter verbraucht und dem Vermieter nicht erstattet wird.
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Das am 1. Mai 2013 in Kraft getretene Mietrechtsänderungsgesetz enthält Regelungen, die den Räumungsprozess beschleunigen, die Zwangsräumung erleichtern und auch die Räumungskosten senken sollen.3 Der vielversprechende Ansatz birgt jedoch einige Tücken im Detail, wirklich „einfach“ kann der deutsche Gesetzgeber nicht ….
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Ein teures Ärgernis sind Menschen, die unter dem ausgeprägten Mieterschutz von Wohnung zu Wohnung ziehen, ohne jemals Miete zu bezahlen, und jeweils so lange wohnen, bis die Zwangsräumung bevorsteht. Zwar besteht hier unter bestimmten Voraussetzungen für den Vermieter die Möglichkeit einer Strafanzeige wegen (Einmiete-)6Betrugs gem. § 263 StGB, aber damit erlangt der Vermieter auch nicht die ihm zustehende Miete. Die Auswüchse dieser vielfach als „Mietnomadentum“ bezeichneten Erscheinung gehen so weit, dass mancher Vermieter so froh ist, einen solchen Mieter loszuwerden, dass er ihm auch noch die Möbel in die neue Wohnung liefern lässt, nur damit die alte Wohnung leer und damit wieder vermietbar wird.
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Die oben genannten Beispiele ließen sich fortsetzen. Der Vermieter ist in diesen Fällen umso besser gewappnet, je mehr er seine Rechte kennt. Dabei soll dieser Vermieterleitfaden helfen.
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In diesem Teil finden Sie in systematischer, d.h. nach Themen geordneter Form eine Einführung in die Grundzüge des Mietrechts. Die Darstellung folgt dabei dem Verlauf des Mietverhältnisses vom Schalten der Zeitungsannonce mit dem Wohnungsangebot bis zur Beendigung des Mietverhältnisses. Besonderes Gewicht bei der Darstellung wurde auf die Rechte des Vermieters gelegt. Neben der Darstellung der Rechtslage finden Sie auch praktische Hinweise für den Vermieteralltag. Wenn Sie den systematischen Teil einmal durchgelesen haben, verfügen Sie über ein solides Mietrechtswissen, das Ihnen manchen Ärger von vornherein ersparen kann.
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Es gibt zum Mietrecht eine sehr große Anzahl von Gerichtsentscheidungen und eine Fülle von Büchern und Fachaufsätzen. Dazu kommt, dass das Mietrecht nicht in einem einzigen Gesetz geregelt ist, sondern in mehreren Gesetzen und Verordnungen behandelt wird. Eine der wesentlichen Aufgaben einer Darstellung des Mietrechts 7besteht darin, das Wesentliche aus dem weniger Wichtigen herauszufiltern und auch bei der Behandlung der einzelnen Themen zu gewichten. Unter der Nennung der soundsovielten Ausnahme zur Ausnahme zur Ausnahme zur – endlich! – Regel darf die schließlich am meisten angewandte Regel nicht untergehen. Auch sind die einzelnen Bestimmungen des Mietrechts in der Praxis von unterschiedlicher tatsächlicher Bedeutung. Daher nehmen manche Themen einen breiteren Raum ein, andere werden dagegen knapper oder durch Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen behandelt.
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Besonders im Mietrecht ist vieles im Fluss. Immer wieder z.B. entscheiden Gerichte über die Gültigkeit von Klauseln in Formularmietverträgen, und immer wieder greift der Gesetzgeber in das längst nicht mehr „freie“ Mietvertragsrecht ein (s.o.). Und die Juristen schließlich sind sich in der Auslegung der Gesetze keineswegs immer einig. Dies kommt auch in einer kaum noch übersehbaren Fülle von gerichtlichen Entscheidungen zum Ausdruck, die bei vergleichbaren Sachverhalten durchaus schon mal zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie gerade im Mietrecht von Juristen zu einer Frage mehr als eine Antwort bekommen. Auch hier kommt es bei der Darstellung eines mietrechtlichen Themas im Sinne einer Gewichtung darauf an, nicht unter der Vielzahl der – selbst für Juristen oft schwer überschaubaren – Einzelfallentscheidungen die Grundzüge zuzuschütten.
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Es ist ein Anliegen des Autors, Ihnen die Angst vor dem Gesetz zu nehmen (d.h. hier vor seinen leider zu oft als kompliziert beurteilten Formulierungen). Daher finden Sie im systematischen Teil an einigen Stellen auch die jeweils einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zitiert. Dies soll Ihnen im Zusammenhang mit den Erläuterungen helfen, die Sprache des Gesetzes zu verstehen. Vieles erschließt sich leichter, wenn man einen Paragraphen nur langsam und Schritt für Schritt liest. Außerdem sei bereits an dieser Stelle auf die (auszugsweise) Wiedergabe von Gesetzestexten und Verordnungen im Anhang hingewiesen.
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Die Mustertexte sollen dem Vermieter konkrete Hilfestellungen geben. Dabei sind Standardsituationen des Vermieteralltags (z.B. Mieterhöhungen oder die Konfrontation mit Mietminderungen) ebenso erfasst wie seltenere Vorkommnisse (Wunsch des Mieters zur Untervermietung, Tierhaltung usw.).
Wichtig ist:
Jeder Text ist ein Vorschlag. Sie müssen ihn also ggf. für den von Ihnen zu regelnden Fall ergänzen, abändern usw. Die vorformulierten Texte sollen Ihnen helfen, aber nicht das eigene Nachdenken ersparen. Einige Anregungen für mögliche Alternativen sind in den Texten durch das /-Zeichen gekennzeichnet. Sie brauchen dann nur noch den jeweiligen zutreffenden Text auszuwählen und den unzutreffenden wegzulassen. Einfaches Beispiel: Herr/Frau.
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Die Musterbriefe für Vermieter sind zum Teil als „Rohlinge“ zum Ausfüllen, zum Teil als Beispiele formuliert. Diese können Sie dann ggf. für Ihren konkreten Fall abändern.
Vor den Briefen finden Sie ein Verzeichnis aller Briefe. Die Überschriften geben den zusammengefassten Inhalt des jeweiligen Briefes wieder.
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Die Formulare können Sie ggf. kopieren und ausfüllen. Vielleicht benutzen Sie ein Formular auch als Anregung zur Schaffung eines eigenen Formulars, das auf Ihre Immobilie(n) zugeschnitten ist.
Zu den Formulartexten finden Sie jeweils in Fußnoten eine kurze Beschreibung zum möglichen Einsatzzweck des jeweiligen Formulars.
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Die Verträge befassen sich nicht nur mit der Vermietung einer Wohnung, sondern auch mit dem, was damit zusammenhängt und am besten in einem schriftlichen Vertrag geregelt werden sollte, so z.B. Hausordnung, Vermietung von Garagen. Den Musterverträgen ist neben einem Verzeichnis eine kurze inhaltliche Beschreibung der sodann abgedruckten Verträge vorangestellt. Soweit Verträge ab einem bestimmten Punkt inhaltsgleich fortgesetzt werden, sind sie nicht jedes Mal komplett abgedruckt, sondern mit einem entsprechenden Hinweis versehen.
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Die Musterklagen sollen Ihnen für einfach gelagerte Fälle den schnellen Gang zum Gericht ermöglichen. Der Idealfall ist der, dass Sie diese Muster niemals brauchen. Vor den Texten mit Beschreibung der Klagen und weiteren Hinweisen für die Abfassung in den Fußnoten finden Sie ein Verzeichnis der Klagen.
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Der Anhang enthält für den Vermieter wichtige Gesetzestexte, u.a.:
Auszüge aus dem BGB, insb. §§ 535 bis 580a BGB (Miete)
das Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung (WoVermittG)
Anlage 3 zu § 27 II. Berechnungsverordnung
die Betriebskostenverordnung
die Wohnflächenverordnung.
Abgedruckt ist ferner ein Auszug aus der Begründung des Regierungsentwurfs zum am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Mietrechtsanpassungsgesetz.
Schließlich finden Sie im Anhang die Anmerkungen (Fußnoten) zu den hochgestellten Anmerkungsziffern im Text. Die Anmerkungen enthalten z.B. Fundstellen (zumeist Gerichtsentscheidungen) oder ergänzende bzw. weiterführende Hinweise.
10Das Sachverzeichnis am Ende des Vermieterleitfadens dient dem schnellen Auffinden von Themen.
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Der Vermieterleitfaden enthält im laufenden Text in Klammern gestellte oder in Fußnoten enthaltene Querverweise auf andere, im jeweiligen Zusammenhang zu beachtende Textstellen, Musterbriefe, Musterverträge usw. Auf diese wird jeweils anhand einer Buchstaben-/Zahlenkombination verwiesen, die auf die Randnummern im jeweiligen Teil des Buchs Bezug nehmen. So verweist z.B. „Rn. 1.7“ auf die Textstelle mit der Randnummer 7 im Kapitel „Einführung“ des Vermieterleitfadens, „Rn. 2.73“ auf die Textstelle mit der Randnummer 73 im „2. Kapitel. Systematischer Teil“, „Rn. 3.15“ auf den Mustertext mit der Randnummer 15 im „3. Kapitel Muster“.
1
Wie jeder Marktteilnehmer muss auch der Vermieter seine Wohnung zunächst einmal anbieten. Je knapper das Wohnungsangebot, desto unproblematischer ist dieser Teil des Vermietergeschäfts. Meist genügt dann – wenn man das klassische Zeitungsinserat wählt – schon eine kurze Anzeige in der Zeitung, z.B.: „DO-Kreuzv, 3 Zi KDB, ca. 80 qm, 520 + 60 BK, 2 MM Kaution, Tel. …“. Übersetzt heißt das dann: „Dortmund-Kreuzviertel, 3 Zimmer, Küche, Diele, Bad, ca. 80 qm, 520 EUR plus 60 EUR Betriebskostenvorauszahlung, 2 Monatsmieten Kaution, Tel. … .“. Statt „BK“ findet man auch oft die Abkürzung „NK“ für Nebenkosten. Zu Angaben bzgl. eines Energieausweises vgl. Rn. 2.27.
In Zeiten eines Wohnungsüberhangs kann es allerdings erforderlich sein, dass sich das Angebot aus der Masse anderer Angebote abhebt. In der Praxis führt das dazu, dass manche Vermieter meinen, z.B. durch Fettdruck, Einrahmung oder Platzierung oben in der Spalte der Tageszeitung ihre Chancen verbessern zu können. Dies erscheint allerdings zweifelhaft. Wohnungssuchende lesen ohnehin die ganze Zeitungsseite mit allen Angeboten und kreuzen die in Betracht kommenden Wohnungen unabhängig davon an, ob sie – vom Vermieter teuer bezahlt – in Fettdruck oder – preiswerter – in Normaldruck 12gehalten sind. Das Geld für eine optische Hervorhebung der Anzeige sollte daher besser in zusätzliche inhaltliche Angaben über die Wohnung investiert werden, z.B. eine zentrumsnahe oder grüne Lage, eine gerade erfolgte Renovierung des Bades usw. In größeren Städten gibt es neben den Tageszeitungen auch oft Anzeigenblätter, die ggf. nur in einigen Stadtteilen erscheinen. Annoncen dort sind in der Regel preiswert, ggf. sogar kostenlos, aber die Wahrnehmung der Anzeige durch Mietinteressenten entsprechend örtlich begrenzt.
2
Chiffre-Angebote bieten den Vorteil, dass man die Bewerbungen der Mieter in Ruhe prüfen und auswählen kann, ohne zunächst selbst in Erscheinung zu treten. Auch bieten Chiffre-Zuschriften eine gewisse Gewähr für ein wirklich ernsthaftes Interesse an dem Wohnungsangebot. Denn es ist eben aufwendiger, einen Brief an den zukünftigen Vermieter zu schreiben als mal eben zum Telefon zu greifen. Allerdings führen Chiffre-Angebote in Zeiten eines Wohnungsüberangebots möglicherweise dazu, dass die Zuschriften ausbleiben. Eine weitere Gefahr liegt bei Chiffre-Annoncen auch darin, dass ein Interessent, den man nach Sichtung der Zuschriften ausgewählt hat, längst über die telefonische Meldung bei einem anderen Vermieter eine Wohnung gefunden hat.
3
Vielfach kommt ein Mietvertrag durch die Vermittlungstätigkeit eines Maklers zustande. Hier gilt gem. § 2 Abs. 1a WoVermG4 das Bestellerprinzip: nur derjenige, der den Makler beauftragt, muss ihn auch bezahlen. Der Zahlungsanspruch besteht gem. § 2 Abs. 1 WoVermG aber nur, wenn infolge der Tätigkeit des Maklers auch tatsächlich ein Mietvertrag zustande kommt. Üblich – und von § 3 Abs. 2 WoVermG bei Beauftragung durch den Mieter maximal erlaubt – sind zwei Monatsmieten Maklergebühr (= Provision oder Courtage) zzgl. MwSt., gerechnet von der Kaltmiete ohne Betriebskostenvorauszahlung. Für eine Beauftragung des Maklers durch den Vermieter gilt diese betragsmäßige Beschränkung nicht. Einschränkungen für einen Aufwendungsersatzanspruch des Maklers gibt es 13in § 3 Abs. 3 WoVermG. Der Wohnungsvermittlungsvertrag mit dem Makler bedarf gem. § 2 Abs. 1 S. 2 WoVermG der Textform.5 Wegen weiterer Einzelheiten des Wohnungsvermittlungsvertrags wird auf den im Anhang6 abgedruckten Gesetzestext verwiesen.
4
Heutzutage ist das Internet „die“ Plattform für Wohnungsannoncen. Ein Wohnungsinserat im Internet empfiehlt sich besonders, wenn Sie bestimmte Zielgruppen ansprechen wollen, z.B. Studenten – hier gibt es auch kostenlose Annoncenplattformen –, die eher auf dieses Medium zurückgreifen als andere Bevölkerungsgruppen. Im Internet können Sie Wohnungen auch durch umfangreichere textliche Darstellung und ggf. auch durch die Beifügung von Fotos (wenn diese die möblierte und bewohnte Wohnung des gegenwärtigen Mieters zeigen, bedürfen Sie dessen Zustimmung, bevor Sie Fotos ins Internet stellen!) detaillierter beschreiben.
5
In Zeiten eines Überangebots an Wohnungen ist Einfallsreichtum gefragt. Verlassen Sie durchaus einmal die üblichen Wege der Präsentation Ihrer Wohnung am Markt und suchen Sie neue Ideen:
Gibt es in der Nähe Ihrer Wohnung vielleicht eine große Fabrik, eine Klinik, ein Behördengebäude? Dort finden Sie fast immer (z.B. im Kantinenbereich) ein schwarzes Brett. Hängen Sie dort ein Wohnungsangebot auf, am besten mit kleinen Abschnitten zum Abreißen, die Ihre Telefonnummer tragen.
Verfügt Ihre Wohnung über Besonderheiten, die Sie in Zeiten eines Wohnungsmangels bisher selber gar nicht so richtig beachtet haben? Etwa einen außergewöhnlich großen Kellerraum? Oder einen sonnigen Südbalkon? Einen wenn auch kleinen Garten in der grauen Innenstadt? Stellen Sie diese Besonderheiten heraus!
Haben Sie (möglicherweise ohnehin schon seit geraumer Zeit) Renovierungen oder Umbauten vor? Hieraus lässt sich zum Teil ein Vermietungsargument ableiten. Z.B. könnten Sie bei einer ohnehin geplanten Renovierung des Bades anbieten, dass der zukünftige 14Mieter bis zu einem Betrag von X EUR pro Quadratmeter sich die Fliesen selber aussuchen darf, damit das Bad dann später seinen persönlichen Wünschen entspricht.
Gibt es in der Nähe Ihrer Wohnung etwas, das gerade Ihre Wohnung interessant macht? Z.B. gute Parkmöglichkeiten in der Innenstadt, eine gute Verkehrsanbindung, gute Einkaufsmöglichkeiten, einen grünen Park „um die Ecke“?
6
Sie sollten sich auch nicht scheuen, den Mieter auf die Möglichkeit eines eventuellen Wohngeldanspruchs hinzuweisen.
Den müssen Sie nicht berechnen, aber der Mieter kann ihn beim zuständigen Amt für Wohnungswesen erfragen. Viele Mieter wissen davon tatsächlich nichts, halten sich fälschlicherweise aufgrund ihres Einkommens für nicht wohngeldberechtigt oder haben Hemmungen, „beim Amt um Hilfe zu bitten“. Hier wird verkannt, dass Wohngeld ein Anspruch, kein Almosen ist. Der Anspruch ist abhängig von mehreren Kriterien (u.a. Einkommen, ggf. nach Abzug bestimmter Belastungen, Zahl der Familienmitglieder, Zugehörigkeit der Gemeinde zu einer bestimmten Mietenstufe, Höhe der Miete). Es gibt darüber ein eigenes Gesetz, eben das Wohngeldgesetz. Es ist davon auszugehen, dass mehr Mieter einen Anspruch auf Wohngeld haben, als Mieter diese Zahlungen tatsächlich in Anspruch nehmen. Wohngeld wird als von den oben genannten Kriterien in der Höhe abhängiger Zuschuss zur Miete gewährt. Es braucht nicht zurückgezahlt zu werden, ist also kein Darlehen der öffentlichen Hand.
7
Ob bei einem Wohnungsüberangebot ein stetes Herabsetzen der Miete zum gewünschten Vermietungserfolg führt, erscheint dagegen zweifelhaft: Wenn ein und dieselbe Wohnung jede Woche in der Zeitung oder im Internet steht, und jede Woche etwas billiger als vorher, dann könnte beim Leser der Annoncen der Eindruck entstehen, dass mit der Wohnung etwas nicht stimmen kann. Wenn man über lange Zeit keinen Vermietungserfolg hat, sollte man besser eine Woche „Pause“ machen oder auf jeden Fall den Text der Anzeige ändern.
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15Erfahrungsgemäß bestimmt man über den Preis auch in gewisser Hinsicht den Kreis der Interessenten. D.h., wenn die Wohnung 7 EUR pro Quadratmeter kostet, kommen Interessenten, die sich 7 EUR leisten können und fragen nach dem Balkon, den die Wohnung nun einmal leider nicht hat. Wenn die Wohnung dann 5 EUR pro Quadratmeter kostet, kommen Interessenten, die sich 5 EUR pro Quadratmeter leisten können und fragen auch nach dem Balkon, den die Wohnung nun einmal leider nicht hat. Es ist noch nicht einmal gesagt, dass sich bei einer niedrigeren Miete in jedem Fall mehr Mietinteressenten melden als bei einer höheren. Selbstverständlich ist über den Preis irgendwann einmal der Punkt erreicht, an dem man eine Wohnung sicher vermietet. Aber das sollte, ohne dass es dazu näherer Begründung bedürfte, wohl wirklich der Weisheit letzter Schluss sein.
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Den richtigen Mieter zu finden, ist die schwierigste und wichtigste Aufgabe bei der Vermietung. Sie ist auch deswegen so bedeutsam, da der Vermieter wegen des geltenden ausgeprägten Mieterschutzes nach dem Vertragsschluss hinsichtlich seiner rechtlichen Möglichkeiten weitgehend abgedankt hat.
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Unterhalten Sie sich vor Vertragsschluss mit dem Mieter ausführlich. Dabei ist zunächst wichtig, dass Sie nicht aufgrund unterschiedlich verstandener Begriffe aneinander vorbeireden. Dies gilt vor allen Dingen für die Begriffe Miete, Warmmiete, Kaltmiete, Nettomiete, Bruttomiete, Inklusivmiete usw. Diese Begriffe werden oft unterschiedlich interpretiert.7 Stellen Sie also klar, wie Sie einen bestimmten Begriff verstehen. Sonst scheitert möglicherweise daran der spätere Vertragsschluss; jedenfalls ist späterer Ärger programmiert.
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Achten Sie darauf, dass Sie nicht nur Ihre Wohnung anpreisen (und damit weitgehend allein reden), sondern dass Sie den Mieter reden lassen und ihm tatsächlich auch zuhören. Das klingt selbstverständlich, 16tatsächlich laufen aber viele Gespräche anders ab. Gerade die Fähigkeit, dem anderen Teil wirklich zuzuhören (und dabei wichtige Informationen für das zukünftige Vertragsverhältnis aufzunehmen) geht zunehmend verloren. Versuchen Sie dabei, das Gespräch auf den beruflichen und ggf. auch den persönlichen Werdegang des Mieters zu lenken. So erfahren Sie, ob er z.B. schon oft den Arbeitsplatz gewechselt hat, schon oft von einer Stadt in eine andere versetzt wurde, oder ob er sich demnächst beruflich verbessern möchte. Wenn Sie als Vermieter nicht an einem Hotelbetrieb, sondern an einem langfristigen Mietverhältnis interessiert sind, dann ist das der falsche Mieter für Sie.
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Lenken Sie das Gespräch behutsam, aber vermeiden Sie dabei beim Mietinteressenten das Gefühl, dass er ausgefragt wird. Dabei muss man wissen, dass der Mieter manche Fragen nicht zu beantworten braucht. Grundsätzlich gilt: Sachbezogene, also im Zusammenhang mit dem abzuschließenden Mietvertrag und dem zukünftigen Mietverhältnis stehende Fragen muss der Mieter ehrlich beantworten. Zu den insoweit zulässigen Fragen gehören insbesondere solche, die die Bonität des Mieters betreffen – insb. Fragen nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen –8, denn es ist ein elementares Interesse des Vermieters, einen zahlungsfähigen Mieter zu bekommen. Fragen nach dem Arbeitgeber, der beruflichen Stellung und den Einkünften des Mieters sind daher zulässig.9 Zulässig sind auch Fragen nach der Person und Anschrift des Vorvermieters, der Dauer des vorangegangenen Mietverhältnisses und nach der Erfüllung der dortigen mietvertraglichen Pflichten.10 Hierbei hat der Vermieter ein berechtigtes Interesse, vor Abschluss des Mietverhältnisses zu erfahren, ob dem Mieter seine vorherige Wohnung gekündigt wurde und wenn ja, ob dies aus einem Grund erfolgte, der in der Sphäre des Mieters lag.11 Gefragt werden darf auch, ob der Mieter schon einmal die eidesstattliche Versicherung abgelegt hat („Offenbarungseid“), ob sein Arbeitseinkommen gepfändet ist oder sonstige Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn geführt werden12, ob bzgl. seiner Person ein Verbraucherinsolvenzverfahren läuft und ob er sich in geregelten finanziellen Verhältnissen befindet. Wenn der Mieter hier die Unwahrheit sagt (z.B. einen Arbeitsplatz und ein geregeltes 17Einkommen angibt, obwohl er in Wahrheit arbeitslos ist), kann er sich sogar strafbar machen (Einmietebetrug). Nach Ansicht des LG Bonn13 muss der Mieter auf ein über sein Vermögen eröffnetes Insolvenzverfahren und andere, die Entscheidung des Vermieters zu beeinflussen geeignete negative Umstände seiner Bonität sogar ungefragt hinweisen:
„… verbleibt es dabei, dass der Mietinteressent über ein gegen ihn eröffnetes und noch laufendes Insolvenzverfahren sowie die erheblichen Mietrückstände aus dem vorangegangenen Mietverhältnis und die dort erfolgte Verurteilung zur Räumung wegen Mietzinsrückständen ungefragt aufklären muss wegen der sich daraus ergebenden wesentlich erhöhten Gefahr für den Vermieter, seine Ansprüche im Falle der nicht freiwilligen Erfüllung endgültig nicht realisieren zu können… Es kommt auch nicht darauf an, ob und inwieweit der Vermieter sich vor Vertragsschluss anderweit Kenntnis verschaffen könnte; er muss darauf vertrauen können, dass der Mietinteressent über eine objektiv bestehende Gefährdungslage für Vermieteransprüche pflichtgemäß ungefragt aufklärt. Dabei geht es nicht etwa darum, ob diese Gefährdungslage die Kündigung eines bereits abgeschlossenen Mietvertrags rechtfertigen könnte, sondern darum, ob der Mietinteressent vor Abschluss eines solchen Vertrags verpflichtet ist, ungefragt hierüber aufzuklären, damit der potentielle Vermieter sich frei entscheiden kann, ob er gleichwohl den Vertrag abschließen will.“
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Diskriminierende oder unsachliche Fragen braucht der Mieter nicht zu beantworten (Beispiel: Gehören Sie dem Mieterverein an? Welche Partei wählen Sie?). Bei solchen Fragen darf der Mieter sogar eine falsche Antwort geben. Bei der Frage nach Vorstrafen ist zu differenzieren: Offenbaren muss der Mieter nur solche Vorstrafen, die Bezug zur Miete haben, also etwa eine Verurteilung wegen Einmietebetrugs. Eine Verurteilung etwa wegen Körperverletzung gehört nicht dazu; allerdings wird man bei mehreren solchen Verurteilungen darüber streiten können, ob man hier nicht dem Vermieter – auch im Interesse der übrigen Mieter – ein mietrechtlich berechtigtes Interesse an dieser Information zubilligen muss.
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Die vorstehenden Grundsätze gelten auch für den Fall, dass der Vermieter ein vom Mietinteressenten auszufüllendes „Selbstauskunft“-18Formular verwendet, in dem die Fragen schriftlich gestellt werden. Falsche Angaben lassen sich so später leichter nachweisen.
Der Vermieter kann (sollte!) darüber hinaus aber auch bestimmte Angaben des Mieters, die dem Vermieter für den Abschluss des Mietvertrags wichtig waren, in den Mietvertrag aufnehmen; z.B. „Der Mieter erklärt, dass er seit… Jahren in ungekündigter Stellung bei der Fa. … beschäftigt ist.“
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Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber auch die im Jahr 2018 in Kraft getretene Datenschutz-Grundverordnung.14 Es ist noch nicht abzusehen, wie sich die darin enthaltenen Regelungen im Einzelnen auf die Zulässigkeit von Fragen an den Mieter bzw. in Mieterselbstauskünften auswirken werden.15
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Bei der Auswahl des richtigen Mieters ist eine gehörige Portion Menschenkenntnis gefragt. Immerhin dürfte in einigen Fällen Vorsicht angebracht sein:
BEISPIELE:
Der Mieter gibt im Gespräch eigentlich keine plausible Erklärung dafür, warum er umziehen möchte. Droht ihm in Wahrheit vielleicht gerade in seinem alten Mietverhältnis wegen Mietrückständen oder Vertragsverstößen die Zwangsräumung?
Der Mieter weicht im Gespräch bei der Frage aus, wie viel Personen mit ihm noch in die Wohnung einziehen möchten (oder er verstrickt sich insoweit in Widersprüche). Folgt dem Mietvertragsschluss eine Vielzahl von Personen nach, die dann nach Schlüsselübergabe tatsächlich einziehen? Oder ist der Mieter gar nur Strohmann für jemand anderen, der – aus welchen Gründen auch immer – selber keine Wohnung finden würde?
Der Mieter appelliert an Ihre Emotionen, z.B. weil er mit seiner großen Familie keine Wohnung findet. Hier besteht die Gefahr, dass der Mieter aus schierer Verzweiflung alles nimmt. Er ist dann möglicherweise unzufriedener in der neuen Wohnung als jemand, der eine (Aus)Wahl hatte und sich für die schließlich angemietete Wohnung aus echter Überzeugung entschieden hat.
Bitte seien Sie aber (besonders) in diesen Fällen sehr zurückhaltend mit Bemerkungen. Manche Menschen, die vermeintlich mit der 19„Mitleidsmasche“ kommen, befinden sich in echter Not, und die Ablehnung des Vermieters trifft gerade diese Mietinteressenten besonders hart.
Der Mieter erzählt bei der Wohnungsbesichtigung oder beim Vertragsgespräch,
Selbst wenn der Mieter hier berechtigterweise auf seinen bisherigen Vermieter zornig sein sollte, besteht doch die Gefahr, dass sich dabei ein generelles Misstrauen gegenüber Vermietern entwickelt hat, das das neue Mietverhältnis von vornherein belastet. Es fällt dem Mieter möglicherweise schwer, vorangegangene Negativerfahrungen zu trennen und ganz unbefangen den neuen Mietvertrag einzugehen.
Der Mietinteressent teilt Ihnen bei der Wohnungsbesichtigung mit, dass er selber gar nicht an der Wohnung interessiert sei, sondern für seinen Sohn, seine Tochter usw. sich Wohnungen ansehe. Da mag als nachvollziehbarer Grund durchaus genannt werden, dass der eigentliche Interessent z.B. aufgrund von Berufstätigkeit keine Zeit für die Wohnungsbesichtigung hat und dem Vater usw. schon mal die Vorauswahl überlässt. Auch wenn diese Vorauswahl auf Ihre Wohnung fällt und der Vater versichert, die Wohnung sei so großartig, dass man sofort einen Vertrag schließen könne, sollten Sie unbedingt darauf bestehen, dass sich auch die wirklichen späteren Mieter die Wohnung vorher ansehen. Das dient nicht nur dem Zweck, die Seriosität der eigentlichen Mieter persönlich zu überprüfen, sondern auch der Vermeidung von Enttäuschungen (und damit Missklängen im späteren Mietverhältnis). Sonst müssen Sie als Vermieter die Frustration ausbaden, dass der Vater die falsche Wohnung ausgesucht hat (und Sie müssen ggf. ein paar Monate später schon wieder neu vermieten).
Das soeben Gesagte gilt sinngemäß, wenn ein Teil eines (Ehe)paares sich die Wohnung ansieht und sagt, er könne die Auswahl schon für den anderen mittreffen. Auch hier sollten Sie darauf bestehen, dass auch der andere Teil sich die Wohnung vor Vertragsschluss selber ansieht.
20Der Mietinteressent möchte den Vertrag zunächst mitnehmen, um ihn von seinem Anwalt überprüfen zu lassen. Von diesem Anwalt werden Sie dann auch im Laufe des Mietverhältnisses mit einiger Wahrscheinlichkeit noch öfter hören.
Der Mietinteressent möchte den Vertrag zunächst mitnehmen, um ihn in Ruhe zu lesen. Dahinter muss nicht gleich Misstrauen gegenüber dem Vermieter stecken. Viele Menschen sind mit dem Ansinnen, einen umfangreichen, juristisch formulierten Vertrag sofort zu lesen und sofort zu unterschreiben, einfach überfordert. In diesen Fällen kann es dem späteren Mietverhältnis durchaus förderlich sein, wenn die Mieter den Vertrag in Ruhe allein gelesen und danach „ruhigen Gewissens“ unterschrieben haben. Vorsicht ist geboten, wenn man als Vermieter den Eindruck gewinnt, der Mietvertrag soll nur mitgegeben werden, weil die Mietinteressenten noch andere Wohnungen in Aussicht haben, sich diese eine aber schon mal warmhalten wollen. Auf keinen Fall sollte man als Vermieter einen bereits vermieterseits unterschriebenen Vertrag dem Mieter mitgeben. Dann ist man einseitig gebunden und es beginnt eine Zitterpartie, ob und wann der vom Mieter gegengezeichnete Vertrag zurückgelangt. Auch kann man eventuellen weiteren Interessenten kaum noch etwas anderes sagen, als dass die Wohnung nach derzeitigem Kenntnisstand voraussichtlich bereits vermietet ist. Die Komplikationen werden noch größer, wenn Mietinteressenten einen bereits vom Vermieter unterschriebenen Vertrag mitnehmen und sich dann schlicht überhaupt nicht mehr melden.
Der Mietinteressent gibt an, ein Dritter werde die Miete bezahlen. Das Problem ist dabei regelmäßig, den Dritten auch zur Mietzahlung vertraglich direkt gegenüber dem Vermieter zu verpflichten.
Recht häufig soll dieser Dritte nach Angaben des Mieters die ARGE oder das Sozialamt sein. In diesem Fall sollte man sich als Vermieter Namen und Telefonnummer des Sachbearbeiters geben lassen und mit diesem selber sprechen (soweit man bei diesem Versuch nicht an dem Hinweis des Sachbearbeiters auf den Datenschutz scheitert). Man mag dabei erfahren, dass der Sachbearbeiter noch gar nichts von dem Umzug weiß, oder dass seine mündliche Zusage gegenüber dem Mietinteressenten an bestimmte Voraussetzungen geknüpft war (bestimmte Wohnungsgröße, bestimmte Miethöhe). Eine schriftliche Mietübernahmeerklärung durch das Amt ist in der Praxis allerdings kaum zu bekommen. Auch bleibt der Vermieter auf seinem Schaden sitzen, wenn der Mieter z.B. wegen Vertragsverstößen 21herausgeklagt werden muss. Denn Vertragspartner des Vermieters ist immer der Mieter, nicht das Amt.
Der Mietinteressent ist sehr unsicher. Möglicherweise ist es seine erste eigene Wohnung, möglicherweise aber ist er sich noch gar nicht sicher, ob er überhaupt mit einer eigenen Wohnung zurechtkommt. Man sollte Unsicherheit aber auch nicht überbewerten. Immerhin ist die Auswahl einer Wohnung für die meisten Menschen eine überragend wichtige Sache. Der Mieter muss zudem eine Entscheidung treffen, in der er ungeübt ist, denn Mietverträge unterschreibt man regelmäßig (wenn überhaupt mehrmals, dann) nur wenige Male im Leben.
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Die Frage, nach welchen Kriterien ein Mieter ausgewählt werden soll, muss jeder Vermieter für sich selbst beantworten. Immerhin sollte auch hier nicht nur die Bonität des Mieters ausschlaggebend sein. Zwei reiche kinderlose Doppelverdiener wechseln vielleicht schneller und öfter die Wohnung als ein allein verdienender Familienvater, der die Familienwohnung als Zuhause empfindet, an dem er hängt. Vermietet man eine kleine Wohnung an zu viele Personen, besteht die Gefahr, dass diese Mieter sich bald eine größere Wohnung suchen. Auch muss ein Mieter ins Haus passen: Der fröhliche Student unter ruhigen Rentnern oder die alleinstehende Dame in einem ansonsten ausschließlich von männlichen Singles bewohnten Haus bieten reichlich Stoff für Unfrieden im Haus, den der Vermieter dann in Form von Mieterbeschwerden mit zu verdauen hat.
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Alle Ratschläge für die Auswahl des „richtigen“ Mieters setzen natürlich voraus, dass der Vermieter überhaupt eine Wahl hat. In Zeiten eines Überangebots (Mietermarkt) an Wohnraum ist dies nicht der Fall. Bei Wohnungsmangel (Vermietermarkt) sieht das anders aus. Die Marktphasen ändern sich oft recht schnell. Nach dem Krieg gab es einen großen Wohnungsmangel. Später sprach man mehr oder weniger offen auch schon mal vom Rückbau (Abriss) von Wohnungsüberhang. Nach der Wiedervereinigung war der Wohnungsmangel 22beherrschendes Thema. Gegenwärtig besteht eine Zweiteilung: Leerstände in ländlichen Regionen und hohe Wohnungsnachfrage in Ballungsräumen, insb. in einigen Groß- und Universitätsstädten, die auch in deren Peripherie ausstrahlen. Knapper Wohnraum wirkt sich zudem unterschiedlich aus, z.B. gegenüber Mietinteressenten für Wohnungen im unteren Preissegment oder gegenüber bestimmten Nachfragegruppen (z.B. Studenten).
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Bei Verhandlungen mit Mietinteressenten, beim Vertragsschluss, aber auch der Abwicklung und Beendigung von Mietverhältnissen ist vom Vermieter das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), besser bekannt als „Antidiskriminierungsgesetz“, zu beachten.16 Hierzu können aus Platzgründen nur einige Hinweise gegeben werden:
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Nach § 1 AGG ist Ziel des Gesetzes, „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“ Damit spricht das Gesetz explizit Auswahlkriterien an, die jeder gutwillige Vermieter, der keineswegs diskriminieren will, regelmäßig etwa bei der Frage prüfen wird, ob der Mietinteressent in die bestehende Hausgemeinschaft passt. Immerhin trägt das Gesetz diesem Grundanliegen jedes Vermieters insoweit Rechnung, als in § 19 Abs. 3 AGG bestimmt wird, dass bei der Vermietung von Wohnraum „eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig“ ist.
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Erforderlich ist nach § 1 AGG eine Benachteiligung „aus Gründen“ – etwa der Rasse. D.h., dass die Schlechterbehandlung auf der Rasse beruhen muss, und nicht etwa auf einem anderen, im AGG nicht genannten Grund. So ist eine Differenzierung aufgrund des wirtschaftlichen Vermögens eines Mietinteressenten keine Diskriminierung im Sinne des AGG. Wenn sich also bei zwei Mietinteressenten 23unterschiedlicher Hautfarbe der Vermieter für denjenigen mit der besseren Bonität entscheidet, beruht die Ablehnung des anderen Interessenten nicht auf dessen Rasse.
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nicht