Das neue
Meditationshandbuch

Auch vom Ehrwürdigen Geshe Kelsang Gyatso Rinpoche

 

Allumfassendes Mitgefühl

Einführung in den Buddhismus

Herzjuwel

Acht Schritte zum Glück

Wie wir den Geist verstehen

Freudvoller Weg

Sinnvoll zu betrachten

Wie wir unser Leben verwandeln

Das klare Licht der Glückseligkeit

Führer ins Dakiniland

Wie wir unsere menschlichen Probleme lösen

Mahamudra Tantra

Moderner Buddhismus

Das neue Herz der Weisheit

Sinnvoll leben, freudvoll sterben

Das Bodhisattva Gelübde

Tantrische Ebenen und Pfade




Der vom Tharpa Verlag erzielte Erlös 

aus dem Verkauf dieses Buches fließt 

gemäß den Richtlinien in Ein Geldhandbuch

 in den in den NKT IKBU - Internationalen 

Tempelprojekt Fonds in Deutschland

 (eingetragen unter VR 33517 B) - ein buddhistischer 

Verein, der für den Weltfrieden baut


www.kadampa.org/de/temples

 

Geshe Kelsang Gyatso

 

Das neue
Meditationshandbuch

Meditationen für ein glückliches und sinnvolles Leben

 

nmh-logo.tif

THARPA VERLAG

Deutschland Schweiz

1. Auflage Das Meditationshandbuch 1995

2. überarbeitete Auflage 2002

3. Auflage Das neue Meditationshandbuch 2005

4. überarbeitete Auflage 2013

5. überarbeitete Auflage 2016

1. Auflage E-Book 2015

2. Auflage E-Book 2016

Originaltitel: The New Meditation Handbook

 

© 2005 Deutsche Übersetzung

Geshe Kelsang Gyatso und
Neue Kadampa Tradition – Internationale Union des Kadampa Buddhismus

 

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Reproduktion ist unzulässig, außer zur Verwendung kurzer Passagen für privates Studium, Forschung und Buchbesprechungen.

 

Herausgeber:

Tharpa Verlag Deutschland


Das Bild auf dem Umschlag ist Buddha Shakyamuni.

Die Federzeichnungen beinhalten Bilder aus dem Rad des Lebens
als auch die acht glückverheißenden Symbole.

 

Satz: Tharpa Verlag Deutschland

E-Book: Tharpa Verlag Deutschland

 

ISBN 3-908543-60-2 Taschenbuch

ISBN 978 390854379 4  (e-pub)

ISBN 978 390854380 0  (mobi)

 





 

 

Inhalt

Auch vom Ehrwürdigen Geshe Kelsang Gyatso Rinpoche

Vorwort

 

TEIL EINS – Grundlagen

Einleitung

Was ist Meditation?

Der Nutzen der Meditation

Wie man mit der Meditation beginnt

Für die Meditation erforderliches Hintergrundwissen

Wie man meditiert

 

TEIL ZWEI – Die einundzwanzig Meditationen

Die anfängliche Ausrichtung

1. Unser kostbares menschliches Leben

2. Tod und Unbeständigkeit

3. Die Gefahren niederer Wiedergeburt

4. Die Praxis der Zuflucht

5. Handlungen und ihre Auswirkungen

 

Die mittlere Ausrichtung

6. Entsagung für Samsara entwickeln

 

Die grosse Ausrichtung

7. Gleichmut entwickeln

8. Erkennen, dass alle Lebewesen unsere Mütter sind

9. Sich an die Güte der Lebewesen erinnern

10. Gleichstellen vom Selbst und anderen

11. Die Nachteile der Selbstwertschätzung

12. Die Vorteile, andere zu schätzen

13. Austauschen vom Selbst mit anderen

14. Großes Mitgefühl

15. Nehmen

16. Wünschende Liebe

17. Geben

18. Bodhichitta

19. Ruhiges Verweilen

20. Höheres Sehen

21. Sich auf einen spirituellen Meister verlassen

 

Schlussfolgerung

 

Anhang I – Befreiendes Gebet und Gebete für die Meditation

Anhang II – Ein Kommentar zu den vorbereitenden Übungen

Anhang III – Eine besondere Atemmeditation

Anhang IV – Empfohlener Retreatplan

Anhang V – Die Verpflichtungen der Zuflucht 

Anhang VI – Eine traditionelle Meditation über Leerheit

Anhang VII – Die Kadampa Lebensweise

 

Glossar

Bibliografie

Studienprogramme des Kadampa Buddhismus

Tharpa Niederlassungen weltweit

 

 

 

Vorwort

Buddha, der Gründer des Buddhismus, erschien 624 v. Chr. in dieser Welt. So wie ein Arzt Menschen mit unterschiedlichen Krankheiten verschiedene Medikamente verschreibt, so gab Buddha Menschen mit unterschiedlichen Problemen und Fähigkeiten verschiedene Unterweisungen. Er lehrte insgesamt 84.000 verschiedene Arten von Unterweisungen oder Dharma. Eine seiner wichtigsten Lehren ist das Sutra der Vollkommenheit der Weisheit. Es umfasst auf Tibetisch zwölf aus dem Sanskrit übersetzte Bände. Um uns verständlich zu machen, wie man diese Lehren in den Alltag integriert, schrieb der buddhistische Meister Atisha Eine Lampe für den Pfad zur Erleuchtung, auch die Stufen des Pfades genannt oder Lamrim auf Tibetisch. Obwohl dieser Text sehr kurz ist, enthält er die gesamte Bedeutung des Sutras der Vollkommenheit der Weisheit.

Später schrieb der tibetische buddhistische Meister Je Tsongkhapa ausführliche, mittlere und zusammengefasste Kommentare zu Atishas Lamrim Unterweisungen. Ich habe dieses neue Meditationshandbuch auf der Grundlage von Je Tsongkhapas Kommentaren verfasst. Es soll den Menschen der modernen Welt helfen, den kostbaren, heiligen Dharma des «Kadam Lamrim» zu verstehen und zu praktizieren. Teil Eins erläutert die Grundlagen des Pfades zur Erleuchtung. Teil Zwei stellt den eigentlichen Pfad zur Erleuchtung dar. Ausführliche Erklärungen sind in den Büchern Moderner Buddhismus, Wie wir unser Leben verwandeln und Freudvoller Weg enthalten.

Wenn Sie dieses Buch aufrichtig mit einer guten Motivation, frei von negativen Sichtweisen lesen, dann wird es Ihnen für Ihr alltägliches Wohlergehen von großem Nutzen sein. Das verspreche ich Ihnen.

 

Geshe Kelsang Gyatso,

USA

März 2003

 

TEIL EINS

Grundlagen

WIE MAN MEDITIERT

Jede der einundzwanzig Meditationen hat fünf Teile: Vorbereitung, Kontemplation, Meditation, Widmung und anschließende Praxis. Die Anleitungen, die diese einundzwanzig Meditationsübungen erklären, werden die «Stufen des Pfades» oder «Lamrim» genannt. Die Verwirklichungen dieser Meditationen sind die eigentlichen spirituellen Pfade, die uns zur großen Befreiung der vollen Erleuchtung führen.

Der erste Teil, die vorbereitenden Übungen, bereitet uns auf eine erfolgreiche Meditation vor. Wir reinigen Hindernisse, die durch früheres negatives Handeln verursacht wurden, reichern unseren Geist mit Verdiensten (oder Glück) an und beflügeln ihn durch die Segnungen der Buddhas und Bodhisattvas. Wenn wir tiefe Erfahrungen mit diesen Meditationen machen wollen, dann sind die vorbereitenden Übungen sehr wichtig. Wir beginnen deshalb unsere Praxis mit den Gebeten für die Meditation in Anhang I. Den Kommentar zu diesen Übungen finden wir in Anhang II.

Durch den zweiten Teil, die Kontemplation oder analytische Meditation, finden wir das Objekt der verweilenden Meditation. Wir erwägen verschiedene Argumente, betrachten Gleichnisse oder denken über die Bedeutung der Anleitungen nach. Es ist hilfreich, die jeweiligen Kontemplationen auswendig zu lernen. Dann können wir meditieren, ohne im Text nachschauen zu müssen. Die angegebenen Kontemplationen sind nur als allgemeine Richtlinien gedacht. Wir sollten sie mit für uns hilfreichen Begründungen und Beispielen ergänzen und anreichern.

Wenn das Objekt aufgrund der Kontemplation klar erscheint, beenden wir die analytische Meditation und konzentrieren uns einsgerichtet auf dieses Objekt. Die einsgerichtete Konzentration ist der dritte Teil, die eigentliche Meditation.

Wenn die Meditation neu für uns ist, ist unsere Konzentration noch schwach. Wir sind leicht abgelenkt und verlieren häufig das Meditationsobjekt. Deshalb müssen wir am Anfang sicher mehrmals in jeder Sitzung zwischen Kontemplation und verweilender Meditation abwechseln. Meditieren wir beispielsweise über Mitgefühl, dann denken wir zuerst so lange über die verschiedenen Leiden der Lebewesen nach, bis eine starke Empfindung von Mitgefühl in unserem Herzen entsteht. Über dieses Gefühl meditieren wir mit einsgerichteter Konzentration. Lässt das Gefühl nach oder schweift unser Geist zu einem anderen Objekt ab, dann wechseln wir zur analytischen Meditation, um uns an das Gefühl zu erinnern. Dann beenden wir abermals die analytische Meditation und halten das Gefühl wieder mit einsgerichteter Konzentration.

Kontemplation und Meditation sind Methoden unseren Geist mit tugendhaften Objekten vertraut zu machen. Je vertrauter wir mit diesen Objekten sind, desto friedlicher ist unser Geist. Durch Schulung in Meditation und durch ein Leben in Übereinstimmung mit den gewonnenen Einsichten und Vorsätzen, werden wir schließlich ein Leben lang ununterbrochen einen friedlichen Geist bewahren können. Ausführliche Anleitungen über die Kontemplationen und Meditation im Allgemeinen finden wir in den Büchern Wie wir unser Leben verwandeln und Freudvoller Weg.

Am Ende jeder Sitzung widmen wir die Verdienste, die durch unsere Meditation entstanden sind, der Erlangung der Erleuchtung. Widmen wir Verdienste nicht, dann können sie leicht durch Wut zerstört werden. Durch aufrichtige Rezitation der Widmungsgebete am Schluss jeder Meditationssitzung gewährleisten wir, dass die Verdienste, die durch das Meditieren entstanden sind, nicht verschwendet werden, sondern eine Ursache für Erleuchtung sein werden.

Der fünfte Teil jeder Meditationspraxis ist die anschließende Praxis nach der Meditation, während der Meditationspause. Sie besteht aus Ratschlägen, wie wir die Meditation mit unserem Alltag verknüpfen können. Wir sollten immer daran denken, dass Dharma Praxis nicht nur auf dem Meditationskissen stattfindet, sondern unser ganzes Leben durchdringt. Es sollte keine Kluft zwischen unserer Meditationspraxis und unserem täglichen Leben entstehen. Denn eine erfolgreiche Meditation hängt davon ab, wie rein unser Verhalten außerhalb der Meditationssitzungen ist. Mit Achtsamkeit, Wachsamkeit und Gewissenhaftigkeit sollten wir unseren Geist zu jeder Zeit beobachten und versuchen alle schlechten Gewohnheiten aufzugeben. Eine tiefe Erfahrung des Dharma ist das Ergebnis praktischer Schulung innerhalb und außerhalb der Meditation über einen langen Zeitraum hinweg. Wir sollten beharrlich und behutsam praktizieren, ohne schnelle Ergebnisse zu erwarten.

Kurz gesagt ist unser Geist wie ein Feld. Die vorbereitenden Übungen bereiten dieses Feld vor. Die Hindernisse, die durch frühere negative Handlungen verursacht wurden, werden beseitigt. Verdienste machen das Feld fruchtbar und die Segnungen der heiligen Wesen bewässern es. Kontemplation und Meditation sind wie eine gute Aussaat. Widmung und anschließende Praxis sind die Methoden, die die Ernte unserer Dharma Verwirklichungen zur Reife bringen.

Lamrim Anleitungen sind nicht dazu da, ein lediglich intellektuelles Verständnis des Pfades zur Erleuchtung zu erlangen. Sie sollen uns zu einer tiefen Erfahrung verhelfen und müssen deshalb in die Praxis umgesetzt werden. Durch tägliche Schulung unseres Geistes in diesen Meditationen werden wir schließlich vollkommene Verwirklichungen aller Stufen des Pfades erlangen. Bis wir das erreicht haben, sollten wir nicht müde werden, mündliche Unterweisungen über Lamrim anzuhören oder authentische Lamrim Kommentare zu lesen und anschließend über die Anleitungen nachzudenken und zu meditieren. Wir müssen unser Verständnis dieser essenziellen Themen ständig erweitern und mit den neu gewonnenen Einsichten unsere tägliche Meditation vertiefen.

Haben wir den ehrlichen Wunsch nach Erfahrungen der Stufen des Pfades, sollten wir versuchen, jeden Tag zu meditieren. Am ersten Tag können wir über «Unser kostbares menschliches Leben» meditieren, am zweiten über «Tod und Unbeständigkeit» und so weiter, bis wir nach einundzwanzig Tagen den ganzen Zyklus abgeschlossen haben. Dann beginnen wir von vorn. Zwischen den Sitzungen erinnern wir uns an die Anleitungen zur anschließenden Praxis. Wenn wir die Gelegenheit haben, sollten wir von Zeit zu Zeit ein Lamrim Retreat machen. In Anhang IV wird ein Zeitplan für ein solches Retreat vorgeschlagen. Praktizieren wir auf diese Weise, dann nutzen wir unser ganzes Leben, um unsere Erfahrung der Stufen des Pfades zu vertiefen.

 

TEIL ZWEI

Die einundzwanzig Meditationen

 

Die anfängliche, mittlere und große Ausrichtung

In Eine Lampe für den Pfad zur Erleuchtung sagt Atisha: «Ihr solltet wissen, dass es drei Arten von Lebewesen gibt: kleine, mittlere und große.» Mit klein, mittel und groß ist hier nicht die körperliche Erscheinung gemeint, sondern die unterschiedliche geistige Befähigung oder Ausrichtung: anfänglich, mittel oder groß. Es gibt zwei Arten von kleinen Wesen: gewöhnliche kleine Wesen und besondere kleine Wesen. Diejenigen, die nur das Glück dieses Lebens suchen, sind gewöhnliche kleine Wesen und diejenigen, die das Glück zukünftiger Leben suchen, sind besondere kleine Wesen. Diejenigen, die das Glück der Befreiung suchen, sind mittlere Wesen und diejenigen, die das Glück der Erleuchtung suchen, sind große Wesen. Obwohl es zahllose Lebewesen gibt, sind alle in diesen vier Arten enthalten.

Wir sollten wissen, zu welcher Gruppe wir gegenwärtig gehören. Sind wir ein gewöhnliches oder besonderes kleines Wesen, ein mittleres oder ein großes Wesen? Durch die Praxis der Lamrim Anleitungen können wir uns von der Stufe eines gewöhnlichen kleinen Wesens zur Stufe eines besonderen kleinen Wesens und weiter zur Stufe eines mittleren, großen und schließlich erleuchteten Wesens entwickeln. Die Praxis der folgenden 21 Meditationen ist die eigentliche Methode, mit der wir diese Fortschritte machen können.

Indem wir diese Meditationen üben, erlangen wir die Verwirklichungen aller Stufen des Pfades zur Erleuchtung. Die Verwirklichung der ersten fünf Meditationen sind die Stufen des Pfades einer Person anfänglicher Ausrichtung. Die Verwirklichung der sechsten Meditation und die drei höheren Schulungen sind die Stufen des Pfades einer Person mittlerer Ausrichtung. Die Verwirklichung der nächsten vierzehn Meditationen sind die Stufen des Pfades einer Person großer Ausrichtung. Die Verwirklichung der letzten Meditation kann eine Stufe des Pfades einer Person anfänglicher, mittlerer oder großer Ausrichtung sein.

 

Die anfängliche Ausrichtung

1. UNSER KOSTBARES MENSCHLICHES LEBEN

Das Ziel dieser Meditation ist, uns zu ermutigen Dharma zu praktizieren. Die Anleitungen des Dharma lehren uns, wie wir uns und andere glücklich machen, wie wir unsere Verblendungen kontrollieren – insbesondere unser Festhalten am Selbst, die Wurzel allen Leidens – und wie wir den Pfad zur Erleuchtung beginnen, auf ihm fortschreiten und ihn vollenden. Deshalb ist Dharma für uns alle so wichtig. Praktizieren wir diese Unterweisungen, dann können wir die innere Krankheit unserer Verblendungen und alles Leiden dauerhaft heilen und immerwährendes Glück erlangen. Wir müssen uns selbst ermutigen Dharma zu praktizieren und unser Leben nicht mit sinnlosem Tun zu vergeuden. Ermutigen wir uns selbst nicht, wird es niemand sonst für uns tun.

 

MEDITATION

Als vorbereitende Übung rezitieren wir die Gebete für die Meditation und konzentrieren uns dabei auf ihre Bedeutung. Dann kontemplieren wir:

 

Unser menschliches Leben ist kostbar, selten und von unermesslicher Bedeutung. Diejenigen, die aufgrund ihrer früheren verblendeten Sichtweisen den Wert spiritueller Praxis ablehnten und als Tier wiedergeboren wurden, haben beispielsweise keine Möglichkeit Dharma zu verstehen oder zu praktizieren. Weil es für sie unmöglich ist, Dharma anzuhören, darüber nachzudenken oder zu meditieren, ist ihre gegenwärtige Wiedergeburt an sich ein Hindernis. Nur Menschen sind frei von solchen Hindernissen und verfügen über alle notwendigen Bedingungen, um spirituelle Pfade auszuüben, die der einzige Weg zu immerwährendem Glück sind. Diese Verknüpfung von Freiheit und notwendigen Bedingungen ist das besondere Merkmal unseres kostbaren Menschenlebens.

Obwohl es viele Menschen auf dieser Erde gibt, hat jeder von uns nur ein Leben. Jemand kann viele Autos und Häuser besitzen, doch selbst der reichste Mensch der Welt hat nicht mehr als ein Leben. Wenn dies zu Ende geht, kann man sich kein neues kaufen, borgen oder herstellen. Verlieren wir dieses Leben, dann wird es sehr schwierig sein, künftig ein weiteres, ähnlich qualifiziertes menschliches Leben zu finden. Deshalb ist für jeden von uns ein Leben als Mensch sehr selten.

Nutzen wir dieses Leben für das Erlangen spiritueller Verwirklichungen, dann wird es unermesslich bedeutsam sein. Tun wir dies, dann verwirklichen wir unser volles Potenzial und entwickeln uns vom Zustand eines gewöhnlichen, unwissenden Wesens zum Zustand eines voll erleuchteten Wesens, des höchsten aller Wesen. Haben wir dies getan, besitzen wir die Kraft ausnahmslos allen Lebewesen zu helfen. Wir können alle unsere menschlichen Probleme lösen und alle unsere eigenen und die Wünsche anderer Lebewesen erfüllen, indem wir mit diesem Leben spirituelle Verwirklichungen erlangen. Könnte irgendetwas sinnvoller sein?

 

Haben wir wiederholt über diese Punkte nachgedacht, fassen wir den festen Entschluss: «Ich muss Dharma praktizieren.» Dieser Entschluss ist das Objekt unserer Meditation. Wir halten ihn, ohne ihn zu vergessen. Unser Geist sollte einsgerichtet und so lange wie möglich auf diesem Entschluss verweilen. Wenn wir das Objekt unserer Meditation verlieren, erneuern wir es, indem wir uns sofort an unseren Entschluss erinnern oder die Kontemplation wiederholen.

Am Ende der Meditationssitzung widmen wir die durch diese Meditation angesammelten Tugenden dafür, die Verwirklichung der Kostbarkeit unseres menschlichen Lebens zu gewinnen und Erleuchtung zum Wohl aller Lebewesen zu erlangen.

In der Meditationspause versuchen wir unseren Entschluss, Dharma zu praktizieren, niemals zu vergessen. Wir sollten uns stark bemühen Lamrim Anleitungen zu lesen und die wichtigsten Punkte auswendig zu lernen. Wir sollten Gebete mit starkem Vertrauen rezitieren und immer wieder mündliche Unterweisungen anhören und über ihre Bedeutung nachdenken. Insbesondere sollten wir alle diese Anleitungen umsetzen und in unseren Alltag integrieren.

MEDITATION

Als vorbereitende Übung rezitieren wir die Gebete für die Meditation und konzentrieren uns dabei auf ihre Bedeutung. Dann kontemplieren wir:

 

Ich werde mit Sicherheit sterben. Es gibt keine Möglichkeit, meinen Körper vor dem endgültigen Zerfall zu bewahren. Tag für Tag, Moment für Moment zerrinnt mein Leben. Ich habe keine Ahnung, wann ich sterben werde. Der Zeitpunkt des Todes ist völlig ungewiss. Viele junge Menschen sterben vor ihren Eltern. Manche sterben bei ihrer Geburt. Es gibt keine Sicherheit in dieser Welt. Zudem gibt es unzählige Ursachen eines vorzeitigen Todes. Das Leben von vielen starken und gesunden Menschen wird durch Unfälle zerstört. Es gibt deshalb keine Garantie, dass ich heute nicht sterben werde.

 

Haben wir mehrmals über diese Punkte nachgedacht, wiederholen wir immer wieder den Gedanken: «Ich könnte heute sterben. Ich könnte heute sterben», und konzentrieren uns auf das Gefühl, das dies in uns hervorruft. Wir verwandeln unseren Geist in das Gefühl «Ich könnte heute sterben» und verweilen einsgerichtet so lange wie möglich darauf. Wir wiederholen diese Meditation, bis wir Tag für Tag spontan glauben: «Ich könnte heute sterben.» Schließlich kommen wir zu dem Schluss: «Da ich diese Welt schon bald verlassen muss, ist es sinnlos an den Dingen dieses Lebens zu hängen. Stattdessen werde ich von jetzt an mein ganzes Leben der reinen und aufrichtigen Dharma Praxis widmen.» Dieser Entschluss ist das Objekt unserer Meditation. Wir halten ihn, ohne ihn zu vergessen und verweilen einsgerichtet so lange wie möglich darauf. Wenn wir das Objekt der Meditation verlieren, erneuern wir es, indem wir uns sofort an unseren Entschluss erinnern oder die Kontemplation wiederholen.

Am Ende der Meditationssitzung widmen wir die durch die Meditation angesammelten Tugenden dafür, die Verwirklichung des Todes zu gewinnen und Erleuchtung zum Wohle aller Lebewesen zu erlangen.

In der Meditationspause sollten wir unsere Faulheit überwinden und uns bemühen, Dharma zu praktizieren. Wir erkennen, dass uns weltliche Vergnügen täuschen und davon abhalten, unser Leben auf sinnvolle Weise zu nutzen. Deshalb sollten wir die Anhaftung daran aufgeben. Auf diese Weise beseitigen wir das Haupthindernis für reine Dharma Praxis.

4. DIE PRAXIS DER ZUFLUCHT

Das Ziel dieser Meditation ist, uns dauerhafte Befreiung von niederer Wiedergeburt zu ermöglichen. Zur Zeit sind wir Menschen und frei von niederer Wiedergeburt. Das ist jedoch nur eine vorübergehende Befreiung, keine beständige. Wir müssen so lange in zahllosen zukünftigen Leben immer wieder niedere Wiedergeburt annehmen, bis wir die Zuflucht tief in uns verwirklicht haben. Wir erlangen dauerhafte Befreiung von niederer Wiedergeburt, indem wir uns aufrichtig auf die Drei Juwelen verlassen: Buddha – die Quelle aller Zuflucht, Dharma – die Verwirklichung der Lehren Buddhas, und Sangha – die reinen Dharma Praktizierenden, die uns in unserer spirituellen Praxis helfen. Dharma ist wie eine Arznei, die das Leiden der drei niederen Bereiche verhindert. Buddha ist der Arzt, der uns diese Arznei verabreicht. Sangha sind die Krankenschwestern, die uns unterstützen. Mit diesem Verständnis nehmen wir Zuflucht zu Buddha, Dharma und Sangha.

 

MEDITATION

Als vorbereitende Übung rezitieren wir die Gebete für die Meditation und konzentrieren uns dabei auf ihre Bedeutung. Dann kontemplieren wir:

 

Durch das Empfangen von Buddhas Segnungen und der Hilfe von Sangha werde ich tiefgründige Dharma Verwirklichungen erlangen. Dadurch werde ich dauerhaft von niederer Wiedergeburt befreit sein.

 

Haben wir wiederholt über diese gültigen Gründe Zuflucht zu nehmen nachgedacht, fassen wir den festen Entschluss: «Ich muss mich auf Buddha, Dharma und Sangha als meine endgültige Zuflucht verlassen.» Dieser Entschluss ist das Objekt unserer Meditation. Wir halten ihn, ohne ihn zu vergessen. Unser Geist sollte einsgerichtet so lange wie möglich auf diesem Entschluss verweilen. Wenn wir das Objekt unserer Meditation verlieren, erneuern wir es, indem wir uns sofort an unseren Entschluss erinnern oder die Kontemplation wiederholen.

Am Ende der Meditationssitzung widmen wir die durch die Meditation angesammelten Tugenden dafür, die Verwirklichung der Zuflucht zu gewinnen und Erleuchtung zum Wohle aller Lebewesen zu erlangen.

In der Meditationspause sollten wir die zwölf Zufluchtsverpflichtungen einhalten, die ausführlich in Anhang V erklärt werden. Das Halten jener Verpflichtungen stärkt unsere Zufluchtspraxis, sodass sie bald Früchte trägt.

5. HANDLUNGEN UND IHRE AUSWIRKUNGEN

Das Ziel dieser Meditation ist, uns zu ermutigen Nichttugenden zu reinigen und Tugenden anzusammeln, die uns dazu führen, eine menschliche Wiedergeburt mit Freiheiten und Ausstattungen anzunehmen. Hier bedeutet «Freiheit» die Freiheit von körperlichen und geistigen Hindernissen, sowie von Hindernissen, die sich aus fehlenden Bedingungen für Studium und Praxis des Dharma ergeben. «Ausstattungen» bezieht sich auf das Vorhandensein aller erforderlichen Bedingungen für Dharma Studium und -Praxis.

Jede Handlung von Körper, Rede oder Geist wird in Sanskrit «Karma» genannt. Richtiges Handeln, das das Wohl unserer zukünftigen Leben sichert, hängt notwendigerweise vom richtigen Verständnis von Handlungen und ihren Wirkungen ab. Alle unsere Handlungen von Körper, Rede und Geist sind Ursachen und alle unsere Erfahrungen sind ihre Auswirkungen. Das Gesetz von Karma erklärt, warum jeder einzelne eine einmalige geistige Veranlagung, eine einmalige körperliche Erscheinung und einmalige Erfahrungen hat. Es sind die unterschiedlichen Auswirkungen der zahllosen Handlungen jedes Einzelnen in der Vergangenheit. Es gibt keine zwei Menschen, die in ihren vergangenen Leben die genau gleiche Vorgeschichte an Handlungen erschaffen haben. Deshalb gibt es keine zwei Menschen mit identischen Geisteszuständen, identischen Erfahrungen oder identischer körperlicher Erscheinung. Jeder hat ein anderes individuelles Karma. Das bedeutet, alle machen unterschiedliche karmische Erfahrungen als Ergebnis ihrer eigenen vergangenen Handlungen. Manche erfreuen sich guter Gesundheit, andere sind ständig krank. Manche sind sehr schön, andere sind sehr hässlich. Manche haben ein glückliches Naturell und sind leicht zufriedenzustellen, andere sind missmutig veranlagt und freuen sich kaum über etwas. Manchen fällt es leicht, die Bedeutung spiritueller Unterweisungen zu verstehen, andere finden sie schwierig und verworren.

Aufgrund unseres Karmas oder unserer Handlungen sind wir in dieser unreinen Welt geboren und erleben so viele Schwierigkeiten und Probleme. Unsere Handlungen sind unrein, weil unser Geist durch das innere Gift des Festhaltens am Selbst verunreinigt ist. Das ist der Hauptgrund, warum wir leiden. Leiden wird uns nicht als Strafe auferlegt, es wird durch unsere eigenen Handlungen oder Karma verursacht. Wir leiden, weil wir in früheren Leben zahlreiche nichttugendhafte Handlungen begangen haben, wie zum Beispiel töten, stehlen, andere betrügen, das Glück anderer zerstören und falsche Sichtweisen halten. Die Quelle dieser nichttugendhaften Handlungen sind unsere eigenen Verblendungen wie Wut, Anhaftung und die Unwissenheit des Festhaltens am Selbst.

Haben wir unseren Geist des Festhaltens am Selbst und alle anderen Verblendungen gereinigt, werden alle unsere Handlungen ganz natürlich rein sein. Als Ergebnis reiner Handlungen oder reinen Karmas wird alles, was wir erleben, rein sein. Wir werden in einer reinen Welt leben, einen reinen Körper haben, reine Vergnügen genießen und von reinen Wesen umgeben sein. Es wird nicht die geringste Spur von Leiden, Unreinheit oder Schwierigkeiten geben. In dieser Weise finden wir wahres Glück innerhalb unseres Geistes.

 

MEDITATION

Als vorbereitende Übung rezitieren wir die Gebete für die Meditation und konzentrieren uns dabei auf ihre Bedeutung. Dann kontemplieren wir:

 

Wenn ich alle meine Nichttugenden reinige, ist keine Grundlage mehr da für eine niedere Wiedergeburt. Durch Ansammeln von Tugend erlange ich in zukünftigen Leben eine menschliche Wiedergeburt mit allen Freiheiten und Ausstattungen. Auf diese Weise kann ich beständig, Leben für Leben, auf dem Pfad zur Erleuchtung fortschreiten.

 

Haben wir wiederholt über diese Punkte nachgedacht, fassen wir den festen Entschluss: «Ich muss alle meine Nichttugenden durch die aufrichtige Praxis des Bekennens reinigen. Und ich muss mich kraftvoll bemühen Tugend anzusammeln.» Dieser Entschluss ist das Objekt unserer Meditation. Wir halten ihn, ohne ihn zu vergessen. Unser Geist sollte einsgerichtet so lange wie möglich auf diesem Entschluss verweilen. Wenn wir das Objekt unserer Meditation verlieren, erneuern wir es, indem wir uns sofort an unseren Entschluss erinnern oder die Kontemplation wiederholen.