Alma Mahler-Werfel
Mein Leben
FISCHER E-Books
Alma Mahler-Werfel wurde 1879 als Tochter des bekannten Wiener Malers Emil Jakob Schindler geboren. Im Jahre 1902 heiratete sie den um neunzehn Jahre älteren Komponisten und Dirigenten Gustav Mahler. Sie teilte mit ihm die neun letzten schweren Jahre seines Lebens. 1915, nach einer kurzen leidenschaftlichen Beziehung zu Oskar Kokoschka, heiratete sie den Architekten Walter Gropius. Nach der Trennung von Gropius heiratete sie 1929 Franz Werfel und emigrierte über Frankreich unhd Spanien mit ihm in die USA. 1945 starb Werfel in Beverly Hills. Alma Mahler-Werfel starb am 11.12.1964 in New York, wo sie die letzten Jahre ihres Lebens verbracht hatte.
Im Fischer Taschenbuch Verlag sind von Alma Mahler-Werfel ebenfalls lieferbar:›Tagebuch-Suiten 1898-1902‹ (Bd. 15220) und ›Gustav Mahler‹ (Bd. 19037).
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Covergestaltung: Buchholz / Hinsch / Hensinger
Coverabbildung: Archiv S. Fischer Verlag
Erschienen bei FISCHER E-Books
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2014
Erstmals 1963 erschienen im Fischer Taschenbuch Verlag.
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ISBN 978-3-10-403403-4
Es wird hier die erste, retrospektive Hälfte weggelassen und nur die zweite Hälfte wiedergegeben. D. Hrsg.
»Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmut, Keuschheit. Wider solche ist das Gesetz nicht.« (Brief des Apostels Paulus an die Galater, 5, 22–23)
Für Gusti und Gustav Arlt
Alma – nur unter diesem und keinem anderen Namen kennen sie ihre alten Freunde – hat viel erlebt und viel gelebt, weil sie erlebnishungrig und lebenshungrig war. Sie hat ganze Generationen großer Musiker, Maler, Dichter miterlebt, deren Prominenzen einander in ihrem Salon die Hand schüttelten oder aneinander vorbeisahen. Dabei war sie keineswegs ›eine Dame mit großem Salon‹, wie etwa die Pariser Salondamen des Rokoko, bei denen Voltaire oder Diderot oder Galiani verkehrten, oder wie – Jahrzehnte später – Rahel Varnhagen in Berlin. Sie war etwas ganz anderes: eine leidenschaftliche Frau mit Künstlerblut, mit einer ganz vorbehaltlosen und bedingungslosen Leidenschaft den Künsten verbunden. Eine echte Frau auch darin, daß sie zwischen Kunst und Künstler nicht unterschied.
Aber sie war ebenso das genaue Gegenteil der ›grande amoureuse‹ mit einer gewissen Vorliebe für Künstler und dämmerige Künstlerateliers. Ihre Kunstleidenschaft und ihre Leidenschaft für Künstler waren eine Einheit: sie konnte einen Mann nicht lieben oder mit ihm befreundet sein, von dessen Werk sie nicht bezaubert oder hingerissen war, und darin war ihr Instinkt nahezu unfehlbar. Sie übersah nicht das Kleinliche, Lächerliche, Skurrile, Größenwahnsinnige an einem Mann, der ein Künstler war; sie notierte es, aber es änderte nichts an ihrer Haltung zu ihm. In dieser Hinsicht ist etwa ihr Porträt des Komponisten Pfitzner ein Meisterstück. Dieser wahrhaft unerträgliche Freund – wir wissen das auch aus den mündlichen Erzählungen ihres Mannes Franz Werfel – blieb dennoch und unverändert einer ihrer liebsten und geachtetsten Freunde.
Zuweilen hat ihr Instinkt für den Künstler und seine Kunst ein langes Vorurteil korrigiert, das noch heute fortdauert. Als ganz junges Mädchen, fast noch als Kind, hat sie den damals so berühmten Maler Gustav Klimt geliebt – es war wohl ihre erste große Liebe – und hätte ihn sicherlich geheiratet, wenn die Mutter nicht dazwischengetreten wäre. Es würde gewiß der Liebenswürdigkeit eines so jungen Mädchens keinen Abbruch tun, wenn ihre Schwärmerei dem kühlen Blick des Kunstkenners diesmal nicht standhielte, der heute für Klimt nicht mehr viel übrig hat. Aber wir ahnen heute schon, daß dieses halbe Kind selbst gegen den erfahrenen Kunstkenner recht behalten wird und daß in der Tat Gustav Klimt, von dem Kokoschka und Egon Schiele abstammen, ein großer Meister war, wohin immer sich sein zeitgebundener monumentaler Ehrgeiz verstiegen und verirrt haben mag. Es ist erschütternd, wie sich hier Instinkt und Leidenschaft in einer so merkwürdig konsequenten – bei aller natürlichen Launenhaftigkeit konsequenten – Frau anordnen und einordnen: ihre unerfüllte Jugendliebe zu Gustav Klimt ward erfüllt durch dessen Schüler Kokoschka, der eine der drei entscheidenden Begegnungen in ihrem Leben war. Gustav Mahler, Kokoschka, Franz Werfel: das ist im Grunde ihr ganzes Leben mit Männern, durch Männer, durch ihre Leidenschaft zu diesen Männern, und nicht zuletzt: gegen diese Männer, gegen Männer überhaupt und ihre für sie schwer erträglichen Allüren der Besitzergreifung. Für Almas leidenschaftlichen Freiheitsdrang war Liebe immer auch ein Kampf – vor allem mit sich selbst.
Alma ahnte und wußte in sich ein bedeutendes schöpferisches Talent als Komponistin. Sie hatte zu komponieren begonnen noch bevor sie Gustav Mahler kennenlernte, ja ihr Lehrer in der Kompositionslehre, Zemlinsky, hat sie erst eigentlich zu Mahler gebracht. Mahler, der große Komponist, Dirigent, Hofoperndirektor und mindestens ebenso große Egozentriker, hat ihre eigenwüchsige Begabung zuzeiten wohl erkannt, aber doch nicht unterstützt – er hat sie im Grunde nicht wahrhaben wollen; keineswegs aus Neid, das gewiß nicht, aber aus einer egoistischen All-Eifersucht, die vermutlich unter den möglichen Nebenbuhlern auch noch die Luft nicht ausnahm, die diese Frau atmete. Hier fühlte sie zum erstenmal das Opfer, das sie brachte, indem sie ihre Freiheit aufgab; sie hat das im Leben dann noch oft gefühlt. Nicht ohne beträchtliche innere Schwierigkeit war sie die Muse oder Inspiratorin durch Liebe oder wie sonst wir es nennen mögen – wozu sich Kokoschka und Werfel offen in ihren Werken bekannt haben. Um die Vision ›Alma‹ in den Werken Kokoschkas und Werfels durch Jahre und Jahrzehnte zu verfolgen, wäre eine umfangreiche Studie erforderlich. Doch immer wieder verlangte es in ihr nach Freiheit, nach Selbstschaffen, ohne das Medium des Mannes.
Was sie als Frau war, obwohl ihr diese Selbstbestätigung versagt blieb, ist trotz aller Stürme eine Geschichte von fast märchenhafter Schönheit. Gustav Mahler war, als das junge Mädchen ihn heiratete, sehr viel älter als sie, äußerlich und vor allem innerlich. Kokoschka war ein Jüngling und Anfänger – sie die Witwe eines weltberühmten Komponisten. Franz Werfel wiederum war um einige Jahre jünger als sie – um nicht viele, aber entscheidende Jahre: sie konnte ihn zuzeiten kaum erkennen, vor allem im revolutionären Jahr 1918.
Wenn wir diese Etappen ihres Lebens vereinfachen dürfen, so möchten wir sagen: als Kind, als Geliebte, als Mutter hat sie sich fraulich immer gleich bewährt, und immer hat sie sich groß und rein als Frau bewährt. Wenn einmal die Briefe Mahlers, Kokoschkas und Werfels an sie veröffentlicht werden – und das wird sich gewiß irgend einmal als notwendig erweisen –, so wird man sehen, wie sie geliebt hat, und wie sie geliebt worden ist.
Vielleicht das rührendste und merkwürdigste Kapitel dieses Buches ist das große eingefügte Fragment aus dem Tagebuch Franz Werfels während einer schweren Erkrankung der Alma: es zeigt, bis in welche Tiefen des religiösen Gewissens und Schuldgefühls diese Liebe reichte.
Die beiden wuchsen immer fester zusammen, obwohl Alma – deren beste Freunde fast nur Juden waren – von Rassenvorurteilen manchmal nicht ganz frei war. Was sie endgültig, auf Leben und Tod, zusammenband, war die schauerliche Flucht durch das besiegte und von den Deutschen besetzte Frankreich. Werfels letztes und weitaus größtes episches Werk, ›Stern der Ungeborenen‹, das er als schwerkranker Herzleidender schrieb, wäre ohne die sorgsamste Pflege, vor allem aber ohne die Atmosphäre der Geborgenheit, der Lebenszuversicht und des Lebensglaubens, die Alma immer um sich verbreitete, nicht mehr zustandegekommen. Sie lebte zuletzt nur noch für ihren Mann und Geliebten, für »Franzl«. »Mein Leben ist mit Franzls Tod beendet«, schrieb sie mir kurz nach dem Begräbnis.
Alma war dreimal verheiratet: mit Gustav Mahler, mit dem großen Architekten Gropius und mit Franz Werfel; und wenn in dem Buch wie in dieser Einleitung wenig über die Ehe mit Gropius steht, so darf daraus nicht geschlossen werden, daß sie von geringer Bedeutung für Alma gewesen wäre. Doch ist diese Ehe immer von einer gewissen Scheu umwittert, wie sie großen Lebenstragödien innewohnt. Alma, deren ganze Existenz Leben ausströmte und Leben an sich zog – auch wo dieses Leben Kunst hieß –, war stets von Tragik in ihrer unmittelbaren Nähe bedroht. Eine von zwei Töchtern, die sie Gustav Mahler gebar, starb sehr jung. Ein Knabe aus ihrer Ehe mit Gropius starb kurz nach der Geburt. Das furchtbarste war die Tragödie der kleinen Manon Gropius: ein wunderbar schönes Kind, noch lange nicht erwachsen und doch schon fast eine junge Frau, mit deutlichen Zeichen schauspielerischer Begabung, starb an Kinderlähmung, nachdem der erste Anfall schon fast überwunden, das heißt ohne jede Entstellung stabilisiert schien, sogar mit Anzeichen einer gewissen Besserung. Wer diese Tragödie auch nur aus der Ferne miterlebt hat, ahnt, was Alma damals gelitten haben muß.
Heute lebt Alma in ihrem Haus in Manhattan, in dem sie ein Apartment von zwei Zimmern bewohnt, angefüllt mit den Andenken ihres Lebens, doch sie selbst immer offen für neue Eindrücke; und wer von ihr einen Brief in der gewohnten monumentalen Handschrift erhält, fühlt, daß ihr großer Lebensstil, der nicht eine Sache des Reichtums, sondern der inneren Haltung ist, auch der Stil ihrer späten Jahre geblieben ist.
Einem Frauenleben voll Leidenschaft und Drang nach dem vollen Erleben bis zur Neige kann nicht eine besondere Sphäre, die ganz private, intime, auch die erotische nicht, weggenommen werden: es bliebe sonst nur eine Art persönlich gefärbte Musik-, Kunst- und Literaturgeschichte der Epoche übrig. Alma lebte ihr Leben auf eine höchst souveräne Art. Auch ihr Privatleben schien ihr repräsentativ als das Leben einer bedeutenden Frau unserer Zeit: und das war und ist es in der Tat. Ihr Selbstbewußtsein – auch was das Private betrifft – kleidet sie wie keine andere.
Es steht jedem Leser frei, der diese Meinung nicht teilt, das Buch nach seiner Art zu lesen, um des rein objektiven Inhalts willen. Gestalten wie zum Beispiel die Schönbergs und seines Kreises, Alban Bergs, Anton von Weberns, oder die des jungen Kokoschka, Werfels und vieler anderer sind so lebendig noch nie umrissen worden. Die Geschichtsschreiber der Kultur um 1900, 1920, 1940 werden an diesem Dokument nicht vorbeigehen können. Das ist gewiß nur einer seiner geringeren Reize – doch ein unabdingbar objektiver Wert.
Immerhin waren bei der Herausgabe Rücksichten zu nehmen. Alma war und ist ein leidenschaftliches Wesen in ihren Sympathien, aber auch in ihren Antipathien. Von den Objekten ihrer Sympathie leben noch einige – und auch von denen ihrer Antipathie. Sie hatte viele hellsichtige Urteile gefällt, doch auch manche irrtümliche und gefährliche. Hier war eine vorläufige Auswahl zu treffen. Eine vorläufige, sagen wir: denn wir sind überzeugt, daß einmal das ganze Kompendium ihrer Aufzeichnungen – dieses riesige Kompendium der großen Liebe und Güte, des Hasses, der Hellsichtigkeit, der Blindheit in einer der wichtigsten Epochen des deutschen Geisteslebens, veröffentlicht werden muß. Nicht Prüderie oder die Scheu vor persönlichen Geständnissen dieser Frau haben uns dabei geleitet, aber Vorsicht in der Beurteilung von Menschen und Entwicklungsprozessen, deren Laufbahn noch nicht abgeschlossen scheint – zumindest nicht im Urteil der Mitwelt.
Im September 1960 WILLY HAAS
Mein Leben müßte ein Unvoreingenommener trostlos nennen, wären vor und hinter den Schlagschatten nicht so unzählige, brennende Glücksmomente gewesen. Und so war es reich, trotz allem, und über alle Maßen schön.
Ich bin die Tochter eines großen Monumentes, gewissermaßen. Mein Vater, Emil J. Schindler, das Vorbild meiner Kindheit, kam aus einem alten Patrizierhaus. Er war der bedeutendste Landschaftsmaler der österreichischen Monarchie.
Meines Vaters Vater war lungenkrank und starb in jungen Jahren. Als er erkannte, daß er verloren war, mietete er einen vierspännigen Wagen und fuhr mit seiner jungen schönen Frau durch Italien und die Schweiz. Als es ans Sterben ging, bat er sie, ihr festlichstes Ballkleid anzuziehen, und darin mußte sie bis zu seinem Tode neben seinem Bette sitzen. – Ihr Porträt, von Amerling gemalt, hing in der Schönheitsgalerie der Hofburg in Wien.
Meines Vaters Onkel, Alexander Schindler, schrieb unter dem Pseudonym ›Julius von der Traun‹ theoretisch-juristische Abhandlungen sowie Romane. Zum Beispiel die Novelle ›Der Schelm von Bergen‹, das spätere Vorbild zu Carl Zuckmayers gleichnamigem Theaterstück. Er spielte im alten Österreich eine große Rolle, war Parlamentarier, und, um nur weniges über seine Neuerungen zu sagen (was für manchen viel bedeutete): er schaffte in der österreichischen Monarchie die Prügelstrafe ab.
Alexander Schindler war eine Verschwendernatur. Er mußte eines Nachts aus seinem Schlosse Leopoldskron fliehen, das über und über verschuldet war. Aber er gestaltete diesen unrühmlichen Auszug zu einer großen Theaterszene. Seine Diener, beträchtlich an Zahl, mußten ihm in Eskarpins mit Fackeln den Weg voranleuchten.
(Viele Jahre später sollte Max Reinhardt dort ähnlich hofhalten und das gleiche Schicksal erleben. Aber unsere Zeit ist weniger romantisch, und dieser Abschluß fiel in den Beginn des Zweiten Weltkrieges, der alles zerstörte.)
Mein Vater hatte vor seiner Ehe in gemeinsamem Atelier mit Hans Makart gearbeitet, dem pompösen Meister der Franzisko-Josephinischen Gründerjahre. Makart war ein Renaissancetalent, doch ohne die Größe jener Cinquecento-Menschen. Er gab die üppigsten Feste, lud die schönsten Frauen ein, die dann seine echten Renaissancegewänder trugen, und von der Decke hingen Rosengirlanden herunter in den Saal. Liszt spielte dort ganze Nächte lang, es gab die erlesensten Weine, jeder hatte hinter seinem Sessel einen Pagen in Samtgewändern … und so fort ins Uferlose des Glanzes und der Phantasie.
Die Sohlen an dem einzigen Schuhpaar meines Vaters zeigten zum Beispiel Sprünge, da er die Schuhe aber noch nicht bezahlt hatte, war eine Neubestellung nicht gut möglich. Er mietete also einen Monatsfiaker, um die Schuhe für ein paar Wochen – bis zur Vollendung eines Bildes – zu ›strecken‹. So taumelte er durchs praktische Leben, und er kam leidlich durch, denn es gab doch auch ab und zu Aufträge. Aber die Schulden wuchsen …
Zu den Ornamenten der sonderbaren Umstände, in denen mein Vater damals lebte, gehörte ein junger Page, der ihm jeden Abend die Taschen ausleerte und das bißchen Geld, das er fand, stahl. Mein Vater wußte das, und es machte ihm nichts aus … »weil der Bursch so schön war«. – Später allerdings flog der Junge in hohem Bogen hinaus, als meine Mutter die Haushaltung übernahm und hinter seine Schliche kam.
Mein Vater war ein geniales Wesen und verschuldet, wie es eben einem solchen zukommt. Nach seiner Eheschließung kam Enge in sein Leben. Wenngleich er ein Schloß bewohnte, einen Park mit Barockfiguren sein eigen nannte, lag auf dem Grunde seiner Seele unerfüllt die Schönheitssucht nach einer anderen Welt, die er in diesen herben Alltag herabholen wollte. Meine Mutter kam aus dem Kleinbürgertum Hamburgs und suchte nachzuholen, was meinem Vater im Blute lag. Nach seinem Tode erst erkannte sie seine Bedeutung.
Dieses Kämpfen um das tägliche Brot mag für sie schwer gewesen sein, denn mein Vater kannte nichts als seine Kunst. Wurde es ihm zu bunt, legte er sich hin – schlief – oder schrieb.
All das fühlte ich, und in mir wuchs in frühen Tagen schon die Lebenssehnsucht nach dem blauen Himmel auf Erden.
Ich fand sie in der Musik.
Der ewige Schüler meines Vaters, Carl Moll, ging von einer Lehre in die andere, suchte oft die heterogensten Lehren, bis zu seinem Tode, und zum Unglück seines kleinen Talentes. Er beschreibt hier den ersten Eindruck von unserem Heim:
»Ein mäßig großes Zimmer, durch die Fenster flutete reiches Licht aus weiter Ferne, ein Dielenschrank aus dem 18. Jahrhundert, und in einem Riesenlehnstuhl eine wunderschöne alte Dame mit silberweißen Schläfenlocken, zwei Kindern, braun und blond, Märchen vorlesend: Schindlers Mutter mit ihren Enkelkindern.
Der Winter 1884 bringt die Erfüllung von Schindlers geheimsten, nie ausgesprochenen, kaum gedachten Wünschen: Jenseits des Wiener Waldes, zwischen Neulengbach und Tulln, steht in einem alten Park (fast der Garten seiner Träume) ein altes Schloß, zum Fürst Karl Liechtensteinschen Besitz Neulengbach als Ernteschloß gehörig. Ein zwei Stock hoher, von steilem Dach gekrönter rechteckiger Bau aus dem 15. Jahrhundert. Ein Zwiebelturm mit Uhr in barocker Form bildet den einzigen Schmuck der Front. Der zwei Joch große Park zeigt nur noch Spuren einer stilvollen Anlage, vor allem ein prächtiges barockes Kellerportal, von mehreren hundertjährigen Linden flankiert. Noch mehr mächtige Linden und Platanen, dazu eine Allee von alten Nußbäumen. Hinter dem Schlosse klettern Weinberge hügelan, vor demselben, tiefer, umschließt den Park ein Dörfchen von wenigen Häusern. Schloß Plankenbergs umgebende Natur ist anregend, abwechslungsreich, hügeliges Terrain, weite Fernsichten, Wald und Feld, die von Pappeln gesäumten Landstraßen und ein ruhig fließender Bach. Die Schloßbewohner sind Herren der ganzen Umgebung.
Schindler, der geborene Aristokrat, der als Jüngling bei seinem Onkel im Schlosse Leopoldskron gelebt hat, ist vom Zufall in ein Schloß zurückgeführt worden und kann mit den bescheidensten Geldmitteln ein grandseigneurales Leben führen.«
Aus diesen Aussprüchen kann man ersehen, daß ich wie eine Prinzessin in schönster Natur dahinlebte. Mein Vater wurde der Künder gerade dieser Natur. Um Österreichs Natur zu kennen, braucht man nur die Bilder meines Vaters zu sehen … dann versteht man sie.
Meine Kindheit verbrachte ich meist in diesem alten Schlosse. Es war für mich voll Grauen, Legenden und Schönheit. Man sagte, ein Gespenst ginge um, und wir Kinder fürchteten uns ganze Nächte davor.
In der Mitte des großen Stiegenhauses prangte ein Altar in einer kleinen Kapelle, und mein Vater fand eine holzgeschnitzte Madonna und vergoldete Barockleuchter. Der Altar wurde mit Blumen umstellt, und Kerzen leuchteten die ganze Nacht. Er wurde natürlich niemals benutzt; er war nur der Schönheit halber da. Mußten wir Kinder am Abend daran vorbei, so rannten wir schaudernd.
Mein Vater war tiefmusikalisch. Er hatte eine wunderbare Singstimme, einen hellen Tenor, und sang mit großem Können Schumannlieder und ähnliches. Seine Konversation war fesselnd und nie alltäglich. Ich war stundenlang bei ihm und stand und starrte auf die offenbarende Hand, die den Pinsel führte. Ich träumte von Reichtum nur darum, um schöpferischen Menschen die Wege zu ebnen. Ich wollte in Italien einen großen Garten haben mit vielen weißen Ateliers darin, und ich wollte die bedeutendsten Menschen einladen, dort ohne Alltagssorgen nur ihrer Kunst zu leben – und ich wollte mich niemals zeigen. Ich liebte Schleppen, Samtgewänder, und wollte in Gondeln gerudert werden, denen rote Samtdecken im Wasser nachschleiften … das war der Bodensatz der Makartzeit in mir.
Mein Vater nahm mich immer ernst. Einst holte er mich und meine Schwester in sein Atelier und erzählte uns den Inhalt des ›Faust‹. Wir Kinder weinten, ohne zu wissen warum. Als wir nun ganz hingerissen waren, gab er uns das Buch und sagte: »Das ist das schönste Buch auf der Welt. Lest es, behaltet es.«
Wir gingen und lasen. Aber da kam meine Mutter zornwütig an. Es entspannen sich nun zwischen unseren Eltern und zufälligen Gästen Kämpfe, denen wir Kinder mit verhaltenem Atem hinter der Türe zuhörten … bis die Partei der sogenannten Vernünftigen, wie immer, siegte. Mir blieb’s wie eine fixe Idee: Ich mußden Faust wiedererlangen.
Und so war die ganze Jugend. Voll von Versuchen und ohne jedes System. Wir lernten immer zu Hause, bei bösen Hauslehrern, die entfernt wurden, wenn mein Vater darauf kam, daß sie uns quälten. Dann wieder bei guten Herren, von denen man aber nichts lernte; später unterrichtete uns meine Mutter einen Winter lang auf Korfu. Sie war aber so ahnungslos, daß sie uns zum Beispiel aufgab, an einem einzigen Tag das große Einmaleins auswendig zu lernen.
Nervös und gescheit war ich bis zu einem gewissen Grade –: nämlich jene gewisse Kindergescheitheit mit dem Lückenhirn. Wie habe ich gelitten, wenn ich mir in der Schule oder unter anderen bewußt wurde, daß ich nichts ganzausdenken konnte. Gelernt wurde eigentlich nie und nichts systematisch. Keine Jahreszahl blieb in meinem Kopf, nichts interessierte mich außer Musik.
Eine Reise wurde für mich zum großen Erlebnis. Mein Vater bekam den Auftrag, für das Kronprinz-Rudolf-Werk ›Die Monarchie in Wort und Bild‹ alle adriatischen Küstenstädte von Dalmatien bis Spizza in Tusche zu zeichnen. So fuhren wir mit einem Frachtdampfer, der überall so lange halten mußte, bis mein Vater seine Arbeit vollendet hatte, zunächst nach Ragusa. Dort blieben wir den halben Winter und fuhren weiter im Frachtdampfer nach Korfu, wo wir die andere Hälfte des Winters verbrachten.
Ragusa, Lacroma, alles haftete wie ein paradiesischer Traum in meinem Gedächtnis. Wir hatten ungeheures Gepäck mit uns, da meine Mutter überall menagierte. Auf Korfu, der ersten griechischen Insel, wo mein Vater frei vom Auftrag war, bezogen wir nach kurzem Aufenthalt in der Stadt Korfu eine kleine Steinvilla in San Teodoro, auf einem Berg, in größter Einsamkeit. Hier endlich malte mein Vater wunderbare Bilder zu seiner eigenen Freude.
Meine Mutter kam jetzt zu ihrem Recht, denn ohne ihre Vorsorge hätten wir hier nie leben können. Sie hatte sogar Petroleumlampen mitgeschleppt, die in dem gänzlich finsteren Hause aufgehängt wurden. Unser Hausherr war ein Grieche, und seine Primitivität war grenzenlos. Wir Kinder waren einige Male in Lebensgefahr, denn griechische Kinder wollten keine Fremden und bewarfen uns mit Steinen, wo sie meine Schwester und mich erwischen konnten. So mußten wir denn immer von meiner Mutter, von Papa oder Moll bewacht werden.
Wir hatten ein Pianino aus Korfu kommen lassen, und hier begann ich mit neun Jahren zu komponieren und aufzunotieren. Da ich der einzige Musiker im Hause war, konnte ich das Meine entdecken, ohne darauf gestoßen zu werden.
Meines Vaters fünfzigster Geburtstag wurde sehr festlich begangen. Der Eisenbahnminister Heinrich von Wittek war ein ergebener Freund meines Vaters. Während des Festessens stand er auf und hielt eine Rede auf meinen Vater. Zum Schluß ging er auf ihn zu, küßte ihn und sagte laut und vernehmlich: »Und jetzt bitte ich Sie, daß Sie mir einen Lieblingswunsch mitteilen, und ich werde alles, was in meiner Macht steht, tun, um Ihren Wunsch zu erfüllen.« Mein Vater besann sich keinen Augenblick. Er bat um eine größere Beamtenstelle im Eisenbahnministerium für Dr. Theobald Pollack. Dieser war in untergeordneter Stellung bei einer Transportgesellschaft tätig. Er war ungetauft und leidenschaftlicher Jude.
Der Minister Wittek war entschieden antisemitisch eingestellt, aber er hatte es versprochen, und er hielt sein Wort. Mein Vater bat Herrn von Wittek noch, alles zu versuchen, daß Dr. Pollack gleich in eine gehobene Stellung käme, da er viel zu gescheit und erfahren sei, um sich in den unteren Rängen wohlzufühlen – mehr als das: er sei überzeugt, daß Dr. Pollack dort wenig leisten könne, daß er aber, wenn es ihm gelänge, gleich in höherer Stellung unterzukommen, zur vollsten Zufriedenheit des Ministers arbeiten würde. So geschah es: er wurde ein ausgezeichneter Beamter und schon nach wenigen Jahren Hofrat.
Nie vergaß Dr. Pollack diesen Freundschaftsdienst meines Vaters. Er übertrug seine Dankbarkeit auf mich und liebte mich über alles. Und als ich Gustav Mahlers Frau wurde, machte diese Tat den leidenschaftlichen Juden zu meinem engsten Freund. Er brachte mir die kostbarsten Leckerbissen, Bücher, Noten. Und so kam er einmal mit Bethges ›Chinesischer Flöte‹, einer Sammlung von Gedichten, vor allem von Li-Tai-Pe. Die Gedichte entzückten mich, und ich las sie Gustav Mahler immer wieder vor, bis er daraus, Jahre später, ›Das Lied von der Erde‹ machte. So wurde der Zirkel der Güte meines Vaters schön geschlossen.
In der Zeit verliebte sich Erzherzog Johann Orth – der später alle Würden des Kaiserhauses ablegen sollte – so sehr in meines Vaters Wesen und Genie, daß er ihn einlud, eine lange Reise nach Dalmatien und in die Bukowina mit ihm zu machen. Es war eine stattliche Kavalkade, die da auszog, ein Märchenland zu durchforschen. Und diese hocharistokratische Gesellschaft hatte oft tagelang nicht die Möglichkeit, irgend etwas Eßbares zu finden.
Ein wunderbarer intimer Briefwechsel verband meinen Vater bis zu seinem Tode mit Johann Orth, der sich darin rückhaltlos über das Kaiserhaus ausließ – wohl wissend, daß mein Vater niemals Gebrauch davon machen würde. Seine Begeisterung für meinen Vater war so groß, daß er den Kronprinzen Rudolf veranlaßte, meinen Vater als Gast auf eine geplante große Reise in den Orient einzuladen. Mein Vater freute sich auf eine neue Landschaftswelt, und meine Mutter kniete gerade vor den offenen Koffern, um seine Reise vorzubereiten, als irgend jemand hereinstürmte: »Der Kronprinz ist verunglückt!« … und der Traum war ausgeträumt, bevor er begonnen hatte. Dies war für uns die Mayerling-Katastrophe im Jahre 1889, und damit erlosch die Bedeutung der Habsburger für Österreich, denn Rudolf war eine großangelegte Natur gewesen – und was ihm folgte, erreichte ihn nicht mehr.
Dann starb mein Vater. Es war im Sommer 1892; er war auf seiner ersten Vergnügungsreise, die er sich nach Abzahlen der Schulden leistete. Jung mit seinen fünfzig Jahren, erkrankte er plötzlich, und niemand konnte sich vorerst die Vehemenz seiner Krankheit erklären.
Zuvor war er bei seinem Freunde, dem Prinzregenten Luitpold von Bayern, in München zu Gast gewesen. Luitpold vergnügte sich daran, alle seine Gäste plötzlich unter einen Wasserfall zu bringen, den man vorher nicht sehen konnte. Alle purzelten im Kreise herum. Das machte Luitpold ungeheuren Spaß, aber bei meinem Vater kam durch diesen harten Anprall ein altes Blinddarmleiden zum Durchbruch. Er wäre bei sofortiger Operation zu retten gewesen, doch er reiste zu uns nach Hamburg und weiter nach Sylt.
Die Ärzte tappten, wie so oft, im dunkeln. Wir wurden eines Mittags aus dem Restaurant geholt. Ich wußte gefühlsmäßig, daß Papa tot war.
Wir stürzten wie der Wind über die Dünen, den ganzen Weg über schluchzte ich laut. Als wir nach Hause gelangten, kam uns Carl Moll entgegen: »Kinder, ihr habt keinen Vater mehr.«
Nach dem furchtbaren Schreck und dem Bewußtsein, das Beste aus meinem Leben verloren zu haben, kam dieses merkwürdige ›Nach dem Tode‹, das alle Liebeserinnerungen an den Toten für den Moment auslöscht.
Wir Kinder wurden in ein Zimmer eingeschlossen. Eine Tür aber war aus Nachlässigkeit offen geblieben, und wir schlichen uns hinaus und fanden in einem Zimmer nebenan in einer Kiste – so schien es uns – auf dem Boden liegend unseren Vater. Er war so schön und edel wie ein Grieche, wie ein herrliches Wachsbild, so daß wir kein Grauen verspürten. Ich verwunderte mich nur über die körperliche Kleinheit des Menschen, der mein Vater gewesen war.
Dann reisten wir fort – mit meinem toten Vater, der in Wien begraben werden sollte. Da es um die Zeit der ersten Cholera-Fälle und Quarantäne in Hamburg war, wurde der Sarg in eine Klavierkiste gepackt und gelangte unbemerkt über die Grenze. Alles Spätere ist mir entschwunden. Ich habe es nicht begriffen.
Dieser Tod am Meer, der schwierige Transport nach Wien, die graue, nordische, stürmische, hoffnungslose Natur auf Sylt, all das ist in meiner Erinnerung tief eingegraben.
Ich war stolz, daß Papa ein so schönes, goldbesticktes Bahrtuch hatte … Und auf dem Friedhof störte mich ein Schreikrampf meiner Mutter. Aber immer mehr fühlte ich, daß ich meinen Führer verloren hatte, meinen Leitstern – ohne daß es irgend jemand außer ihm selbst geahnt hatte. Ich war gewohnt gewesen, ihm alles zu Gefallen zu tun, meine ganze Eitelkeit und Ehrsucht hatte als einzige Befriedigung den Blick seiner verstehenden Augen gehabt.
Bald nach meines Vater Tode wurde ihm im Stadtpark in Wien ein wunderschönes, romantisches Denkmal gesetzt, gestaltet von Edmund Helmer. Die Enthüllung, das marmorne Sichbeleben der Züge meines Vaters, endlich das Im-Vordergrund-Stehen meiner kleinen Person bei der Enthüllung – ich war fast bewußtlos, als die Feier endlich ihrem Ende zuging.
Molls Einfluß begann nun zu dominieren. Er suchte an mir seine Erziehungskünste zu erproben, die aber nichts als Haß in mir weckten, denn er war eben nicht mein Leitstern. Er sah aus wie ein mittelalterlicher holzgeschnitzter heiliger Joseph, war ein Alt-Bilder-Monomane und störte meine Kreise in der aufdringlichsten Weise.
Nach fünf Jahren heiratete meine Mutter den Schüler meines Vaters, den Maler Carl Moll. Sie hat einen Perpendikel geheiratet, und mein Vater war doch eine Wesensuhr!
Diese Jugendjahre trennten mich innerlich vollkommen von meiner Umgebung. Die Umgebung wurde mir gleichgültig und die Musik dafür alles.
Ich lernte bei dem blinden Organisten Josef Labor Kontrapunkt, raste durch die Musikliteratur und schrie alle Wagner-Partien herunter, bis mein schöner Mezzosopran zum Teufel war. Ich lebte in einem Musikwunder, das ich mir selber erfand.
Im Sinne meines Vaters suchte ich mir nun die Helfer meiner Jugend in älteren wissenden Männern unseres Künstlerkreises: Max Burckhard, der mich Lesenlehrte im tiefen Sinne, und später Gustav Klimt, der feine byzantinische Maler, der das von meinem Vater her erlernte ›Augen-Sehen‹ konzentrierte und vertiefte.
Ich war süchtig nach allem Mystischen, fasziniert von Worten wie: »Die Menschen, die in den Locken der Gottheit spielen …« Ich fing dieses und viele ähnlich schönen Worte meines Vaters auf. Diesen Satz hatte er vor sich hingesagt, als er in Sylt die Badenden am Strande und in den hohen weißen Wellen beobachtete. Oder er sagte einmal: »Das Leben zeigt sich heute dem Maler anders als gestern. Die, welche glauben, ein Recht auf Ruhe und Behaglichkeit zu haben, stellen sich außerhalb des Lebens. Es ist leicht, das Gestern zu malen. Es ist ein Abschreiben. Fast alle malen das Gestern.«
Mit fünfzehn Jahren begann ich, mir eine Bibliothek anzuschaffen. Ich ging jetzt allein aus, denn meine Mutter hatte Gott sei Dank wenig Zeit für mich; oft hatte ich unter einem weiten Cape Kinderbücher, die ich in ein Antiquariat schleppte, wo ich mir dafür Dehmel, Bierbaum, Rilke, Liliencron erwarb. Bald besaß ich eine schöne kleine Bibliothek, von der niemand etwas ahnen durfte. Max Burckhard sandte mir zu Weihnacht zwei Dienstmänner, die große Waschkörbe voll Bücher brachten. Es waren alle Klassiker in den schönsten Ausgaben. Und als ich Mahler heiratete, war meine Bibliothek größer als die seine.
Meine erste Begegnung mit einem wirklichen Verwandten meiner Lebensanschauung, meiner Lebensbejahung und allem, was in dieses ungeheure Kapitel des Lebens hineingehört … das war Max Burckhard. Diese Beziehung war ohne die geringste erotische Färbung auf meiner Seite. Ich war siebzehn Jahre alt und völlig unerwacht, schön, las viel und komponierte. Meine Ichwerdung war unorganisch … vieles war zuviel, vieles zuwenig entwickelt.
Meine nächste Umgebung war geistlos, und so mußte ich mir alles selbst entdecken. Max Burckhard war der erste, der sich meines irrlichternden Geistes annahm. Wir waren beide wilde Nietzscheaner – er ein revolutionärer Modernist. Aber er gefiel mir als Mann nicht, und seine große Verliebtheit löste Widerwillen in mir aus. Wir waren immer einer Meinung, und das langweilte mich auf die Dauer.
Die merkwürdigen Szenen, bei welchen seine starke Männlichkeit mich anfangs reizte und die ich immer wieder mit einem kraß-herzlosen Scherz abbog, machten ihn rasend. Er nannte mich kokett und verschwand dann immer eine Weile aus meinem Gesichtskreis, bis er eben doch wieder kam, und das Ganze von neuem begann.
Er war ein Lebenskünstler par excellence. Er segelte, ruderte, radelte, erklomm die höchsten Berge. Heute wäre er Pilot, vielleicht Stratosphärenbesucher geworden. Wenn wir eine Radpartie machten, humpelte immer meine Mutter in einem dicken Landauer nach – in dem sie Burckhards Proviant bewachte, als da waren: ein paar Flaschen Heidsieck-Monopol, Rebhühner, Ananas, kurz, was seit eh und je gut und deshalb teuer ist. Alles ging mit größter Harmlosigkeit vor sich, weil er mir eben, Gott sei Dank, als Mann nicht gefiel.
Als Burgtheaterdirektor hatte er eine Almhütte gepachtet, die steil auf einem Felsen ragte und nur nach mühsamer Kletterei erreichbar war. Dort oben verlebte er seine Ferien und bildete sich ein, sein eigener Souverän zu sein. Seine Menschenverachtung war grenzenlos. Die Jäger und er schleppten die gleichen Lasten in schweren Rucksäcken den Berg hinauf. Er hatte Bücher, Konserven und Kerzen mit, aber keinen zweiten Anzug. So lebte er wochenlang vor der Natur mit sich allein … nur in Gesellschaft von Gemsen und Rehen. Er war ein Gottloser, aber ein großer Herr. Er war sein eigener Gott. Denn einen Gott muß der haben, der eine solche Einsamkeit ertragen kann.
Später, nach seiner schweren Erkrankung, hatte er sich eine Villa am Wolfgangsee erbaut und, weit in den See hinaus, ein großes Bootshaus, das man nur mittels einer Zugbrücke erreichen konnte. So wollte er sich, mit Büchern und Konserven bewaffnet, vor der Welt totstellen. Er wollte im Gebüsch, wie ein krankes Wild, verenden – aber er starb dann doch umstanden von ahnungslosen Ärzten. Wie das so zu sein pflegt.
Sein dichterisches Werk dürfte der Zeit nicht standhalten. Als Jurist muß er hervorragend gewesen sein, wie mir nachmalige Bonzen versicherten. Als Burgtheaterdirektor wurde er in dem Moment gestürzt, als er gerade anfing, ein guter Führer zu sein. Immerhin brachte er als erster, gegen den Protest des Hofes, Ibsen und Hauptmann, die Schauspieler Kainz, Mitterwurzer, die Bleibtreu heraus … Seine innere schöpferische Natur war augenscheinlich doch nicht stark genug, sonst würde dieses einzigartige Original heute noch glänzen.
Sein Mißtrauen gegen Menschen war so groß, daß er jeden Besucher in einem anderen Zimmer empfing, denn keiner durfte vom anderen wissen. Warum aber war dieses Kraftgenie so mißtrauisch? Unter anderem sagte er: »Den Tod gibt es nicht, das ist eine Erfindung der Menschen.«
Eine amüsante Geschichte erzählte er mir davon, wie er Direktor des Burgtheaters geworden war. Er hatte durch Zufall erfahren, daß er in den Akten als »präsumptiver Gouverneur« der Bodenkreditanstalt fungierte. Er war aber Dichter und kein Geldmensch. Sofort nahm er einen Fiaker und fuhr zur Schratt nach Hietzing. Er war verzweifelt über diesen bürokratischen Fehlgriff. Die Schratt liebte ihn sehr und sagte: »Fahr gleich zurück zum Demel und bestell Mohn- und Nußbeugel, wart bis sie fertig sind, und komm sofort heraus. Der Kaiser kommt zum Nachtmahl – das ist seine Lieblingsspeis. Da kann er nicht nein sagen, mit einem Federstrich wird das erledigt. Diese Verwechslung ist ja auch zu dumm.«
Am nächsten Morgen wurde er zum Burgtheaterdirektor ernannt. Und er war wahrlich nicht der schlechteste Direktor des alten Burgtheaters!
Max Burckhard erzählte: Nach der ›Wildente‹ gab es einen solchen Mißerfolg, daß Ibsen aus dem Burgtheater ins Hotel Sacher, in dem er wohnte, schleichen wollte. Aber Burckhard erreichte ihn am Josephsplatz und riet ihm dringend, zum Bankett, das ihm zu Ehren gegeben wurde, zu kommen und niemandem zu zeigen, wie tief ihm die Sache ging. Ibsen stimmte zu, erbat sich aber ein paar Minuten Ruhe in seinem Hotelzimmer. Burckhard wartete. Endlich kam Ibsen, frisch und großartig angezogen. Um den Hals den größten norwegischen Orden. Max Burckhard fragte, warum er sich denn so hoffähig angetan habe, worauf Ibsen ihm antwortete: »Ich habe vor, heute etwas mehr zu trinken. Da ich aber im Dienste meines Herrn und Königs lebe, nehme ich diesen Orden, der mir in jeder Minute zeigen soll, daß ich mich würdig zu benehmen habe.«
Ein andermal sagte Burckhard: »Ich verkehre lieber mit Feinden als mit Freunden. Die getrauen sich wenigstens nicht, einem Böses ins Gesicht zu sagen, wie das die Freunde so gern tun.«
Burckhard war als Charakter und Gesinnungsmensch ein Unikum, von rechts und links gefürchtet. Zwischen Gustav Mahler und ihm gab es ein hochachtungsvolles Sichberühren; sie konnten aber einander nie ganz nahekommen. Ihre Grundwesenheit war zu verschieden.
Hier nun muß ich einer kleinen Episode gedenken, die einen Menschen betrifft, der großen Einfluß in Österreich und in der europäischen Welt gewinnen sollte.
Es war Karl Kraus, der Pamphletist. Ich kannte ihn aus dem Anfang seiner Karriere her. Ich war achtzehn Jahre alt. Er war ein amüsanter Causeur, hatte immer seinen ›Pilotenfisch‹ namens Fraenkel, einen kleinen Reporter, bei sich, lenkte die Gespräche nach seinem Gutdünken und wirkte eher harmlos, was er durchaus nicht war. Er horchte herum – ließ sich erzählen und verwendete den Tratsch ungeprüft in seiner neugegründeten Zeitschrift ›Die Fackel‹. Wie viele von meinen Freunden hat er darin angeprangert!
Und auch mich hat er nicht geschont. Er wußte, daß ich durch meinen Stiefvater Carl Moll von den internen Zwistigkeiten der österreichischen Sektion bei der Pariser Weltausstellung um 1900 Bescheid wußte.
Da war ein Hofrat Exner gewesen, der vom Staat Österreich an die Spitze der österreichischen Abteilung gestellt worden war und der den Zorn des Herrn Moll auf sich geladen hatte. Karl Kraus fragte mich nach Reporterart geschickt aus – ich ging auf den Leim, und die nächste ›Fackel‹-Nummer war eine Skandalnummer nur über die Pariser Weltausstellung und Hofrat Exner. Ich war in der schrecklichsten Situation, weil diese Dinge niemand außer mir wissen konnte.
Karl Kraus fragte Alexander von Zemlinsky nach den Zuständen im Konservatorium aus, vor allem über dessen Lehrer Epstein – und die nächste Nummer war gegen Julius Epstein, den Klavierpädagogen, gerichtet. Zemlinsky war wütend! Denn nur er hatte von den Dingen gewußt, und jedermann ahnte, woher diese internen Informationen kamen.
Auch Moll schäumte. Als wir alle einst im Café ›Imperial‹ saßen, machte ich Moll auf Kraus aufmerksam, der ein paar Tische weiter saß. Moll sagte laut: »Also das ist der Lump!«, erhob sich – aber Kraus war ebenso schnell verschwunden. Er fürchtete die Schläge, von denen er schon mehr bei ähnlichen Anlässen bekommen hatte. Unter anderen Verdächtigungen hatte er eine ›Fackel‹ gefüllt mit der Anklage, daß der Schriftsteller Hermann Bahr, der damals vorübergehend Theaterrezensent war, einen Baugrund in Hietzing vom Direktor des Volkstheaters, Bucowics, als Bestechung bekommen hatte, damit er über dieses Theater gut schreibe. Bahr, ein ehrenhafter Mann, ließ das nicht auf sich sitzen. Es war ja nicht wahr. Er verklagte Kraus, und es kam zu einer großen, mehrtägigen Gerichtsverhandlung mit einer Unzahl von Zeugen.
Ich war mit allen meinen Freunden dort. Es begann damit, daß Kraus hinter einem hohen Stoß von Büchern Hermann Bahrs saß, aus denen er vorlesen wollte, um Bahr als Sündenbock zu entlarven. Der Richter aber begann den Prozeß. Bahr und Bucowics unterhielten sich königlich über die unbeweisbaren Anwürfe. Die Zeugen wurden vernommen. Es waren ausnahmslos Caféhauspflanzen, und keiner konnte seine Aussage beschwören. Es war alles Tratsch, Tratsch, Tratsch!
Holzer, ein junger Dichter, fiel mit den Worten: »Nun ist meine literarische Laufbahn beim Teufel!« in Ohnmacht. Er wurde auf einer Bahre hinausgetragen – die andern wankten knieweich davon. Aber nun kam der Höhepunkt. Bahr zog die Bankquittung über die Zahlung des Grundes hervor, die vor Jahren ausgestellt war. Es stellte sich nach dem Gutachten von Sachverständigen heraus, daß der Grund damals ziemlich teuer von Bucowics an Bahr verkauft worden war. Nun kam ein geistreiches Gehechel vor den Schranken, und das Publikum johlte.
Kraus blieb hartnäckig sitzen … stand nach einer kleinen Pause auf und sagte: »Das ist alles gleichgültig, aber jetzt lese ich Schriften Hermann Bahrs vor …«, und von fortwährenden Lachsalven unterbrochen, las er eine kurze Ehebruchsnovelle vor. Der Richter ließ es über sich ergehen und stand dann auf.
»Herr Kraus, Sie werden sich über uns nicht lustig machen. Wir sind im Gerichts- und nicht im Vortragssaal. Sie haben ehrenwerte Männer der Bestechung geziehen, Sie haben den Prozeß verloren und sind verurteilt, die gesamten Kosten und einen Schadenersatz zu bezahlen.«
Und Kraus wurde kalkweiß. Ein Arzt bemühte sich um ihn.
Es war die kurioseste Gerichtsszene, die ich je erlebt habe.
Die Architekten Joseph Olbrich, Joseph Hoffmann, die Maler Gustav Klimt, Carl Moll, Josef Engelhart, Kolo Moser, der Bildhauer Strasser und andere hatten sich vom alten Künstlerhaus losgesagt und begründeten die Wiener ›Secession‹, die lange Zeit unser aller Denken und Fühlen gefangennahm. Die ersten Katakombensitzungen fanden im neuen Hause meines Stiefvaters Moll statt.
Gustav Klimt wurde der erste Präsident. Als sehr junges Ding lernte ich ihn bei einer dieser geheimen Zusammenkünfte kennen. Er war der begabteste von allen, fünfunddreißigjährig, in der Fülle seiner Kraft, schön in jedem Sinne und schon damals hochberühmt. Seine Schönheit und meine frische Jugend, seine Genialität, meine Talente, unser beider tiefe Lebensmusikalität stimmten uns auf gleichen Ton. Ich war von einer sträflichen Ahnungslosigkeit in Dingen der Liebe – und er erfühlte und fand mich überall.
Er war an hundert Orten gebunden: Frauen, Kinder, ja Schwestern, die aus Liebe zu ihm einander feind wurden. Und doch reiste er mir nach, als ich mit meiner sogenannten Familie in Italien war. Es war das Jahr 1897. Wo immer wir uns befanden, tauchte er auf. So waren wir alle in Genua, meine ›Familie‹ und der mich verfolgende Klimt. Unsere Liebe wurde hier grausam zerstört durch meine Mutter. Ihr Ehrenwort brechend, studierte sie täglich mein Tagebuchstammeln und wußte so um die Stationen meiner Liebe. Und – o Schrecken – da mußte sie lesen, daß Klimt mich geküßt hatte!
Es wurde nun Gustav Klimt verboten, überhaupt das Wort an mich zu richten. Im Getriebe am Markusplatz in Venedig konnten wir uns endlich wiedersehen: eine Menge, die uns deckte, seine hastigen Liebesworte, seine Schwüre, daß er sich von allem befreien und mich holen werde, seine befehlende Bitte, auf ihn zu warten, die Angst vor Molls Augen … es war wie eine heimliche Verlobung.
Dann sind wir nach Wien abgereist, und ich war monatelang dem Selbstmord nahe. Als verbitterter Mensch begann ich mein Frauenleben. Welcher Wahnsinn meiner Familie, zu glauben, daß man Vorsehung spielen darf, um einfach dort zu trennen, wo die Verhältnisse einem zu wenig sicher erscheinen.
Alle jungen Menschen werden mich hier verstehen, obwohl unsere Probleme von damals nicht die ihren von heute sind.
Gustav Klimt versuchte es nun immer wieder, an mich heranzukommen, aber mein Lebenswille war gebrochen. Außerdem hatte ich die Moral der damaligen Zeit. Ich meinte, etwas ›Wichtiges‹ schützen zu müssen.
Ich begann wieder zu komponieren, um mein Leid irgendwie zu gestalten.
Gustav Klimt verdanke ich viele Tränen und dadurch meine Erweckung. Meine sogenannte gute Erziehung hat mein erstes Liebeswunder vernichtet. Taub war ich allen seinen Beschwörungen und Bitten, zu ihm ins Atelier zu kommen. So oft wir uns später sahen, sagte er wohl: »Dein Zauber auf mich vergeht nicht, er wird immer stärker«, und auch ich zitterte, wenn ich ihn ansah, und so blieb es viele Jahre eine sonderbare Art von Verlöbnis – wie er das ja vor Jahren von mir verlangt hatte.
Er hat es viele Jahre später selbst ausgesprochen, daß wir uns ein ganzes Leben gesucht und in Wirklichkeit nie gefunden haben. Er spielte gewohnheitsmäßig mit menschlichem Empfinden. Doch als Mann war er alles das, was ich damals – irrtümlich – suchte.
Indessen ging seine Kunst krause Wege. Er verfiel der byzantinischen Idee der ›Wiener Werkstätte‹, einer kunstgewerblichen Gesellschaft, der bedeutende Innen- und Außenarchitekten angehörten. Sie leisteten in ihrer Art Großes, aber Klimt kam durch sie auf einen falschen Weg – den übrigens auch Fernand Khnopff und Jan Toorop gingen. Doch ihr Weg war anders vorgezeichnet, und der Umweg schadete ihnen nicht. Klimt umgab seine anfangs großangelegten Bilder mit Flitterkram, und seine Künstlervision versank in Goldmosaiken und Ornamenten. Er hatte niemand um sich als wertlose Frauenzimmer – und darum suchte er mich, weil er fühlte, daß ich ihm hätte helfen können.
Meine Erziehung war so gut wie areligiös. Da meine Mutter, aus Hamburg stammend, protestantisch war und mein Vater aus einer alten Katholikenfamilie kam, lernten wir Kinder überhaupt keine kirchlichen Gebräuche, und bis auf ein paar primitive Gebete, die uns katholische Dienstboten eintrichterten, wußten wir nicht das geringste.
Im Institut kam mir alles theatralisch vor, und der einzige alte Katechet, der mir einsagte, wenn der Schulinspektor kam, galt mir als Priester, da er, hoch über den Dingen stehend (er war viele Jahre in Afrika Missionar gewesen), nichts forderte oder verlangte, sondern nur mit Engelsgüte gab. Aber ich wußte am Ende meiner Schulzeit nicht einmal die zehn Gebote. Mein Weg führte mich in sehr jungen Jahren weg vom Katholizismus, ja weg vom Christentum überhaupt. Ich las – las unentwegt: Nietzsche, Schopenhauer und später vor allem Plato.
Kein Band verknüpfte mich mit der katholischen Kirche, und als meine recht unselbständige jüngere Schwester aus Liebe zu ihrem Bräutigam zum Protestantismus übertreten sollte, tat ich es auch ihr zuliebe, da sie eine jämmerliche Angst hatte. Ich wurde also Protestantin ohne Sinn und Überzeugung.
Jedenfalls habe ich, damals verwirrt durch Philosophie und Literatur, die Größe des Christentums, vor allem des Katholizismus, nicht verstanden.
Mit zwanzig Jahren lernte ich dann Gustav Mahler kennen, meinen ersten Mann. Er war christusgläubig und hatte sich keineswegs nur aus Opportunismus taufen lassen, um die Stellung als Hofoperndirektor in Wien zu bekommen, wie manche Biographen glauben machen wollten. Denn damals konnte nur ein Katholik diese Stellung innehaben.
Ein Brief an mich, aus späteren Jahren, ist eine Antwort auf meine Polemik: wie hoch doch Plato, in gewissem Sinne, über Christus stände. Gustav Mahler lehnte diese Frage überzeugend und bestimmt ab. Mahler ging selten an einer Kirche vorbei, ohne einzutreten. Aber seine Devotion erregte meinen Widerspruch. Er liebte auch zutiefst den katholischen Mystizismus. Ich war oppositionell dem christgläubigen Juden gegenüber – damals! Viel, viel später entdeckte ich für mich zuerst die Kirche und noch viel später Jesus Christus.
Gustav Klimt war als die erste große Liebe in mein Leben gekommen, aber ich war ein ahnungsloses Kind gewesen, ertrunken in Musik und weltfern dem Leben. Je mehr ich an dieser Liebe litt, desto mehr versank ich in meiner eigenen Musik, und so wurde mein Unglück zur Quelle meiner größten Seligkeiten. Meine wilde Komponiererei wurde durch Alexander von Zemlinsky, der mein Talent sofort erkannt hatte, in ernste Bahnen gelenkt. Ich komponierte von einem Tag zum anderen vielseitige Sonatensätze, lebte nur meiner Arbeit und hatte mich plötzlich von allem gesellschaftlichen Treiben zurückgezogen. Und niemand konnte sich mein Verhalten erklären.
Es war fast selbstverständlich, daß ich mich in Zemlinsky, der ein häßlicher Mensch war, verliebte.
Ich hatte Alexander von Zemlinsky in kleiner Gesellschaft kennengelernt, und wir hechelten die Menschen um uns boshaft durch. Plötzlich sahen wir einander an. »Wenn wir jetzt auf einen Namen kommen, von dem sich nur Gutes sagen läßt, dann trinken wir ein Glas ex!« Und aus einem Munde riefen wir: »Mahler!«
So begann unsere gegenseitige Liebe. Denn Freundschaft war es vom ersten Moment nicht. Ich bat Zemlinsky am selben Abend, mein Kompositionslehrer zu werden. Er war selig, ich nicht minder … und es begann eine ungeheuer feurige Lehrzeit für mich, in der alles und jedes andere verblaßte.