© Umschlaggestaltung Eleonore Stängle-Worel
1. Auflage 2009
Texte und Bilder: Eleonore Stängle-Worel
Copyright© Eleonore Stängle-Worel, alle Rechte vorbehalten
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 9 783844 863277
Schuhe
Rabe
Frau vor Spiegel, im Lotossitz
Raupenkopf
Kamel
Einsame gebückte Figur
Mann mit Hund
Miniaturlandschaft
Drei Vögel im Schnee
Herr auf Bank
Surfbrett mit Frau
Frau auf Bank, mit Vögeln
Junge mit Eisblock
Frau,Wäsche aufhängend
Ratten
Berggeist
Drei Skulptur
Afrika
Verliebte
Risse in der Wand
Nackter Tänzer
Plakat Sportveranstaltung
Balletttänzerin
Weiser Mann
Apfel
Butler
Frau mit Maske
Kleiderständer
Opa mit Badehose
Fensterblick mit Kindern
Rapunzels Brief: "Liebe Gertrud"
Tennis
…wir lachen den
Marktleuten ins Gesicht,
als wären wir Abgesandte
der Sonne…
Gewidmet meinem
Sohn Tobias
Meine schöne Maschine, auf der ich hergereist bin, lasse ich vor der Pension Strandläufer stehen, genau vor dem Fenster der Gaststube. Die Wirtin schaut nach ihr, während sie ihre Gäste verwöhnt, das hat sie versprochen.
Die See ist dunkelblau wie der Himmel, alles ist ruhig, alles ist weit, der Strandhafer unterbricht die sanfte Wölbung der Dünen mit seinem Streifenmuster.
Nur ich bin unterwegs. Wie immer hat mich mein Weg hierhergeführt, allein in die Dünen, und noch nie habe ich in der Gegend einen Menschen gesehen. Es ist auch weit weg vom Dorf.
Die Schuhe stehen noch da.
Noch gebleichter, noch rissiger als im Frühjahr und in den Jahren davor, als man die schwarze Farbe noch gut gesehen hatte.
Sie stehen eng beieinander, als hätte ein ordentlicher Mann sie dort hingestellt, geradeso als wäre er von der Arbeit nach Hause gekommen und wollte die Hausschuhe anziehen oder zu Bett gehen. Jetzt wachsen allerlei Pflanzen heraus. So oft war ich bei meinen Wanderungen genau bei den Schuhen angekommen.
Verwundert, da ich dies nicht geplant hatte, saß ich dann bei ihnen und betrachtete sie. Verändert habe ich jedoch nichts an ihnen. Mit der Zeit gewöhnte ich mich an sie wie an alte liebe Bekannte und war neugierig zu erfahren, wie es ihnen erginge. Oft dachte ich auch daran, wie der Mann wohl ausgesehen haben mochte, der einstmals die Schuhe trug. Welchen Anblick mag er wohl geboten haben, als er diese Schuhe auszog. Warum hat er sie zurückgelassen? Die Schuhe waren gut in Form, als ich sie zum erstenmal sah. Warum zieht es mich immer wieder an diesen Platz in den Dünen, fragte ich mich oft - und erst jetzt, während ich mich den Schuhen nähere, ahne ich, daß der Besitzer der Schuhe gar nicht fortgegangen ist, sondern hier geblieben ist bei seinen Schuhen.
Unser Rabe Rasaluki, dessen Geschichte, soweit wir davon wissen, wir jedem Besucher erzählen müssen, ist ein Saufkopf.
Heute, er ist nun schon zwei Jahre bei uns, sieht er bereits aus wie eine schiefe Gestalt, einem menschlichen Wrack sehr ähnlich, und ist wahrscheinlich nicht mehr zu heilen. Daß er süchtig ist, das hatten wir sehr bald bemerkt. Das hat nichts mit den Umständen seines Auffindens im Prater zu tun, wo er zwischen den Buden umhertorkelte und zum Laufen auch die Flügel benutzte - obwohl er dauernd Bier her, Bier her oder i' fall' um, schrie, dachten wir damals eher an einen Unfall oder eine Verletzung als daran, daß er betrunken sein könne.
Rasaluki, das bemerkten wir, der trinkt buchstäblich alles, was er kriegen kann, auch Tee oder Milch, Schnaps und Wein, einfach alles. Es geht ihm ums Saufgelage. Da kommt er in Stimmung, grölt und gebraucht Schimpfwörter oder kommt ins Erzählen. Deshalb wissen wir, daß er bereits sehr alt sein muß. Aus jeder Zeit hat er ein paar Geschichten aufgeschnappt. Rasaluki ist ein Sammler. Er sammelt Krawatten. Je bunter, desto schön, krächzt er, wenn wir eine mitbringen. Dann tanzt er wie ein Lump am Stecken und schimpft uns faules Gesindel. Wir haben immer einige Krawatten fertig gebunden, so braucht er nur den Kopf hinein zu stecken. Beim Verreisen benimmt er sich nur anständig, wenn er eine Krawatte tragen darf und wir "einen ausgeben".
Seit Hanna den Volkshochschulkurs besucht, ist sie verändert.
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