Für alle Serienjunkies.
Es gibt wahrlich schlimmere Formen der Sucht.
Happy End, Happyend [’hɛpi ’ɛnt]: beschreibt eine aus dem Amerikanischen übernommene Bezeichnung für einen glücklichen Filmschluss. Das Happy End wird in Filmen, Serien und Büchern gerne verwendet, da der menschliche Glückstrieb sich nach einem erfreulichen Ende sehnt und Filme mit einem glücklichen Schluss höhere Einnahmen erzielen als jene mit tragischem Ende. Typische Beispiele für Happy Ends in Filmen und Serien sind z. B. Schlüsse, bei denen der gut aussehende Hauptdarsteller die absolute Traumfrau findet, der Bösewicht ins Gefängnis wandert, die Welt gerettet wird etc.
Und doch gibt es Filme, Serien sowie Bücher, in denen das Happy End bis zuletzt auf der Kippe steht oder auch gar nicht eintritt.
Neulich bei Ashworth Park
Seit die mysteriöse Abigale Barrington-Whitley auf Ashworth Park aufgetaucht ist, herrscht mehr Chaos als je zuvor. Nicht nur Serienschönling Julian dichtet schwülstige Gedichte für sie, schenkt ihr seine Haarlocke und hält sie für die Einzige, die ihn von seinem Liebesfluch erlösen kann – allmählich muss sich auch Julians Bruder Jasper eingestehen, dass er sich den Ungereimtheiten, die Abby umgeben, nicht länger entziehen kann.
Doch die aufkeimende Romanze zwischen Abby und Jasper wird jäh unterbrochen, als DeWitt, Serienbösewicht, zu neuer Höchstform aufläuft. Nun, da sein Plan, seine hübsche Tochter Lydia mit Julian zu verkuppeln, gescheitert ist, möchte er sich bei der Kandidatur des Lords zum Bürgermeister unentbehrlich machen. Doch Abby ahnt Böses. Will er wirklich helfen? Oder plant er, Lord Ashworth zu zerstören?
Abbys Vermutung wird bestätigt: Lord Ashworth erreichen Erpresserbriefe, in denen ihm damit gedroht wird, dass ein großes Familiengeheimnis der Ashworths offengelegt wird. Doch als Abby und Gladys den Urheber finden wollen, entdecken sie etwas Unglaubliches: Hinter den Erpressungen steckt niemand Geringeres als Jasper, für den Abby starke Gefühle hegt. Und der vor einiger Zeit erfahren hat, dass er sein Leben lang belogen wurde. Nicht Lord Ashworth, sondern DeWitt ist sein leiblicher Vater. Außerdem ist DeWitt wahrlich nicht der, der er zu sein vorgibt, sondern Lady Ashworths vergrämter Liebhaber Bobby Mason, der seinen eigenen Tod vorgetäuscht hat. Und der hat noch eine Rechnung mit den Ashworths offen …
Ashworth Park.
Täglich um 19:00 auf Channel Island TV.
Prolog
Queens, New York, 1995
Dass das Hamsterrad nicht mehr quietschte und das Rascheln im Stroh verstummt war, hatte Horatio Eversmith gar nicht richtig bemerkt. Vielleicht war es erst heute früh so still geworden oder gestern oder Alexander Fleming hatte schon vor ganzen zwei Wochen das Zeitliche gesegnet. Kein Wunder, denn Horatio konnte sich nicht erinnern, wann er das Tier zum letzten Mal gefüttert hatte. Wüstenspringmäuse kamen oft Wochen ohne Wasser aus, doch offensichtlich konnten sie das nicht ewig. Aber das war jetzt egal.
Alles, was zählte, war das hier. Diese unglaubliche Entdeckung. Es war total verrückt, ja, aber vielleicht war ihm, Horatio Eversmith, damit endlich etwas Bahnbrechendes gelungen. Etwas, an dem niemand vorbeikam, so wie der Gameboy, der gerade den Markt überschwemmte. Dann würde er selbst so berühmt werden wie Bill Gates, der mit diesem Betriebssystem namens Windows in allen Zeitungen stand. Und in fünf Jahren, im Jahr 2000, war er, womöglich bereits Millionär.
Horatio hielt sich für clever, keine Frage. Das hatte auch das Massachusetts Institute of Technology erkannt, als sie ihn vor vier Jahren zum Studium der Theoretischen Physik zugelassen hatten. Aber dass es tatsächlich er sein könnte, der die entscheidenden Erkenntnisse über Parallelwelten gewann, das war schon eine Sensation.
Die Sache würde mindestens so groß werden wie das Internet. Obwohl, ach was, das Internet war eigentlich gar nicht so toll. Niemand würde sich in zwanzig Jahren noch an das Internet erinnern. Dagegen würde er, Horatio Eversmith, das Weltbild revolutionieren – wie Galilei und Kopernikus, nur bedeutsamer. Er musste unbedingt ein schönes Foto für die Geschichtsbücher von sich machen lassen, möglichst ohne diesen fiesen Oberlippenbart, den er sich hatte wachsen lassen und der ihm gar nicht stand. Und hatte eigentlich schon einmal jemand unter fünfundzwanzig Jahren den Nobelpreis gewonnen?
»Horatio, dein Dad möchte Baseball gucken! Die New York Yankees spielen und irgendetwas stimmt mit der Satellitenanlage nicht.« Die Stimme seines Halbbruders Richard tönte durch das morsche Treppenhaus und kam, begleitet von elefantenartigen Schritten, immer näher.
Wie sollte man da die Dimensionen des Multiversums erforschen, Herrgott? Einstein hatte sich nicht mit einem nervigem Bruder herumschlagen müssen, der längst alt genug war, um auszuziehen.
»Du musst mir helfen. Wir müssen aufs Dach … Huch!« Richard stieß die Tür zu Horatios Zimmer auf und sah sich um. Betrachtete das Kabelgewirr, das sich quer über den Fußboden schlängelte, dazu die ausgebauten Röhren von Dads altem Fernseher aus den Sechzigern. »Ach du meine Güte, was ist denn hier passiert? Und warum zum Teufel laufen die Kabel aus dem Fenster? Laufen die etwa bis aufs Dach?«
»Schscht. Nicht so laut.« Horatio stakste durch das Zimmer und schloss die Tür hinter Richards Rücken. »Du hast nun die Gelegenheit, bei einer Sternstunde der Wissenschaft dabei zu sein, großer Bruder. Du weißt doch noch, was ich dir neulich über die Blasen des Multiversums erzählt habe. Dass unseres nicht das einzige Universum ist. Sondern viele Welten nebeneinander koexistieren.«
»Ein Multiversum? Horatio, nicht das schon wieder.« Richard ließ sich auf das Bett seines Bruders fallen, das mit unzähligen technischen Bauteilen übersät war. Horatio hatte erst vorhin einen Computer, einen Fernseher und eine Fernbedienung auseinandergebaut. »Ich dachte, du wolltest dein Abschlussprojekt am MIT über Röntgenstrahlen schreiben.«
»Röntgenstrahlen sind einfach nicht sexy genug.«
»Und abgefahrene Pseudowissenschaften sind es?«
»Mir ist klar, dass ihr Normalos nichts damit anfangen könnt. Komm her.« Horatio zog einen Stuhl heran und verband das Antennenkabel mit seinem Computer. Dann deutete er auf seinen Bildschirm. »Aber wenn du dir das ansiehst, denkst du anders darüber. Siehst du diese wabernden Linien auf dem Bildschirm? Ich habe es geschafft, dass unsere Antenne über einen Transmitter eine bestimmte Wellenfrequenz ins All schickt. Irgendwo dort stößt sie auf unbekannte schwarze Materie und reflektiert das Bild zurück auf meinen PC. Ähnlich wie bei einem Radargerät.«
Richard nahm Platz. »Ich sehe bloß grüne, wabernde Flecken. Sieht aus wie Glibberschleim.«
»Das ist kein Schleim, das sind Blasen. Genauer gesagt die Blasen des Multiversums, du Dussel. Außerdem ist das bloß Level eins.« Horatio fühlte ein Kribbeln im Bauch, so wie immer, wenn er von seinem Lieblingsthema sprach. Das Multiversum sprengte seine eigene Vorstellungskraft. Es sprengte die Vorstellungskraft jedes Menschen. Bestimmt fühlte es sich genauso an, wenn man verliebt war, bloß dass Physik einfach besser war! »Stell dir nur mal vor, wie viele Universen es da draußen gibt. Level eins bis Level vier. Mindestens.«
»Hä?«
»Nun, es gibt viele verschiedene Arten von Parallelwelten«, erklärte Horatio geduldig. »Level eins sind solche, in denen die physikalischen Gesetze uneingeschränkt gelten. So wie hier bei uns. Dort geht im Osten die Sonne auf. Der Himmel ist blau.«
»Und alle Typen vom MIT bekommen nie eine Freundin«, ergänzte Richard.
Horatio überhörte es. »Und dann gibt es solche, in denen Gesetze vertauscht sind. Alles zunehmend abstrakt wird. Möglich, dass da draußen Welten existieren, in denen es keine Farben gibt. Oder in denen Menschen Kuhscheiße futtern. Oder welche, in denen jedes Essen wie Hummer schmeckt.«
»Hummer? Das wäre äußerst ungünstig.« Richard lehnte sich zurück. »Ich habe eine Krustentier-Allergie.«
»Die hättest du in einer Parallelwelt nicht.«
Richard überlegte angestrengt. »Du sagst also, dass es in einem dieser grünen Waberschleimblasen-Parallelwelten-Dingern noch einen zweiten Richard E. Preston gibt?«
Horatio hob die Schultern. »Nicht in allen Welten. Aber in manchen gewiss. Wer weiß das schon. Wie ich schon sagte: Je höher der Level, umso abstrakter werden die Welten und umso mehr ist darin möglich. Manche Universen bestehen aus nichts als einem sprechenden Hotdog und der Zahl Sieben.«
Horatio hatte erwartet, dass sein Halbbruder lachte, immerhin aß er täglich Hotdogs, doch der grinste nicht mal. Im Gegenteil, er sah erschrocken aus. »Du bist irre«, murmelte Richard schließlich, während sein Blick auf den Mäusekäfig fiel. »Und du hast Alexander Fleming getötet.«
»Ach, die Maus. Die hatte einen Herzinfarkt«, antwortete Horatio beiläufig.
Richard trat zu dem Käfig und beäugte die Wüstenspringmaus. »Kannst du nichts mehr für sie tun? Mum hatte die Maus so gern.«
»Ich? Was soll ich denn tun? Fleming ist mausetot. Da hilft auch kein Penizillin«, schnaubte Horatio und drehte sich zurück an den Bildschirm. Diesmal war er nicht verwundert, dass Richard nicht lachte. Sein Halbbruder interessierte sich nicht für Erfindungen und hatte natürlich nicht den leisesten Schimmer, dass der Wissenschaftler Alexander Fleming, nach dem er seine Wüstenspringmaus benannt hatte, das Penizillin erfunden hatte.
Richard war angehender Drehbuchautor und nicht besonders klug. Kein Wunder. Immerhin war er besessen von Daily Soaps.
1
Wenn ich eins wusste, dann das: Tage, an denen mir die Donuts bei Benny’s nicht schmeckten, waren wahrlich keine guten Tage. In meinem Leben hatte es bisher nur zwei davon gegeben: Der erste war der, als Mum mir verkündete, dass sie sich von Dad scheiden lassen würde, weil der mit seiner Geliebten Gertrud am Stadtrand ein neues Leben beginnen wollte. Ein Schock für uns alle. Und am zweiten Tag hatte ich mir zuvor eine Lebensmittelvergiftung eingefangen.
Und dann war da der heutige Tag. Heute hatte ich nicht nur keine Lust auf Donuts, sondern ebenso wenig Lust auf Menschen. An diesem Abend wünschte ich mir nichts anderes, als mich in vollkommener Dunkelheit irgendwo einzusperren und so lange zu warten, bis mein jämmerlicher Zustand von alleine vorüberging.
Nur leider war man in einer Millionenmetropole wie New York selten allein. Weder in unserer Wohnung, wo meine Mum jederzeit von einem ihrer mysteriösen Dates zurückkommen konnte, noch irgendwo in der Öffentlichkeit. Man konnte noch nicht einmal heimlich in einen Gullideckel kriechen, denn selbst im Untergrund gab es eine Vielzahl von Kanalarbeitern und eine Vielzahl von Kanalratten. New York war ein wahrer Albtraum für Menschen mit gebrochenen Herzen.
»Hallo, ist jemand zu Hause?«, stöhnte Deborah, drückte sich an mich und klopfte mit ihren Fingerknöcheln unsanft auf meine Stirn. »Abby, hör auf, Löcher in die Luft zu starren, und sprich mit uns. Wir müssen uns bis morgen etwas einfallen lassen und dafür sorgen, dass Jasper in der nächsten Folge nicht auf die Bühne klettert und das schlüpfrige Familiengeheimnis der Ashworths ausplaudert.« Ich stieß sie unsanft von mir weg, aber das hinderte meine Schwester nicht daran, lauthals weiterzunerven. »Heilige Scheiße, ich fasse es immer noch nicht, dass unser Superbösewicht DeWitt Jaspers leiblicher Vater ist. Das ist eine Wendung von starwarsschem Ausmaß!« Sie versuchte sich an einer Darth-Vader-Grimasse, was ihr kräftig misslang (in Wirklichkeit machte sie bloß ein ulkiges Doppelkinn), und murmelte mit mechanischer Stimme: »Jasper, ich bin dein Vater.«
»Hast du gerade wirklich starwarsschem Ausmaß gesagt, Deborah?«, unterbrach sie meine Freundin Morgan, die uns gegenübersaß und einen Oreo-Keks-Shake schlürfte. »Was ist denn das bitte für ein Wort? Steht das überhaupt im Wörterbuch?«
Deborah beugte sich streitlustig über den Tisch. »Willst du mir etwa erklären, welche Wörter im Wörterbuch stehen, Miss Abgefahren, Ultracool und Megahypergigasuper –«
»Genug jetzt. Das bringt uns nicht weiter, meine Damen«, unterbrach Tante Gladys die beiden mit ihrer unumstößlichen Autorität, der man einfach gehorchen musste. Gleich nach meinem Rücksprung aus Ashworth Park hatte Tante Gladys mir eine SMS geschickt und um ein Treffen bei Benny’s Donuts gebeten, um gemeinsam darüber nachzudenken, was wir als Nächstes tun könnten, um die Serie zu stoppen.
Um ehrlich zu sein: Ich hatte keine Lust mehr nachzudenken. Ich hatte in den letzten Tagen schon viel zu viel nachgedacht. Über die absurde Lage, in der ich mich befand. Dass ich durch irgendeine Art von kosmischer Magie und einen unbekannten Fernsehtechniker namens Horatio Eversmith Tag für Tag um neunzehn Uhr in eine schräge Parallelwelt geschleudert wurde. In eine Welt, die nach Seriengesetzen funktionierte und aus der ich mich nur befreien konnte, wenn ich es schaffte, ein Happy End herbeizuzaubern.
Was, nebenbei bemerkt, unmöglich war. Denn in Ashworth Park tauchte immer wieder ein neues Drama »starwarsschen Ausmaßes« auf, wie Deborah sagen würde. Wie etwa der neueste Clou, eine brisante Enthüllung: Jasper Ashworth, der jüngste Sohn der Familie, war nämlich in Wahrheit nicht der Sohn von Lord Ashworth, sondern der von Darth Vader. Ähm, DeWitt. Zugegeben, das war ja so gut wie das Gleiche, nur ohne Lichtschwert, dafür mit einer Extraportion Schmalz im Haar. Auf jeden Fall genug Zündstoff für eine ganze Staffel an Folgen.
»Schon gut, Gladys, wir vertragen uns.« Deborah schien ihren ewigen Zwist mit Morgan für kurze Zeit unterbrochen zu haben. »Aber wie sollen wir bitte schön eine Lösung finden, wenn der Schlüssel zu dem Drama mit einer Kapuze überm Kopf wie ein Häufchen Elend in der Ecke hockt, an den Nägeln knabbert und Zuckerperlen von ihrem Donut pult? Verglichen mit Abby sehen sogar die zugedröhnten Junkies vor dem Grand Central Bahnhof aus wie das blühende Leben.«
Schönen Dank auch. Den netten Kommentar zu meinem Aussehen ließ ich unerwidert, obwohl ich meiner Schwester gerne den Donut ins Gesicht geschleudert hätte. Zum einen, weil mir diesmal keine schlagfertige Antwort einfallen wollte, zum anderen, weil sie vermutlich recht hatte. Ich trug immer noch das Kleid mit Liliendruck, das ich für die Wahlkampfparty im Rathaus von Ashworth Park bekommen hatte und das inzwischen nach Schweiß und Donutfett miefte. Zurück in New York, hatte ich mir bloß Dads ausgeleierten NYPD-Sweater übergeworfen, der den riesigen Vorteil besaß, dass er so groß war, dass man darin verschwinden und selbst in New York ein wenig unsichtbar werden konnte.
»Jetzt lass Abby doch mal außen vor«, ergriff Morgan für mich Partei. »Kapiert ihr denn gar nichts? Abby kann jetzt nicht denken. Jasper hat ihr gerade das Herz gebrochen. Sie hätte das Recht, sich die Decke über den Kopf zu ziehen und in purem Selbstmitleid zu ertrinken, aber sie tut es nicht. Sie ist stark. Hab ein wenig Respekt, Deborah.«
Jetzt kam doch noch Leben in mich. »Das ist totaler Blödsinn. Warum sollte ich Liebeskummer haben? Etwa, weil Jasper Ashworth mich erst geküsst hat und danach seinem dämlichen Superschurkenvater erzählt hat, dass ich ihm nichts bedeute?«, rief ich und spürte gleich darauf, wie mir die Tränen in die Augen stiegen und ich absolut nichts dagegen tun konnte.
Toll. In der Öffentlichkeit zu heulen, war so ziemlich das Peinlichste, was einem passieren konnte. Nur gut, dass Crazy Fred, der irre Besitzer des Donutladens, heute nicht da war. Der war normalerweise stets neugierig auf die Gesprächsthemen seiner Kunden und bekam auch noch hinten bei den Vanillesaucen ganz genau mit, worüber wir uns unterhielten. Und glücklicherweise war auch niemand aus unserer Schule zu sehen. Der einzige Vorteil, wenn man zwar im schicken Manhattan zur Schule ging, aber bestenfalls in einer Mittelklassegegend wohnte.
»Ist schon okay, Abby-Schatz.« Morgan setzte sich neben mich und nahm mich in den Arm. »Es ist keine Schande, sich in einen Serienstar zu verknallen. Das ist mir auch schon passiert.«
Ich zog eine Augenbraue hoch. »Ach, echt?«
Morgan nickte. »Ich war ganze zwei Wochen wie irre in diesen blonden Schönling aus Gossip Girl verliebt. Du weißt schon, der Typ, auf den Blake Lively in der Serie steht und der danach mit ihrer Freundin Leighton Meester turtelt. Es ist mir ein bisschen peinlich, das zuzugeben, aber es stimmt. Ich verstehe dich also nur zu gut.«
»Vielen Dank, Morgan«, erwiderte ich lahm, weil ich nicht unfreundlich sein wollte und Morgan keine Schuld traf, dass Jasper ein Idiot war und ich nun unter New Yorks Gullideckel kriechen wollte. Aber diese Story konnte man wirklich nicht mit meiner Lage vergleichen. Höchstens dann, wenn ein kosmischer Fluch Morgan ebenfalls in die Serie Gossip Girl gebeamt und ihr der blonde Schönling darin unmissverständlich seine Liebe gestanden hätte, bevor er beschloss, dass sein Plan, seinen Ziehvater zu zerstören, wichtiger war als sie. Nein. Der Vergleich hinkte.
»Sag mal, Abby, wie war das eigentlich? Also, Jasper zu küssen?«, wollte Morgan jetzt wissen. »War es ganz okay? Oder war es einer von diesen besonderen Küssen, die bis in die Zehen gehen und bei denen dir schwindlig wird?«
»Also es hat schon mal ziemlich lange gedauert«, warf Tante Gladys ein.
»Dann war es ein richtiger Kuss?«, vergewisserte sich Morgan. »Oder doch nur ein Filmkuss? Du weißt schon, dieses unechte Geöffnete-Lippen-Aneinanderpressen, das Schauspieler immer machen, weil der Co-Star zuvor am Setbuffet noch eine Zwiebelpizza reingeschaufelt hat.«
»Also das würde mich jetzt auch interessieren«, mischte sich Deborah ein und ließ die Brille auf ihre Nase gleiten, als hätte ich mich in eine rotäugige Labormaus verwandelt. »Und es könnte uns außerdem neuerliche Informationen zu den Gegebenheiten und der Beschaffenheit der Serie liefern.«
»Ich … ähm«, stotterte ich verlegen. Deborah sollte sich gefälligst davor hüten, meinen Kuss zu sezieren wie einen Frosch im Biounterricht. »Ich werde euch bestimmt nichts verraten. Das ist Privatsache.«
»Sie muss gar nichts sagen.« Deborah biss zufrieden in ihren Donut. »Ich habe die Folge wieder aufgenommen. Wir könnten sie noch mal anschauen.«
»Das wagst du nicht!«, schrie ich mit einer Inbrunst, von der sich selbst die übertriebene Lady Ashworth noch etwas abschauen konnte. Einige Teenager an der Theke drehten sich erschrocken zu uns um.
Nein, wir würden uns die Episode sicher nicht zusammen ansehen! Ich musste unbedingt daran denken, das Band zu verbrennen und die Asche in den Hudson River zu streuen.
»Oh … oh«, japste Deborah mit vollem Donut-Mund. »Sie wird rot. Abby, erst habe ich dir ja wirklich Respekt gezollt, Jasper so berechnend zu küssen, damit Tante Gladys DeWitts Haus durchsuchen konnte. Aber dass du dich tatsächlich Hals über Kopf in ihn verliebst? Mein Gott, so toll ist der Kerl doch gar nicht. Zumindest längst nicht so toll wie Julian.«
Da lag Deborah leider falsch. Jasper sah ziemlich gut aus, auch wenn er keiner dieser glatten Poster-Boys war wie der Typ aus Gossip Girl (oder wie Jaspers stets aus dem Ei gepellter Bruder Julian mit der unverwüstlichen Haarpracht). Doch Jasper hatte schöne dunkelblaue Augen, dichtes, wenn auch schwer zu bändigendes Haar, und wenn er lächelte, was zugegeben ziemlich selten geschah, verschwand sein ruppiges Wesen und der echte Jasper tauchte auf. Ach ja, und küssen konnte er auch. Ja. Das konnte er leider sogar ziemlich gut.
»Hört endlich auf. Ich bin nicht unglücklich verliebt!«, rief ich ungestüm. Aber weil sich irgendwo zwischen meinen Augen schon prompt eine neue Heulattacke zusammenbraute und mir die Sicht vor lauter Tränen vernebelte, blieb ich dann doch bei der Wahrheit: »Na ja, vielleicht ein wenig, aber ich schaffe das. Ich brauche euer Mitleid nicht.«
»Ha! Endlich gibst du es zu!« Deborah haute triumphierend mit der Handfläche auf den Tisch. Aus Mangel an eigenen Erfahrungen besaß meine Schwester in Sachen Liebe das Fingerspitzengefühl einer Dampfwalze. »Neulich, als wir hier gesessen haben und du uns von deiner Schwärmerei für Jasper erzählt hast, fand ich es ja noch ganz lustig. Aber jetzt …« Tadelnd schüttelte sie den Kopf. »Jetzt hast du ein gebrochenes Herz wegen eines Jungen, der nicht mit dir zusammen sein kann, weil er vorhat, mit DeWitt von der Insel zu verschwinden? Du bist traurig, weil ihr beide auf der Isle of Roses kein kitschiges Serienleben zusammen verbringen könnt? Wie lange, verdammt noch mal, hattest du denn vor, auf der Insel zu bleiben, hm?«
Ich schwieg und starrte auf meine Finger.
»Abby, ich glaube, du hast große Probleme, Serienwelt und Realität zu unterscheiden. Selbst wenn Jasper auf der Isle of Roses bleibt, was anzunehmen ist, weil die Figuren die Insel nicht einfach verlassen können – wohin soll diese Liebe führen? Willst du in der Serie bleiben? Wolltet ihr zusammen sein, irgendwann heiraten und … ähm … kleine Serienkinder bekommen? Zur Hälfte Mensch, zur Hälfte … Ja, was sind diese Serienfiguren denn eigentlich?«
»Lass das«, wehrte ich ab, doch Deborahs Worte brachten mich zum Grübeln. Wenn man es so betrachtete … Was hatte ich mir eigentlich erhofft? Es lag mir fern, das zuzugeben, aber meine Schwester hatte absolut recht. Ich konnte nicht mit Jasper zusammen sein, selbst wenn er es ebenfalls wollte.
»Du musst bei der Sache mit Jasper knallhart den Stecker ziehen, bevor es richtig anfängt, und darum verhänge ich ab jetzt ein unumstößliches Serien-Kuss-Verbot.« Deborah stampfte mit dem Fuß. »So!«
»Ein Kuss-Verbot?«, wiederholte Tante Gladys enttäuscht. »Das ist aber nicht sehr zweckdienlich bei der Suche nach meinem fünften Ehemann. Oder nach einer Liebelei, falls für eine Hochzeit keine Zeit mehr bleibt, bis wir den Fluch los sind.«
Deborah ignorierte sie. »Wenn Abby es nicht tut, muss ich eben dafür sorgen, dass aus Jasper und Abby nicht … Jabby wird!«, erklärte sie und verzog nicht eine Miene, während sich Morgan und Tante Gladys über »Jabby« schlapplachten. Deborah beachtete sie nicht weiter, sondern fixierte mich: »Abby, ich fürchte, du hast den Bezug zur Realität verloren«, stellte sie ihre finale Diagnose.
»Das sagst gerade du«, half mir Morgan. »Du stehst doch selbst total auf diesen Bilderbuch-Beau und Traum-von-Schwiegersohn-Verschnitt Julian Ashworth und ärgerst dich, dass ihn die Serie nie beim Klamottenwechseln zeigt. Ich weiß doch, wie du neulich geguckt hast, als es diesen Schnitt gab, bevor Julian unter die Dusche gehüpft –«
»Vielleicht trifft dich gar keine Schuld, Abby. Gut möglich, dass Realitätsverlust einfach eine Nebenwirkung ist«, plapperte Deborah weiter und gab sich alle Mühe, Morgan keines Blickes zu würdigen. »Eine Begleiterscheinung, wenn man sich so lange wie du in Parallelwelten aufhält, die unserer, mal abgesehen von einigen Details, zum Verwechseln ähnlich sind. Und wer weiß, die Auswirkungen der Überschneidungen werden vielleicht sogar noch schlimmer, wenn wir dich da nicht bald rausholen.«
»Oh Mann. Jetzt kommt wieder das mit der Apokalypse«, jammerte Morgan und behielt damit recht. Was folgte, war eine neuerliche lange Analyse der von Deborah vorhergesehenen Gefahren, die sich durch meine und Tante Gladys’ Sprünge oder, anders gesagt, die Überlappung der Blasen des Multiversums ergeben konnten. Angefangen von Realitätsverlust (Evakuiert New York! Es hat bereits angefangen!) bis hin zum Weltuntergang, der alles Leben in diesem Universum plattmachte.
Aber das war mir eigentlich ganz recht, denn immerhin sprach nun niemand mehr über Jasper und mich und unseren Kuss.
Morgan erwiderte daraufhin, dass Deborahs Theorie mit den Gefahren durch die Weltenüberlappung nur Spekulation sei und sie das doch gar nicht wissen konnte, solange wir nicht mit Horatio Eversmith gesprochen hatten.
Horatio Eversmith. Den würde ich ja nur zu gerne kennenlernen. Wenn man Tante Gladys, dem einzigen Menschen der Welt, der mein Schicksal mit dem Serienfluch teilte, glauben konnte, war Horatio so etwas wie der Drahtzieher des Ganzen. Weil Tante Gladys und ich seiner Meinung nach besonders begabt waren, Happy Ends zu erzeugen (sie betrieb eine Partnervermittlung, ich bloß eine läppische Kummerkastenkolumne in der Schulzeitung), waren wir ausgesucht worden, um die Serie mit einem Happy End zu stoppen. Vorher würde man uns nicht entlassen.
»Dann müssen wir eben Horatio Eversmith finden«, beschloss meine Schwester.
»Das ist nicht so einfach. Der Mann ist wie ein Phantom. Ich habe ihn das letzte Mal vor zwanzig Jahren gesehen.« Tante Gladys blickte Deborah an. »War er nicht neulich bei euch? Als er die Satellitenschüssel neu ausgerichtet hat und etwas von Wartungsarbeiten erzählt hat?«
Deborah kaute an ihrem Fingernagel. »Ja. Aber ich kann mich kaum an ihn erinnern, ich habe noch nicht mal genau hingesehen. Er war auch wirklich kein gut aussehender Typ. Alles, was ich mit Sicherheit sagen kann, ist, dass er eine Uniform und eine Kappe trug. Außerdem hatte er ziemlich viel Bart im Gesicht.«
Das führte uns nicht unbedingt weiter. Bärtige Kerle gab es in Brooklyn viele. Das schien beinahe ein neuer Modetrend unter den Kreativen hier im Viertel.
»Na fein.« Morgan knetete ihre Hände. »Wenn wir nicht wissen, wie wir Horatio finden können, dann lasst uns zumindest überlegen, was Abby in der nächsten Folge tun könnte, um zu verhindern, dass Jasper auf der Wahlparty ans Podium tritt und ganz Rosington verkündet, dass sein Vater Mr Schleimvisage und die glückliche Familie Ashworth nichts als eine Lüge ist. Denn das wird nämlich passieren, wenn es morgen um sieben Uhr erneut losgeht. Wir brauchen einen Plan.«
»Und welchen?« Tante Gladys wirkte unsicher. »Soll Abby Jasper erneut ablenken?«
»Das hatten wir schon«, zischte Deborah zwischen den Zähnen hervor. »Abby wird ihn bestimmt nicht noch mal küssen, denkt an das Kuss-Verbot. Sie sieht jetzt schon erbärmlich genug aus, wir brauchen keine Neuauflage der Romanze zwischen ihr und dem Hunde kidnappenden, Erpresserbrief schreibenden Junior-Schurken, verstanden?«
»Okay«, stimmte ihr Morgan zu. »Dann lassen wir uns etwas anderes einfallen. Und dann denken wir darüber nach, wie wir Abby schleunigst ein Date mit Trevor verpassen, um über Jasper hinwegzukommen.«
»Echt jetzt?« Deborah schnitt eine Grimasse. »Trevor? Der mit dem Intelligenzquotienten einer Kokosnuss? Muss das sein?«
»Vielleicht hat er seinen Basketball einmal zu oft gegen die Rübe bekommen, aber er ist ganz niedlich und er schreibt Tagebuch, wie Abby. Außerdem befinden sich zwischen den beiden keine Welten, sondern bloß die Brooklyn Bridge. Och, komm, Abby, sag doch auch mal was!«
Na fein, das konnten sie haben.
»Gute Nacht, allerseits«, sagte ich also, stand auf und schob das Tablett mit dem angeknabberten Donut in den Rollwagen. Heute Abend hatte ich ohnehin schon zu lange zugesehen, wie Deborah und Morgan munter über mich, mein Liebesleben und meine Reisen in die Serienwelt von Ashworth Park bestimmten, als wären die beiden Drehbuchautoren eines eigenen kleinen Laienspiels – mit mir als ihrer Marionette.
Als Morgan anbot, mich zu begleiten, lehnte ich ab. Sollte sie doch bis zum Ladenschluss mit Deborah und Tante Gladys beratschlagen, was mit DeWitt, Horatio Eversmith und den Blasen des Multiversums als Nächstes zu tun war. Ich für meinen Teil wollte nichts weiter, als mich in ein ruhiges, menschenleeres Loch zu verkriechen. Und weil im Untergrund von New York kein Laptop mit Horrorfilm-DVDs auf mich wartete, der mich ablenken konnte, entschied ich mich dann doch für mein gutes altes Zimmer.
Keine gute Entscheidung.
Das Erste, woran ich dachte, als ich die Wohnungstür aufsperrte und mich umsah, war ein Einbrecher. Hier war eindeutig eingebrochen worden!
Auf dem Wohnzimmerboden kullerte eine Menge Krempel herum. Krempel, den man sonst nur in Mums Atelier im hinteren Teil unseres Lofts fand: Staffeleien, Leinwände, geöffnete Dosen und allerlei Pinsel. Es roch nach einer Mischung aus Farbe und Terpentin.
Doch gerade, als ich schon überlegte, nach meinem Handy zu greifen und die Polizei zu rufen, entdeckte ich auf einer Staffelei ein neues Bild, das Mum erst heute Abend gemalt haben konnte. Es war ein abstraktes Gemälde, das einen Menschen darstellen sollte. Einen halb nackten Menschen, um genau zu sein. Verdutzt blieb ich vor dem Gemälde stehen und sah es mir genauer an. Es stellte einen ziemlich unattraktiven, schlaksigen Kerl mit dunkelblondem, schütterem Haar, grauen Augen, hoher Stirn, langer Nase und einem spitz zulaufenden Kinn dar.
War das etwa der Typ, mit dem sie sich seit Wochen heimlich traf und um den sie so ein Geheimnis machte? Der Gedanke ging mir nicht mehr aus dem Kopf und jetzt, als ich mir das Bild länger ansah, kamen mir die wild skizzierten Gesichtszüge sogar bekannt vor. Vor Schreck machte ich einen Schritt zurück, stolperte über eine offene Farbdose und knallte mit dem Hintern auf den Teppich. Zähe rote Farbe quoll über das Parkett. Nun wurde auch noch unser Dackel Pebbles wach, begann zu kläffen, schoss aus der Küche und tapste mit seinen Dackelpfoten in die rote Farbe.
»Huch? Abby? Ist alles in Ordnung?« Plötzlich ging hinten das Licht an und Mum kam um die Ecke. Ihr Haar war zerzaust, dazu trug sie Jeansshorts und ein Shirt mit Farbklecksen. Sie wandte sich um, kicherte neckisch und wisperte irgendetwas über ihre Schulter.
Huch. Mum war also doch zu Hause.
»Mum? Du bist hier? Ist da etwa jemand bei dir?«, fragte ich, doch noch während ich es aussprach, baute sich eine Vorahnung in meinem Kopf auf.
Kurz darauf erschien die Vorahnung auch schon im Türrahmen.
Meine Mum hatte eine Affäre mit Crazy Fred, dem Besitzer des Donutladens.
Normalerweise war ich echt tolerant. Mir war ziemlich egal, mit welchem Mann sich Mum traf, solange sie ihn mochte. Immerhin war sie schon seit Ewigkeiten Single, außerdem begann ihre Kunst langsam unter ihrem Liebesfrust zu leiden. Aber ausgerechnet Crazy Fred? Morgan und ich fanden es nicht nur schräg, dass er die Donuts nach den Anfangsbuchstaben ihrer Geschmacksrichtung, die Vanillesoßenpäckchen nach der Anzahl ihrer Konservierungsstoffe sortierte und an die Existenz von Aliens glaubte – wir stellten uns manchmal auch vor, welche Hobbys Fred wohl hatte: wie er in einer Kellerwohnung in Queens mit ausgestopften Teddybären sprach, seine geschnittenen Nasenhaare aufbewahrte und Organe von Mordopfern in säurehaltigen Reagenzgläsern konservierte.
Wie ich schon sagte, ich mochte Horrorfilme. Ich mochte es nur nicht, wenn die vermeintlichen Hauptdarsteller mit meiner Mutter knutschen. Und das tat er. Ich kannte meine Mum zu gut, um zu wissen, wie sie aussah, wenn man sie ertappt hatte. Es war der gleiche Blick wie an Weihnachten, als sie den Braten hatte liefern lassen und Grandma ihr auf die Schliche gekommen war.
»Hallo, Abby«, begrüßte mich Crazy Fred freundlich-dümmlich, so wie immer, wenn ich seinen Donutladen betrat. »Deine Mutter und ich waren gemeinsam im Kino und danach hat sie angeboten, ein Porträt von mir zu malen.« Als ich nicht reagierte und immer noch grimmig dreinblickte, fügte er schnell hinzu: »Aber eigentlich wollte ich gerade heimgehen.«
Stille machte sich breit, während ich ein paar Sekunden brauchte, um das alles zu verarbeiten. Seltsamerweise ging das heute ziemlich langsam, was wohl daran lag, dass ich den ganzen Heimweg über an Jasper gedacht und nicht damit gerechnet hatte, noch einen zweiten Schlag in die Magengrube zu kassieren. Konnte an einem Tag so viel Furchtbares passieren?
»Stimmt«, pflichtete Mum ihm bei, weil das peinliche Schweigen langsam kaum mehr zu ertragen war. Sie knetete ihre Hände. »Weißt du, Liebes, Fred und ich treffen uns. Du weißt doch, dass ich euch von Benny’s gerne Donuts mitbringe. Dabei haben Fred und ich uns angefreundet. Wir haben so viel gemeinsam, außerdem haben wir die meiste Zeit nur über dich und Deborah geredet. Fred mag euch beide sehr gerne. Ihr seid seine Lieblingskundinnen.«
Lieblingskundinnen? Fand Mum es etwa nicht merkwürdig, dass ein Kerl in ihrem Alter Freundschaft mit ihren zwei Teenagertöchtern schließen wollte und gerne deren Gespräche belauschte? Wie auf Knopfdruck musste ich leider wieder an Morgans verrückte Theorie mit den konservierten Innereien denken. Ich schob sie schnell beiseite.
»Ihr habt euch also angefreundet«, murmelte ich, auch wenn ich Mum viel lieber gepackt und geschüttelt hätte. Aber vor Fred konnte ich schwer zugeben, dass wir gruselige Theorien über ihn anstellen. »Ihr trefft euch seit Wochen und findet es nicht der Mühe wert, es mir zu erzählen?«
Mum wirkte verblüfft über meine Reaktion. Dachte sie, wir würden es cool finden, dass die beiden sich trafen? Von wegen Gratisdonuts und so? »Ich hatte vor, euch davon zu erzählen, ehrlich, aber ich wollte noch etwas warten. Immerhin seid ihr befreundet, nicht wahr?«
Befreundet? Na ja, so würde ich das nicht gerade nennen. Wenn man von seiner schrägen und viel zu neugierigen Art absah, war Crazy Fred immer freundlich zu uns gewesen und hatte uns die extraleckeren Donuts aufgehoben. Aber er war nun mal eben Crazy Fred. Nun, da ich wusste, wer ihr heimliches Date war, tat es mir leid, dass Deborah mit ihrer Theorie, Mum knutschte heimlich unseren schrulligen Mathelehrer Mr Clifford, nicht recht behalten hatte. Der trug zwar Pullover mit Rautenmuster, aber glaubte wenigstens nicht an Aliens.
»Lass uns ein anderes Mal darüber reden, Mum. Ich hatte einen echt harten Tag und muss dringend ins Bett«, sagte ich und rieb mir die Augen. Das war zwar nur die halbe Wahrheit, aber jede Minute strengte mich furchtbar an, außerdem brachte ein Gespräch um diese Uhrzeit und vor Crazy Fred nicht besonders viel. Wenn wir das vertagten, hatte ich zudem Deborah dabei, um Mum Crazy Fred auszureden. Ich konnte es kaum erwarten, ihr Gesicht zu sehen, wenn sie das hörte.
Fred verschwand im Atelier, um seine Sachen zu packen, während mir Mum die mit Farbe verdreckte NYPD-Kapuzenjacke abnahm und mich einer genauen Musterung unterzog. »Du siehst krank aus, Schatz. Fühlst du dich nicht gut?«
»Alles bestens, wirklich«, beteuerte ich. Anders als sonst fühlte ich mich heute nicht einmal mies beim Lügen. Mum tat immerhin auch nichts anderes, was ihre Treffen mit Fred betraf.
Sie strich mir eine braune Locke hinters Ohr. »Übermorgen ist dein fünfzehnter Geburtstag, Liebes. Was hältst du davon, wenn wir uns einen schönen Nachmittag in der Stadt machen? Du, ich und Deborah. Wir kaufen dir ein paar neue Klamotten für den Sommer und schauen uns danach irgendeinen blutrünstigen Horrorschocker an, bei dem ich mir fürchterlich in die Hosen mache, der dir aber gefallen wird. Abgemacht?«
Ganz ehrlich? Das klang nach der besten Idee des Tages. Ein Nachmittag in der Mall. Ein Kinofilm. Ich hatte meinen Geburtstag in all dem Tumult beinahe vergessen und in diesem Augenblick erschien mir mein Leben plötzlich wieder ein kleines Stück normal.
Doch das war es nicht. Nicht mal annähernd. Als ich mich im Bett wälzte und den Sirenen in der Ferne lauschte, graute mir vor dem morgigen Sprung nach Ashworth Park. Das lag nicht nur an meinen Gefühlen für einen Jungen, mit dem ich niemals zusammen sein konnte (zumindest wenn mir etwas an einem normalen Leben lag), sondern auch daran, dass ich keinen Plan hatte, welche Happy-End-Strategie ich in der Serie verfolgen sollte. Doch weil ich viel zu müde war, um weiter darüber nachzudenken, schlief ich einfach ein.
RATHAUS – ROSINGTON. WAHLKAMPF-VORABEND.
Nachdem JULIAN ASHWORTH vor Publikum zwei dichterische Glanzleistungen abgeliefert hat (Ja! Glanzleistungen! Mit seinen Fähigkeiten geht es bergauf!), tritt sein jüngerer Bruder JASPER vor das Podium. Jaspers leiblicher Vater DEWITT steht abseits und reibt sich zufrieden die Hände.
LADY ASHWORTH (hält sich die Hand vor Augen)
Grundgütiger. Wer hat zugestimmt, dass Jasper vor Publikum sprechen darf? Schaff ihn da weg, aber schnell. Wer weiß, was er zu sagen hat? Er ruiniert noch deinen ganzen Wahlkampf, Monty.
LORD ASHWORTH (drückt ihre Hand)
Nun lass ihn doch, Cordelia. Vielleicht will der Junge bloß sagen, wie sehr er uns liebt. Hast du daran schon mal gedacht?
LADY ASHWORTH (macht sich los)
Er? Uns liebt? Jasper liebt uns so sehr wie alle, die hinter uns in der Thronfolge gelistet sind und hoffen, wir würden uns beim Duschen das Genick brechen. Ich spüre, dass da etwas im Busch ist. Ich sagte: Schaff ihn da runter.
JASPER räuspert sich. Er wirkt unsicher und hat nervöse Flecken auf dem Hals.
DAME AUS DER MENGE
Hast du etwa noch mehr Poesie für uns, mein Junge?
BETRUNKENER MANN
Alles, nur das nicht. Sing doch lieber etwas für uns. Kannst du singen?
MÄDCHEN
Vielleicht gibt es ja heute wieder eine Versteigerung eines Junggesellen. Ich biete zehn Pfund für dich.
JASPER (mit fester Stimme)
Nein, ich werde mich nicht versteigern lassen, genauso wenig werde ich letztklassige Poesie vortragen oder mich sonst wie zum Gockel machen. Was ich zu sagen habe, ist von Bedeutung für die morgige Wahl. Etwas, das ihr alle wissen solltet, wenn ihr gedenkt, Lord Ashworth zu wählen.
Stille. Die BEVÖLKERUNG von Rosington blickt gespannt zu ihm hinauf.
LORD ASHWORTH (klatscht in die Hände)
Nur zu, mein Junge.
LADY ASHWORTH
Schscht. Ermutige ihn nicht auch noch.
JASPER hält inne.
Verunsichert gleitet sein Blick über die Köpfe der Anwesenden.
JASPER (öffnet den obersten Hemdknopf)
Ich bin hier, um euch zu sagen, dass …
BETRUNKENER MANN (lacht)
Wir haben nicht ewig Zeit, Junge. Es ist bereits nach Mitternacht und wir wollen heute noch einen neuen Bürgermeister wählen.
JASPER
(schirmt seine Augen vor den Scheinwerfern ab)
Ich wollte sagen, dass … nun, dass das Wahlrecht eine entscheidende Errungenschaft unserer Zeit ist. (Er lächelt unsicher.) Früher durften in England bloß die Reichen wählen, heute darf das jedermann. Also, machen Sie von Ihrer Stimme Gebrauch und gehen Sie wählen. Und zwar Lord Ashworth! Mit Pferdestärke voran für Rosington!
MENGE (antwortet)
Für Rosington!
Die Band spielt einen Tusch und geht über zu einer Polka, während das Klirren von Champagnergläsern ertönt.
LORD ASHWORTH
Siehst du, Cordelia? War doch halb so schlimm.
LADY ASHWORTH (erzürnt)
Halb so schlimm? Monty, dieser Auftritt war unsagbar peinlich! Jasper hätte sich zumindest die Krawatte binden können.
2
Er hatte es also nicht getan. Jasper hatte Lord Ashworth doch nicht gesellschaftlich den Garaus gemacht.
Während die Lautstärke nach seiner Rede stetig wieder anschwoll, hing ich keuchend über einem hübsch geschmückten Stehtisch am Eingang und sah zu, wie Jasper mit undefinierbarem Gesichtsausdruck in der Menschenmenge verschwand.
Ich war überzeugt gewesen, dass ich zu spät kommen würde, um ihn zu stoppen. Was daran lag, dass dieser Rücksprung in die Serie von allen bisherigen am meisten wehgetan hatte. Ich war nämlich nicht exakt dort gelandet, wo ich die Serie verlassen hatte, sondern einige Zentimeter weiter links, und war so in einen mit Jacken, Hüten und Federboas behängten Kleiderständer gekracht und mit ihm zu Boden gegangen. Beim Sturz hatte ich mir den Absatz meiner Schuhe abgebrochen, doch dann hatte ich mich zusammengerissen, die kaputten Schuhe in die Ecke gekickt und war Jasper und DeWitt mit bloßen Füßen hinterhergehetzt. Die ganze Sache war bereits verloren geglaubt gewesen. Blieb die Frage, warum Jasper plötzlich einen Rückzieher –
»Sachertörtchen, was um alles in der Welt … Du siehst ja wieder mal aus, als wäre dir etwas zugestoßen.« Tante Gladys war vor mir aufgetaucht, tupfte mir mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn und zupfte mir eine Feder von der roten Federboa aus dem Haar. »Alle Leute starren dich an.«
Nicht mich starrten sie an, sondern sie. Tante Gladys war immerhin diejenige mit einem hautengen Catwoman-Kostüm, dunkler Schminke und schwarzen, hohen Hacken. Um die Logik in der Serie nicht zu zerstören und nicht aufzufallen (Deborah nannte es: die Kontinuität), mussten Tante Gladys und ich nämlich immer die gleiche Kleidung tragen, die wir in der vorherigen Folge unmittelbar vor dem Cliffhanger angehabt hatten. Besonders Deborah hielt sich für die Hüterin der Kontinuität, und so hatte sie mir vor dem Sprung auch tatsächlich die Haare genauso frisiert, wie ich sie in der letzten Folge getragen hatte.
Eine Idee, wie ich Jasper stoppen konnte, war mir nicht mehr gekommen. In der Schule war die Hölle los gewesen, und bevor ich michs versehen hatte, stand wieder Ashworth Park auf dem Tagesplan. Es war keine Zeit mehr geblieben, sich einen soliden Schlachtplan auszudenken, und Deborah hatte auch nicht wieder damit angefangen, mich damit zu quälen. Andererseits, konnte es vielleicht sein, dass ich gar nichts hatte tun müssen? Ich konnte mir gut vorstellen, dass Deborah die Aufgabe gestern Abend bei Benny’s Donuts an Tante Gladys delegiert hatte – weil ich wegen akuter Liebesviren vorübergehend geistig nicht zurechnungsfähig war.
Trotzdem war ich neugierig.
Ich zog Tante Gladys zur Seite. »Und jetzt sag schon. Wie hast du das angestellt?«
Tante Gladys lächelte. »Was denn angestellt, Honigbrötchen?«
»Na, das da.« Ich deutete aufs Podium, wo eben noch Jasper gesprochen hatte. »Ihr … ich meine, du hast doch sicher einen Plan gehabt, um Jasper davon abzuhalten, Lord Ashworths Wahlchancen zu ruinieren.«
Tante Gladys’ Gesichtszüge hellten sich auf. »Oh ja, natürlich hatte ich einen Plan. Ich wollte Jasper überwältigen, kidnappen und in die Abstellkammer da zerren.« Sie deutete auf einen Raum mit der Aufschrift »Zutritt nur für Berechtigte«, dann zückte sie ihre schwarze Handtasche und zeigte mir den Inhalt. »Ich habe sogar Handschellen und Klebeband dabei. Und ein paar Socken, um ihn zu knebeln. Weißt du, das Orchester ist heute zu nichts zu gebrauchen und macht ständig Pause, man hätte seine Schreie ganz doll gehört.«
Ich sog empört die Luft ein. »Tante Gladys!«
Sie zwickte mich in die Wange. »Keine Sorge, Pfefferminzbonbon, ich hatte vor, ihn wieder freizulassen. Spätestens morgen Abend nach der gewonnenen Wahl. Ich weiß ja, dass du etwas für ihn übrig hast.«
»Aber du hast ihm nichts angetan?«
»Nicht mal ein Haar gekrümmt.« Tante Gladys schnalzte mit der Zunge, als täte ihr das etwas leid. »Ich habe ihn einfach nicht in die Finger bekommen, außerdem ist er so glitschig wie ein Aal, mit dieser öligen DeWitt-Mähne.«
Ich hielt Ausschau nach Jaspers Haarschopf, unerklärlich froh darüber, dass er knapp Tante Gladys’ Catwoman-Überfall entronnen war, nur leider konnte ich ihn nirgends entdecken. Die einzigen bekannten Gesichter waren Cooper und Clarissa, die an der Bar heftig miteinander turtelten (ja doch!), Julian, der sich immer noch heillos mit Bloody Marys betrank (nicht doch!), sowie das ständig streitende Ehepaar Ashworth – bis mir vor der Bühne schließlich DeWitt ins Auge stach.
Er diskutierte heftig mit einem von Lord Ashworths Sicherheitsbeauftragten, die die Bühne absperrten und ihn nicht aufs Podium lassen wollten. Etwas weiter links entdeckte ich DeWitts brutalen Handlanger Blackwood, der ihm durch die Menschenmenge zu Hilfe eilte.
»Da ist ja Blackwood«, staunte Tante Gladys, die meinem Blick gefolgt war. »Huch. Ich dachte, DeWitt muss seinen Wachhund versteckt halten, weil er neulich im Schuppen Jasper k. o. geschlagen hat?«
»Stimmt. Aber heute ist das DeWitt egal.« Ich packte Tante Gladys an der Hand und drückte mich mit ihr näher an die Bühne, plötzlich überzeugt davon, dass die Katastrophe heute noch nicht ausgestanden war. »Er geht jetzt aufs Ganze. Wenn Jasper nicht den Mut hat, das Image der Ashworths zu ruinieren, dann macht er es eben selbst.« Ich blieb stehen und blickte sie eindringlich an. »Hast du für DeWitt etwa auch was in deinem magischen Handtäschchen?«
Tante Gladys spitzte die Lippen. »Wenn ich mich mit DeWitt anlege, habe ich auch Blackwood am Hals. Und für die zwei bräuchte ich … ähm … mehr als nur den Kram, den ich mir für mein Politessen-Kostüm zu Halloween gekauft habe. Ich bräuchte Chloroform. Du hast nicht zufällig ein Fläschchen Chloroform dabei, mein kleiner Weihnachtsstollen?«
»Natürlich nicht, Tante Gladys.« Als ob man das so einfach in der Apotheke kaufen könnte.
»Oh, wie schade. Also wenn wir DeWitt und Blackwood nicht narkotisieren wollen, könntest du natürlich auch über die Feuertreppe ein Stockwerk tiefer in den Keller laufen, dort den Hauptschalter suchen und den Strom abdrehen. Dann ist die Tonanlage tot und niemand hört auch nur ein Wörtchen von DeWitts wichtigtuerischer Bekanntgabe.«
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Blackwood einem der Securityleute einen Kinnhaken verpasste und dieser in die Menge torkelte. Spitze Schreie ertönten.
»Okay«, stimmte ich rasch zu. Den Strom abzudrehen klang etwas weniger drastisch, auch wenn ich DeWitt nur zu gerne narkotisiert hätte. »Und du, Tante Gladys?«
»Ich improvisiere inzwischen.« Sie verpasste mir einen Schubs. »Und jetzt los.«
Na fein, dann also los. Eilig presste ich mich durch die Menschenmenge wieder in Richtung Ausgang, wo die Feuertreppe einen Stock tiefer führte, doch kurz bevor ich das Geländer erreichte, stellte sich mir Julian in den Weg. Seine Augen waren blutunterlaufen, sein Hemd stand halb offen, nur sein Haar glänzte immer noch frisch und voluminös, als hätte man ihn gerade unter der Trockenhaube hervorgeholt.
»Abigale! Dusiehsfantastischaus!« Julian schwenkte den Inhalt seiner Bloody Mary im Glas, während er mich ein wenig offensiver als sonst von oben bis unten musterte.
Ich seufzte gequält. Armer Julian. Heute war er zum trinkenden Abbild von Lady Ashworth mutiert, dabei kippte er an normalen Tagen noch nicht einmal alkoholischen Hustensaft. Morgen früh würde er sich wünschen, er wäre tot.
»Julian, bitte. Wenn ich dir irgendetwas bedeute, dann geh mir aus dem Weg«, beschwor ich ihn eindringlich. »Ich muss in den Keller, und zwar schnell.«
»Du … ignoriesmich … hicks … schon den gansen Abend.« Julians Lider flatterten, während sein Kopf auf- und abwippte. Immer noch bohrte er die Beine in den Boden und rührte sich keinen Millimeter von der Stelle.
»Okay. Aus. Dem. Weg. Letzte Chance! Nein? Ich habe dich gewarnt«, verkündete ich, steuerte frontal auf ihn zu und krachte mit dem Ellenbogen voran in ihn hinein, sodass er stolperte und mir aus Mangel an Standfestigkeit den Durchgang frei machte.
»Aua! Bleib da … hicks … Sogehtdasnich!«, lallte Julian mir hinterher und mit Schrecken erkannte ich, dass er mir torkelnd in den Keller folgte.
Egal. Nicht aufhalten lassen. Weiter.
Unten am Treppenabsatz erwartete mich eine einzelne eiserne Tür, die glücklicherweise nicht verschlossen war. Doch dahinter erstreckte sich ein weites, unterirdisches Kellerlabyrinth aus dunklen und eisig kalten Räumen. Das Rathaus schien alt zu sein, hier gab es keine elektrische Beleuchtung – oder ich fand den Schalter nicht –, jedenfalls reichte das Licht aus dem Obergeschoss kaum drei Meter in das erste Kellerabteil. Herrje! Und wo war nun dieser gottverdammte Hauptschalter, den ich umlegen musste?
»Wastussuda?« Julian war hinter mir aufgetaucht und hauchte mir die Wörter beinahe romantisch in den Nacken.
Ich fuhr energisch herum. »Julian. Hör zu.« Der Junge war zwar sternhagelvoll, aber wenn er schon einmal hier war, konnte er mir vielleicht helfen. »Du musst dich konzentrieren. Warst du schon mal hier unten? Wir müssen den Hauptschalter finden und den Strom nach oben in den Festsaal kappen. Kannst du mir dabei helfen? Weißt du, wo er sich befindet?«