Gewidmet den Menschen, die mein Leben begleiten.
Impressum:
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Herstellung und Verlag: BoD - Books On Demand GmbH, Norderstedt
1. Auflage: Zülpich, 2020
ISBN: 978-3753409894
Bibliografische Information der deutschen Nationalbibliothek
Die deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter www.dnb.de abrufbar.
Kontaktadresse des Autors: BerndPesch@Pesch-Consult.de
Laborführung nach DIN EN ISO/IEC 17025:2018 mit folgenden Schwerpunkten:
Organisatorische Voraussetzungen, Umgang mit Kundendaten, Leistungsübersicht, Kommunikation mit dem Kunden, Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, Beschwerdemanagement, Vorlagen zum Aufbau eines QM-Systems, Nicht konforme Arbeiten, Personal, Kompetenzen, Befugnisse, Weiterbildung, Infrastruktur, Arbeitsplätze, Eigene Messmittel, Eignungsprüfungen, Kalibrierintervalle, Prozesse und Verfahren, Metrologische Rückführung, Handhabung von Kalibriergegenständen, Akkreditierung, Gerätespezifikationen, Ergebnisse von Messungen, Informationsmanagement, Dokumentationen, Ergebnisberichte, Kalibrierscheine, Validität der Ergebnisse, Qualitätsmanagement
Mit umfangreichen Vorlagen, Checklisten und Glossar zu einem vollständigen QM-System
»Man misst eigentlich immer falsch. Man muss nur wissen, wieviel«
David Packard
Pionier der Hochfrequenzmesstechnik und Mitbegründer von Hewlett Packard
Zielgruppe
Leitendes Personal in Kalibrier- und Prüflaboren, Mitarbeiter im Qualitätsmanagement, Auditoren
Vorkenntnisse
Metrologisches Basiswissen ist für die Einordnung der Sachverhalte sinnvoll.
Inhalte
In diesem Buch wird umfassend erläutert, wie man ein Kalibrier- oder Prüflabor nach aktuellen Standards führt. Hierbei stehen nicht ausschließlich die gängigen Normen DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], und DIN EN ISO 9001:2015, [2], im Vordergrund, sondern auch viele kommentierte Vorlagen, die bei der Organisation der Laborführung hilfreich sind.
»Metrologie ist das unsichtbare Rückgrat der Globalisierung.«
Dr. Hans Koch, Leiter der PTB Außenstelle Berlin, Berlin 2013
»Et es wie et es.«
§1, Kölsches Jrundjesetz
Auch wenn sich viele Neuerungen in den Normengrundlagen zu einem Labormanagement auf dem ersten Blick als triviale Änderungen lesen, hat sich doch die Zielrichtung der neuverfassten Qualitätsmanagementnormen – insbesondere der DIN EN ISO/IEC 17025 – deutlich geändert.
Vieles, was vorher fest geregelt war, wurde nun in die Hände und in die Verantwortung der Laborleitung gegeben. Pflichtdokumente, wie das Qualitätsmanagementhandbuch, sind nicht mehr notwendig. Dennoch sind auch weiterhin entsprechende Regelungen verpflichtend, die aber in beliebigen anderen Informationen (Dokumente und Strukturen) dargestellt werden können.
Labore sollten viel mehr Punkte eigenverantwortlich regeln. Die Wege sind flexibler geworden, aber die Ziele blieben.
Die Zusammenfassung der Erkenntnisse aus unserer umfassenden Beratungstätigkeiten haben wir in diesem Buch zur Hilfestellung von Prüf- und Kalibrierlaboren veröffentlich.
Gerne unterstützen wir weiterhin bei der Realisierung effizienter und normenkonformer Laborsysteme.
Zülpich im Dezember 2020
Diverse Darstellungen weisen eine Ausführlichkeit auf, die über Minimalforderungen deutlich hinausgehen.
Ein Labor muss immer selbst entscheiden, welchen Grad der Ausführlichkeit bei der Dokumentation des Managementsystems, von Informationen und Daten angestrebt oder intern gefordert wird .
Die Abwägung zwischen „Umfassend dokumentieren“ und minimale Darstellungen trifft der Laborleiter im Rahmen des Risikomanagements. Die Norm DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], gibt im hierzu weitreichenden Entscheidungsspielraum.
(a) Normenkonformität zur DIN EN ISO/IEC 17025:2018 und DIN EN ISO 9001:2015
Es ist eine gute Grundlage, ein Labor nach der einschlägigen Norm DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], zu führen. Immerhin stellt diese Norm Forderungen an das Labormanagement aus allen relevanten Bereichen und ergänzt das Qualitätsmanagementgerüst nach DIN EN ISO 9001:2015, [2], sinnvoll. Auf dieses Gerüst aufbauend ergänzen wir die Forderungen der Norm und erläutern deren Umsetzungen in der Praxis.
Aus urheberrechtlichen Gründen werden die betreffenden Normen nicht wiedergegeben . Es wird jedoch auf die entsprechenden Passagen der Normen verwiesen. Sollte sich ein Labor entscheiden, auf Basis der zitierten Normen zu arbeiten, können die deutschsprachigen Versionen beim Beuth Verlag bestellt werden.
In manchen Fällen kann es vorkommen, dass die Originalversion einer Norm ein anderes Ausgabedatum als die deutsche Übersetzung hat. Unsere Bezüge weisen jeweils das Jahr der Originalausgabe aus. Die Absatzstruktur und Nummerierung der Übersetzung entspricht üblicherweise der Originalversion.
Die Qualitätsmanagementnorm für Prüf- und Kalibrierlabore, die DIN EN ISO/IEC 17025, [1], wurde zuletzt 2017 aktualisiert und herausgegeben. Das Ausgabejahr der deutschen Version ist 2018.
Analog zur Norm DIN EN ISO/IEC 17025:2018 bezeichnen die Verbformen:
Der Umgang mit den speziellen Tätigkeiten der Kalibrierungen oder der Prüfungen hat sich im Verlaufe weniger Jahre deutlich geändert. Immer deutlicher greifen die Regeln der Norm DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], in die Tätigkeiten ein.1
Immer mehr wird die Umsetzung der Norm und die Bestätigung der Anwendung durch eine Akkreditierung zu einem unverzichtbaren Qualitätsmerkmal unserer Wirtschaft. Der Weg dorthin war lang.
In vielen Bereichen kommt die Akzeptanz rekursiv in den Laboren an, weil deren Kunden explizit darauf drängen, dass Dienstleister für die Messaufgabe akkreditiert sind. Dies wiederum ist ein Ergebnis der immer weiter verbreiteten QM-Systeme der Anwender. Normen, wie die DIN EN ISO 9001:2015, [2], die ISO 14253 in für die Medizintechnik, oder die IATF 16949 im Automotivbereich, [3], verlangen, dass Zuarbeiten von verlässlichen Dienstleistern kommen müssen.2
Und wie kann man die Verlässlichkeit besser nachweisen als durch eine externe Auditierung3 und Bestätigung?
Der nun einsetzende Verdrängungswettbewerb macht es in diesem Umfeld immer schwerer, ohne eine Akkreditierung als Kalibrier- oder Prüfdienstleister am Markt zu bestehen. Denn diese Dienstleister müssen entweder selbst auf anderer Art und Weise ihre Kompetenz und Zuverlässigkeit nachweisen, oder aber der Kunde muss im Rahmen von aufwendigen Lieferantenaudit die Zuverlässigkeit des Dienstleisters sicherstellen. Für den Kunden ist es wesentlich einfacher, nur noch akkreditierte Labore zu beauftragen. Entsprechende Anforderungsprofile findet man daher bei vielen Firmen in den Ausschreibungs- und Beschaffungsrichtlinien für Dienstleistungen.
1 → 4.1(c), „DIN EN ISO/IEC 17025:2018“, [1], Seite →
2 → 4.1(d), „DIN EN ISO 9001:2015“, Seite → und → 4.1(e), „IATF 16949, Seite →
3 In diesem Buch wird üblicherweise Audit an Stelle von Begutachtung benutzt.
Auch wenn man von der Einführung der Norm DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], spricht, passiert im Hintergrund etwas anderes. Man führt nicht die Norm ein; man führt normenkonforme Abläufe und Prozesse ein. Die Norm liefert nur die Anforderungen an diese Prozesse. Sie unterwirft ein Labor der Anerkennung von Maßnahmen, verpflichtet zum Führen eines QM-Systems mit allen Nebenmaßnahmen, wie die Bewertung von Risiken und Chancen.
Die Einführung und Umsetzung sind anfangs aufwendig. Oft müssen viele Abläufe angepasst werden; auch wenn vieles bereits intuitiv richtig gemacht wird. Parallel mit der Anpassung der Prozesse erfolgt eine aufwendige Dokumentation des Systems. Der Zeitaufwand für die (anfänglichen) Dokumentationsleistungen ist nicht zu unterschätzen. Gerade dieser Punkt und die peripheren Kosten für Beratungen und Auditierungen machen das System anfangs sehr teuer.
Nach und nach machen sich die Investitionen aber bezahlbar. Es ist nicht nur die Verbesserung der Marktposition, die sich auszahlt. Vielmehr sind es gerade die internen Optimierungen, die mit der Einführung des Systems einher gehen, welche zu deutlichen Einsparungen führen: Abläufe werden gestrafft und optimiert. Fehler werden reduziert oder ganz vermieden.
Mittelfristig verdient man mehr, als man für das System initial bezahlt hat.
Die Berücksichtigung der DIN EN ISO/IEC 17025:2018 fördert durch eine standardisierte Basis zudem den Austausch von Ergebnissen zwischen Laboren und ihren Kunden. Zudem können Kunden, Akkreditierungsstellen, Behörden und andere die nachgewiesene Anerkennung und Einhaltung der normativen Vorgaben als Bestätigung der Kompetenz eines Labors ansehen.
Durch Anpassungen, die in der 2005er Version der Norm noch nicht enthalten waren, kann die aktuelle Version auf alle Organisationen angewendet werden, die Labortätigkeiten durchführen. Dies gilt unabhängig von der Anzahl der Mitarbeiter.
Selbst Kleinstlabore mit nur einem Mitarbeiter haben nun die Chance, sich mit ihren Labortätigkeiten akkreditieren zu lassen.
Ein akkreditiertes Kalibrier- oder Prüflabor ist zunächst der Maßstab, an dem sich andere Systeme messen müssen. Man kann dem akkreditierten Dienstleister Vertrauen entgegenbringen. schließlich hat eine externe Akkreditierungsorganisation – in Deutschland beispielsweise die staatlich beliehene Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) GmbH – bestätigt, dass ein Labor kompetent ist und alle metrologischen Forderungen erfüllt.
Dies bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass nicht akkreditierte Dienstleister per se schlechter sein müssen. Oft gibt es wichtige Gründe, auf eine Akkreditierung zu verzichten, wie beispielsweise die Tatsache, dass viele Labore nur für hausinterne Kunden arbeiten und sich nicht am Markt mit Mitbewerbern messen müssen. Aber es ist eine gesunde Vorsicht geboten. Manche Labore werben damit, nach DIN EN ISO 9001:2015, [2], als Dienstleister zertifiziert sind. Dies sind kritisch zu bewertenden Aussagen. Es drängt sich sofort die Frage auf, warum man nur die allgemeine Dienstleistungsnorm führt, aber gerade die laborspezifischen Forderungen aus der DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], nicht hat bestätigen lassen. Auch hierfür mag es Gründe geben. Manche Labore sind Teil einer größeren Firma, die als Ganzes QM-zertifiziert ist. Eine zusätzliche Akkreditierung wird gelegentlich abgelehnt.
Die mittlerweile aufeinander abgestimmte Reihe von QM-Normen wird kontinuierlich weiterentwickelt. Üblicherweise werden diese Normen alle zehn Jahre einer Revision unterzogen. Sollte hierbei festgestellt werden, dass Anpassungen oder Neuausgabe notwendig sind, erfolgt ein aufwendiger internationaler Prozess zur Erstellung einer Neuausgabe. Die Normen der 17000er-Reihe werden von ISO Committee on Conformity Assessment (CASCO) erarbeitet und zur Abstimmung an die Mitglieder von ISO und IEC verteilt.
Die mittlerweile vorliegende dritte Ausgabe ersetzt die Normenversion von 2005. Diese wiederum folgt auf eine Version aus dem Jahre 20004. Zuvor konnte auf Basis der DIN EN 45001:1990 eine Akkreditierung durch den deutschen Akkreditierungsrat ausgesprochen werden.
Als wesentliche Neuerungen wurde eine deutlich größere Flexibilität in der Laborführung umgesetzt. Manchen Anwendern ist die Norm nun nicht mehr präzise genug. Aber dies ist zu oberflächlich gedacht. Die Flexibilität erfordert einen größeren Spielraum in der Auslegbarkeit einiger Vorgaben. Mit der Flexibilität geht ein neuer Ansatz zur Risiko- und Chancenbewertung einher. Die Ausnutzung der Flexibilität erfordert eine Bewertung der Auswirkungen der gewählten Optionen.
Zur Unterstützung haben wir in → 15, Seite →, über fünfzig Arbeitshilfen für eine normenkonforme Laborführung zusammengestellt.5
In → 16, Seite →, findet man Checklisten für einige regelmäßige Aufgaben im Laborbetrieb.
4 Zudem gab es einige Korrekturversionen, die hier aber nicht explizit angesprochen wurden, weil die Änderungen jeweils nur marginal waren.
5 Werbung: Editierbare Versionen der Arbeitshilfen und Vorlagen und individualisierte Versionen können über Pesch Consult® bezogen werden.
»Besser in der dunkelsten Kneipe als an der hellsten Werkbank«
Motivierter Mitarbeiter
Definition 1.7-1: Labor nach → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1]
Ein Labor ist eine Stelle, welche eine oder mehrere der folgenden Tätigkeiten ausführt:
Als Labortätigkeiten werden die in o.a. Definition aufgezählten Tätigkeiten verstanden.
Neben den Anforderungen an die innere Organisationsstruktur werden an die Labortätigkeiten besondere Anforderungen gestellt.6
Zur Unterstützung dieser Ziele ist ein umfassendes Managementsystem zu führen und kontinuierlich weiter zu entwickeln. Hierin sind Maßnahmen geregelt, wie der Umgang mit Abweichungen und Beschwerden, Korrekturen, Umgang mit Informationen, Risiken und Chancen und ein umfassendes Auditsystem
6 Anforderungen an die Labortätigkeiten: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 5.5
7 → 5.1, „Aufgaben und Befugnisse“, Seite →
8 → 10.2, „Informationen (und Dokumente“, Seite →
9 → 8.16, „Sicherstellung der Validität der Messergebnisse“, Seite →
Ein Kalibrier- oder Prüflabor wird von den Säulen Personal, Wissen und Ausstattung getragen. Auf diesen Säulen basiert das Vertrauen, welches dem Labor entgegengebracht wird. Allen Säulen ist entsprechende Aufmerksamkeit entgegenzubringen.10
In erster Linie werden Schwerpunkte auf die Qualifikation und die Erfahrung gelegt. Defizite müssen durch Schulungen und Weiterbildungen aufgearbeitet werden. Leitungsstrukturen sind notwendig, um klare Festlegungen zu treffen, wer welche Entscheidungskompetenz hat. Interpretationen und Meinungsäußerungen zu Ergebnissen gegenüber Kunden dürfen nur von autorisiertem Personal getroffen werden. Hierzu ist eine besondere Qualifikation notwendig.11
Neben dem Wissen in den Köpfen der Mitarbeiter ist das dokumentierte Wissen entscheidend. Diese Informationen umfassen Prozesse, Arbeitsanweisungen und Aufzeichnungen. Auch weitergehende Regelungen sind interessant. Manche Teile des Wissens können externen Ursprungs sein, wie Normen oder Richtlinien. Wird dieses Wissen innerhalb des Labors angewendet, beispielsweise wird eine öffentliche Kalibrierrichtlinie umgesetzt, ist es qualitätsrelevant und unterliegt einer Überwachung innerhalb der Firma.12
Zur Realisierung der Messaufgaben sind technische Ausstattungen notwendig. Diese sind in der Regel hochwertig und oft recht teuer. Der Wert der Ausstattung und die Funktionalität sind durch regelmäßige Wartungen und Pflege zu halten. Die Bestätigung der Eigenschaften der Messmittel und sonstiger Ausstattung wird durch regelmäßige Prüfungen und Kalibrierung sichergestellt.13
Neben der technischen Ausstattung ist die notwendige Messumgebung maßgeblich. Ein funktionales Laborgebäude mit Klimakontrolle ist unabdingbar, sofern nicht extern, beispielsweise beim Kunden, die Dienstleistungen erbracht werden. Auch Nebengebäude, wie Büros, Lagerfläche und weitere Räumlichkeiten sind von Bedeutung für die Qualität der Dienstleistung.14
Die Reputation ist eine Reflektion des Marktes auf die Leistungsfähigkeit des Labors. Leistung schafft Vertrauen und bindet Kunden durch direkte Verknüpfungen; sprich regelmäßige Geschäftsbeziehungen. Regelmäßige Abfragen der Kundenzufriedenheit helfen, Trends zu erkennen und gegebenenfalls nachzusteuern, wenn zu erkennen ist, dass es Risiken für die Reputation gibt. Die sorgsame Beobachtung der Kundenzufriedenheit ist eine der Aufgaben des Qualitätsmanagements.15
(a) Externe Bestätigung der Leistungsfähigkeit
Die Leistungsfähigkeit des Labors wird durch verschiedene Maßnahmen regelmäßig bestätigt. Unterzieht sich das Labor einem Zertifizierungs- oder besser noch einem Akkreditierungsverfahren, erfolgt diese Bestätigung von einer unabhängigen dritten Seite: der Zertifizierungs- oder Akkreditierungsstelle. In der Praxis wäre dies beispielsweise die Deutsche Akkreditierungsstelle, DAkkS, GmbH, die als staatlich beliehene Stelle als einziges in Deutschland akkreditieren darf. Auch alle anderen wichtigen Wirtschaftsnationen führen ein staatlich geregeltes Akkreditierungssystem. In Österreich wäre dies die Akkreditierung Austria im Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, BEV und in der Schweiz die Schweizerische Akkreditierungsstelle SAS. International vergleichbar werden diese Systeme durch die gegenseitige vertragliche Anerkennung im Rahmen der International Laboratory Accreditation Cooperation, ILAC.
Die Akkreditierungsgrundlage wäre dann in der Regel auf Basis der Norm DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], in der jeweils aktuellen Fassung. Zertifizierungen auf Basis der Qualitätsmanagementnorm DIN EN ISO 9001:2015, [2], sind ebenfalls beliebt, gehen aber auf die speziellen Anforderungen an den Laborbetrieb nicht ein.
Weitere Bestätigungen erfolgen durch ein internes Qualitätsmanagementsystem, welches üblicherweise auf Basis der soeben erwähnten Normen in der Firma implementiert und umgesetzt wird.
Technische Bestätigungen der Leistungen erfolgen durch interne und externe Vergleiche von Kalibrierergebnissen, sogenannten Eignungsprüfungen.16
Erst die Kombination all dieser Punkte ergibt ein leistungsfähiges Labor.
10 Forderungen gemäß → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 6.1
11 → 5, „Personal“, Seite 69
12 → 8, „Prozesse und Verfahren“, Seite 135 und → 10, „Umgang mit Daten und Information“, Seite 257
13 → 7, „Metrologische Einrichtungen (Messmittel)“, Seite 99
14 → 6, „Infrastruktur“, Seite 91
15 → 3.2, „Kundenzufriedenheit“, Seite 50
16 → 7.1, „Messmittelüberwachung“, Seite 100
Kalibrierergebnisse können schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen haben. Auch können Leib und Leben von den Ergebnissen abhängig sein. Daher sind minimale organisatorische und strukturelle Voraussetzungen bei der Realisierung der Messgrößen wichtig.
Ein Labor kann eigenständig oder als Bestandteil einer größeren Organisation geführt werden. Im Sinne der Normenerfüllung werden öffentlich-rechtliche Institutionen größeren Firmen gleichgestellt. Dies führt dazu, dass im Rahmen von Akkreditierungen die gleichen Unterlagen17 der Akkreditierungsstelle vorzulegen sind.18
Eine Haftpflicht- und eine Rechtschutzversicherung sichern das Labor und seine Kunden vor unliebsamen Folgen ab. Zumindest die Haftpflichtversicherung ist eine Pflichtversicherung für das Labor. Sie ist bei Akkreditierungen vorgeschrieben; sofern das Labor nicht von einer Körperschaft betrieben wird, welche über sonstige Strukturen im Falle von fehlerhaften Arbeiten Regress leisten kann (beispielsweise landes- oder bundeseigene Labore).
Eine feste Leitungsstruktur mit definierten Verantwortlichkeiten muss festgeschrieben sein. Minimale Forderung ist es, einen Laborleiter zu benennen. Die Strukturen des Labors sind zu beschreiben.
17 Viele öffentlich-rechtliche Einrichtungen haben keine eigene Haftpflichtversicherung, weil sie über die Kommune, das Land oder den Bund „versichert“ sind. Das Haftungsrisiko wird also nicht von Versicherungen getragen. In diesem Falle braucht man keine Versicherungsnachweise.
18 → 2.4(b), „Risiken für die Unparteilichkeit“, Seite 27, Organisationsstruktur des Labors: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 5.1, Festlegung der Laborleitung: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 5.2, Das Labor innerhalb einer übergeordneten Struktur: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 5.5
Definition 2.4-1: in Anlehnung an → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 3.1
Unparteilichkeit ist ein objektiver Standpunkt, der es erlaubt, frei von Interessenskonflikten oder Voreingenommenheit Bewertungen durchführen zu können. Hierbei müssen Neutralität, Fairness und die Ausgewogenheit zwischen möglichen Interessen gewahrt werden.
Das Arbeiten nach der Norm DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], ist ein Garant für eine unabhängige Ermittlung von Messergebnissen. Damit ein Labor die entsprechenden Maßnahmen ergreifen kann und bei erkannten Risiken tätig zu werden, muss es die Kalibrier- oder Prüftätigkeiten eigenverantwortlich ausführen.19
Es ist wichtig, dass Messergebnisse objektiv und frei von jeglicher Beeinflussung Dritter ermittelt werden. Daher werden Kalibier- und Prüftätigkeiten unter Berücksichtigung der Regeln der Unparteilichkeit durchgeführt. Sinnvollerweise leitet man hieraus zwei Aussagen ab, die schriftlich fixiert werden sollten:20
(a) Erklärung der Leitung zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit
Im Falle einer Akkreditierung bestätigt die Firmenleitung die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gegenüber der Akkreditierungsstelle durch eine entsprechende frei formulierte und angepasste Erklärung.22
Zudem stellt die Laborleitung sicher, dass kein entsprechender Druck seitens Dritter auf die Labormitarbeiter ausgeübt wird.23 24
Üblicherweise reicht es aus, wenn sich der Laborleiter verpflichtet und die Erklärung unterschreibt. Sofern das Labor zu einer größeren Firma oder Struktur gehört, wird empfohlen, dass der nächsthöhere disziplinarische Vorgesetzte die Erklärung unterschreibt. So wird deutlich, dass der Laborleiter die notwendige Unterstützung hat und gegebenenfalls auch gegen Querbeeinflussungen innerhalb der Firma geschützt ist.
(b) Risiken für die Unparteilichkeit
Bei Messungen und beim Erstellen von Prüfergebnissen können offene oder auch subtile Beeinflussungen vorkommen. Alle Risiken, welche die Unparteilichkeit berühren können, sind zu minimieren. Ist dies nicht möglich, sind die Risiken aufmerksam zu beobachten. Sollte aus den Risiken eine Beeinflussung der Unparteilichkeit entstehen, ist es denkbar, dass die Validität der Ergebnisse nicht mehr gegeben ist.25
Ist ein Labor in einem Produktionsprozess eingebunden, kann es ein Bestreben sein, möglichst viele Produkte als „in Ordnung“ zu bewerten, auch wenn dies in Grenzbereichen nicht immer eindeutig zu beurteilen ist.
Diese tendenzielle Bewertung muss nicht einmal unter äußerer Beeinflussung geschehen. Manchmal handelt man „unbewusst im Kundeninteresse“; sei es, um unangenehmen Diskussionen aus dem Weg zu gehen, oder einfach nur, weil man dem Kunden „wohlgesonnen“ ist. Von dieser Art der Selbstbeeinflussung kann man sich durch Selbstkontrolle und Sensibilisierung befreien.
Falls der Laborleiter zugleich Produktionsleiter ist, kann hieraus ein Interessenskonflikt erwachsen. Er kann nicht mehr neutral die hergestellten Produkte bewerten, da er somit auch indirekt die Arbeit seines anderen unterstellten Bereichs bewertet.
Derartige Unterstellungsverhältnisse und Abhängigkeiten sind nicht per se verboten. Insbesondere in kleineren Firmen lassen sich entsprechende Konstruktionen oft nicht vermeiden. In diesem Falle ist es wichtig, die Risiken für die Unabhängigkeit zu erkennen, zu dokumentieren und im Rahmen der Risiko- und Chancenbewertung anzusprechen. Sofern Risiken für die Unabhängigkeit des Labors erkannt werden, werden diese im Rahmen des allgemeinen Risiko- und Chancenmanagements nach DIN EN ISO 9001:2015, [2], bearbeitet. Gegebenenfalls werden entsprechende Maßnahmen ergriffen und dokumentiert. Es macht Sinn, erkannte Risiken in der Managementbewertung mit anzusprechen und in diesem Zusammenhang Maßnahmen zur Minimierung oder Abstellung zu ergreifen.
Risiken können auch aus der gemeinsamen Nutzung von Ressourcen entstehen.26 27
Ein Labor führt als Dienstleister Prüfungen zur Homologation von Kfz-Komponenten als End-of-Line Tests eines Produktionsbetriebes aus. Als Untermieter steht dieses Labor in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Produzenten.
Prinzipiell ist dieses Konstrukt legitim. Es muss regelmäßig um umfassend geprüft werden, ob der Produzent auf irgendeine Weise Einfluss auf die Prüfergebnisse nimmt. Diese Beeinflussungen können auch indirekt über Mitarbeiter, oder über die Bereitstellung von Einrichtungen gegeben sein.
Es ist hilfreich, für die Risikobewertung Checklisten zu erstellen, die regelmäßig abgeprüft werden.
Bei Akkreditierungsvorhaben müssen Antragsteller Organigramme der DAkkS vorlegen, aus denen die Unterstellungsverhältnisse der Labore hervorgehen. So können auf dem ersten Blick kritische Strukturen erkannt werden.28 29 30
Bei einem Voraudit zu einem Akkreditierungsvorhaben wurde folgende Firmenstruktur vorgestellt. Das Organgramm zeigt eine kritische Unterstellung der Labore, da eine Weisungslage vom Leiter der Produktion zum Prüflabor existiert. Hingegen kann man die Unterstellung des Kalibrierlabors unter den Leiter „Service Intern“ als unkritisch ansehen, da hier eine allgemeine Dienstleistungserbringung stattfindet.
Weiterhin zeigt das Organigramm, dass die Bereiche „QM“ und der Betriebsrat ein direktes Vorspracherecht bei der Firmenleitung haben.
Zur Stärkung der Unabhängigkeit der Labore wurde die Laborunterstellung neu geregelt.
Die geänderte Struktur ist unter den Vorlagen als Muster zu finden.31
(c) Bestätigung der Mitarbeiter
Die Labormitarbeiter sind frei von jeglicher Weisung bei der Durchführung und Bewertung von Kalibrier- oder Prüfergebnissen. Jedoch ist festzulegen, wer berechtigt ist, Messabläufe vorzugeben, oder Ergebnisse zu formulieren, zu interpretieren, oder Konformitätsaussagen zu treffen. Die alleinige Verantwortung trägt zunächst der Laborleiter. Die Mitarbeiter des Kalibrierlabors und im Umfeld tätige Personen nehmen eine besondere Verpflichtung zum metrologischen Arbeiten wahr. Der Laborleiter kann notwendige Verantwortlichkeiten teilweise delegieren. Dies muss aber in klar erkennbarer und nachvollziehbarer schriftlicher Form erfolgen. Es empfiehlt sich, die Übertragung der Befugnisse von den Mitarbeitern bestätigen zu lassen. So wird ihnen gegenüber nochmals die besondere Bedeutung ihrer Tätigkeit verdeutlicht.32
Die Verbindlichkeitserklärung der Mitarbeiter kann auch im Rahmen von regelmäßigen Belehrungen abgelegt sein. 33
Die Erklärung gehört nicht zu den Personaldokumenten, wie einer Tätigkeitsbeschreibung. Sie sollte im Labor im Rahmen der Belehrungen geführt werden.
Der Mitarbeiter sollte eine Kopie dieser Erklärung in einer Handakte haben. Diese kann elektronisch geführt werden.
Das Einfordern einer entsprechenden Erklärung kann Mitbestimmungspflichtig sein. gegebenenfalls ist der Betriebsrat zu beteiligen.
19 Unparteilichkeit: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 4.1.1 und 6.2.1
20 Die DAkkS fordert diese Erklärung nicht mehr. Dennoch bleibt sie sinnvoll.
21 → 15.1, „Vorlage: Unabhängigkeits- und Unparteilichkeitserklärung der Laborleitung“, Seite →
22 Unparteilichkeit: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 4.1.1 und 4.1.2
23 Risiken für die Unparteilichkeit: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 4.1.3
24 Verpflichtung zur Unabhängigkeit der Laborleitung: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 4.1.2
25 Minimierung von Risiken: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 4.1.5
26 Risiken für die Unparteilichkeit: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 4.1.4
27 Risikomanagement für die Unparteilichkeit: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 4.1.5
28 → 15.5, „Vorlage: Vereinbarung zur Vertraulichkeit“, Seite →
29 → 15.7, „Vorlage: Äußeres Organigramm“, Seite →
30 → 15.8, „Vorlage: Inneres Organigramm“, Seite →
31 → 15.7, „Vorlage: Äußeres Organigramm“, Seite →
32 Die Verpflichtung zum normenkonformen Arbeiten, zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Mitarbeiter bei der Bewertung der Ergebnisse regelt → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 6.2.1.
33 → 15.2, „Vorlage: Verbindlichkeitserklärung der Labormitarbeiter“, Seite →
Um Vertraulichkeit im Umgang mit Kundeninformationen oder über die Geschäftsbeziehung als solche wahren zu können, müssen zunächst belastbare Regelungen existieren. Solche Regelungen sind beispielsweise die allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Dienstleisters und die auf dieser Basis geschlossenen Aufträge und sonstige Verträge.34 35
Die Pflicht, Vertraulichkeit zu wahren, beginnt nicht erst mit einem Vertragsschluss, sondern bereits mit der Geschäftsanbahnung (Anfrage oder Angebot).
(a) Das schützenswerte Interesse des Kunden
Die Verschwiegenheit über Geschäftsprozesse, über das Kundeneigentum und dessen Eigenschaften, sowie auch über die eigenen Belange sind auf jeden Fall zu wahren. Der Kunde verlässt sich darauf. Es kann sein, dass bereits kleinste Informationsteile für einen Mitbewerber eines Kunden bedeutend sind. So kann er vielleicht aus der Tatsache, welche Messmittel eingesetzt werden, auf Messprozesse schließen oder Markttrends erkennen. Von besonderer Bedeutung kann auch sein, welche Messmittel auf welche Spezifikationen geprüft werden. Denn aus Prüfspezifikationen kann wiederum auf Eigenschaften der geprüften Produkte geschlossen werden. Kurz gesagt:
Der Kunde hat ein vitales Interesse, dass seine Informationen direkt und indirekt geschützt werden.
Ein Zulieferer der Automobilindustrie ist im Bereich der Komponenten von Verbrennungsmotoren gut aufgestellt und betreibt ein Kalibrier- und Prüflabor mit dem Schwerpunkt mechanischer Messgrößen.
Im Rahmen einer Akkreditierungserweiterung soll nun auch ein breites Spektrum an elektrischen Messgrößen akkreditiert werden. Hierzu werden im großen Umfang spezielle Messmittel beschafft und über entsprechende Labore rückgeführt.
Für einen Beobachter ist offensichtlich, dass sich diese Firma neue Geschäftsfelder – vermutlich in der Elektromobilität – erschließen möchte.
Ein schützenwertes Interesse des Kunden kann schon bereits aus der Existenz der Geschäftsbeziehung abgeleitet werden, ohne dass auf weitere Details eingegangen werden muss.
Die Qualitätsmanagementnormen bilden dieses besondere Schutzinteresse auch gebührend ab. Zudem gelten im besonderen Maße auch gesetzliche Regelungen, die ein übergeordnetes Regelwerk darstellen, wie beispielsweise die Datenschutzgrundverordnung. So werden neben den technischen Aspekten auch die persönlichen
Daten der Kunden geschützt.
Natürlich bezieht sich die Vertraulichkeit der Daten nicht alleinig auf das Labor als Organisation, sondern auch auf alle beteiligten Personen. Neben dem Laborpersonal können auch externe Dienstleister, Auditor, Gremienmitglieder und sonstige Personen im Informationsfluss eingebunden sein. Auch auf jene Personen sind die Verpflichtungen zur Vertraulichkeit auszudehnen. Hier empfiehlt es sich, je nach Grad der notwendigen Vertraulichkeit, sich rechtlich bindende Erklärungen unterzeichnen zu lassen.36 37 38 39
Man ist immer auf der sicheren Seite, wenn überhaupt keine Informationen über die Kunden–Dienstleister-Beziehungen oder über interne Sachverhalte nach außen dringen. Jedoch gibt es viele gute Gründe und berechtigte Interessen, diese Regel zu brechen.
Eine Bürgerinitiative beauftragt ein Labor mit einem Bodengutachten, weil der Verdacht besteht, dass auf einem Kinderspielplatz weit mehr Schadstoffe als zulässig sich im Boden befinden. Die Ergebnisse sind von allgemeinem Interesse. Dennoch ist der Auftraggeber der alleinige Eigentümer der Information.
Eine andere Ausgangssituation liegt vor, wenn beispielsweise ein Gericht das Labor beauftragt, den Sachverhalt zu klären und das Untersuchungsergebnis im Gerichtsverfahren verwendet werden soll.
Wenn das Laboratorium gesetzlich verpflichtet oder durch Verträge ermächtigt ist, vertrauliche Informationen offen zu legen, so muss der betreffende Kunde oder die betreffende Person, sofern nicht gesetzlich verboten, über die bereitgestellten Informationen unterrichtet werden.
Eine deutsche Firma bestellt im nicht unerheblichen Maße seltene Erden mit vorgegebenen magnetischen Eigenschaften über einen ausländischen Zwischenhändler. Nach einer Eingangsprüfung der Waren verdichtet sich der Verdacht, dass das Material nicht die zugesicherten Eigenschaften aufweist. Der Kunde reklamiert die Lieferung, welche aber vom Händler abgelehnt wird.
Um die eigenen Forderungen zu unterstreichen, beauftragt der Kunde ein unabhängiges Materialprüfungslabor mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieses kann nur dann sinnvoll sein, wenn es dem Lieferanten zugänglich gemacht wird und wenn das ausstellende Labor die Materialeigenschaften mit Hilfe akkreditierter Verfahren ermitteln konnte.
Darüber hinaus gibt es weitere Gründe, die zur Offenlegung einzelner Informationen führen können.
Sollten Offenlegungen notwendig sein, gilt:
(b) Befugnisse zur Weitergabe von Informationen
Innerhalb eines Labors sollte festgelegt sein, wer berechtigt ist, Informationen an Dritte weiterzugeben. Üblicherweise sollten lediglich der Laborleiter oder benannte Vertreter hierzu berechtigt sein. Darüber hinaus können Projektverantwortliche in einem besonderen Maße Informationen mit Kunden austauschen, da es die Projektplanungen oftmals erfordern.
Es könnte sinnvoll sein, schriftlich festzuhalten, welche Informationen unter welchen Bedingungen und zu welchen Zwecken ausgetauscht wurden. Allerdings steht der hierzu notwendige Aufwand nicht immer im gesunden Verhältnis zur Information.41
Es ist sinnvoll, zum Informations- und Datenaustausch fest definierte Informationskanäle zu vereinbaren, wie organisatorische eMail-Postfächer, die während der Laufzeit der vereinbarten Vertraulichkeit nicht gelöscht werden. So ist der Datenaustausch ohne weitere organisatorische Maßnahmen für beide Seiten jederzeit nachvollziehbar.
Alle Informationen, die eine Relevanz für den Geschäftsbetrieb haben, wie beispielsweise Absprachen mit dem Kunden, sollten über Organisationsbriefkästen und nicht über persönliche Postfächer erfolgen.
Ein Organisationspostfach könnte beispielsweise „laborleiter@...“ heißen, anstatt „Peter.Schmitz@...“.
(c) Weitere Informationen über Kunden
Einige Aspekte der Vertraulichkeit werden in Vertragsdokumenten geregelt. So kann dort der Vertrauliche Umgang mit Kundeninformationen zugesichert werden. Ein anderer Ansatz ist es, in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Verpflichtungserklärung mit aufzunehmen. Der dritte Weg ist der Verweis auf das normenkonforme Arbeiten nach DIN EN ISO 9001:2015, [2], oder besser DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1]. Dies impliziert die Vertraulichkeit. Allerdings ist dieser Zusammenhang den meisten Kunden nicht bekannt, so dass hier weitere Erläuterungen sinnvoll sind.
Sollte ein Labor beabsichtigen, Informationen frei zugänglich zu machen – und dies beinhaltet auch schon die Informationen, dass man für einen bestimmten Kunden als Dienstleister tätig ist – ist dies bereits vor Vertragsschluss dem Kunden mitzuteilen.42
Der Kunde muss die Möglichkeit haben, die Vertraulichkeit rechtlich durchzusetzen. Also ist eine formale und standardisierte Erklärung hierzu sinnvoll.
Dennoch besteht die Möglichkeit der Veröffentlichung von Informationen im beiderseitigen Einverständnis. Manchmal ist dies auch beabsichtigt, wenn beispielsweise die Laborergebnisse dem Kunden als Referenz für eine Repräsentanz am Markt oder als Konformitätsbescheinigung notwendig sind.
Unberührt von allen normativen Regelungen und Vereinbarungen haben gesetzliche Regelungen immer Vorrang. Der Kunde ist hierüber zu informieren.43
Im Rahmen einer Unfalluntersuchung muss ein Labor zur Klärung technischer Sachverhalte Messungen zu Materialeigenschaften vornehmen. Diese Ergebnisse können juristisch relevant sein. Diese Informationen sind nicht nur dem Auftraggeber mitzuteilen, sondern müssen gegebenenfalls auch der (juristischen) Gegenseite und dem Gericht verfügbar gemacht werden.
Weiterhin kann es sein, dass Informationen über einen Kunden von dritter Seite zur Verfügung gestellt werden. Dies kann beispielsweise eine Aufsichtsbehörde sein. In diesem Interessensdreieck zwischen Labor, Kunde und der dritten Seite mit berechtigtem Interesse an Informationen gelten besondere Regelungen. Normativ geregelt ist hierbei lediglich, dass eine unbeaufsichtigte Weitergabe der Informationen zu unterbleiben hat und getroffene Regelungen zu berücksichtigen sind.44
(d) Geschäftsprozesse
Neben den Kundendaten unterliegen die eigenen Informationen der gleichen Vertraulichkeit. Das Geschäftsprozesse der allgemeinen Verschwiegenheit unterliegen, sollte selbstverständlich sein. Sollten zudem Kundeninformationen involviert sein, gelten die bereits unter → (c), Seite → angesprochenen Punkte.
(e) Eigene technische Informationen
Die Kompetenz und die Möglichkeiten des eigenen Labors befinden sich in den Köpfen der Mitarbeiter, wie auch in dokumentierten Informationen. Dieses Wissen kann für Mitbewerber hochinteressant sein und ist zu schützen. Regelungen zur Vertraulichkeit im Umgang mit diesen Daten sind analog zum Schutz der Kundeninformationen, → (c), Seite →, zu treffen.
Die Geschäftsführung hat ein berechtigtes Interesse, vertrauliche Informationen zu schützen. Die eigenen Mitarbeiter können im Rahmen von Regelungen in Arbeitsverträgen oder Tätigkeitsdarstellungen verpflichtet werden.
Externe Personen, die Zugang zu sensiblen Informationen bekommen, sollten vertraglich zur Vertraulichkeit verpflichtet werden.
(f) Verzicht auf die Vertraulichkeit
Im gegenseitigen Einvernehmen, oder auch einseitig durch den Kunden, kann auf Vertraulichkeit der ganzen Geschäftsbeziehung oder auf Teile hiervon verzichtet werden. Das Labor als Dienstleister kann diese nicht einseitig aufheben; es sei denn es wäre durch ein übergeordnetes Interesse hierzu verpflichtet. Dieses könnte sich beispielsweise aus einer Gesetzeslage heraus ergeben.45
Ein Kalibrierlabor möchte die Liste seiner Kunden, oder Auszüge hiervon, zum Zwecke der Werbung offenlegen. Dies ist möglich, sofern die Kunden zustimmen.
34 Vertraulichkeit: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 4.2.1
35 → 15.3, „Vorlage: Interne Regelungen zur Vertraulichkeit“, Seite →
36 Ausdehnung der Vertraulichkeit auf außenstehende Personen: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 4.2.4
37 → 15.3, „Vorlage: Interne Regelungen zur Vertraulichkeit“, Seite →
38 → 15.4, „Vorlage: Kundeninformation zur Vertraulichkeit“, Seite →
39 → 15.5, „Vorlage: Vereinbarung zur Vertraulichkeit“, Seite →
40 → 15.5, „Vorlage: Vereinbarung zur Vertraulichkeit“, Seite →
41 Vertraulichkeit: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 4.2.1
42 Vertraulichkeit und Informationspflicht über den Umgang mit Kundeninformationen: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 4.2.1
43 Gesetzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung von Kalibrier- oder Prüfergebnissen: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 4.2.2
44 Regelungen zur Weitergabe von Informationen an dritter Seite: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 4.2.3
45 Offenlegung von Informationen: → DIN EN ISO/IEC 17025:2018, [1], Pkt. 4.2.1