– KLEINE ANEKDOTEN AUS DEM LEBEN EINES GROSSEN ENTERTAINERS –
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Originalausgabe
1. Auflage 2020
© 2020 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
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Redaktion: Silke Panten
Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch
Umschlagabbildung: picture alliance /Jörg Carstensen
Satz: Digital Design, Eka Rost
Druck: Graspo CZ, Tschechische Republik
eBook: ePubMATIC.com
ISBN Print 978-3-7423-1275-4
ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-0971-3
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-0972-0
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Vorwort von Fritz Egner
»Da Gottschalk hot a Inderra«
Der Berliner »Bruder« Gregor Rottschalk
Abitur mit Hängen und Würgen
Ein Kavalier, der auch noch bügeln kann
Büro-Ehe mit »Herman The German«
TV-Premiere mit ramponierter Gesichtshälfte
Sophie Scholl ist keine Fußpflegerin
Ping-Pong in Baden-Baden
Deutschlands erster Rapper mit GLS United
Bei Gottschalk auf der Psycho-Couch
Früh aufstehen für Günther Jauch
Luxemburg ist lukrativer
Lateinlehrer im Kloster Ettal
Piratensender Powerplay
Mit Eierstöcken muss man vorsichtig sein!
Wenn der Vater mit den Söhnen
Undercover in Bad Spänzer
Auf Hasenjagd mit dem »Monaco Franze«
Die affengeile Dauerwelle
Gottschalks Gottvater der Popmusik
Der unverschämte Buntstiftlutscher
Bambi-Skandal mit Happy End
Der mit dem Geweih umrührt
Eine Mischung aus Elferrat und Zentralkomitee
Grabrede für einen »Schlagerfuzzi«
Goldlocken und Gummibärchen
Literaturpapst trifft polnische Pornoqueen
Heimlicher Sektenbruder bei Scientology?
Heidi, deine Welt sind die Fruchtgummi-Zwerge
Wehe, wenn Schimanski sauer ist
Tanz der taumelnden Titanen
One-Hit-Wonder mit den »Besorgten Vätern«
Ein dienstlicher Kuss mit Michelle
Die Tragödie des Samuel Koch
Til Schweiger auf der Flucht
Wetten, dass Gottschalk auch Spaß versteht?
Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben
Nachwort
Quellen
»Keiner recherchiert länger als Ulli Wenger« – dieses Etikett klebt an »Mister One-Hit-Wonder«, seit ich ihn kenne. Der 50. Geburtstag von Paul McCartney brachte uns 1992 erstmals zusammen, gemeinsam bereiteten wir eine dreistündige Sendung über den Ex-Beatle vor. Damals saß ich schon 13 Jahre bei Bayern 3 am Mikrofon, Ulli kam neu vom Südwestfunk aus Baden-Baden, dort wo Thomas Gottschalk heute lebt. Dass ich Thomas beziehungsweise Thea meine gesamte Radiokarriere verdanke, können Sie hier nachlesen.
Die Chemie zwischen uns beiden stimmte vom ersten Tag an, ich merkte schnell, wie sorgfältig und akribisch Ulli arbeitet. Er lieferte mir die Fakten für meine Sonntagsshow Fritz Egners Zeitmaschine und suchte auch die passenden Originaltöne dazu raus.
Als er mir im vergangenen Jahr davon erzählte, dass er ein kleines Buch über Thomas schreiben sollte, da wusste ich sofort: Für diesen Job hätte der Verlag keinen besseren Autor finden können. Uns beide verbindet die Leidenschaft für Musik, bis heute erzählen wir uns wöchentlich Geschichten über Musiker, die wir erlebt oder von denen wir erfahren haben.
Seine Passion für Popmusik ähnelt der von Thomas Gottschalk: Thomas war der Erste, der im damals eher von Schlagern und Chansons geprägten Bayern-3-Programm eine Revolution anfachte, indem er englische Popmusik spielte. Durch Pop nach acht prägte er den Musikgeschmack einer ganzen Teenagergeneration. Er ist der Medien-Entertainer, der Radio und Fernsehen in Deutschland aus den verstaubten Ecken der Unterhaltungsbeamten und Conferenciers herausholte und Wegbereiter war für viele von uns.
Seit mehr als 40 Jahren bin ich dankbar, Thomas als Freund und Ratgeber zu haben. Einen wie ihn kann man lange suchen, finden wird man ihn aber wohl kaum noch einmal in einer Person.
Zum 40. Geburtstag von Bayern 3 produzierte Ulli Wenger eine große CD/DVD-Jubiläumsbox mit einem dicken Booklet. Darin porträtierte er neben vielen anderen Moderatoren auch Thomas und mich. Als ich ihm meine Erlebnisse mit Stars wie Madonna, James Brown oder den Bee Gees ablieferte, bekam ich am eigenen Leib zu spüren: »Keiner redigiert strenger als Ulli Wenger.«
Die meisten Anekdoten kenne ich natürlich als Zeitzeuge aus erster Hand, aber gedruckt gab es sie so bislang noch nicht. Erst durch die Lektüre dieses Buches tauchten sie alle wieder lebendig vor meinen Augen auf. Ich hoffe, Sie haben beim Lesen genauso viel Spaß wie ich, und wünsche Ihnen dabei jetzt gute Unterhaltung!
Ihr Fritz Egner
Thomas Johannes Gottschalk ist ein echtes Feiertagskind, geboren an Christi Himmelfahrt 1950 in Bamberg, weil sein Vater Hans unbedingt dabei sein wollte. In Kulmbach, wo er als Rechtsanwalt arbeitet, ist das zur damaligen Zeit nicht erlaubt. So aber sitzt er bei der Geburt neben seiner Frau Rutila im Kreißsaal. Patenonkel wird Johannes Seifert, katholischer Priester und Vaters bester Freund. 1957 ziehen Vater Hans und »Onkel Hans« in ein selbst gebautes Doppelhaus in Kulmbach. Dieser Onkel wird für den jungen Thomas zur »lebensbestimmenden Figur«. Als sein Ministrant begleitet er ihn im »vorkonziliaren Weihrauchnebel« der miefig-spießigen 1950er-Jahre von »Rosenkranzandachten über Früh- und Spätmessen bis hin zu Fronleichnamsprozessionen«.
Doch dann stirbt der »gütige Vater« Hans plötzlich an Pankreaskrebs und Thomas wird mit 14 Halbwaise, ebenso seine jüngeren Geschwister Christoph (11) und Raphaela (4). Onkel Hans, inzwischen Religionslehrer in Kronach, kümmert sich rührend um Nichte und Neffen. Drei Jahre später darf Thomas die Sommerferien bei einer englischen Familie verbringen – im Rahmen eines Schüleraustauschs namens »Fahr mit!«. Während dieser vier Wochen lernt er in London seine erste große Liebe kennen. »Sie war eine bildschöne, ziemlich dunkle Inderin aus Wimbledon«, erinnert er sich noch Jahrzehnte später. Ihr Spitzname: Bonnie. Zurück in Kulmbach besingt der »bleiche Blonde« Tonbänder mit englischen Liebesliedern, schickt sie ihr und sie antwortet ihm genauso begeistert mit Selbstgesungenem.
Mutter Rutila beobachtet das Treiben ihres Sohnes sehr argwöhnisch, trotzdem ermuntert sie ihn, Bonnie doch einfach mal einzuladen. Kurz darauf geht ein Raunen durch Kulmbach: »Da Gottschalk hot a Inderra!« Bonnie war dort vermutlich die erste Person of Color nach dem Abzug der amerikanischen GIs. »Als sie mich besuchte«, erinnert sich Gottschalk, »haben sich ein paar Leute bekreuzigt« – seine Mutter eingeschlossen!
Die beiden trinken erst kräftiges Kulmbacher Bier und dann küssen sie sich ganz romantisch unterhalb der mondbeschienenen Plassenburg. Bonnie deutet diesen intensiven Kuss gleich als Eheversprechen. Auch Rutila ist sich sicher, dass da noch mehr war, aber wie so oft wird auch diese erste Liebe bald »vom Winde verweht«. Viele Jahre später, als ihre Ehe mit einem Engländer gescheitert ist, meldet sich Bonnie wieder bei ihrem Thomas. Doch der hatte bei ihr damals einen tieferen Eindruck hinterlassen als umgekehrt. Er dachte wohl nicht mehr an die erste Single der Beatles: »Bring back my Bonnie to me ...«.
Während seines »Sommers der Liebe« entdeckt Teenager Thomas auf der Carnaby Street 1967 seine lebenslange Vorliebe für ausgefallene Klamotten. Und er lässt sich vom englischen Radio verzaubern, BBC One und Radio Caroline, dem auf einem Schiff in der Nordsee verankerten Piratensender. Daheim in Kulmbach hört er nachts unter der Bettdecke meist das englische Programm von Radio Luxemburg – seinem kleinen Transistorradio sei dank. So lernt er nebenbei Englisch.
Damals kann man im oberfränkischen Zonenrandgebiet auch den RIAS aus Berlin empfangen, den »Rundfunk im amerikanischen Sektor«. Eine Stimme fasziniert Thomas ganz besonders: Die von Gregor Rottschalk. Der ist nicht nur Moderator, sondern später auch ein erfolgreicher Liedtexter. Aus seiner Feder stammen Hits wie »Er gehört zu mir« (Marianne Rosenberg) oder »Und es war Sommer« (Peter Maffay). Gemeinsam mit Maffay und Rolf Zuckowski erfindet er 1983 übrigens auch den kleinen grünen Drachen Tabaluga.
Gelegenheit, dieses Idol aus nächster Nähe kennenzulernen, bietet ein Schulausflug nach Westberlin. Begleitet von Klassenkameradin Dagmar, einer »sehr ansehnlichen Zahnarzttochter«, steht er vor dem Pförtner am RIAS-Eingang. Wen er denn sprechen wolle? »Gregor Rottschalk von RIAS 2.« Wer er denn sei? »Thomas Rottschalk, ich bin sein Bruder, er wartet auf uns!«
Wer so dreist ist, dem öffnen sich alle Türen. Rottschalk moderiert gerade den Treffpunkt, als die beiden ins Studio stürmen. Ihm gefällt die Chuzpe, mit der Thomas sich Zugang zu ihm verschafft hat, und baut ihn spontan in seine Sendung ein. Er soll den Berliner Zuhörern mal verraten, wie das Leben so ist in der Provinz. Das Rotlicht geht an und Thomas plappert einfach wild drauf los. Als er mit Dagmar wieder auf der Straße steht, ist er sich sicher: So etwas will er später auch mal machen. »Das war meine Radiotaufe«, stellt er rückblickend fest.
Aber erst muss Thomas noch die elfte Klasse wiederholen, denn er ist schon zum zweiten Mal sitzengeblieben. Mutter Rutila schimpft ihn: »Du bist stinkfaul!« Thomas kontert, dass ihm das Abitur ab sofort nicht mehr so wichtig erscheine, er wolle lieber Journalist werden. Rutilas Reaktion: »Ich knall dir eine, dass dir die Suppe aus der Nase spritzt!«