Welche Tierspur ist das?
Der Kosmos-Farbcodes teilt die Tierspuren in sechs verschiedene Gruppen ein.
Spuren/Fährten
Fraßspuren
Gewölle
Kot/Losung
Nester/Baue
Verschiedene Spuren
Trittsiegel
Fährten
Impressum
Was Spuren verraten
Während Spurenlesen für Naturvölker eine Überlebensfrage war, gelingt es heute höchstens noch einigen Wildbiologen, Jägern und Förstern, ohne dass sie die Perfektion echter »Fährtensucher« erreichen. Immerhin können wir auf Spaziergängen unser Naturerlebnis erheblich bereichern, wenn wir lernen, auf die Spuren von Tieren zu achten und diese richtig zu lesen. Mit etwas Übung gelingt es, allein durch die Hinterlassenschaften von Tieren einiges über ihr Vorkommen, ihre Wechsel und Einstände und ihr Verhalten zu erfahren – seien es ihre Tritt- und Fraßspuren, ihre Körperausscheidungen (Kot, Gewölle), Nester und Baue oder auch die Spuren ihrer Körperpflege. Nach diesen Spuren-Gruppen ist dieses Buch gegliedert.
Rehfährte
Foto: Alfred Limbrunner
TRITTSPUREN
Vor allem bei Säugetieren sind Trittspuren als Nachweise ihres Vorkommens wichtig. Bei entsprechendem Untergrund bleibt als negativer Abdruck ihrer Füße eine Spur zurück. Nach dem Bau ihrer Extremitäten werden Säugetiere in Sohlen-, Zehen- und Zehenspitzengänger eingeteilt. Die Füße der Sohlen- und Zehengänger bezeichnet man auch als Pfoten (Raubtiere, Nagetiere, Hasentiere und Insektenfresser). Während Sohlengänger mit der ganzen Fußsohle auftreten, drücken sich bei den Zehengängern nur die Zehen und Hauptballen ab. Bei den Zehenspitzengängern sind die Endglieder durch Hornschuhe (Hufe) geschützt. Huftiere unterscheiden sich in Paar- und Unpaarhufer.
Deutlich ist der Rehwechsel im Schnee zu sehen.
Foto: Alfred Limbrunner
Die hintereinander angeordneten Pfotenabdrücke oder Trittsiegel ergeben die Spur (Fährte). Bei der Aufeinanderfolge der Fußabdrücke ist vor allem darauf zu achten, welche Stellung die Hinterfüße im Verhältnis zu den Vorderfüßen einnehmen. Je nach Laufart und Laufgeschwindigkeit entstehen unterschiedliche Spurenbilder. So werden im Schritt oder Gang die Hinterfüße mehr oder weniger genau in die Abdrücke der Vorderfüße gesetzt. Dadurch entstehen zwei Reihen von Abdrücken nebeneinander. Je schneller sich ein Tier bewegt, desto mehr verringert sich seine Schrittbreite und umso mehr nimmt die Schrittlänge zu. Das lässt sich besonders gut bei der nächstschnelleren Gangart, dem Trab, feststellen. Beim Galopp schließlich setzen die Tiere ihre Hinterfüße vor den Vorderfüßen auf. Und beim Sprung wird sich mit beiden Hinterbeinen gleichzeitig abgesetzt, um im Bogen vorwärtsgeschleudert zu werden und auf den Vorderbeinen zu landen, die meist in geringem Abstand voneinander auf den Boden aufsetzen.
Beim Bestimmen von Trittspuren sind Messungen wichtig. Die Pfotenbreite misst man auf Höhe der beiden vorderen Zehenballen, für die Pfotenlänge wird der Abstand vom vorderen Zehenballenrand bis zum Hinterrand des Hauptballens (bei Zehengängern) bzw. des Fersenballens (bei Sohlengängern) genommen. Die Trittsiegelbreite beim Schalenwild wird an der breitesten Stelle der Schalenabdrücke gemessen, als Längenmaß nimmt man die Schalenspitze bis zum hinteren Rand des Ballens. Erfahrene Spurenleser können anhand der Fußspuren nicht nur die Tierart und deren Gangart bestimmen. Bei einigen Arten ist sogar über die Spur das Erkennen von Geschlecht, Alter, Gewicht, körperlicher Verfassung und Geweihform des Tieres möglich. Allerdings hängt das Bestimmen der Spur neben dem Können des Spurenlesers auch von der Qualität der Spur ab. Und die wird vor allem von der Beschaffenheit des Untergrundes, den Wetterbedingungen, der Laufgeschwindigkeit des Tieres sowie dem Alter der Spur mitbestimmt.
Auch die Trittsiegel der Vögel hängen vom Fußaufbau ab. Je nach Hauptfunktion des Vogelfußes ergeben sich unterschiedliche Trittstrukturen wie Greif-, Sitz-, Wat- oder Schwimmfuß. Meist sind vier Zehen um die Basis des langen Laufs, der sogenannten Metatarsalregion, angeordnet – wobei die 1. Zehe (Hinterzehe) nach hinten zeigt und oft rückgebildet ist, während die 2. Zehe als Innenzehe die körpernächste, die Mittelzehe (3. Zehe) die längste ist und die 4. Zehe als Außenzehe am weitesten vom Vogelkörper wegzeigt.
FRASSSPUREN
An Bäumen, Sträuchern, Kräutern, Früchten und Wurzeln lassen sich vielfältige Fraßspuren von pflanzenfressenden Säugetieren, Vögeln, Insekten und Schnecken entdecken. Fraßspuren an Pflanzen durch Säugetiere sind abhängig von der Körpergröße bzw. »Reichweite« ihrer Erzeuger. So benagen Scher- und Erdmäuse den Wurzelbereich von Pflanzen. Nagespuren dicht am Boden zeugen von Mäusen, Hasen oder Kaninchen. Dagegen kommen Hirsche und Rehe höher hinauf. Nagespuren am Gezweig stammen oft von »Kletterkünstlern« wie Eichhörnchen, Siebenschläfern oder auch Rötelmäusen. Auch bei Fraßspuren an Obst und Früchten kann man auf den Erzeuger kommen. So hinterlassen Säugetiere verschieden breite Zahnmarken ihrer Schneidezähne im Fruchtfleisch. An hartschaligen Früchten wie Haselnüssen und Eicheln wird die Öffnungstechnik deutlich. Wo Eichhörnchen Nüsse geknackt haben, lässt sich leicht unterscheiden, ob ein »Anfänger« oder »Profi« am Werke war. An der Bearbeitungstechnik von Zapfen lassen sich Mäuse von Eichhörnchen unterscheiden. An Pflanzenteilen fressende Vögel hinterlassen oft Pick- und Hackspuren. Spechte und Kreuzschnäbel haben besondere Techniken beim Zerlegen von Zapfen. Auch zertrümmerte Schneckengehäuse, aufgespießte, deponierte oder angekröpfte Beutetiere, einschließlich deren Fundumgebung, lassen auf einzelne Vogelarten als Erzeuger schließen. Fraßspuren an Eiern können sowohl von Vögeln als auch von Säugetieren stammen.
Kleiberschmiede
Foto: Alfred Limbrunner
GEWÖLLE
Die unverdaulichen Reste von Beutetieren, wie Haare, Federn, Knochen und Chitinteile, werden im Magen bestimmter Vogelarten zu einem Klumpen zusammengeballt und in Abständen als Speiballen (Gewölle) ausgeschieden. Für den reibungslosen Durchgang durch die Speiseröhre werden die Speiballen mit einem Schleimüberzug versehen, der an der Luft rasch trocknet.
KOT, LOSUNG
Kotspuren von Säugetieren geben Aufschluss darüber, ob der Erzeuger überwiegend Fleisch- oder Pflanzenfresser ist. Fleischfresserkot enthält in der Regel mehr Wasser, Knochen und Haare, ist länglich und riecht streng. Oft wird der Kot auch als Duftmarkierung für das Revier oder für Artgenossen verwendet. Dazu wird er vom Erzeuger stets an der gleichen Stelle abgesetzt. Einige Tiere, wie der Dachs, richten sich sogar Toilettenplätze ein, die mehrfach genutzt und nicht abgedeckt werden. Bei Allesfressern enthält der Kot zusätzlich Rückstände von Pflanzenteilen. Bei Pflanzenfressern ist er sehr ballaststoffreich, oft härter und besteht aus vielen kleinen festen Pflanzenteilen. Beim Rothirsch etwa kann man anhand der Form des Kotes sogar auf das Geschlecht seines Erzeugers schließen.
NESTER UND BAUE
Zahlreiche Tiere, ob Säugetiere, Vögel oder auch einige Insekten, errichten Baue oder Nester vor allem für die Aufzucht ihrer Jungen. Oft dienen Tierbauten auch als Verstecke oder zum Schutz gegen Kälte oder Feuchtigkeit. Nur wenige Arten beziehen ganzjährig feste Baue.
Mit Abstand am häufigsten stoßen wir auf alte Vogelnester, die während der Vegetationszeit gut verborgen im Bodenbewuchs oder dem Laub von Bäumen und Büschen angelegt wurden und uns erst nach dem Laubfall im Winterhalbjahr auffallen. Denn für die meisten Vogelarten ist der Nestbau obligatorisch. Und so unterschiedlich wie die Vogelarten – vom Uhu bis zum Mauersegler – sind, so vielgestaltig sind auch ihre Nester. Sie gibt es wohl in allen erdenklichen Variationen: von der flüchtig angelegten Bodenmulde (Watvögel, Möwen) bis zum kunstvoll geflochtenen Kugelnest (Beutelmeise), der Erdhöhle (Eisvogel), dem Lehmnest (Schwalben) oder dem Schwimmnest (Haubentaucher). Vogelarten, die keine eigenen Nester bauen, sind auf die Aktivitäten anderer Arten angewiesen. So bewohnen beispielsweise Waldohreulen verlassene Raben- oder Greifvogelnester, Hohltauben und Raufußkäuze die Höhlen von Schwarzspechten und Sperlingskäuze beziehen leere Buntspechthöhlen. Manchen Arten wie Uhu und Wanderfalke genügt schon ein Felssims zum Brüten. Je nach ihrer Stellung, Größe, dem Bautyp und den verwendeten Baustoffen sind die Nester für die einzelne Vogelart kennzeichnend.
KÖRPERPFLEGE UND MEHR: VERSCHIEDENE SPUREN
Auch bei der Körperpflege mancher Tierarten bleiben interessante Spuren zurück: Suhlen, Scheuer-, Fegebäume oder sogenannte Huderpfannen. Zum Schluss bleiben noch Hinterlassenschaften wie beispielsweise Exuvien, die sich nicht so einfach in die vorangegangenen Kategorien einordnen lassen, uns aber einiges über die Tiere, von denen sie stammen, verraten.
Rabenkrähennest
Foto: Alfred Limbrunner
Spuren, Fährten
Eichhörnchen
— Sciurus vulgaris
Fotos: Alfred Limbrunner
MERKMALE Vorderfußspur 3–4 cm lang und 1,5–2 cm breit, Hinterfußspur 4–5 cm lang und 2,5–3,5 cm breit. Eichhörnchen besitzen am Vorderfuß vier lange, stark spreizbare Zehen. In der Spur drücken sich vier Zehenballen, drei Haupt- und zwei Fersenballen ab. Von den am Hinterfuß sitzenden fünf Zehen sind die drei mittleren gleich lang und liegen eng nebeneinander. Die beiden äußeren Zehen des Hinterfußes sind kürzer und können stark gespreizt werden. Der Hinterfuß hat vier Haupt-, aber keine Fersenballen. Er drückt sich meist bis zum Fersengelenk ab. Die scharfen Krallen sind fast immer zu erkennen. VORKOMMEN In Parks, Gärten mit altem Baumbestand und Wäldern, vor allem im Schnee oder auf schlammigen Wegen. WISSENSWERTES Die kurze Spur beginnt und endet fast immer an einem Baum. Sie ist so charakteristisch, dass sie nicht zu verwechseln ist. Denn das Eichhörnchen hoppelt wie ein Hase oder Kaninchen, um dabei die Hinterbeine vor den Spuren der Vorderläufe aufzusetzen. Manchmal führt die Eichhörnchenspur im Winter auch zu einem ausgegrabenen Vorratslager.
Spuren, Fährten
Maus
— Verschiedene Arten und Gattungen
Foto groß: Alfred Limbrunner; Foto klein: Hecker
MERKMALE Ähnlich Wanderratte, aber kleiner. Langschwanzmäuse und Wühlmäuse zeigen alle den gleichen Fußabdruck, wobei dessen Größe je nach Art schwankt. So ist die Länge der Trittsiegel bei der Waldmaus vorne 1 cm, hinten 2–2,7 cm, bei jeweils 1 cm Breite. Die Vorderfußspur zeigt vier gespreizte Finger und bleibt gelegentlich auf den Abdruck der spitzen Krallen beschränkt. Die Hinterfußspur ist größer und zeigt fünf besser abgebildete Zehen. Feldmäuse (Wühlmäuse) bewegen sich meist im Schritt, Langschwanzmäuse im Sprung, insbesondere im Schnee. VORKOMMEN Im Lebensraum der Arten auf schlammigen Rohböden oder im Schnee. WISSENSWERTES Wühlmäuse können ihre äußeren Zehen stärker abspreizen. Die Schleifspur des längeren Schwanzes der Langschwanzmäuse ist meist als Rinne in der Spur abgebildet. Wühl-/Feldmausspuren sind fast immer kürzer. Sie führen meist nur von einem Mauseloch zum anderen. Ihre kurzen Schwänze hinterlassen meist nur im Pulverschnee eine Spur.
Spuren, Fährten
Feldhase
— Lepus europaeus
Fotos: Alfred Limbrunner
MERKMALE Typische, nur mit dem Wildkaninchen zu verwechselnde Spur. Die längeren Trittsiegel der Hinterfüße (Länge 7–12 cm, Breite 3,5 cm) stehen nebeneinander jeweils vor den mehr oder weniger hintereinander gesetzten, rundlichen Abdrücken der Vorderfüße (Länge ca. 5 cm, Breite 2,6–3 cm), weil diese beim sogenannten »Hoppeln« von den Hinterläufen übereilt werden (Galoppspur). VORKOMMEN In reich strukturierten offenen Kulturlandschaften, vor allem im Schnee oder auf schlammigen Wegen. WISSENSWERTES Alle Hasenartigen bewegen sich aufgrund ihres Körperbaus ausschließlich hoppelnd vorwärts. Alle vier Pfoten werden dabei als typische Sprunggruppe (Hasensprung) abgebildet. Von den fünf Zehen der Vorderpfote wird der reduzierte Daumen im Trittsiegel nicht abgedrückt. Die Hinterpfote ist vierzehig. Die starken Krallen an den Hasenpfoten drücken sich immer mit ab. Obwohl Zehenballen fehlen, täuschen die dichten Haarbüschel auf der Pfotenunterseite im Abdruck Ballen vor. Die direkte Aneinanderreihung der Trittsiegel entsteht beim langsamen Hoppeln.
Spuren, Fährten
Wildkaninchen
— Oryctolagus cuniculus
Fotos: Alfred Limbrunner
MERKMALE Vorder- und Hinterfußabdrücke deutlich kleiner als bei erwachsenen, mit denen halbwüchsiger Hasen aber durchaus verwechselbar. Größenunterschied zwischen Vorder- und Hinterfußabdruck beim Wildkaninchen weniger deutlich ausgeprägt. Vorderfuß 3 cm lang und 2,5 cm breit, Hinterfuß 4 cm lang und 2,5–3 cm breit. Wegen der geringeren Größe ist der Abstand zwischen den einzelnen Sprunggruppen kleiner und kann bei der Flucht bis auf 1 m ansteigen. VORKOMMEN In deckungsreichen Landschaften mit grabfähigen Böden. WISSENSWERTES Langsam hoppelnde Kaninchen hinterlassen an Eichhörnchen erinnernde Trittbilder. Dabei werden die Vorderpfoten nicht wie beim typischen Hasensprung hintereinander, sondern nebeneinander aufgesetzt. Als ursprüngliche Steppenbewohner waren Kaninchen nur auf der Iberischen Halbinsel und in Nordafrika heimisch, um als beliebte Jagdobjekte von den Menschen seit dem Altertum über die ganze Welt verbreitet zu werden.