Steffen Rothammel ist Fotograf und Ingenieur. Aufgewachsen in den bayerischen Alpen, war die Schönheit der Natur immer Teil seiner Kindheit. Die Faszination der Technik und die Liebe zur Natur brachten ihn schon als Jugendlichen zur Fotografie. Von der Naturfotografie führten ihn über die Jahre verschiedenste Reisen zu den Kulturen und ihren Menschen. Tiefer in diese Kulturen einzutauchen und die unterschiedlichsten Lebensweisen der Menschen kennenzulernen, war und ist Teil seiner Fotografie. Die Neugier darauf ist für ihn immer wieder Antrieb, in die Bereiche jenseits des Bekannten einzutauchen – ob in kleine Gassen oder entlegene Landstriche. Seine Kamera ist für ihn ein Werkzeug und Kommunikationsmittel, um mit den Menschen in Kontakt zu kommen und ihre Geschichten zu erzählen.
Seine Bilder wurden bereits in der »National Geographic«, der »GEO«, der »PHOTOGRAPHIE« sowie im »fotoforum« veröffentlicht und erhielten Auszeichnungen bei den Photographers Forum Awards, den Sony World Photography Awards und den ipa Awards.
Mehr Bilder von Steffen Rothammel finden Sie auf seiner Website unter www.steffenrothammel.com. Sie erreichen ihn per E-Mail über info@steffenrothammel.com.
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Wie Sie mit Empathie und Intuition
ausdrucksstarke Bilder fotografieren
Steffen Rothammel
Lektorat: Boris Karnikowski
Copy-Editing: Petra Kienle, Fürstenfeldbruck
Satz: Ulrich Borstelmann, www.borstelmann.de
Herstellung: Stefanie Weidner
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de (unter Verwendung eines Fotos des Autors)
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN:
Print978-3-86490-720-3
PDF978-3-96088-866-6
ePub978-3-96088-867-3
mobi978-3-96088-868-0
1. Auflage 2020
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In tiefer Dankbarkeit an alle meine Reisebegleitungen und alle Menschen, die mich auf dem Weg der Fotografie bis heute begleitet haben. Insbesondere an meine Frau Katrin, Esther Horst, Petra Ostler und meinen Lektor Boris Karnikowski, die immer wieder die Geduld hatten, mein bayerisches Deutsch zu korrigieren, und mir bei diesem Projekt zur Seite standen.
Vor allem aber möchte ich den Menschen danken, die ich auf meinen Reisen getroffen habe, die mir ihre Geschichten erzählt und es mir schließlich erlaubt haben, sie auf die eine oder andere Art abzulichten. Ohne sie gäbe es keine Fotografien und auch meine Reise durch die faszinierende Welt der Fotografie wäre nicht möglich gewesen.
Gewidmet meinem Sohn Toni, vielleicht als Inspiration für ein Leben mit der Kunst an deiner Seite.
1Was Fotografie leistet
Die Unendlichkeit des Moments
Vorbereitung und Offenheit: bewusst fotografieren
2Das Werkzeug
Eine Kamera ist wie ein Werkzeug
Ihre Motive bestimmen Ihre Ausrüstung
»Benötigte« und angemessene Ausrüstung
3Ihr Instrument
Ein Werkzeug, das Sie beherrschen, wird zu Ihrem Instrument
Schnelligkeit entscheidet
Was Sie über Blende und Belichtungszeit wissen sollten
4Fotografieren sollte anstrengend sein
Im Schweiße Ihres Angesichts
Haben Sie Spaß!
5Sie machen die Bilder
Kennen Sie die Regeln (die Sie brechen werden)
Füttern Sie Ihre Intuition (und folgen Sie ihr)
Reflektieren Sie über Ihre Entwicklung
Seien Sie Sie selbst
6Ihr Ziel ist der eigene Ausdruck
7Ihr Zugang zu den Menschen
Wie Sie wirken (und wie andere Sie wahrnehmen)
Empathie erlaubt Zugang
8Der Moment
Wie Sie den Moment erkennen
Machen Sie sich unsichtbar
9Geschichten, die Sie schreiben
Lassen Sie Ihre Intuition entscheiden
Was wollen Sie zeigen?
Mit Belichtungszeit und Schärfentiefe erzählen
10Natur- und Landschaftsfotografie
Landschaftsfotografie als Landschaftserhalt
11Streetfotografie
Thema und Atmosphäre
Der urbane Kontext
12Porträts
Arbeiten Sie mit Ihrem Gegenüber
Das Gesicht im Kontext
13Entwickeln Sie sich und Ihre Aufnahmen
Orte, um zu lernen
Mit Aufträgen Ihre Fotografie entwickeln
14Ausblick
Index
Ich sitze hier neben meiner Kamera und schreibe an einem Vorwort, welches Sie aufmuntern soll, sich ein wenig Zeit zu nehmen. Wir alle haben zu wenig Zeit oder nehmen uns diese kaum noch, um etwas in Ruhe anzuhören oder zu lesen. Auf unsere heutige Lebensart bezogen wäre es am besten, Sachbücher nicht mehr auszuformulieren, sondern den Inhalt in Stichpunkten oder in #hashtags zu schreiben. Für ein reines Kamerahandbuch könnte das auch funktionieren. Aber im Schreiben bzw. im Lesen steckt viel mehr als nur die reine Information: Hier treffen sich das Wesen des Autors und des Lesers, hier überschneiden sich ihre Gedanken und Gefühle. Sich auszudrücken ist so individuell wie ein Fingerabdruck. Daher erkennen wir auch in den meisten Fällen unsere Lieblingsschriftsteller an ihrem Schreibstil wieder.
Das Internet hat uns dazu erzogen, Informationen schnell und am besten in Listenform aufzunehmen. Wir haben uns so an diese Art der Informationsaufnahme gewöhnt, dass wir fälschlicherweise glauben, auf diese Art auch unsere künstlerischen Fähigkeiten weiterentwickeln zu können. Doch die Art, wie man einen Pinsel hält, die Saiten einer Gitarre greift oder eine Kamera bedient, erschafft nicht das Ölgemälde, den Song oder die Fotografie. Sie können auf diese Weise die Grundlagen einer Sprache lernen, aber keine Rede schreiben. Die Umsetzung einer gelernten Technik in ein Artefakt bedarf einer Idee. Ideen entstehen aus Erfahrungen und Informationen. Erfahrung können Sie nicht stichpunktartig erwerben, sondern durch das immer wiederkehrende Ausführen einer bestimmten Tätigkeit.
Ich selbst würde mich als einen eher ungeduldigen Menschen bezeichnen. Als ich angefangen habe, bewusst zu fotografieren (mehr dazu später), war ich bei jedem neuen, aus damaliger Sicht gelungenen Bild davon überzeugt, dass ich jetzt angekommen wäre und meine Arbeiten doch der ganzen Welt gefallen müssten. Ich denke, Sie kennen dieses Gefühl. Kunst ist keine Wissenschaft, die wir lernen können oder die zu einem Ergebnis führt. Ein Künstler drückt zu jeder Zeit das aus, was ihn zu diesem Zeitpunkt bewegt. Natürlich spielt es eine Rolle, ob er dazu einen Pinsel oder eine Kamera einsetzt, aber ziehen wir den technischen Anteil ab, bleibt immer der Künstler übrig. Und somit entspricht auch jedes Gemälde oder eine Fotografie zu diesem Zeitpunkt genau dem Künstler und seiner Idee. Je nach Talent kommen Sie in unterschiedlichem Tempo mit Ihrer Kunst zurecht, aber nur ihre Ausübung und die Erfahrung damit werden Kunstwerke entstehen lassen.
Ich selbst bin erst vor ein paar Jahren an einem Punkt angekommen, den ich als Schwelle bezeichnen würde. Ich fühlte, dass ich in vielen Fällen umsetzen kann, was mir vorschwebt, und dass ich die dazu nötigen Softskills immer öfter abrufen kann. Diese persönlichen und sozialen Kompetenzen sind es, die meine Fotografie maßgeblich erweitert haben. Ich behaupte: Nicht der Umgang mit der Kamera macht den Unterschied, sondern vor allem der Umgang mit der Situation, in der Sie sich befinden. Daher werden Sie in diesem Buch (fast) keine technischen Informationen finden. Dass Sie Ihre Ausrüstung kennen, setze ich voraus (ich gehe trotzdem kurz auf die wichtigsten Themen ein, weil das weitere Buch auf diesen aufbaut). Ich bin allerdings der Ansicht, dass das wichtigste Werkzeug jeder Fotografin und jedes Fotografen ihr bzw. sein Einfühlungsvermögen ist. Nur damit entstehen wirklich gute Bilder. Seien Sie emphatisch und finden Sie Zugang zu Menschen. Interpretieren Sie Situationen richtig und fühlen Sie den richtigen Blickwinkel.
Sich selbst wahrnehmen und immer wieder reflektieren zu können, ist ein zentraler Aspekt in dieser Entwicklung. Wie wirken Sie (diesem Thema widme ich ein eigenes Kapitel), in welche Rollen können Sie schlüpfen, um so in verschiedene Situationen einzutauchen? Wie bleiben Sie dabei immer authentisch? Sie werden feststellen, dass Sie bei diesen Verwandlungen immer Sie selbst bleiben, allerdings stets aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Hier werden Sie dann auch Ihre Art zu fotografieren finden und somit Ihren Stil.
Eine weitere hilfreiche Kompetenz ist, ein Gefühl zu entwickeln für das, was in ihrer Umgebung passiert. Sie sollten ein wenig in die Zukunft sehen und erahnen können, wie sich die Situation in der Sie umgebenden Straßen- oder Naturszenerie verändert, um früh genug reagieren zu können.
Es gibt viele weitere Aspekte, die einen guten Fotografen ausmachen. Versuchen Sie, Ihre Stärken zu finden, und verbessern Sie diese. Die Summe aus Ihren Stärken verbunden mit der Beherrschung Ihrer Kamera wird Sie deutlich bessere Bilder machen lassen.
Ich möchte Ihnen mit diesem Buch Anregungen geben, wie Sie in diesen Situationen letztlich die richtigen fotografischen Entscheidungen treffen und somit die Basis dafür schaffen, Ihren eigenen Stil zu entwickeln.
Der Ablauf der Zeit ist eine Konstante im gesamten Universum, wenn man von der näheren Umgebung schwarzer Löcher einmal absieht. Da wir uns aber nicht dort, sondern auf diesem prachtvollen Planeten befinden, werden wir uns zum jetzigen Stand der Technik wohl mit dieser Tatsache auseinandersetzen müssen. Jeder Moment ist im Augenblick seiner Gegenwart bereits Geschichte und wir schreiten mit jeder Sekunde unausweichlich unserem Ende entgegen. Die schönen Augenblicke wollten wir schon immer in die Länge ziehen und die weniger schönen am liebsten abkürzen. Leider empfinden wir es genau anders herum und können nichts dagegen tun. Wir versuchen, die angenehmen Erlebnisse in unseren Erinnerungen abzuspeichern, und erinnern uns immer wieder gerne an das erste Date mit unserem Partner oder lassen die Gedanken zurück zu einer schönen Reise schweifen. Doch nicht selten verändern sich Erinnerungen oder verschwimmen in unseren Köpfen zu schwer greifbaren Bildern. Und auch die mit diesen Erinnerungen verbundenen Gefühle verändern sich in die eine oder andere Richtung.
Die Felsmalereien in der Höhle von Lascaux werden mittlerweile auf ca. 36.000 bis 19.000 v. Chr. datiert. In Afrika gab es diese Art von Kunst sicher schon deutlich früher. Aufgrund der Exponiertheit und ohne den Schutz der Höhlen, die die Menschen im kalten Europa aufsuchten, sind diese Malereien aber zum Großteil der Witterung zum Opfer gefallen. Uns Menschen scheint es also schon seit Anbeginn wichtig gewesen zu sein, uns über Bilder auszudrücken und Momente festzuhalten. Die Beweggründe für diese Malereien waren sicher vielfältig und sind bis heute nicht ganz verstanden. Aber sie werden in großen Teilen denen ähneln, die in unserer heutigen Kultur hinter Malerei und Fotografie stehen: einen erlebten Moment festhalten, die damit verbundenen Emotionen ausdrücken und aufrufen, Geschichten erzählen oder einfach nur informieren zu wollen.