Cenodoxus, ein angesehener Pariser Doktor, will Gott in seiner Vollkommenheit gleich werden. Der eitle Gelehrte verfällt seiner irdischen Ruhmsucht, bis ihm schließlich der himmlische Prozess gemacht wird: Christus selbst ist der Richter. Jakob Bidermanns lateinische »Tragikomödie« ist eines der wichtigsten Beispiele für das barocke Jesuitentheater und diente Goethe als Inspirationsquelle für Faust I.
Die Ausgabe beruht auf der zeitgenössischen deutschen Übersetzung Joachim Meichels von 1635.
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Multi laudauêre suos, Patrone, Patronos,
Hîc sileo; totâ dignus es Iliade.
[A2 recto]
Dem Hochwürdigen / WolEdlen Gestrengen vnnd Hochgelehrten / Herrn Thomae Mermann von Schönperg / der Heiligen Schrift Doctorn / Protonotario Apostolico Comiti Palatino, Churf: Durchl: inn Bayrn / etc. Rath / Dechanten zu Mattigkhofen / auch deß HochStiffts zu Passaw Thumbherrn. Als seinem Gnedigen Herrn vnd HochgeEhrten Patrono. Zu einem Glückseeligen Frewdenreichen Newen Jahr / Wie auch Zu Gratulation der newlich angetrettnen Thumbherrn Stell. M. IOACHIMVS MEICHEL Brunouiensis Bauarus Dicat, Dedicat, ANNO PatrIa qVo VeXata DIV, reqVIesCIt ab arMIs.
Im Jahr Christi 1082. war ein weitberühmbter Doctor zu Pariß / welcher als er gestorben / vnnd man die Leich besingen wollen / hat er bey anfang der Lection Responde mihi, Gib mir Antwort / etc. sich in der Todenbaar auffgericht / vnd mit mennigklichs entsetzung geschryen: Auß gerechtem Vrthel Gottes bin ich anklagt. Deßwegen hat man die Vigil auff folgenden Tag verschoben / an welchem der zuelauff von Leuten noch grösser worden / die warteten was darauß werden wolt. Die Vigil fangt widerumb an / vnd zu den Worten Responde mihi, hebt sich der Tode widerumb auff vnd schreyt / Auß gerechtem Vrthel GOttes bin ich gerichtet. Dieweil man aber noch nicht wissen kund / was der strenge Richter vber disen Menschen geurthelt hett / so erwartet man auch deß dritten Tags. Vnd als man widerumb anfienge zusingen Responde mihi, richtet sich der Leichnamb abermal auff / vnd mit erschröcklicher Stimm schreyt er: Auß gerechtem Vrthel Gottes bin ich Ewig verdambt. Dises gieng Brunoni zu Hertzen / verließ die Welt / begab sich sampt andern Sechs seinen Mitgesellen in ein Wildnuß / vnd hat allda den Carthäuser Orden angefangen. Breuiar.
Roman. Franc. de Put. in Vita S. Brunonis.
Christus.
sampt andern Apostlen.
S. Petrus
S. Paulus
S. Michaël ErtzEngel.
Cenodoxophylax deß Doctors Cenodoxi SchutzEngel.
Vier andere Engel.
Cenodoxus der Doctor von Pariß.
Spiritus deß Doctors Seel.
Conscientia das Gwissen.
Panurgus der HauptTeufel.
Hypocrisis die Gleißnerey.
Philautia die Aigen Lieb.
drey andere Teufel.
Astherot
Asempholot
Phasallioth
Morbus, die Kranckheit.
Mors, der Todt.
Philodemon deß Doctors guter Freund.
Doctores der Medicin.
Aesculapius
Machaon
Podyalrius
Dama der Laggey oder Jung.
Mariscus der Schmarotzer.
Diener.
Engonus
Labeo
Naso
Dorus
Dromes
Cleptes der Dieb[A4 verso]
zween Steckenknecht.
Dropax
Smilax
Nauegus der verdorbne Schiffman.
zween vom Feind Gefangne
Exoristus
Ptochus
Rusticus der Pesentrager.
Bruno CarthäuserOrdens Stiffter
Seine Mitgesellen.
Hugo
Landvvinus
Guarinus
Stephanus
Philaretus
Andreas
Dama der Laggey.
Mariscus der Schmarotzer.
Dama der Laggey beklagt sich vber Mariscen den Schmarotzer / daß derselb seinen Herrn den Doctor mit seinen heuchlerischen vnnd schmaichlenden Worten so sehr einnimbt / redet jhn durch ein schön erfundenen List von dem MittagEssen ab.
Dam. Ey das all Teufel in der Höllen
Nit hinführn disen letzen Gsellen /
Der meinen Herrn so sehr betreugt /
Jhm schmaichlet / vorschwetzt / vnd vorleugt:
5Sagt jhm vor / wie durch alle Land
Sein grosser Namen sey bekannt /
Wie jhm all Glehrte müssen weichen /
Wie man find nirgends seines gleichen;
[2]Erhebt jhn in den Himmel hoch /
10Ja höher vbern Himmel noch.
Ey pfui deß schwetzens / pfui der schandt /
Mit solichem Schmarotzertandt!
Mich selbst verdriest darbey zustan /
Daß ichs so offt mueß hören an.
10Warumben thuet er aber diß?
Weil jhm ein Fraß darfür ist gwiß.
Wann er sich also schwetzet ein /
Mueß er meins Herren Gast gleich seyn.
Drumb auß dem Himmel geht kein Tag /
20Das ich vor jhm Rhue haben mag.
Er steckt schier Tag vnd Nacht im Hauß /
Mit lieb bringt man jhn nit darauß.
Wann müest ich außgehn / das nit er
Von ferren gleich zu mir daher:
25Hör Dama / wie stehn alle sachen /
Was thuet dein Herr anheut guets machen?
Wie lebt er? Ist er occupiert?
Villeicht er sich jetzt recreiert?
Sitzt er nit jetzt schon an dem Tisch?
30Spaciert er / daß er sich erfrisch?
Ich sag jhm gleich Ja oder Nein /
Tringt er sich doch ins Hauß hinein;
Vnd wann er nur ein wenig spürt /
Daß ich mit spöttlen jhn vexiert /
35Zum Kopff er mit der Faust mich sticht /
Das ist das negst / es fehlt mir nicht.
Nun huj wolan / heut heut wil ich
An disem Lauren rechen mich /
[3]So manches Vnbild wird er müssen
40Mit einer starcken Fasten büessen /
Dann gestern ich von jhm vernommen /
Er wöll heut zum Mittagmahl kommen.
Er bleibt nit auß zu diser frist /
Vnd sonderlich weil jhm bewüst /
45Daß mein Herr frembde Gäst geladen /
Es wird jhm aber nit gerathen:
Ich hab mir schon genommen für /
Wie ich wöll machen guet gschirr.
Botz trimer sehet / eben der
50Von dem ich red / geht jetzt daher.
Ich will mich richten in das Spil /
Will hören was er reden wil.
Mar. Ich glaub die Sonn geh heut nit recht /
Ich bin gleichwol in Künsten schlecht /
55Doch ist es ainmal gwiß bey mir /
Daß es Mittag ist worden schier /
Es schlag die Vhr gleich wie sie wöll /
Nach meiner Regel ich mich stöll.
Die dann bey mir vil gwiser geht;
60Dann / wann ich auffstehe von dem Beth /
So hat es gwiß schon sibne gschlagen:
Wann mich anfangt der Hunger plagen /
So ist es gwiß vmb Mittentag:
Vnd wann ich nit mehr fressen mag /
65So geht es gegn der Nacht dahin /
Die Vhr die geht nach meinem Sinn.
Der Schatten geh krumm oder krad /
Mein Magn ein bessern Zaiger hat;
[4]Der sagt / ich soll gen Mittag essen /
70Das läst er mich gar nie vergessen.
Darumb will ich in disem Hauß /
Jetzunder suechen meinen Schmauß /
Dann hierinn wohnt der Doctor mein /
Bay dem ich täglich Gast mueß seyn /
75Der niemand sonst fast achtet sich /
Allein hat er nur geren mich.
Doch mach ich jhm guet kurtzweil auch /
Vnd nit nur nach gemainem brauch /
Ich reiß vor jhm nit Zotten grob /
80Das man vil hab zu lachen drob /
Vilmehr ich mich vor jhm befleiß /
Daß ich jhn dapfer lob vnd preiß;
Zu höchst in Himmel ich jhms richt /
Ob ers ist würdig / waiß ich nicht.
85Daß es ist aber nutzlich mir /
Das waiß ich wol / vnd täglich spür.
Wolan / hinzue will ich jetzt gehn.
Macht auff / last mich nit lang da stehn.
Macht auff / ist niemand in dem Hauß?
90Auff auff. Dam. Was ist für gschrey da drauß?
Mar. Mach auff das Hauß / vnd laß mich drein /
Oder ich schlag die Haußthür ein.
Dam. Back dich daruon / das rath ich dir /
Oder aber? Mar. Wie mainsts mit mir?
95Was oder aber? Dam. Back dich bald /
Oder aber ich brauch gewalt /
Vnd wirff mit diesem Stain auff dich.
Mar. Wie? Du Lecker / woltst werffen mich?
[5]Mach mir bald auff das rath ich dir /
100Dam. Back dich bald weck / das rath ich dir.
Oder ich wirff. Mar. Wie? Bist Herr im Hauß?
Dam. Das Hauß ist mein / vnd du bleibst drauß.
Ich laß mich kain hierinn betrüeben /
Der sich wolt hie mit Bossen vben.
105Mar. Wie? Sagst du Lecker / s Hauß sey dein?
Dam. Warumb nit? Ich laß niembd herein.
Dann ich mueß es bewahren wol.
Mar. Ja / daß es niembd hintragen soll?
Dam. Ey fort mit dir an liechten Galgen /
110Soll ich noch länger mit dir balgen?
Was hast bey disem Hauß zuschaffen?
Mar. Fragst noch du ErtzDieb? Was thuest gaffen?
Wo ist der Doctor? Dam. Mainst den Herrn?
Mar. Ja ja / den wolt ich wissen gern.
115Dam. Der Gestern war in disem Hauß?
Mar. Ja ja / derselb / was machst lang drauß?
Dam. Der mich zum Hauß hat her bestellt?
Mar. Ja ja / was fragst / das mich auffhelt.
Dam. Der Doctor der mein Herr da ist?
120Mar. Ja ja / glaub ich / nit witzig bist.
Dam. Der dich im Hauß nit leiden mag?
Mar. Du Stricksbueb hörst nit was ich sag?
Wilst noch kein Antwort geben auß?
Ist der Doctor drinn oder drauß?
125Dam. Der Doctor ist / wo es jhm gfellt /
Dahin er dich nit hat bestelt.
Mar. Bueb / wann ich dir diß spöttlen schenck /
Vnd nit noch dapfer dir eintrenck /
[6]So schwer ich dir gantz vnuerstollen /
130Der Teufel soll Mariscen hollen.
Dam. Was hör ich da? Ey tausent Teifel /
Was hab ich ghabt für einen zweifel!
Bistus Marisce? Was it diß?
Ich hett vermainet für gewiß /
135Es wäre ein andere Person;
Dir hett ich sonst längst auffgethon.
Ey / ey / wie hab ichs vbersehen?
Es ist dir je zu kurtz geschehen.
Bleib hie / bleib hie / ich mach dir auff.
140Mar. Ich will nit / stracks daruon ich lauff /
Ich will den Lecker finden drumb /
So bald ich nur zum Doctor kumb /
Will ich jhn also salben wol /
Daß er an mich gedencken soll.
145Dam. Bleib da / bleib da / beym Schlapperment /
Marisc / ich hab dich je nit kennt.
Mar. Du Lapp / was hastu dann gemeint /
Wer es doch sey / Freund oder Feind?
Dam. Ich maint es wär ein letzer Gsöll
150Der sich herinn verstossen wöll /
Oder sonst ein versoffner Brueder /
Der etwann täglich lig im Lueder.
Ey / ey / Marisce / soll dann ich
An diesem Orth hie sehen dich?
155Der du doch soltest voller Wein
Schon längst bey meinem Herren seyn.
Mar. Ich waiß gleichwol / ich äß ja schon /
Wann du nit selbst wärst schuldig dran.
[7]Hett schon gelabt die Gurgel mein
160So darff ich ja doch jetzt hinein?
Dam. Wohin? Mar. Herein in dises Hauß /
Dam. Du darffst wol / doch nimb dir kein grauß.
Mar. An wem? Dam. Sich vmb daß niemand hör:
Mar. Was ist es dann? Dam. Sich vmb dich ferr.
165Es möchten Leut vmb dWeeg hie seyn.
Mar. Sag an / sag an / wir seynd allein.
Dam. Kennst Maister Marxen vnsern Koch?
Mar. Vnsern Koch? Was ist es dann noch?
Dam. In Ernst / kennst ja deß Herren Koch?
170Mar. Vnd kenn ich jhn / was ists dann noch?
Dam. Den Buckel schmotzig schmirbign Tropfen?
Mar. Ja ja; sag fort / mueß ich dich klopfen?
Dam. Als diser in der Kuchen heut
Zu dem Mittagmal zuebereit /
175(Aber / lieber sich vmb noch mehr
Daß vns nur niemand reden hör.)
Mar. Sag fort. Dam. Der ist dort vor dem Herd
Gähling gefallen zu der Erd.
Mar. Wie? Ist er also nidergfallen?
180Dam. Ja freylich / vnd dort vor vns allen /
Ellendigklichen er auffschreit /
Wie er den andern Tag schon leid
Die hoch vergiffte Pestilentz.
Mar. Wie? Ligt er an der Pestecrentz?
185Dam. Ach lieber Gsell raich mir dein Hand /
Vor Forcht fall ich schier an die Wand.
Erschrick ich / wann ich denck daran.
Mar. Weck mit der Hand / halts weit hindan.
[8]Dam. Was fliechestu? Mar. Rühr mich nit an.
190Dam. Warumb Marisce? Mar. Laß mich gahn.
Dam. Wilstu dann nit / was ich angfangen /
Noch weiter hören wie es gangen?
Mar. Ich wils wol hören an von dir /
Jedoch von ferren red zu mir.
195Dam. Ich aber wolt / was ich wil klagen /
Dir in ein Ohr vil lieber sagen.
Mar. Ja wol ins Ohr / ja wol ins Ohr /
Steh weit von mir / vnd red empor.
So ist destweniger gefahr.
200Dam. Ey ey / wol ein forchtsamer Narr.
So merck nun auff was ich dir sag:
Als kam zum Heren dise Klag;
Floh er daruon elends vnd gschwind /
Sampt vnserm gantzen Haußgesind /
205Vnd liesse also da allein
Nur mich vnd vnser Thorwärthlein.
Wir sollen sehen auff das Hauß.
Mar. Vnd wo ist dann der Herr hinauß?
Ey red von ferren / gehe nit her /
210Ich fürcht die Pestilentz so sehr.
Dam. Waistu wo er sein Garten hat /
Nit ferr da draussen vor der Statt?
Alldorten in demselben Garten /
Thuet er dein zu dem Essen warten.
215Mar. Wo ist der Garten? weiß mir jhn.
Dam. Wilst das ich dich soll führen hin?
Mar. Bey leib nit / rühr mich nur nit an /
Doch nur von ferren zaig hinan /
[9]Vnd lehre mich mit wenig Wort /
220Wo ich soll finden dises Orth?
Dam. So geh zum allerersten dort
Hin durch den negsten Thuren fort.
Darnach wirst auff der lincken Seit /
Ein Bogen sehen wie ich deut /
225Dort gehe nit auff die rechte Hand /
Sonder schlag dich zur lincken Wand /
In krummen Winckel wol hinumb /
Darnach so wend dich wider rumb /
Ein kleines zu der rechten Seit /
230Vnd wider auff die Linck nit weit /
Alßdann zur Rechten noch einmal /
Dort wirstu sehen nach deim gfall.
Mar. Was? Wird ich dort den Garten sehen?
Dam. Nichts / nichts / hör was noch vor mueß gschehen.
235Dort wirstu sehen einen Mann /
Deß Namen ich kaum nennen kan /
Der haist der Hoplitodromus
Megaloperphronesterus /
Der newlich ist ankommen da
240Auß Piropolitoxia.
Mar. Haist er der Hoplitodromus
Megaloperphronesterus
Ho ho / was ist diß für ein Namen /
Wann müeßt ich jhn doch bringen zamen?
245Ich glaub ich hett von Morgens an
Biß auff die Nacht zuschaffen dran /
Biß das ich jhn recht buechstabiert /
Vnd ohne fählen pronunciert.
[10]Dam. Drumb nimb ein Liecht vnd Zehrung mit /
250Wann du darinn wilst jrren nit.
Doch ist dem also / glaub mir drumb /
Wie ich sag / oder ich sey nit frumb.
Mar. Dort wird ich dann den Doctor finden?
Dam. Nichts / nichts / du bleibst noch weit dahinden.
255Dann wo der Doctor sey zu finden /
Wirstu dort erst erfragen künden.
Merckstus jetzt wol / verstehstus eben?
Hab ich dirs gnueg ins Hirn geben?
Mar. Ich faß zwar hart ins Hirn doll /
260Jedoch / so mueß ichs bhalten wol /
Wil anderst ich nit Hunger leiden /
Vnd kommen zu dem Tisch bey zeiten.
Ich gehe / vnd will nit setzen auß /
Biß das ich find den Garten drauß /
265Vnd ich den Doctor hab erfragt /
Wie mir der Baggt hat gesagt.
Ey / ey die Pestilentz vergifft /
Hat böses vbel angestifft /
Den Doctor auß dem Hauß gejagt /
270Vnd macht / das mich der Hunger plagt.
Dam. Jetzt hab ich abgefertigt wol
Den Tellerschlecker wie ich soll;
Der meinem Herrn so vil abfrißt /
Vnd doch sein höchsts verderben ist.
275Mein Herr ist drinn zum Tisch gegangen /
Vnd wart diß Fraßhunds mit verlangen /
Hat mich darumb geschicket auß /
Daß ich jhn bringen soll zu Hauß /
[11]Will von jhm liegen Maisterlich /
280Er hab nie lassen sehen sich /
Acht nit wohin der Fresser geh /
Oder was mir darumb gescheh.
Gleichwol ich gar kein zweifel han /
Es werde mir nit lär hingan /
285Gut Stöß vnd Püff wird ich noch kriegen
Für diß mein dichten vnd mein liegen /
Wann ers wird sagen meinem Herrn
Der jhm glaubt ohne das so gern.
Frag aber eben nichts darnach /
290Wann ich schon dapfer Straich empfach /
Mein Buckel ist es wol gewohnt /
Dem sonst gar selten wird verschont.
Es lacht mir doch das Hertz im Leib /
Wann ichs richt das er draussen bleib /
295Will gern entrathn den besten Pratn /
Wanns nur Mariscus auch muß grathen.
Hypocrisis die Gleißnerey.
Panurgus der HauptTeufel.
Zween GsellenTeufel.
Astherot
Asempholot
Die Gleißnerey als ein höllische Furia kombt auß der Höll herauß / ruefft die Teufel zusamm / erzehlt jhnen wie sie den Doctor Cenodoxum so listig einführe / vnd auff jhr seiten bringe / darob die Teufel sehr groß gefallen haben.
[12]Hypoc. Auß tieffer Höll herauf ich kumb /
Vnd schaw mich in der Welt herumb /
Damit ich vbral schaden thue /
300Jhr Gsellen mein herzue / herzue /
Pan. Wer rüefft vns auß der Höllen rauß
Was ist abermal kommen auß?
Wer ist so keck das er der Höllen
Gebietten darff vnd meinen Gsellen?
305Ast. Hie bin auch ich / was will man mir?
Diß rueffen kombt mir seltzamb für.
Asem. Wer darf sich da so hoch erheben
Daß ich vmb sein Geschefft soll geben?
Hypoc. Ich die ich bin die Gleißnerey
310Rueff euch herauß / kombt all herbey.
Vmb ein anschlag will ich euch fragen
Oder euch meinen Anschlag sagen.
Panurg. Sag an / es sey Wort oder Werck /
Wir helffen mit List vnd mit sterck.
315Wir seynd schon längst darzue berait /
Wie du vns geben wirst beschaid.
Hyp. Ein newer Anschlag ist bestellt /
Darmit ich jetzt verführ die Welt /
Vnd thue dardurch so grossen schad /
320Das man der sach find nimmer rath.
Omnes. Wir helffen allesamen dir /
Hypoc. Was ich gut mach / verderbt jhr mir /
Wann ihr nit alles fleissig thüet /
Was ich euch schaffe vnd gebiet.
325Omnes. Schaff was du wilst zu allerzeit /
Seynd wir gantz willig vnd bereit.
[13]Hyp. Die aigne Lieb mueß sein mein Gfert /
Die andern Schwestern seynd nichts werth.
Die Tyranney / die Grewligkeit /
330Die müssen dannen weichen weit.
Pan. Wie da? Wie haben sies verschuldt?
Hyp. Sie habn zuuil der Vngedult;
Vnd gehn gar zu ainfältig drein /
Vil listiger mueß man jetzt seyn.
335Ich gib den Leuten süsse Wort /
Führs also zum verderben fort;
Die Tröpfin machens gar zu laut /
Die Leut die förchten jhrer Haut:
Jher wüeten / toben ist vmbsunst /
340Es gilt nit mehr jhr alte Kunst.
Jetzund man nichts mehr auff sie helt:
Sie gelten nur bey alter Welt.
Weil noch die Vätter vnd die Mütter /
Weil noch die Schwester vnd die Brüder
345Einander würgten ohne scheuch
Vbm Land / vmb Leut / vmb Königreich.
Es ist jetzt vil ein andere Zeit /
Vnd sampt der Zeit vil andere Leut.
Zu jhren Lastern brauchen sie
350Ein newes Haupt / ein newe Mühe;
Diß Wild das braucht deß gschrays nit vil /
Man muß allda fein gehn subtil /
Das hab ich längst schon außgespecht.
Omn. O Gleißnerey sagst du so recht.
355Asem. Wer ist so gschickt? Hyp. Ich selber bin /
Ein solche gschickte Maisterin /
[14]Ich gib der Welt die besten Wort /
Biß das ichs bring ans ärgest Orth.
Das laß ich jhr alßdann zu letz /
360Ein gantzen hauff bring ich ins Netz.
Ich ich die höllisch Gleißnerey
Steck Schalckheit voll vnd Büberey /
Voll Laster / voll Betrug / voll List /
All schädliche vbel in mir ist /
365Was alle Teufel können nicht /
Hab ich allainig außgericht.
In Summa will euch zaigen an
Wie starck ich bin vnd was ich kan:
Ja auch die Tugenten so gar
370Zu meinem Handel helffen zwar.
Mit Tugenten wachs ich recht auff /
Beyn Tugenden ich mich verkauff;
Beyn Tugenden ich mich ernehr /
Sie braitten mich auß weit vnd ferr.
375Was man guts thut / ich selber lob /
Ich rath darzu vnd halt darob /
Ich vnderweiß / vnd treib auch an /
Die Frombkeit ich zum höchsten spann;
Wie nähner ichs doch führ hinan /
380Dest weiter führ ich sie daruon.
In dem ich lehre / recht zuleben /
Lehr ich sie vnrecht thun darneben.
In dem ich hab die Tugent lieb /
Verhaß ich sie / weil ich sie veb;
385Vnd maint sie bstehe gar wol vor Gott /
Erwürg ich sie erst recht zu todt.
[15]Auch gilt mir nit ein jeder gleich /
Nimb mich nur an vmb Tugentreich.
Die sich geduncken heilig seyn /
390Die gehen mir offt vor andern ein.
Auch wöhr ich jhnen nicht darneben
Daß sie fromb vnd gottselig leben /
Wann man nur also lebt hinan /
Daß man noch vbel sterben kan.
395Omn. Weit weit bist vber vns allsam
Wann vnser tausent kämen zam.
Hyp. Eben diß ist der rechte brauch /
Den ich an jetzt für mich nimb auch.
Den Cenodoxum hab ich gfangen /
400Der ist mir in mein Garn gangen.
Den fang hab ich dem Wild gegeben
Ich hab jhm griffen nach dem Leben.
Omn. Was ist das für ein Wildpret frisch?
Hyp. Man bringt es nit auff alle Tisch:
405Es ist ein stattlichs Herrenbißl /
Schickt sich trefflich auff vnser Schüßl.
Diß Richtlein ist vns schon gewiß /
Es ist der Doctor von Pariß /
Der gwißlich nit hat seines gleich /
410In disem gantzen Königreich.
Pan. Was thut er dann? möchts auch wol hörn.
Hyp. Alls was ich schaff das thut er gern.
Er sucht er tracht / helt alle spech /
Daß man jhn nur für gut ansech.
415Pan. Will ers auch seyn. Hyp. Das acht er nicht /
Wann er den Leuten ist im Gsicht /
[16]Da ist er aller Tugent voll /
Damit man jhn nur loben soll;
Ist aber niemand da vmb jhn?
420So ist auch alle Tugent hin.
Schön simuliern / dissimuliern /
Verdecken / bergen / vnd fingiern /
Auff niembd nichts halten / nur auff sich /
Wölln gsehen seyn von mennigklich /
425Erschricken vnd erblaichen sehr /
Wann man eim anderen gibt die Ehr.
Das seinig loben / herfür schmucken /
Was aber frembd ist / vntertrucken /
Das seinig hoch ansehlich achten /
430Das frembd verklienern vnd verachten /
Nit leiden wöllen seines gleichen /
Wann jhm auch schon der nechst wolt weichen /
Das kan er alls so maisterlich /
Das er kund selber lehren mich.
435Vnd das ja ist das allermaist /
So gar an jhm selbst er nit waist /
Wie jhn dermassen also sehr
Hab gnommen ein die eytel Ehr.
Pan. Gar recht: Bestättigt ist das Wild.
440Hyp. Geht nur hin / wann mein fürtrag gilt.
Omn. Wir gehn wohin es dir nur gfelt /
Schick vns auß durch die gantze Welt.
Hyp. Geht jetzt nur hin vnd seyd mit rhue /
Biß ich euch wider rueff herzue.
445Die letzten Fallstrick vnd das Endt /
Mueß ich beraiten gschwind vnd bhendt /
[17]Ohn allen zweifel ich jetzt will
Ein schöns End machen disem Spil /
Hinauß muß gehn nach meinem Sinn /
450Jetzt setz ich dran; geht jhr nur hin.
Cenodoxus der Doctor.
Philautia die aigen Lieb.
Cenodoxus der Doctor berühmbt sich seiner schönen von Gott empfangnen Gaben / verachtet andere neben sich. Darzu blast jhm die aigne Lieb vil hoffärtige Gedancken ein.