Prof. Dr. Katrin Schmallowsky,
Unternehmensberaterin für den Mittelstand, ist Professorin für Mathematik an der NBS Northern Business School in Hamburg. Sie lehrt außerdem an verschiedenen Hochschulen, darunter die Hochschule Wismar, unter anderem Wirtschaftsmathematik, Statistik, Unternehmensbewertung und Mergers and Acquisitions.
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <www.dnb.de> abrufbar.
ISBN 978-3-86764-804-2 (Print)
ISBN 978-3-7398-0344-9 (E-PUB)
ISBN 978-3-7398-0345-6 (E-PDF)
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
© UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2017
Lektorat: Rainer Berger, München
Abbildungen: erstellt mit GeoGebra (www.geogebra.org)
Einbandgestaltung: Susanne Fuellhaas, Konstanz
Printed in Germany
UVK Verlagsgesellschaft mbH
Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz
Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98
www.uvk.de
Für viele Studierende der Wirtschaftswissenschaften stellt das Erlernen mathematischer Inhalte und Methoden eine große Herausforderung dar. Dem gegenüber steht die aus der technologischen Entwicklung resultierende Notwendigkeit, gerade in den Wirtschaftswissenschaften die naturwissenschaftliche Methodenkompetenz der Studierenden immer stärker zu schulen.
Das vorliegende Lehrbuch ist durch langjährige Dozententätigkeiten in der Wirtschaftsmathematik an verschiedenen Hochschulen entstanden. Es behandelt die für Wirtschaftswissenschaftler wichtigsten Themenfelder der Analysis und verzichtet weitgehend auf Herleitungen und Beweise, um den Fokus auf die wirtschaftswissenschaftlichen Anwendungen der Analysis zu lenken.
Die Themen umfassen zunächst eine Einführung in Folgen und Reihen, wobei besonderer Wert auf die Anwendung der Inhalte in der Finanzmathematik in Form der Rentenrechnung gelegt wurde. In den folgenden Kapiteln werden häufig vorkommende (ökonomische) Funktionen und ihre Eigenschaften betrachtet sowie die in den Wirtschaftswissenschaften häufig auftretenden Anwendungen der Differentialrechnung, auch für mehrdimensionale Funktionen, vorgestellt. Die elementare Integralrechnung ist um die Bestimmung von Konsumenten- und Produzentenrente ergänzt.
Zahlreiche Beispiele und Übungsaufgaben, für welche die Lösungen am Ende des Buches zusammengefasst sind, erleichtern dem Leser das Erlernen des Stoffes. Die Erstellung der Grafiken erfolgte mit der Software GeoGebra1. Die Erstellung eines Lehrbuches erfordert stets eine nicht unerhebliche Menge an Zeit und ich danke meinem Mann, Prof. Dr. Thomas Schmallowsky sowie meinen Söhnen Lasse und Theo für die Schaffung der entsprechenden Freiräume.
Wismar, Juni 2017Katrin Schmallowsky
1© International GeoGebra Institute, 2013, http://www.geogebra.org
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Natürliche Zahlen |
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Reelle Zahlen |
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n-dimensionaler Raum der reellen Zahlen |
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ganze Zahlen |
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n ist Element der natürlichen Zahlen |
an | n-tes Folgeglied bzw. Folgenvorschrift |
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Grenzwert der Folge |
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Partialsumme sn |
K0 | Kapital zum Zeitpunkt Null, auch Rentenbarwert |
Kn | Kapital nach n Jahren, auch Rentenendwert |
R | gleichbleibende Ratenzahlung |
p | Zinsfuß |
q | Aufzinsungsfaktor, ![]() |
Df | Definitionsbereich der Funktion f(x) |
wf | Wertebereich der Funktion f(x) |
Uε(x) | ε – Umgebung von x |
A ⊆ B | Die Menge A ist Teilmenge der Menge B. |
f ο g | Komposition der Funktionen f und g |
f–1 (y) | Umkehrfunktion |
![]() |
linksseitiger Grenzwert von f an der Stelle x* |
![]() |
rechtsseitiger Grenzwert von f an der Stelle x* |
f′(x) | erste Ableitung von f(x), auch Differentialquotient |
![]() |
Differentialquotient, auch erste Ableitung von f(x) |
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Differentialquotient, auch erste Ableitung von f(x) |
f″(x) | zweite Ableitung von f(x) |
![]() |
zweite Ableitung von f(x) |
Δx | Änderung von x |
![]() |
Differenzenquotient |
df(x) | Differential, auch dy |
wf(x) | Wachstumsrate |
εyx(x) | Elastizität von y in Bezug auf x |
F(x) | Stammfunktion von f(x), auch unbestimmtes Integral |
∫ f(x)dx | unbestimmtes Integral, auch Stammfunktion von f(x) |
![]() |
bestimmtes Integral |
fxi | partielle Ableitung erster Ordnung |
∇f | Gradient |
fxixj | partielle Ableitung zweiter Ordnung |
Hf | Hessematrix |
εxipj | Kreuzpreiselastizität |
|Ai| | Hauptunterdeterminante i-ter Ordnung |
Verwendete Griechische Buchstaben
α, A | Alpha |
β, B | Beta |
δ, Δ | Delta |
ϵ, ε | Epsilon |
λ, Λ | Lambda |
π, Π | Pi |
Verwendete Symbole
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Aufgabe |
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Beispiel |
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Definition |
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Satz |
Folgen und Reihen spielen in vielen ökonomischen Fragestellungen eine wichtige Rolle. So lassen sich beispielsweise die Zinsrechnung, die Rentenrechnung und auch die Unternehmensbewertung auf Folgen und Reihen zurückführen. In diesem Kapitel sollen zunächst Folgen sowie deren wesentliche Eigenschaften vorgestellt werden. Im zweiten Teil des Kapitels erfolgt die Erweiterung auf Reihen; dabei wird insbesondere auf die genannten Anwendungen eingegangen.
Betrachtet man für eine beliebige Abbildung nur jene Werte, die sich durch Einsetzen von Argumenten n aus den natürlichen Zahlen ergeben, so erhält man eine Punktmenge, die sogenannte Folge. Durch die Wahl der Argumente n aus den natürlichen Zahlen ist in der Folge gleichzeitig eine Reihenfolge festgelegt. Ist die Indexmenge unbegrenzt, so spricht man von einer unendlichen Folge, ansonsten von einer endlichen Folge.
Definition 1.1.1
Eine Folge ist eine Abbildung
Der Wert an := f(n), n = 1, 2, . . . heißt n-tes Folgeglied, a1 ist der Startwert; übliche Schreibweisen für Folgen sind .
Bemerkung 1.1.1
Für Folgen sind verschiedene Darstellungsformen definiert:
Die Aufzählung wird üblicherweise bei endlichen Folgen verwendet oder in Fällen, in welchen zum Beispiel durch Messungen nur einzelne Werte bekannt sind. Aus diesen Messwerten soll dann die rekursive oder die explizite Darstellung abgeleitet werden.
Die rekursive Darstellung birgt den Nachteil, dass für hohe Indizes zunächst alle vorherigen Folgeglieder bestimmt werden müssen. Die häufigste Verwendung findet daher die explizite Darstellung, da bei dieser die Berechnung eines Folgegliedes unabhängig von allen vorherigen Folgegliedern ist. Im folgenden Beispiel sind für vier Folgen die verschiedenen Darstellungsformen angegeben.
Beispiel 1.1.1
1. Die Folge (an) mit an = n kann wie folgt dargestellt werden:
2. Die Folge (an) mit an = (−1)n kann wie folgt dargestellt werden:
3. Die Folge (an) mit an = n2 kann wie folgt dargestellt werden:
Im Folgenden werden die wichtigsten Eigenschaften von Folgen vorgestellt.
Monotonie und Beschränktheit
Eine wichtige Rolle bei der Auswertung von Folgen spielt die Frage, ob die Folge eine gleichmäßige Entwicklung beschreibt und ob der Entwicklung einer Folge Grenzen gesetzt sind.
Definition 1.1.2
Eine Folge (an) heißt
an−1 ≤ an;
an−1 ≥ an;
an−1 < an;
an−1 > an;
Der Wert u wird als untere Schranke, o als obere Schranke bezeichnet.
u ≤ an ≤ ο.
Beispiel 1.1.2
Da für Folgen die üblichen Rechenoperationen (Addition, skalare Multiplikation und Multiplikation von Folgen) definiert sind, setzen sich die soeben betrachteten Eigenschaften entsprechend der nachfolgenden Sätze fort.
Satz 1.1.1 Seien (an) und (bn) gleichgerichtete monotone reelle Folgen und . Dann sind die Folgen
ebenfalls monoton. Für α > 0 bleibt die Richtung der Monotonie erhalten, für α < 0 kehrt sich die Richtung der Monotonie um.
Satz 1.1.2
Seien (an) und (bn) beschränkte reelle Folgen und . Dann sind die Folgen
ebenfalls beschränkt.
Konvergenz
Häufig soll untersucht werden, ob eine Folge über einen langen Zeitraum gegen einen bestimmten Wert strebt. Zur Beantwortung dieser Frage wird eine Konvergenzuntersuchung durchgeführt. Kommen die Glieder an der Folge mit wachsendem Index n einem Grenzwert a beliebig nahe, so nennt man die Zahlenfolge (an) konvergent.
Definition 1.1.3
Eine Folge (an) heißt konvergent mit dem Grenzwert a, falls zu jedem ϵ > 0 eine Zahl existiert, so dass
für alle n ≥ nϵ gilt |an − a| < ϵ.
Man schreibt dann . Eine Folge, die nicht konvergent ist, nennt man divergent.
Obige Aussage muss dabei für jedes ϵ > 0 erfüllbar sein. Je kleiner ϵ gewählt wird, umso größer wird der Index nϵ, ab welchem die Bedingung erfüllt ist.
Beispiel 1.1.3
Betrachtet werde die Folge (an) mit .
Beweis: Sei ϵ > 0 sehr klein und , dann folgt
für alle .
Der Begriff der Divergenz wird häufig zusätzlich unterschieden in echte Divergenz und uneigentliche Konvergenz.
Definition 1.1.4
Sei (an) eine Folge. Dann ist
Diese Aussagen müssen für alle positiven Werte von M, insbesondere für sehr große Werte, erfüllt sein. Sie werden daher umgangssprachlich auch gesprochen als die Folge wächst über bzw. fällt unter alle Schranken.
Bei den meisten Folgen ist der Grenzwert anhand der expliziten Darstellung der Folge leicht ablesbar. Im folgenden Beispiel sind Grenzwerte häufig verwendeter Folgen angegeben.
Beispiel 1.1.4
Satz 1.1.3
Eine monotone und beschränkte Folge ist konvergent.
Beispiel 1.1.5
Gegeben sei die Folge (an) mit .
Diese Folge ist monoton wachsend, da
Sie ist ferner beschränkt durch
Es gilt
Auch für zusammengesetzte Folgen werden Grenzwerte gesucht. Die folgenden Grenzwertsätze erleichtern die Bestimmung.
Satz 1.1.4
Seien (an) und (bn) konvergente Folgen mit den Grenzwerten a und b und sei . Dann gelten:
wobei bn ≠ 0 für alle und ≠ 0
Beispiel 1.1.6
1. Gegeben sei die Folge (an) mit Es ist
Damit gilt
2. Gegeben sei die Folge (an) mit . Dann ist
also ist
Ein Sonderfall liegt bei Folgen vor, welche in Zähler und Nenner Polynome enthalten.
Bemerkung 1.1.2
Besteht die Folge aus Polynomen in Zähler und Nenner, so gilt
Diese Vorgehensweise lässt sich auch auf Exponentialausdrücke übertragen.
Beispiel 1.1.7
1. Betrachtet werde die Folge (an) mit . Es ist
2. Es ist .
3. Es ist .
4. Gegeben sei die Folge (an) mit .
In diesem Abschnitt werden besondere Folgen vorgestellt und wesentliche Anwendungen erläutert.
Definition 1.1.5
an = a1 für alle
an·an+1 < 0 bzw. an = (−1)nbn für eine nicht alternierende Folge (bn).
Für die oben genannten Folgen gelten folgende Zusammenhänge.
Bemerkung 1.1.3
Beispiel 1.1.8
Die ökonomischen Anwedungsgebiete der Folgen lassen sich in weiten Teilen auf zwei spezielle Folgen zurückführen, welche im Folgenden vorgestellt werden.
Arithmetische Folgen
Definition 1.1.6
Eine arithmetische Folge ist eine Zahlenfolge, bei der die Differenz zweier benachbarter Folgeglieder konstant ist,
an+1 = an + d (rekursive Darstellung).
Das k−te Glied dieser Folge berechnet sich aus
an = a1 + (n − 1)d (explizite Darstellung).
Der Name arithmetische Folge ergibt sich aus der Tatsache, dass ein Folgeglied stets dem arithmetischen Mittel aus Vor- und Folgeglied entspricht:
Eine arithmetische Folge ist durch das Anfangsglied a1 und die Differenz d der Folgeglieder eindeutig bestimmt.
Bemerkung 1.1.4
Jede arithmetische Folge an = a1 + (n − 1)d mit d ≠ 0 ist uneigentlich konvergent und nicht beschränkt.
Beispiel 1.1.9
Die Entwicklung des Restbuchwertes des angeschafften Gutes entspricht dann einer arithmetischen Folge mit Anfangsglied a1 = 25.000 und Differenz EUR.
Die explizite Darstellung der Folge ergibt sich zu
an = 25.000 + (n − 1) · (−2.500).
Mithilfe der expliziten Darstellung kann nun der Restbuchwert nach sechs Jahren angegeben werden, ohne die vorherigen Folgeglieder zu berechnen:
a6 = 25.000 + (6 − 1) · (−2.500) = 25.000 − 12.500 = 12.500,
der Restbuchwert nach sechs Jahren beträgt 12.500 EUR.
Geometrische Folgen
Definition 1.1.7
Eine geometrische Folge ist eine Zahlenfolge, bei der das Verhältnis (der Quotient) zweier benachbarter Folgeglieder konstant ist,
an = a1qn−1, (explizite Form);
bzw.
an+1 = anq, (rekursive Form).
Der Name geometrische Folge ergibt sich aus der Tatsache, dass ein Folgeglied stets dem geometrischen Mittel aus Vor- und Folgeglied entspricht:
Eine geometrische Folge ist durch das Anfangsglied a1 und den Vervielfältiger q der Folgeglieder eindeutig bestimmt.
Beispiel 1.1.10
gilt für das vorliegende Beispiel Kn = 3.000 · 1, 03n. Dies entspricht bereits einer geometrischen Folge. Allerdings entspricht der Anfangswert dieser geometrischen Folge a0 = 3.000. Um eine einheitliche Notation zu erhalten, kann diese Folge an die bisher verwendete Notation angepasst werden:
Kn = 3.000 · 1, 03n = 3.000 · 1, 03 · 1, 03n−1 = 3.090 · 1, 03n−1.
Die Entwicklung des Gesamtkapitals entspricht somit einer geometrischen Folge mit Anfangsglied a1 = 3.090 EUR und Vervielfältiger q = 1, 03.
Bemerkung 1.1.5
Für eine geometrische Folge gilt
und damit folgt:
Sowohl bei der arithmetischen als auch bei der geometrischen Folge sollte der erste Schritt zu einer Lösung stets die Bestimmung von a1 und d im Falle der arithmetischen Folge bzw. a1 und q im Falle der geometrischen Folge sein.
Aufgaben
Aufgabe 1.1.1
Geben Sie zu den Folgen die jeweils fehlenden Darstellungsformen an:
Aufgabe 1.1.2
Untersuchen Sie die Folgen auf Monotonie und Beschränktheit.
Aufgabe 1.1.3
Untersuchen Sie die Folgen auf Konvergenz
Aufgabe 1.1.4
Untersuchen Sie die Folgen mithilfe der Grenzwertsätze auf Konvergenz.
Aufgabe 1.1.5
Geben Sie für die Folgen an, ob es sich um eine arithmetische oder eine geometrische Folge handelt. Geben Sie ferner die explizite Darstellung der Folge an.
Aufgabe 1.1.6
Ein Unternehmen produziert im ersten Jahr 12.000 Stück eines Gutes. Durch gezielte Marketing-Strategien soll die Produktion und somit auch die Absatzmenge jährlich um 5% gesteigert werden.
Aufgabe 1.1.7
Ein Schwimmer legt am ersten Trainingstag 500 m zurück. Diese Strecke soll pro Trainingstag um 150 m gesteigert werden.
Aufgabe 1.1.8
Wie lange dauert es, bis sich bei 2% Zinsen p.a. ein Kapital von 2.000 EUR verdoppelt hat bei
Aus jeder Zahlenfolge (an) kann eine Zahlenreihe gebildet werden.
Definition 1.2.1
Sei (an) eine Folge. Dann heißt
n−te Partialsumme von heißt unendliche Reihe.
Die Reihe heißt konvergent, wenn die Folge der Partialsummen (sn) konvergent ist. Gilt
so heißt s der Reihenwert und man schreibt heißt divergent, wenn sie nicht konvergent ist.
Besondere Anwendungen ergeben sich für die im letzten Abschnitt betrachteten speziellen Folgen.
Arithmetische Reihe