Blähungen, Völlegefühl oder Durchfall: Verdauungsbeschwerden, die für eine Fruktoseunverträglichkeit sprechen können.
Etwa 400 Bakterienarten zersetzen und spalten im Darm unentwegt alles, was wir zu uns nehmen. Zwar ist die Bildung von Gasen im Darm Teil des natürlichen Verdauungsprozesses, doch trotzdem gehören Blähungen auch zu den am häufigsten genannten allgemeinen Verdauungsbeschwerden.
Normalerweise bildet sich während des Verdauungsprozesses im gesamten Magen- und Darmtrakt eine gewisse Menge an Kohlenmonoxid (CO) und Kohlendioxid (CO2). Die durch verschiedene Verdauungsprozesse verursachte Luftmenge scheidet der Körper zu 90Prozent über den Mund oder den After aus. So entstehen im Durchschnitt täglich insgesamt rund ein Liter Gase, die etwa acht Mal am Tag entweichen.
Doch eine freie und ungehemmte Gasentleerung steht heutzutage nicht mit unseren kulturellen und gesellschaftlichen Normen in Einklang. Stattdessen ist vornehme Zurückhaltung angesagt und die ist nach einer gewissen Zeit unweigerlich mit Blähungen verbunden.
Unangenehme Gerüche können zum Beispiel entstehen, wenn die Bakterien im Darm beispielsweise Pflanzenfasern abbauen – ein Gärprozess, bei dem sich Spuren von Schwefelwasserstoff, flüchtige Fettsäuren (Buttersäure) und andere Gase bilden können.
Neben der Anflutung von Fruchtzucker im Dickdarm, der vergärt wird, können noch andere Ernährungsgewohnheiten dazu beitragen, dass sich im Darm vermehrt Gas bildet. So ist bekannt, dass Stress und zu wenig Bewegung Blähungen fördern können. Hastig gegessene Speisen rufen leichter Blähungen hervor als bewusst und ausgewogen ausgewählte und in Ruhe gekaute Lebensmittel. Auch eine zu üppige Mahlzeit kann die Verdauungskapazität in den oberen Darmabschnitten überfordern, sodass viele Nahrungsbestandteile noch unverdaut in die tieferen Darmabschnitte gelangen. Die dann dort erst einsetzenden Abbauprozesse können ebenfalls zu unangenehmen Blähungen führen.
Große Mengen kohlensäurehaltiger Getränke wie Mineralwasser, Cola, Limonade oder Sekt erhöhen den Gasgehalt im Darm und tragen so zu Blähungen bei. Auch bestimmte Speisen können unabhängig von ihrem Fruchtzuckergehalt Blähungen begünstigen – insbesondere solche mit Ballaststoffen wie sie in Hülsenfrüchten, Kohl, Zwiebeln sowie manchen Vollkornprodukten enthalten sind.
Zuckeraustauschstoffe wie Fruktose, Sorbit und Xylit – häufig in Kaugummi, zuckerfreien Bonbons und Diät-Fertiggerichten enthalten – verursachen ebenfalls häufig Blähungen.
Kräutertees mit Anis, Fenchel, Kümmel oder auch Pfefferminz können entblähend wirken. Zwar ist ihre therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend nachgewiesen, trotzdem können Sie ausprobieren, ob Ihnen die Tees Erleichterung verschaffen. Bei schmerzhaften Blähungen sind manchmal auch feuchtwarme Umschläge oder kreisend im Uhrzeigersinn ausgeführte Bauchmassagen hilfreich.
Das körperlich unangenehme Gefühl sorgt in der Regel mit Nachdruck dafür, dass wir eine Zeit lang sorgfältiger auf unsere Ernährungsgewohnheiten achten und Speisen, die wir nicht so gut vertragen haben, vorerst meiden. Im Fall einer Fruktoseunverträglichkeit signalisiert das Gefühl: „Pass’ beim nächsten Mal bitte gut mit dem Fruchtzucker auf!“ Es kann also trotz des Unwohlseins ein guter Verbündeter und eine körperlich spürbare Unterstützung sein, aufmerksam darauf zu achten, welche Lebensmittel Sie persönlich gut vertragen und welche nicht. Um das genauer herauszufinden, hilft ein Ernährungs- und Wohlfühltagebuch. Mehr dazu finden Sie auch im Abschnitt „Selbst kochen und wissen, was drin ist“, ab S. 75.
Neben dem achtsamen Umgang mit Fruchtzucker ist auch ein gleichbleibender Ess-Rhythmus von Vorteil für den strapazierten Magen und Darm. Mit kleinen Spaziergängen kommen die Verdauungsorgane sanft in Bewegung, womit Sie Magen und Darm unterstützen. Auch eine entspannte Rückenlage mit angewinkelten Beinen kann die Beschwerden lindern.
Geeignete Getränke bei Durchfall sind mit wenig Zucker gesüßte Kräutertees (pro kleine Tasse etwa eine Prise Zucker), die zur Hälfte mit abgekochtem Wasser oder stillem Mineralwasser verdünnt werden. Wer mag, kann dazu etwas Salzgebäck zu essen, da Salz in Verbindung mit Zucker vom Darm besser aufgenommen werden kann. Auch Brühe oder stilles Mineralwasser mit einer Prise Zucker ersetzen die beim Durchfall im Übermaß ausgeschiedenen Mineralsalze.
Durchfall ist unangenehm, aber hat auch seinen Sinn: Der Darm reinigt sich damit normalerweise von krankmachenden Keimen oder auch Giftstoffen. Gelangen nämlich bestimmte Bakterien über den Verzehr von Nahrungsmitteln in den Darm, so stören sie den natürlichen Transport von Salzen und Wasser durch die Darmwand. Das heißt: Salze und Wasser werden nicht mehr aus dem Darm aufgenommen, sondern stattdessen ins Darminnere ausgeschieden. Dadurch wird der Stuhl flüssig und die Darmmuskulatur verstärkt ihre Bewegungen, was sich zum Teil auch mit Krämpfen bemerkbar machen kann. Aufgrund des Flüssigkeitsverlustes ist es bei Durchfall wichtig, viel zu trinken, um das verlorene Wasser inklusive wichtiger Mineralsalze möglichst schnell zu ersetzen.
Die Heftigkeit der Beschwerden hängt auch von der individuell verträglichen Menge des verzehrten Fruchtzuckers ab: Je deutlicher die Fruktoseflut die persönlich verträgliche Grenze übersteigt, desto stärker sind Blähungen, Krämpfe oder Durchfall. Zuckerersatzstoffe und blähende Lebensmittel sowie das Fehlen von Eiweiß und Fett im Verdauungstrakt (zum Beispiel dann, wenn Obst oder Fruchtsäfte und Schorlen pur verzehrt werden) können die Beschwerden noch verstärken. Meist treten die Beschwerden nicht sofort auf, sondern zeitversetzt, etwa zwischen einer halben bis zu drei Stunden später.
Habe ich tatsächlich eine Fruktoseunverträglichkeit? Beobachtungsgabe, ein kleiner Selbstversuch und unsere Checkliste können Ihnen wichtige Hinweise geben, aber nur ein Atemtest in der Arztpraxis gibt Gewissheit.
Die Fahndung läuft und mit ersten Fruktose-Informationen für die Spurensuche sind Sie ja auch schon ausgestattet. Zusätzlich können Sie Ihren Verdacht erhärten, indem Sie einen einfachen Selbsttest durchführen. Am besten an einem freien Tag, an dem Sie nichts Wichtiges mehr vorhaben und zu Hause bleiben können. Trinken Sie morgens auf nüchternen Magen ein großes Glas Apfelsaft. Darin ist schon Einiges an Fruktose enthalten, die Sie auf einen Schlag Ihrem Magen und Darm zuführen. Wenn Sie den Test machen, sollten Sie zeitgleich nichts anderes zu sich nehmen und noch eine Stunde lang auf weitere Getränke und Lebensmittel verzichten. Treten innerhalb der folgenden drei Stunden typische Symptome einer Fruktoseunverträglichkeit wie Bauchschmerzen, Durchfall oder Blähungen auf, so ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie Fruktose schlecht vertragen.
Wenn Sie allerdings nach mehr als einem halben Liter Saft beschwerdefrei bleiben, ist es unwahrscheinlich, dass Sie eine Fruktoseunverträglichkeit haben.
Beachten Sie aber bitte, dass so ein Selbstversuch nicht den Besuch bei einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen kann. Denn nur eine ärztliche Untersuchung und Diagnose kann eine Darmerkrankung als weitere mögliche Ursache einer Fruktoseunverträglichkeit zuverlässig ausschließen.
Der Begriff „funktionell“ wird verwendet, wenn Beschwerden in Magen, Darm oder im Verdauungstrakt durch keinen fassbaren organischen Befund zu erklären sind – eine funktionelle Erkrankung ist zum Beispiel das Reizdarmsyndrom. Doch wenn es keine organischen Ursachen gibt, wie sind dann Beschwerden möglich? Es gibt einige neuere wissenschaftliche Vermutungen zur Veranlagung, Auslösung und Aufrechterhaltung solcher Beschwerden. Aktuell wird davon ausgegangen, dass verschiedene körperliche, seelische und soziale Umstände zusammen kommen müssen, damit ein Reizdarmsyndrom entsteht.
Mithilfe der Checkliste können Sie einschätzen, ob Sie möglicherweise eine Fruktoseunverträglichkeit haben. Oft kommt noch eine Sorbitintoleranz dazu.
Bitte beantworten Sie die folgenden Fragen.
Sie haben die Fragen mehrheitlich mit „Ja“ beantwortet? Dann kann das ein erster Hinweis darauf sein, dass Sie eine Fruktoseunverträglichkeit haben.
Hinweise erwünscht – vielleicht haben Sie mit dem Selbstversuch schon eine erste Bestätigung Ihrer Vermutung bekommen. Vielleicht aber auch nicht.
Dann kann Ihnen das Ausfüllen der Checkliste vielleicht weiterhelfen. Dort werden nicht nur wichtige Fragen rund um die Fruktoseunverträglichkeit und ihre Symptome gestellt. Es gibt außerdem auch Fragen zu dem Zuckerersatzstoff Sorbit, der ebenfalls ein Auslöser für Beschwerden wie Blähungen und Durchfall sein kann.
Sorbit ist von Natur aus zum Beispiel in manchen Obstsorten wie Birnen, Pfirsichen und Pflaumen enthalten und wird in der Lebensmittelproduktion häufig als Zuckerersatzstoff verwendet. Oft reichen schon kleine Mengen aus, um bei Betroffenen, die Sorbit nicht vertragen, unangenehme Beschwerden auszulösen.
Aus chemischer Sicht gehört Sorbit genau wie Fruktose ebenfalls zur Gruppe der Kohlenhydrate, genauer gesagt zu den Zuckeraustauschstoffen, die auch als Zuckeralkohole bezeichnet werden(siehe auch S. 69). Auch sie können im Dünndarm häufig nicht vollständig verstoffwechselt werden und verursachen dann – vor allem in größeren Mengen – unangenehme Verdauungsstörungen.
Viele Menschen mit einer Fruktoseunverträglichkeit sind gleichzeitig von einer Sorbitintoleranz betroffen. Sorbit bindet Wasser und wird deshalb verschiedenen Lebensmitteln zugesetzt (z. B. Mayonnaisen, Süßigkeiten, aber auch Fertigmehlspeisen oder Diätprodukten), um diese vor dem Austrocknen zu schützen. Sorbit kann aufgrund seiner Wasserbindung eine abführende Wirkung haben, wenn man zu viel davon zu sich nimmt. Bei Menschen mit Sorbitintoleranz reicht oft schon eine kleine Menge, um Beschwerden wie Blähungen und Durchfall auszulösen.
Informieren Sie sich sorgfältig, wo überall Sorbit oder andere Zuckeralkohole bzw. Zuckerersatzstoffe (mehr dazu im Abschnitt „Zuckerersatz- und Süßstoffe“, ab S. 69) eine Rolle spielen und meiden Sie diese möglichst.
Folgende Lebensmittel können Sorbit enthalten und daher Beschwerden verursachen: Süßigkeiten, vor allem Fruchtgummis und Kaugummis – oft sind das die mit dem Zusatz zuckerfrei; energiereduzierte Diätprodukte wie Marmelade und Schokolade, aber auch Brausetabletten. Vorsicht ist auch bei Weinen und Likören geboten.
Mit dem Wasserstoffatemtest – auch H2-Atemtest genannt – lässt sich eine Unverträglichkeit des Dünndarms gegen Fruktose nachweisen.
Beobachtungsgabe gefragt – Wenn Sie sich die Checkliste genauer angeschaut und alle Fragen beantwortet haben und dann einen Arzt aufsuchen, können Sie ihm durch eine genaue und vollständige Beschreibung Ihrer Beschwerden bereits relativ gute Hinweise auf eine mögliche Fruchtzuckerunverträglichkeit geben.
Zur Diagnose gibt es den Wasserstoffatemtest, auch H2-Atemtest genannt, den Arzt oder Ärztin veranlassen können.
Da der Test über zwei bis drei Stunden geht, ist er für Kinder allerdings nur eingeschränkt geeignet – wenn sie gut mitmachen, kann man den Test ab etwa 5 Jahren einsetzen.
Standardtest für den sicheren Nachweis einer Fruktoseunverträglichkeit.
Eine Antibiotikatherapie und andere die Darmflora beeinflussende Behandlungen sollten möglichst vier Wochen vor dem Atemtest abgeschlossen sein. Sonst kann es sein, dass durch eine veränderte Zusammensetzung der Darmbakterien zu wenig Wasserstoff produziert und das Testergebnis verfälscht wird.
Der Wasserstoffatemtest macht sich eine Tatsache zunutze: Menschen, die Fruktose nicht vertragen, atmen nach der Aufnahme von Fruchtzucker Wasserstoff über die Lunge ab. Wasserstoff entsteht, wenn die Dickdarmbakterien Fruktose vergären. Wird die Fruktose wie vorgesehen im Dünndarm verstoffwechselt, findet die bakterielle Vergärung im Dickdarm nicht in diesem Ausmaß statt und die Atemluft enthält keinen oder kaum Wasserstoff.
Der Test funktioniert also aufgrund der Eigenschaft vieler Bakterien, die im Fruchtzucker enthaltenen Kohlenhydrate im Dickdarm abzubauen. Damit kann der dabei entstehende Wasserstoff (H2) aus dem Dickdarm ins Blut aufgenommen und über die Lunge abgeatmet werden.
Misst der Test nun nach dem Trinken einer kohlenhydrathaltigen Lösung beim Ausatmen einen deutlichen Anstieg von Wasserstoff, so bedeutet dies, dass die Kohlenhydrate nicht ins Blut aufgenommen wurden, sondern von den Bakterien vergärt werden.
Die Menge des Wasserstoffs in der Atemluft ist dabei abhängig von der Menge der Kohlenhydrate, die in den Dickdarm gelangen. Dieser Umstand wird diagnostisch genutzt: Man bekommt also einen Trunk, der 25 g Fruktose enthält, den man zügig austrinken muss. Vor sowie mehrfach nach dem Trinken wird der Wasserstoff in der Ausatemluft zum Vergleich gemessen. Aus der Zeitspanne zwischen der Einnahme des Fruchtzuckers und dem Ausatmen von Wasserstoff kann bedingt darauf zurückgeschlossen werden, wann die Fruktose durch den Magen und Dünndarm in den Dickdarm transportiert worden ist und dort der Kontakt der Darmbakterien mit den Kohlenhydraten erfolgte.
Auf diese Art und Weise können Atemtests auch den Nachweis von bestimmten Erkrankungen erbringen und bestimmte Funktionen des Verdauungstraktes beurteilt werden. Mit einem Trunk aus Glukose gelingt beispielsweise der Nachweis von Bakterien im Dünndarm, die dort nicht hingehören, das medizinische Fachwort dafür heißt bakterielle Fehlbesiedlung.
Vielleicht haben Sie schon davon gehört: Es gibt auch Tests, die man zu Hause in Eigenregie durchführen kann. Experten halten diese Tests allerdings nicht für sinnvoll, weil sie keine zuverlässigen Ergebnisse liefern. Mit anderen Worten: Das Geld dafür können Sie sich sparen.
Zum Test sollte man nüchtern erscheinen (bzw. zwölf Stunden nichts zu sich genommen haben), morgens klappt das meistens am besten. Sie dürfen gern ein Glas Wasser ohne Kohlensäure zu sich nehmen, aber keine anderen Getränke, da sonst das Testergebnis verfälscht werden kann. Essen Sie am Abend vorher möglichst auch nichts schwer Verdauliches oder Blähendes, damit sämtliche Verdauungsprozesse bis zum Test am Morgen abgeschlossen sind.