Impressum
Gerne wieder! erscheint im Eigenverlag
Alle Rechte bei den Autoren Tibor Rácskai und Peter P. Neuhaus
München und Menden (Sauerland), 2014
Anschrift und Kontakt:
www.lesung-mit-wasserglas.de
ISBN 978 3 7357 5603 9
Herstellung und Verlag BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
Die unglaubwürdigste Ausrede, leere Flaschen nicht, wie sich’s gehört, zum Container bringen zu müssen, fand einmal ein junger Mann aus der Wohngemeinschaft, in der ich damals lebte. Er hatte nämlich die Angewohnheit, die Reste seiner allwöchentlich stattfindenden Orgien nicht zu beseitigen, sondern in der Küche zu stapeln. Darum gebeten, wenigstens die Pfandflaschen zurückzubringen, lehnte er dieses Ansinnen brüsk ab, weil er, wie er sagte, gerne ein paar leere Flaschen im Haus habe, falls einer seiner Gäste nichts trinken wolle.
Von einem Freund, der einige Jahre als Pfleger in der Psychiatrie gearbeitet hat, hörte ich einmal die folgende Geschichte: ein Patient wurde dabei beobachtet, wie er stundenlang auf die Uhr schaute und in regelmäßigen Abständen lauthals fluchte und Verwünschungen ausstieß. Darauf angesprochen, was er denn da mache, jammerte die arme Seele, dass er befürchte, nicht mehr ganz richtig im Kopf zu sein, weil früher, da habe er durchaus eine Stunde schon mal in zwanzig Minuten geschafft.
Spanner sein war Huberts Traum
schon früher, als er hoch im Baum
vorm Schwimmbad saß, grad dreizehn Jahr.
Gerichtet war sein Augenpaar
auf eine Umkleidekabine,
wo seine Schulfreundin Sabine …
doch das ist ja schon lange her.
Heut denkt er sich: So richtig schwer
kann Drohnen fliegen auch nicht sein.
Das ist mein Traum, da steig ich ein:
Drohnenpilot. Ha! Tiptop!
Das Spannen mache ich zum Job.
Im ultraleichten Drohnending
träumt Hubert sich als Drohnenking.
Von oben, wo sich Wolken blähen
tät er dann nach Verbotnem spähen.
Der Hubert säh, wo du grad bist.
Der Hubert wüßte, was du isst.
Der Hubert knipste Mullahs Bart,
und Sex vom Ahmadinedschad,
den Kim Jong-Il beim Kinderfressen,
Obama, wenn er selbstvergessen
am Sack sich kratzt. Nur Sarkozy,
der ist zu klein, den säh er nie.
Der Hubert im Aeroplan
schaut Weibern nach in Pakistan
gafft runter kurz auf Heilgendamm
und fühlt sich dabei stark und stramm.
So wär es, wenn er Späher wäre,
hoch oben in der Atmosphäre.
Er knipste durch ein kleines Loch
die ganze weite Welt. Jedoch:
Was muss er in der Zeitung lesen?
Ein Drohnenabschuss ist gewesen?
Iran hat auf das Ding geschossen,
und doch ist da kein Blut geflossen?
Das war dem Hubert nicht bekannt:
Die Drohne ist stets unbemannt?!
Drohnenpilot – aus der Traum.
Jetzt muss er wieder auf den Baum.
Bisher glaubte ich, den Versuchungen des Kapitalismus gegenüber relativ immun zu sein. Ob bei Milch oder Hosen, die Marke des Produktes ist mir völlig wurscht, wenn es nur billig und nicht sauer ist und keine Löcher hat. Neulich aber bin ich selig lächelnd aufgewacht, weil ich im Traum mein No-name-Gedächtnis gegen eines von Armani eingetauscht hatte. Das gab mir dann doch zu denken.
Als meine Oma gestorben war, haben wir beim Ausmisten des Dachbodens eine kleine Holzschachtel gefunden. Auf dem Etikett stand in feinem Sütterlin geschrieben: „Unbrauchbare Schnurreste 1938“. Weitere Jahrgänge fanden wir nicht, und darüber hinaus war die Schachtel leer. Während des Krieges ist meine Oma wohl ein wenig klüger geworden.
Es stärkt die Lebenskraft und ist sehr nett,
hilft nebenbei die Seele weiten,
wenn ähnlich sich der Jahreszeiten
ein Wechsel einstellt auch im Bett.
Es schärft die Sinne, wenn man sich beizeiten
orientiert zum Neu-Duett.
Jedwedes Wesen scheint dafür adrett:
die doofen und auch die gescheiten.
Schnurzpiepegal! Man darf frohlocken.
Denn einem jeden sind so mannigfaltig tief
und allerschönst Genüsse zu entlocken.
Man lernt von einem das, und dies von jener.
Und überhaupt: wer viel mit vielen schlief,
schläft auch viel tiefer und bleibt homogener.
Sie sind echte Kerle, sie reiten zu dritt.
Wo immer sie hingehn, gehn Goldkettchen mit.
Ob Weihrauch, ob Shisha, sie ziehen sich’s rein.
Im Morgengraun woll’n sie in Bethlehem sein
Sie nennen sich Achmed, Hilal und Khalid.
Dolce Gabbana ist für sie der Hit.
Kamele getunt, Klamotten zu bunt.
Der Background der drei: Migrationshintergrund.
Arme voll Tattoos, Haargel wie Butter.
Zum Jesuskind woll’n sie und zu seiner Mutter.
Josef wird cool sein, Maria kein Luder.
Wenn’s Ärger gibt, dann holt Khalid „seine Bruder“.
Sie sprechen zwei Sprachen und keine so richtig.
Wohin sie der Stern führt, ist gar nicht so wichtig:
In diesen Klamotten kommen die drei
an Bethlehems Türsteher eh nicht vorbei.
Ein beliebiger Tag, eine beliebige Fußgängerzone. Da müssen Sie durch. Auf einmal steht Ihnen ein blöde glotzender Mann im Weg. Sie können nicht mehr ausweichen. Fluchend humpeln Sie weiter. Doch halt! Nicht so eilig. Wer ist dieser Mann? Haben Sie sich ihn schon mal näher angesehen? Solche Männer gibt es in allen Fußgängerzonen der Welt. Sie werden von ihren Frauen vor Kaufhäusern abgestellt, vollbepackt mit Plastiktüten. Mein Freund Peter, von dem ich das weiß, ist allerdings der Meinung, es handle sich nur um einen einzigen Mann. Der Mann komme, so sagt er, aus Bochum und seine Frau stelle ihn jeden Tag vor Karstadt ab, für eine Stunde oder länger. Dann, so Peter, der es beobachtet haben will, verschwinde der Mann plötzlich und tauche ebenso plötzlich wieder auf. Nur einige Sekunden, jeden Tag. Und sobald seine Frau ihn abhole („Wat glotzte denn so blöde?“), sage er, noch ganz benommen, den immer gleichen Satz: „Du, ich war gerade ganz woanders.“ Demnächst auch in Ihrer Fußgängerzone, achten Sie mal drauf.
Manchmal liest man sowas ja oder sieht es im Fernsehen. Wie eine zum andern sagt: „Du liebst mich nur wegen meines Geldes.“ Dann denk ich immer: Sei doch froh, du dumme Gans! Hauptsache, dass! – Vor einigen Jahren aber nahm ich an einer großen Ausstellung teil, mit einem kleinen Bild. Es hing ganz hinten, direkt neben dem Klo. Spätabends nun, wir waren alle schon ziemlich betrunken, verspürte einer der anwesenden Prominenten, ein Ihnen sicher nicht unbekannter Literat, ein dringendes Bedürfnis. „Zeig mir doch mal dein Bild“, lallte er. Willfährig und stolz führte ich ihn vor mein Werk. „Sehr schön“, sagte er, „wirklich toll“, und legte seinen Arm um meine Schultern. Das Bild hat er gar nicht angeguckt, weil er ganz damit beschäftigt war, mich sanft in Richtung Klo zu dirigieren. Ich stemmte mich entsetzt, aber ebenso sanft dagegen. So tanzten wir eine Weile scheinbar einen Sirtaki. Irgendwann gab er auf und wankte unbefriedigt von dannen. Wenn dieser unverschämte Patron wenigstens Begeisterung geheuchelt hätte. Dann hätte ich sagen können: „Du liebst mich nur wegen meiner großen Begabung.“ Und wir wären quitt gewesen.
Mein Schäferhund heißt Alter Fritz
Er macht auf mein Kommando Sitz.
Er ist sehr preußisch, sehr devot
und riecht, als wär er lang schon tot.
Dreihundert Hundejahre alt
und immer noch die Nase kalt!
Es geht ihm gut. Ganz ohne Sorgen
verschläft er sich vom Heut ins Morgen
Mein Kätzchen auch. Ganz sans souci
schnurrt sie durchs Leben. Aber nie
käm ihr der Wunsch, sie stünd parat
als erster Diener mir im Staat.