Über den Autor

Bevor du dieses Buch liest, möchte ich mich dir kurz vorstellen.

Mein Name ist Kurt Wasserfall. Ich lebe mit meiner Familie in Jagdhaus, einem kleinen Ort im Sauerland.

Ich bin schon seit vielen Jahren als freier Autor für Kinder- und Jugendbücher tätig.

Für mich ist das Schreiben von Büchern der beste Beruf der Welt. Neben dem Schreiben ist das Theater eine große Leidenschaft von mir. Und so habe ich nach meinem Studium schon an verschiedenen Theatern als Regieassistent und Schauspieler gearbeitet. Heute führe ich Theaterprojekte mit Jugendlichen durch, gebe Kurse zum „freien Erzählen“ und im kreativen Schreiben. Am liebsten aber verreise ich. Fremde Länder und neue Menschen kennenzulernen ist spannend und macht einfach Spaß.

Kein Autor weiß alles. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle bei Menschen bedanken, die mich beim Schreiben dieses Buches mit Informationen „gefüttert“ haben: Zum einen bei Thorsten Salomon, der einen eigenen Landschaftsbaubetrieb hat und von dem ich viel über den Beruf des Landschaftsgärtners erfahren habe. Zum anderen bei Stefan Bohland, der Tierpfleger im Tiergarten in Dortmund ist. Er hat mir Spannendes und Lustiges über die Arbeit im Zoo erzählt. Sein Spezialgebiet sind Kängurus und Giraffen.

„Bastian Richter!“, rief der Schulleiter laut. Jetzt wurde er aufgerufen, Bastian erhob sich langsam.

„He Basti, du alter Streber!“, rief jemand. Bastian fasste in die hintere Hosentasche seiner Jeans, da knisterte das Papier. Die Bestätigung. Die hatte er in der Tasche, und das war ein gutes Gefühl.

Lässig drängte er sich durch die Reihe und warf kurz einen Blick zu Fatma, die ihm zulächelte. Er ging nach vorn.

„Ich freue mich“, sagte der Schulleiter, „dir heute dein Abschlusszeugnis überreichen zu dürfen. Es ist eins der besten dieses Jahrgangs.“

Bastian musste grinsen. Er war nie ein Streber gewesen, trotzdem freute er sich über das Lob. Der Schulleiter redete weiter. Bastian dachte an den Brief in seiner Tasche. Eigentlich brauchte er so ein gutes Zeugnis gar nicht.

Er wollte nach der 10. Klasse keine stinknormale Ausbildung beginnen. Er wollte auch nicht auf eine weiterführende Schule gehen. Nein, er hatte ganz andere Pläne.

„Ich wünsche dir viel Erfolg auf deinem Lebensweg“, sagte der Schulleiter und hielt Bastian das Zeugnis hin. Bastian nahm es und bedankte sich. Eine dunkle Wolke tauchte in seinen Gedanken auf und verdüsterte für einen Moment sein Gesicht. Seine Mutter war nicht zur Abschlussfeier gekommen.

Mit seinem Vater hatte er schon gar nicht gerechnet, der fuhr mal wieder eine Sonderschicht. Aber seine Mutter hätte sich ja mal frei nehmen können.

„Auf das Geld können wir nicht verzichten“, hatte sie erklärt.

Na egal, dachte Bastian.

Die Schulband spielte einen Tusch. Alle in der Aula applaudierten, Bastian hielt sein Zeugnis hoch.

Seine Freundin Fatma rief: „Bravo, bravo!“

Die anderen Lehrer gratulierten ihm. Bastian lächelte und gab jedem einzelnen Lehrer die Hand.

Euch seh ich nie wieder, dachte er. Und das machte ihn irgendwie glücklich. Er würde eine Blitzkarriere hinlegen, dass die hier alle noch staunen würden. Er kehrte an seinen Platz zurück.

Es gab ein paar wenige Schüler, die noch besser als Bastian abgeschnitten hatten. In seiner Rede hob der Schulleiter stolz hervor, dass alle diese Schüler weiterführende Schulen besuchen würden.

„Nur ich nicht“, dachte Bastian. „Ich geh meinen eigenen Weg.“

Damit war der offizielle Teil der Veranstaltung beendet. Endlich wurde es unterhaltsamer. Die Kabarettgruppe trat auf. Jeder einzelne Lehrer wurde so richtig durch den Kakao gezogen. Aber es war nicht böse gemeint. Auch die Lehrer konnten über die Anspielungen auf ihre Ticks lachen.

Die Schulband spielte wieder, dann wurde das Buffet eröffnet. Eltern, Lehrer und Schüler bedienten sich.

Bastian holte sich eine Cola und ging zu Fatma.

Mit Fatma war er seit drei Monaten fest zusammen.

„Mein Zeugnis ist nicht so gut wie deins“, sagte sie und zuckte mit der Schulter.

„Macht doch nichts“, sagte Bastian und legte den Arm um ihre Schulter. „Wen interessiert das noch?“

„Na mich“, meinte Fatma. „Damit finde ich nie einen Ausbildungsplatz. Die starren doch immer alle nur auf die blöden Zensuren.“

„Du musst positiver denken“, munterte Bastian sie auf.

Er wusste, dass Fatma bestimmt schon dreißig Bewerbungen losgeschickt und bisher nur Absagen bekommen hatte. „Komm, ich muss dir was zeigen“, sagte er und zog Fatma in eine ruhige Ecke.

Er holte den Brief aus der Tasche.

„Hier, hab ich gestern bekommen“, sagte er. Fatma las ihn, dann strahlte sie. „Gratuliere! Eh, das ist doch supergeil!“

Bastian nickte stolz.

„Morgen geh ich zum Casting. Du musst mir die Daumen drücken.“

„Klar“, sagte Fatma. Sie freute sich wirklich mit ihm.

Sie gingen wieder zurück zu ihren Klassenkameraden. Das Gesprächsthema war natürlich, wer hat schon einen Ausbildungsplatz und wer geht zum Berufskolleg und so weiter. Und immer wieder hörte Bastian, wie die Eltern sich gegenseitig versicherten, dass das A und O eine gute Ausbildung sei. Bastian konnte den Quatsch bald nicht mehr hören. Und er mochte nicht über seine speziellen Pläne reden. Das würden die sowieso nicht verstehen. Nicht mal seine Eltern wussten von dem Brief. Nur Fatma. Und die fand es toll, was er vorhatte.

Wenig später gingen Bastian und Fatma Hand in Hand aus der Schule.

„Hier müssen wir nie wieder hin“, sagte Fatma. „Seh ich dich heute noch mal?“, fragte Bastian.

„Vielleicht“, meinte Fatma. „Ich muss noch ein paar Bewerbungen schreiben. Heute Abend geben meine Eltern ein Festessen. Da kommt, glaube ich, die ganze Verwandtschaft. Wenn du magst, kannst du auch kommen.“

„Ich weiß nicht“, sagte Bastian. Auf Fatmas große Familie hatte er heute keine Lust. Obwohl sie immer nett zu ihm waren und es kein Problem war, dass er mit Fatma zusammen war, auch wenn er kein Türke war.

Nein, heute Abend nicht. Er wollte keine Fragen, wie es mit ihm weitergehen würde. Er verabschiedete sich von Fatma mit einem Kuss.

„Ruf mich an“, sagte Fatma. „Ich will wissen, wie es gelaufen ist.“

Als Bastians Mutter am späten Nachmittag von der Arbeit kam, ließ sie sich als Erstes das Abschlusszeugnis zeigen. Sie war überrascht. „He, mein Sohnemann“, sagte sie, „ich wusste ja gar nicht, dass du so gut in der Schule warst.“

„Sohnemann“, dachte Bastian abfällig, „das hätte sie sich sparen können.“

„Da wird sich dein Vater aber freuen“, sagte sie. „Er hat es ja wirklich nicht leicht im Moment. Sein Rücken ist gar nicht gut.“

Sie redete weiter, während sie in der Küche herumräumte.

Die Rückenschmerzen seines Vaters interessierten Bastian wirklich nicht.

„Und ich muss dauernd Überstunden machen“, beklagte sich die Mutter. „Zwei sind krankgeschrieben. Aber dass die mal eine Zusatzkraft einstellen, auf die Idee kommen sie nicht.“

Bastians Mutter arbeitete als Laborfachkraft für eine Firma, die Kosmetika herstellte.

„Sie könnte wenigstens mal fragen, was ich mit so einem guten Zeugnis machen will“, dachte Bastian.

Er verzog sich in sein Zimmer. Aber genau genommen, wollte er es ihnen ja sowieso nicht erzählen. Erst morgen, erst wenn er wusste, dass sie ihn nehmen würden. Dann würde er zu ihnen sagen: „So Leute, ich geh zum Film. Ich werde Schauspieler. Hier hab ich meine erste Rolle, und jetzt mach ich Karriere!“

Morgen hatte er den ersten Castingtermin für einen Film, im Hotel Bristol.