POWERLIFTING
POWERLIFTING
Richtig trainieren für den Kraftdreikampf
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Dieses Buch ist für Lernzwecke gedacht. Es stellt keinen Ersatz für eine individuelle medizinische Beratung und Fitnessberatung dar und sollte auch nicht als solcher benutzt werden. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und der Autor haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.
1. Auflage 2019
© 2019 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Nymphenburger Straße 86
D-80636 München
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Fax: 089 652096
Die amerikanische Originalausgabe erschien 2012 bei Human Kinetics unter dem Titel Powerlifting. © 2012 by Dan Austin und Bryan Mann. All rights reserved.
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Übersetzung: Kimiko Leibnitz
Redaktion: Ulrich Korn
Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer
Umschlagabbildungen: Neil Bernstein
Innenabbildungen: Neil Bernstein
Illustrationen: © Human Kinetics
Satz: Daniel Förster, Belgern
Druck: Firmengruppe APPL, aprinta Druck, Wemding
eBook: ePubMATIC.com
ISBN Print 978-3-7423-0794-1
ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-0410-7
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-0411-4
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Die wichtigsten Muskeln
1 Die Physiologie der Maximal-und Schnellkraft
Motorisches Lernen
Muskelaufbau
Valsalva-Manöver
Blutdruck
Zusammenfassung
2 Kraftstoff fur die Muskeln
Protein
Kohlenhydrate
Fett
Wasser
Gewichtszunahme
Gewichtsabnahme
Nährstoffrelationen
Supplemente
Zusammenfassung
3 Vorbereitung auf das Schnellkrafttraining
Dynamisches Dehnen
Dynamische Warm-ups
Stretching als Cool-down nach dem Workout
Zusammenfassung
4 Kniebeuge
Bewegungsablauf der Kniebeuge
Regeln und Richtlinien
Ausrüstung
Ergänzende Übungen
Zusammenfassung
5 Bankdrücken
Grundsätze für alle Arten von Bankdrücken
Bewegungsablauf des Bankdrückens mit gerader Flugbahn
Bewegungsablauf des Bankdrückens mit kurvenförmiger Flugbahn
Regeln und Richtlinien
Ausrüstung
Das Einmaleins des Bankdrückens
Ergänzende Übungen
Zusammenfassung
6 Kreuzheben
Grifftechniken
Bewegungsablauf des konventionellen Kreuzhebens
Bewegungsablauf des Sumo-Kreuzhebens
Konventionelles Kreuzheben oder Sumo-Kreuzheben
Regeln und Richtlinien
Ausrüstung
Griffkraft aufbauen
Ergänzende Übungen
Dan Austins Programm fürs Kreuzheben
Zusammenfassung
7 Periodisierung im Powerlifting
Wellenförmige Periodisierung
Konjugierte Periodisierung
Zusammenfassung
8 Basistraining
Trainingskapazität
Technik
Grundübungen
Programmgestaltung
Technisches Versagen
Ästhetische Überlegungen
Suchen Sie sich einen Trainingspartner
Finden Sie das richtige Fitnessstudio
Zusammenfassung
9 Weiterführendes Training
Training in der Off-Season
Training in der Saison
Training mit Ausrüstung
Unterstützendes Training und der erfahrene Kraftsportler
Zusammenfassung
10 Fortgeschrittenes Training
Wellenförmige Periodisierung
Konjugierte Methode
Zusammenfassung
11 Mentale Einstellung im Powerlifting
Entspannung
Affirmationen
Gedankenstopp
Ziele setzen
Visualisierung
Die richtige Einstellung
Interessenbereich, Einflussbereich
Nach vorn blicken
Zusammenfassung
12 Wettkampfvorbereitung
Vor dem Wettkampf
Anreise und Wiegen
Teilnahme an einem Wettkampf mit Ausrüstung
Nach dem Wettkampf
Auswahl der Ausrüstung
Zusammenfassung
13 Wettkampftag
Checkliste vor dem Wettkampf
Betreuer
Ersatzausrüstung
Organisation der Ausrüstung
Warm-up am Wettkampftag
Wahl der Hantelgewichte
Ein Verband oder mehrere Verbände
Krämpfe
Ernährung am Wettkampftag
Einstellung am Wettkampftag
Gewicht abnehmen
Zusammenfassung
Übungsverzeichnis
Über die Autoren
Um zu verstehen, wie der Körper im Powerlifting funktioniert, muss man zuerst einige grundlegende physiologische Zusammenhänge begreifen. Dieses Grundwissen klammert Themen wie die Theorie der gleitenden Filamente, die Funktionsweise der Mitochondrien in der Zelle oder die Rolle der Fettsäuren im Stoffwechsel an einem langen Wettkampftag aus. Wenn Sie mehr über diese Themen erfahren möchten, sollten Sie Bücher über Trainingsphysiologie lesen oder sogar Seminare über die menschliche Anatomie, Physiologie und Kinesiologie belegen. Dieses Kapitel deckt den Bereich der Physiologie ab, den Sie kennen müssen, um so stark wie möglich zu werden und am Wettkampftag optimale Leistungen zu erzielen.
Wenn man weiß, wie der Körper lernt, hilft das zu verstehen, wie und warum man verschiedene Techniken anwenden sollte. Denken Sie zum Beispiel an ein Kleinkind, das Gehen lernt. Es sieht Erwachsenen beim Gehen zu und will es auch probieren. Nachdem es andere beobachtet und analysiert hat, fängt es mit den ersten zaghaften Schritten an. Es reckt sich langsam in eine aufrechte Körperhaltung, taumelt und fällt zu Boden. Dann zieht es sich wieder hoch, taumelt erneut, macht ein, zwei Schritte und stürzt. Mit Hartnäckigkeit, Übung und wachsender Muskelkraft fängt es schließlich ganz von selbst an zu gehen.
In dem Buch Weightlifting: Fitness for All Sports (International Weightlifting Federation 1988) sagen Tamás Aján und Lazar Baroga, dass jede noch so neu erscheinende Bewegung auf bereits erlernten Bewegungsmustern beruht. Je mehr motorische Muster man also im Vorfeld besitzt, desto mehr neue Bewegungsmuster kann man lernen, und umso schneller lernt man sie. Stellen Sie sich zwei Personen vor, die anfangen, Kniebeugen zu machen. Warum hat die eine Person Probleme damit, während sie der anderen leichtfallen? Weil die eine Person bereits über die notwendigen motorischen Muster verfügt, die andere hingegen nicht. Vielleicht wird die zweite Person die Technik beherrschen und gute Kniebeugen machen, braucht dafür aber mehr Zeit. Ein Coach oder Trainer muss die Bewegung mehrmals demonstrieren, damit der Kraftsportler sie begreift. Dann muss er selbst an die Hantel treten und die Übung machen. Er wird vielleicht das Gefühl haben, dass sich die Bewegung hölzern anfühlt, und sich so ungeschickt anstellen wie ein Kleinkind, das seine ersten Schritte macht. Vielleicht kippen seine Knie nach innen, wenn er sich mit der Hantel auf dem Rücken mühsam nach oben windet. Oder seine Bewegung sieht aus wie ein Good Morning mit gebeugten Beinen. Und in der Zwischenzeit versucht er, die einzelnen Bewegungen zu einem einheitlichen Ganzen zu koordinieren, das wie eine Kniebeuge aussieht. Die Aufgabe des Coaches ist es, dem Sportler aufzuzeigen, was er falsch macht und wie er diesen Fehler behebt. Mit der Zeit wird er eine Bewegung beherrschen, die halbwegs einer Kniebeuge ähnelt, aber er wird immer noch an seiner Technik feilen müssen. Louie Simmons sagte einmal, dass ein Coach seine Gewichtheber so weit unterrichten muss, dass sie selbst coachen können. Auf diese Weise hat man jedes Mal, wenn man eine Kniebeuge oder eine andere Übung absolviert, ungefähr zehn Coaches, die einen beobachten, statt nur einen.
Beim Erlernen einer neuen Technik ist es hilfreich, jemanden zu beobachten, der diese sauber beherrscht, sie anschließend erklärt zu bekommen und die Übung dann selbst auszuführen. Wenn irgendein Punkt in dieser Abfolge ausgelassen werden muss, so sollte es das Beobachten jenes Sportlers sein, der mit sauberer Technik trainiert. Entscheidend ist das Coaching. Wenn man nicht weiß, wie sich eine Bewegung richtig anfühlen soll, wird man nicht erkennen, was man falsch macht.
Beginnt jemand mit dem Krafttraining, legt er in kurzer Zeit enorm an Kraft zu. Es passiert nicht selten, dass ein Neuling in einem Monat oder sogar schneller seine Leistung beim Bankdrücken um 13 bis 18 Kilo steigert. Das hat viel mit der verbesserten Effizienz des neuromuskulären Systems zu tun. Im Grunde ist das Gehirn wie ein Prozessor, der den gesamten Körper steuert. Im Körper passiert nichts, was das Gehirn zuvor nicht bewusst oder unbewusst verarbeitet hat. Wenn ein Kraftsportler in diesem Tempo seine Kraft steigert, nimmt er keine Muskelmasse zu; der Aufbau von deutlich mehr Muskelmasse dauert viel zu lange, als dass man in so kurzer Zeit so große Kraftverbesserungen machen könnte. Der Körper lernt die Ausführung der Bewegung und rekrutiert mehr motorische Einheiten, die ihm zur Verfügung stehen, getreu dem Motto: »Kümmere dich um deine Muskeln, oder sie verkümmern.« Der Körper hat viele hochschwellige motorische Einheiten, die er noch nie aktiviert hat. Man muss lernen, sie einzusetzen, oder man wird niemals in der Lage sein, sie im Hanteltraining zu rekrutieren.
Motorische Einheiten funktionieren nach dem Alles- oder-Nichts-Prinzip. Lässt ein Motoneuron einen Muskel kontrahieren, ziehen sich alle Fasern zusammen, die von dem Nerv innerviert werden. Wenn der Nervenimpuls gesendet wird, müssen sich alle Fasern zusammenziehen – es ist unmöglich, dass sich nur manche Fasern kontrahieren, andere aber nicht. Wichtig ist, dass eine große Muskelgruppe nicht nur von einem Nerv allein angeregt wird; der Muskel wird vielmehr durch zahlreiche Nerven innerviert. Wenn also mehr Muskeln zum Einsatz kommen müssen, um eine Hantel zu stemmen, werden mehr Neuronen feuern, um mehr Muskelfasern zu rekrutieren.
Es ist keineswegs so, dass der ganze Muskel permanent arbeitet; es werden jeweils immer nur einige Einheiten gleichzeitig aktiviert. Denken Sie zum Beispiel an den Bizeps: Nimmt man eine Dose Limonade und führt sie an die Lippen, rekrutiert der Bizeps genügend motorische Einheiten, um die Dose vom Tisch zum Mund zu heben. Setzte der Bizeps nun aber alle motorischen Einheiten ein, über die er verfügt, um die 330-Milliliter-Dose zu heben, könnte man die Dose vor dem Mund nicht stoppen, weil die Geschwindigkeit der Bewegung und die erzeugte Kraft zu hoch wären. Vielmehr würde sich die Dose weiterbewegen, die Lippe auf- und einige Zähne ausschlagen. Umgekehrt gilt: Müsste der Bizeps einen Curl mit 18 Kilo Gewicht ausführen – dies entspricht einer Last, die der Körper im Alltag oft heben muss –, wäre er in der Lage, die erforderliche Anzahl der Fasern für diese Aufgabe zu rekrutieren. Beispiel: Sie wollen einen persönlichen Rekord beim Bizepscurl aufstellen und eine 40-Kilo-Hantel heben. Beim ersten Mal werden Sie die Bewegung vielleicht nicht abschließen können, oder sie ist unsauber. Aber Sie werden es in der darauffolgenden Woche wieder versuchen und die Hantel diesmal zügig heben. Sie haben in der Zwischenzeit keine weitere Muskelmasse aufgebaut, allerdings hat der Körper gelernt, die motorischen Einheiten zu rekrutieren, die zuvor nicht genutzt wurden.
Bei Verbundübungen, beispielsweise Powerlifts, müssen die motorischen Einheiten der verschiedenen Muskelgruppen zusammenarbeiten. Diese Bewegungen sind viel komplexer als einfache Eingelenkübungen wie der Curl. Eine Eingelenkübung ist damit vergleichbar, einem dreijährigen Kind etwas beizubringen. Es ist zunächst schwierig, aber das Kind begreift schnell und schafft es, einfache Aufgaben ohne fremde Hilfe zu verrichten. Eine komplexe Übung lässt sich damit vergleichen, 15 Dreijährige dazu zu bringen, eine Aufgabe zu erledigen. Es ist gut möglich, dass die meisten von ihnen in die richtige Richtung gehen, aber es wird immer einige Ausreißer geben, die sich von der Gruppe lösen und andere Dinge tun. Beim Erlernen der Kniebeuge können manche Sportler ihre Hüften nicht richtig nach hinten schieben, manchmal knicken die Knie nach innen ein, und manchmal steigen sie mit den Hüften eher aus der Hocke nach oben als mit den Schultern. Es dauert eine Weile, bis man die motorischen Einheiten der richtigen Muskeln zur richtigen Zeit in der richtigen Bewegungsabfolge rekrutiert. Um die Übung korrekt auszuführen, muss man ständig von anderen gecoacht werden.
Es gibt zwei Arten der motorischen Rekrutierung – intramuskuläre und intermuskuläre –, daher können Muskeln auf zwei unterschiedliche Arten lernen. Die intramuskuläre motorische Rekrutierung findet innerhalb des Muskels statt. Eine einzelne Muskelgruppe lernt, wie man etwas besser macht und in sich effizienter arbeitet. Bei der intramuskulären Koordination lernen die Fasern eines Muskels, effizienter zusammenzuarbeiten, um mehr Kraft oder Schnelligkeit zu erzeugen.
Bei der intermuskulären Koordination lernen die Muskeln, miteinander zu arbeiten und grobmotorische Bewegungen effizienter auszuführen. Effizienz wird erzielt, wenn Muskeln die Bewegungen immer wieder ausführen und dabei die bestmögliche Technik anzuwenden versuchen. Denken Sie zum Beispiel an ein unbekümmertes Kind, das gerade eine Wachstumsphase hinter sich hat und zum ersten Mal einen Ausfallschritt macht. Es wird sich wahrscheinlich seitlich nicht stabilisieren können, den Oberkörper nicht aufrecht halten und beim Ausfallschritt nach vorn womöglich das Gleichgewicht verlieren und nach hinten kippen. Mit einem guten Trainer wird es dem Kind schließlich gelingen, den Ausfallschritt so zu absolvieren, dass es seine Brust und den gesamten Rumpf aufrecht hält, das Gleichgewicht nicht verliert und die Körperkontrolle bewahrt. In dieser Phase des Kompetenzerwerbs haben die Muskeln gelernt, die Aufgabe zu verrichten. Dieses Phänomen ähnelt einem neuen Arbeiter in einer Autofabrik. Zuerst braucht er am Fließband vielleicht drei Stunden, um ein Getriebe einzubauen. Mit etwas Übung lernt er jedoch, jeden Handgriff effizienter auszuführen, und halbiert die Zeit. Man lernt einfach, wie man bestimmte Bewegungen ausführt. Sobald man gelernt hat, wie man etwas macht, kann man diese Aufgabe effizienter und schneller erledigen.
Während der Körper sehr schnell stärker wird, weil er lernt, seine motorischen Einheiten effizienter zu nutzen, ist der Zuwachs an Muskelmasse ein Vorgang, der viel langsamer und wesentlich beschwerlicher vor sich geht. Kraft lässt sich schneller aufbauen als Muskulatur.
Der Muskel, der aktiv arbeitet und Kraft erzeugt, um die Hantel zu bewegen, wird als Agonist bezeichnet. Der Agonist kann ein Primärbeweger, Sekundärbeweger oder Stabilisator sein. Der Antagonist ist der Muskel oder die Muskelgruppe, der beziehungsweise die dem Agonisten gegenübergestellt ist. Wenn der Agonist arbeitet, ruht der Antagonist.
Normalerweise liegen sich Agonist und Antagonist bei einem Gelenk gegenüber. Sehen wir uns zum Beispiel das Ellenbogengelenk an. Bei einem Bizepscurl leistet der Bizeps die Hebearbeit, deshalb ist er der Agonist. Der Trizeps, der Antagonist, ist entspannt, und diese Entspannung ermöglicht dem Bizeps die größte Kontraktion und den größten Bewegungsradius. Kontrahieren Agonist und Antagonist gleichzeitig, kann der Muskel seine Länge nicht verändern. Im seltenen Fall, wenn sich die Muskellänge verändert – also eine Muskelgruppe stärker als die andere ist und den Wettstreit gewinnt –, ist die Bewegung der Hantel ineffizient und sehr langsam. In dieser Situation ist nicht das Hantelgewicht der Gegenspieler, sondern der Körper.
Auf das Thema Sportpsychologie im Powerlifting gehen wir später noch ausführlicher ein. In der Zwischenzeit deckt dieser Abschnitt einen spezifischen Teil der Lerntechnik ab, die das Erlernen jeder Übung enorm beschleunigt: die Verwendung des Cook‘schen Modells (Ralph Vernacchia, Rick McGuire and David Cook: Coaching Mental Excellence. It does matter whether you win or lose, Warde Publishers 1996, Seite 84). Dieses Modell basiert auf der geistigen Prämisse »Sieh es, spüre es, vertraue darauf, glaube daran und erreiche es.« Es funktioniert deshalb so gut, weil die Visualisierung die an der Bewegung beteiligten Nerven darauf vorbereitet, in der richtigen Abfolge zu feuern. Visualisierung ist eine bewährte Methode. Falls Sie Probleme haben, eine Bewegung auszuführen oder Ihre Technik zu korrigieren, sollten Sie zum Cook‘schen Modell zurückkehren, um Ihre Technik zu verbessern.
Der erste Schritt ist das Sehen: Sie müssen vor Ihrem geistigen Auge sehen, wie Sie die Technik korrekt ausführen, wie einen Film in Ihrem Kopf. Sie müssen alles sehen: die Hantel, die Zuschauer und die Kampfrichter. Sie müssen sehen, wie Sie mit perfekter Technik einen erfolgreichen Versuch absolvieren und wie die drei weißen Lampen auf der Kampfrichteranlage aufleuchten.
Der nächste Schritt ist das Spüren: Spüren Sie die Hantel, die Ausrüstung, die Plattform, die Zuschauer, Ihre Kraft und Ihre Muskeln, die in der richtigen Sequenz feuern! Nehmen Sie die verschiedenen Gerüche in der Luft wahr: den Schweiß, das Riechsalz, den Franzbranntwein und die Magnesia.
Sobald diese beiden Schritte abgeschlossen sind, müssen Sie völlig davon überzeugt sein, dass Sie die Hantel mit perfekter Technik heben können und das auch tun werden. Dann müssen Sie es einfach machen.
Im menschlichen Körper gibt es zwei Hauptarten von Muskelfasern sowie eine unbestimmte Anzahl kleinerer Unterkategorien. Als Hauptarten lassen sich die langsam und schnell zuckenden Fasern unterscheiden. Langsam zuckende Muskelfasern (ST-Fasern, engl. Slow-twitch fibers) sind, wie der Name schon sagt, langsam. Sie sind in erster Linie Ausdauerfasern, die den ganzen Tag über arbeiten, pro Kontraktion aber nicht viel Kraft erzeugen. Langsam zuckende Fasern sind beispielsweise beim Gehen und Stehen im Einsatz.
Schnell zuckende Fasern (FT-Fasern, engl. Fast-twitch fibers) sind schnell und erzeugen Kraft. Diese Fasern werden bei anstrengenderen Aktivitäten genutzt, beispielsweise beim Sprinten, Springen, Werfen und Heben von Gewichten. Wie stark oder explosiv eine Person sein kann, hängt größtenteils von der Art ihrer Muskelfasern ab. Man hat genetisch bedingt mehr vom einen oder vom anderen Typ. Deswegen sind manche Menschen von Natur aus gut in Ausdauersportarten, sind aber keine guten Bankdrücker, oder sie sprinten die 100 Meter in 10 Sekunden, können aber keine ganze Bahn laufen, ohne außer Atem zu geraten. Manche Menschen sind infolge ihres Fasertyps besser in der Lage, mehr Gewicht zu heben als andere mit einer ähnlichen Statur, obwohl sie überhaupt nicht dafür trainieren. Der Fasertyp ist ein wichtiger Grund, warum ein Mann mit einem vergleichsweise leichten Körpergewicht von 75 Kilo mehrmals 184 Kilo auf der Bank drücken kann. Er hat überwiegend schnell zuckende Fasern, die mehr Kraft erzeugen und ihm erlauben, mit weniger Muskelmasse mehr Hantelgewicht zu bewegen.
Viele glauben, dass Muskeln im Kraftraum aufgebaut werden, weil sie sehen, dass dort viel Eisen gepumpt wird. Diese Annahme ist sowohl richtig als auch falsch. Muskeln werden zwar infolge des Trainings im Kraftraum aufgebaut, aber sie wachsen nicht dort. Sie wachsen im Schlafzimmer.
Wenn Hanteln gestemmt werden, bilden sich in den Muskelfasern Mikrotraumen. Die konzentrischen und exzentrischen Kontraktionen der Muskeln beim Heben und Senken der Gewichte verursachen einige Schäden, vor allem, wenn der Heber das Prinzip der progressiven Überlastung anwendet und damit seine Muskeln zwingt, sich an den neuen Stimulus anzupassen. Abgesehen von diesen Schäden fließen Blut und Lymphflüssigkeit in die Muskeln, die den sogenannten Muskelpump erzeugen, der vielen Kraftsportlern so wichtig ist. Wird der Muskel beschädigt, repariert sich der Körper auf unterschiedliche Weise; er mag keine beschädigten Muskelfasern, deshalb repariert er sie. Der Körper erkennt auch, dass mehr Muskelmasse nötig ist, um die gestellten Anforderungen zu erfüllen, und macht sich ans Werk. Er zerlegt Proteine im beschädigten Muskel und bildet mehr Proteine, um zusätzliche Muskelmasse aufzubauen. Diese Neubildung braucht ihre Zeit, deshalb dauert es eine Weile, bis zusätzliche Muskelmasse entwickelt wird. Dieser Prozess wird auch als Hypertrophie bezeichnet.
Man nimmt an, dass es zwei Arten von Hypertrophie gibt: Die eine ist die funktionelle oder myofibrilläre Hypertrophie, die andere die nichtfunktionelle oder sarkoplasmatische Hypertrophie. Die myofibrilläre Hypertrophie entwickelt sich aus der Verwendung schwerer Trainingsgewichte. Dies ist normalerweise eine wesentlich langsamere Methode, um den Muskel zu vergrößern, aber der Größenzuwachs der Muskelfaser führt auch zu ihrem Kraftzuwachs. Diese Hypertrophie vollzieht sich im Muskel im Aktin und im Myosin der Myofibrille, was zu einer Steigerung der Kontraktionskraft führt.
Sarkoplasmatische Hypertrophie entwickelt sich durch die Verwendung leichterer Gewichte und höherer Trainingsvolumen. Sie belastet den Muskel, aber nicht so sehr im Hinblick auf seine Bewegungsfähigkeit; der Schaden am Muskel ist anders. Daher nimmt die Anzahl der Myofibrillen nicht zu, sondern der Bereich zwischen den Sarkomeren vergrößert sich. Bei dieser Art der Hypertrophie besteht keine Kohärenz zwischen Muskelgröße und erzeugter Kraft, weswegen sie als nichtfunktionell bezeichnet wird.
Das Ziel im Powerlifting ist es, mit einem möglichst leichten Körpergewicht ein möglichst schweres Hantelgewicht zu bewegen. Hierfür muss man sich eher auf die funktionelle als auf die nichtfunktionelle Hypertrophie konzentrieren. Im Bodybuilding verlässt man sich hauptsächlich auf ein hohes Übungspensum mit kurzen Pausen und leichten Gewichten, um in kürzester Zeit das größte Trainingsvolumen zu erzielen. Durch diese Methode wird man muskulöser, aber nicht stärker. Es gibt ein altes Sprichwort: »Muskeln bedeuten nicht Kraft, nur Kraft ist Kraft.« Viele Bodybuilder sehen aus, als stemmten sie problemlos 400 Kilo beim Bankdrücken, bekommen aber schon bei 140 Kilo Probleme; das liegt an der Art der Hypertrophie innerhalb des Körpers. Das äußere Erscheinungsbild von Powerliftern ist oft trügerisch. Jason Fry, der in den Gewichtsklassen bis 83 Kilo und bis 93 Kilo antritt, sieht fit aus. Trifft man ihn im Kraftraum, würde man annehmen, dass er beim Bankdrücken 165 Kilo schafft. Er hat in der 83-Kilo-Gewichtsklasse aber schon weit über 340 Kilo gedrückt und in der 93-Kilo-Klasse 350 Kilo, seine Körpergröße täuscht also. Seine hypertrophische Entwicklung war rein funktionell, und alle Muskeln, die er zugelegt hat, erzeugen Kraft.
Die Steigerung der Kraft beruht auf dem sogenannten SAID-Prinzip, das für Specific Adaptations to Imposed Demands steht (spezifische Anpassung an auferlegte Anforderungen). Der Körper passt sich dem Stimulus an, dem er ausgesetzt wird. Stellen Sie sich vor, ein Arbeiter tritt einen neuen Job auf einer Baustelle an und schwingt den ganzen Tag über einen 3,5 Kilo schweren Vorschlaghammer. Wenn er abends nach Hause geht, ist er so müde und erschöpft, dass er nur noch aufs Sofa fällt und ungeduscht einschläft. Drei Wochen später kann er denselben Hammer problemlos den ganzen Tag benutzen. Er hat sogar noch Energie, um sich nach der Arbeit mit seinen Freunden zu verabreden und eine Runde Baseball im Park zu spielen. Geht der Hammer jedoch zu Bruch und muss er ein schwereres Modell benutzen, landet er nach der Arbeit gleich wieder auf dem Sofa, bis er sich an das neue Hammergewicht gewöhnt hat. Das liegt daran, dass sich sein Körper an den Stimulus des 3,5 Kilo schweren Hammers angepasst hat. Der Hammer hat dem Körper eine Anforderung auferlegt, die zu einer spezifischen Anpassung der Muskulatur führte. Der Körper war noch nicht bereit für einen Hammer, der mehr als 3,5 Kilo wog, weshalb er müde wurde und mit Muskelkater reagierte.
Das Prinzip der progressiven Überlastung besagt, dass ein schwereres Gewicht erforderlich ist, sobald sich der Körper an die auferlegte Anforderung des SAID-Prinzips angepasst hat. Man benutzt progressiv schwerere Gewichte, um dem Körper neue Anforderungen aufzuerlegen, wodurch eine weitere Anpassung erzeugt wird. Ein klassisches Beispiel für progressive Überlastung ist der antike griechische Ringer Milon von Kroton. Milon wollte stärker werden und beschloss daher, ein Kalb auf seine Schultern zu nehmen und mit dem Tier seine Runden in der Arena zu drehen. Das tat er jeden Tag, und als das Kalb wuchs, wurde auch Milon stärker. Er wurde so stark, dass niemand in ganz Griechenland ihn zu Boden zwingen konnte, und er beendete seine Ringerkarriere ungeschlagen.
Die meisten periodisierten Programme funktionieren mittels progressiver Überlastung. Sie beginnen mit einem niedrigeren Gewicht und steigern sich im Laufe des Trainingszyklus durch eine vorab geplante wöchentliche Steigerung, was zu einer Anpassung durch Überlastung des Muskels führt. Wie Milon mit seinem Kalb kann man stärker werden, indem man jede Woche das Trainingsgewicht steigert.
Wenn Freizeitsportler aus gesundheitlichen Gründen Kraftsport betreiben, wird ihnen normalerweise beigebracht, bei der exzentrischen Kontraktion auszuatmen und bei der konzentrischen Kontraktion einzuatmen. Im Powerlifting ist diese Technik falsch. Hier verwendet man das sogenannte Valsalva-Manöver. Bei dieser Technik atmet man ein und hält die Luft an, um den Effekt eines mit Flüssigkeit gefüllten Balls zu erzeugen. Der Druck, der normalerweise Kopfschmerzen verursacht, ist derselbe Druck, der die Wirbelsäule bei maximaler Belastung schützt und eine optimale Kraftübertragung durch den ganzen Körper ermöglicht, statt an einer Schwachstelle zu verpuffen. Bei der Kniebeuge zum Beispiel versucht der Kraftsportler, so viel Luft wie möglich einzuatmen, wodurch sich der Magen weitet. Dadurch wird die Brust fixiert und hält den Powerlifter davon ab, einen Rundrücken zu machen. Hielte er die Luft nicht an, würde seine Brust wegen des schweren Hantelgewichts nach vorn zusammensacken, und die Beine wären, ganz gleich wie stark sie sind, nicht in der Lage, die Hantel nach oben zu bringen, weil sie sich schwächebedingt schon nach unten senkte.
Kraft überträgt sich am besten über harte Flächen. Der Powerlifter, der seine Muskeln anspannen und den größten Druck erzeugen kann, ist in der Lage, die größte Kraft durch seinen Körper zu übertragen und damit das schwerste Gewicht zu heben. Stellen Sie sich vor, Sie müssten ein Auto auf Schnee oder Asphalt schieben. Was ist einfacher? Auf Asphalt wird die Kraft, die Sie auf den Boden ausüben, direkt auf das Fahrzeug übertragen. Im Schnee hingegen wird die auf den Boden ausgeübte Kraft durch den Schnee verteilt und damit nicht übertragen.
Dieses Prinzip gilt für alle Übungen. Je mehr Körperspannung und Druck bei einer Übung entwickelt wird, umso mehr Kraft kann übertragen werden, selbst beim Bankdrücken. Nehmen Sie das nicht alternde Wunder Bill Gillespie als Beispiel fürs Bankdrücken. Bill läuft schon bei einem Hantelgewicht von 60 Kilo blau an, weil er seinen Körper darauf hintrainiert, Druck aufzubauen, sich anzuspannen und eine optimale Kraftübertragung zu ermöglichen.
Der Blutdruck eines Powerlifters steigt bei einem Versuch mit dem Maximalgewicht so stark an, dass er in den Bereich eines Myokardinfarkts (Herzinfarkt) kommt. Sehen Sie sich nur einmal das Bild eines Powerlifters bei einer Kniebeuge oder beim Kreuzheben mit Maximalgewicht an: Er läuft blau an. Alle Muskeln kontrahieren maximal, üben Druck auf die Blutgefäße aus und erschweren dem Blut die Zirkulation durch den Körper. Das sorgt dafür, dass das Herz mehr arbeiten muss, um das Blut kraftvoller auszustoßen.
Erinnern Sie sich an das SAID-Prinzip? Dies ist ein weiteres Beispiel hierfür. Weil das Herz mehr leisten muss, um den Widerstand zu überwinden und das Blut in den Körper auszustoßen, vergrößert und verdichtet sich die linke Herzkammer. Diese Anpassung sorgt dafür, dass die linke Herzkammer nicht reißt. Das Herz ist ein Muskel wie jeder andere. Wenn er mehr arbeiten muss, nimmt er an Größe zu.
Vergrößert sich das Herz, weil es Blut durch den Körper pumpen muss, so erhöht es auch seine Kontraktilität, die dabei hilft, das Blut ohne viel Widerstand auszustoßen. Im Powerlifting muss der Muskel gegen starken Druck ankämpfen, wodurch er steifer wird. Dieser Effekt muss durch eine Form kardiovaskulärer Arbeit ausgeglichen werden – nicht unbedingt durch hochintensives Cardio-Training, aber durch etwas, das das Herz zur Arbeit anregt. Das Herz will auch trainiert werden.
Das Prinzip der spezifischen Anpassung an auferlegte Anforderungen (SAID) steht im Mittelpunkt aller Trainingsformen. Im Powerlifting ist es das Trainingsziel, stärker zu werden, deshalb muss die auferlegte Anforderung an den Körper als Anpassung einen Kraftzuwachs herbeiführen. Stellt man nicht die richtigen Anforderungen an den Körper, werden die Anpassungen niemals eintreten, und der Powerlifter wird niemals stärker werden und im Kraftdreikampf persönliche Rekorde erzielen.
Das Konzept der progressiven Überlastung ist seit der Antike und Milon von Kroton bekannt. Es besteht darin, über einen längeren Zeitraum jede Woche ein schwereres Gewicht zu verwenden, um eine Überlastung zu erzeugen, die zunehmend schwerer wird. So wird der Körper mithilfe des SAID-Prinzips dazu gezwungen, sich anzupassen.
Das Valsalva-Manöver ist für alle Powerlifter entscheidend, die an Wettkämpfen teilnehmen. Hierbei wird der Innendruck erhöht, was dazu führt, dass die Kraft effizient durch den ganzen Körper übertragen wird. Wenn durch den Innendruck keine ausreichende Festigkeit erzeugt wird, findet keine effiziente Kraftübertragung statt und das Gewicht, das man eigentlich heben könnte, nimmt ab.
Diese Grundkonzepte sind allgemeingültig und von der angewandten Trainingsphilosophie unabhängig. Es gibt grundlegende physiologische Konzepte, auf denen jedes Programm beruht. Wer im Laufe der Zeit keine schwereren Hanteln hebt, wird nicht stärker werden. Wer das Valsalva-Manöver nicht lernt, wird keine ausreichende Körperspannung aufbauen, um maximale Lasten zu heben.
Vielen Powerliftern mangelt es an Wissen über Ernährung. Sie verbringen viel Zeit damit, Übungen und Trainingsprogramme zu finden, mit denen sie sich im Kraftdreikampf verbessern, aber nur wenige machen sich die Mühe, mehr über Ernährung und leistungsorientierte Ernährungsstrategien in Erfahrung zu bringen. Die richtige Ernährung trägt dazu bei, dass man sich bis zum nächsten Workout erholt und während der Workouts mehr Energie und ein geringeres Verletzungsrisiko hat. Gesundes Essen schmeckt vielleicht nicht so gut wie Fastfood, macht Sie aber stärker.
Dieses Kapitel stellt eine Einführung in die Grundlagen gesunder, ausgewogener Ernährung dar. Es gibt Hunderte von Büchern, die Ihnen ein detailliertes Hintergrundwissen über Ernährung bieten. Es sollte für Powerlifter allerdings ausreichen, mit den Grundlagen vertraut zu sein.
Das Kapitel geht zunächst auf die Makronährstoffe Protein, Kohlenhydrate und Fett ein. Es erklärt, was sie sind, was sie bewirken und in welchen Nahrungsmitteln sie enthalten sind. Wasser gilt auch als Makronährstoff. Makronährstoffe heißen so, weil sie den Großteil der Ernährung ausmachen. Kümmert man sich zuerst um diese Dinge, fügen sich die meisten kleineren Belange von selbst.
Protein ist vermutlich der favorisierte Makronährstoff unter Kraftsportlern. Er ist nicht nur der möglicherweise bekannteste Makronährstoff, sondern auch der beliebteste (und wird oft in Form von Eiscreme oder Pizza konsumiert, wenngleich diese Speisen nicht besonders gesund sind). Protein hilft dabei, Muskeln nach einem erlittenen Trauma zu reparieren und aufzubauen. Powerlifting beruht letzten Endes auf der Entstehung von Muskeltraumata – ohne sie wäre keine Leistungssteigerung möglich. Ohne Protein findet keine Reparatur der Muskulatur statt. Wenn sich die Muskeln nicht reparieren, nachdem sie in einem Workout belastet wurden, werden sie in anschließenden Workouts mit größerer Wahrscheinlichkeit reißen. Das ist vergleichbar mit der Asphaltierung eines Fußgängerwegs: Sie können noch so eifrig messen, graben, Linien ziehen und vorbereiten: Ohne Asphalt haben Sie keinen Fußgängerweg. Genauso können Sie so viel trainieren, wie Sie wollen – mit der richtigen Intensität, dem richtigen Volumen und viel Fleiß: Ohne Protein werden sich Ihre Muskeln nicht erholen, und Sie werden keine zufriedenstellenden Ergebnisse erzielen.
Um es auf einen einfachen Nenner zu bringen: Protein ist Muskulatur. Es enthält vier Kalorien pro Gramm. Protein besteht aus 24 Aminosäuren; acht davon sind essentiell. Der Körper kann essentielle Aminosäuren nicht selbst herstellen, deshalb müssen sie über die Nahrung oder Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden. Im Gegensatz dazu kann der Körper nichtessentielle Aminosäuren selbst herstellen, deshalb benötigt er hierfür keine externen Quellen wie Nahrung.
Die Hauptquellen von Protein sind tierischen Ursprungs. Muskelfleisch von Rind, Huhn oder Fisch sind gute Proteinquellen. Eier, Milchprodukte, Nüsse, Kerne und Hülsenfrüchte enthalten ebenfalls Protein. Auch Gemüse besitzt einen gewissen Proteinanteil, dabei handelt es sich allerdings meist um unvollständige Proteine, das meint, sie besitzen nicht alle essentiellen Aminosäuren. Damit Ihr Körper das Protein aus Gemüse aufnehmen und für den Muskelaufbau verwerten kann, müssen Sie sich ein komplementäres Protein aus einer anderen Quelle zuführen, welche die essentiellen Aminosäuren enthält, die dem Gemüse fehlen. Gemeinsam ergeben sie ein vollständiges Protein. Bohnen und Reis sind beispielsweise komplementär, weil der Reis das hat, was den Bohnen fehlt.
Protein wird oft missverstanden. Viele meinen, man könnte sich nicht zu viel Protein zuführen. Das stimmt nicht. Der Körper kann nur eine bestimmte Menge Protein am Tag verarbeiten, etwa 1,5 bis 2 Gramm Protein pro Kilo Körpergewicht. Jemand, der 100 Kilo wiegt, kommt also mit 150 bis 200 Gramm Protein pro Tag ziemlich gut zurecht. Dies läuft der gängigen Annahme zuwider, die unter Powerliftern und Bodybuildern kursiert: dass nämlich 2 Gramm Protein pro Pfund Körpergewicht nötig sind beziehungsweise dass ein Mann mit 100 Kilo Lebendgewicht 440 Gramm Protein pro Tag essen sollte. So viel Protein bewirkt nur eines – eine Ausscheidung über den Harn!
Jemand, der viel Protein konsumiert, sollte sicherstellen, dass er viel Wasser trinkt. Denn ohne Wasser können die Nieren das überschüssige Protein nicht verarbeiten. Trinkt man über einen längeren Zeitraum hinweg nicht genügend Wasser, kann dies zu Nierenschäden führen. Eine chronische Dehydrierung ist vergleichbar mit Verschleißerkrankungen wie dem Karpaltunnelsyndrom. Sitzt man einen Tag lang mit schlechter Körperhaltung am Computer, hat man am nächsten Tag vielleicht Schmerzen, muss aber keine langfristigen Folgen befürchten. Wenn man aber jahrelang täglich über viele Stunden hinweg tippt, zieht man sich früher oder später eine Verschleißerkrankung zu.
Kohlenhydrate sind Energie. Mit diesem Kraftstoff schüren Sie das Feuer, mit dem Sie Ihre Workouts absolvieren. Kohlenhydrate enthalten wie Protein vier Kalorien pro Gramm. Es gibt einfache und komplexe Kohlenhydrate, die sich über den glykämischen Index kategorisieren lassen.
Einfache Kohlenhydrate sind Zucker; beispielsweise in Form von Säften, Limonade oder Cola und Süßigkeiten. Sie eignen sich, wenn Sie einen schnellen Energieschub benötigen. Diese Energie gelangt schnell ins Blut, schwindet aber schnell, weil sie entweder verwertet oder als Fett gespeichert wird. Dies erklärt, warum Sie sich zu Beginn eines Workouts blendend fühlen, aber bereits während des Trainings völlig erschöpft sind; die Energie der einfachen Kohlenhydrate wurde erst genutzt, dann schnell verbrannt.
Komplexe Kohlenhydrate liefern anhaltende Energie; gute Quellen sind beispielsweise Nudeln, Kartoffeln, brauner Reis, Süßkartoffeln und Brot. Es dauert länger, bis die Energie der komplexen Kohlenhydrate ins Blut gelangt, was wiederum bewirkt, dass sie länger zur Verfügung steht. Komplexe Kohlenhydrate sind die beste Energiequelle, die es gibt. Nehmen Sie daher vor Workouts und Wettkämpfen komplexe Kohlenhydrate auf. Vor Wettkämpfen sollten Sie Carbo-Loading probieren, das heißt, dass Sie in den letzten drei Tagen vor der Veranstaltung verstärkt komplexe Kohlenhydrate essen.
Da Kohlenhydrate die Hauptenergiequelle sind, sollten sie Priorität haben, damit Sie genügend Energie für Ihre Workouts haben. Stehen dem Körper nicht genügend Kohlenhydrate zur Verfügung, zapft er nicht sofort seine Fettdepots an, sondern baut Muskelmasse ab, um daraus Energie zu gewinnen. Daher sollen Kohlenhydrate eine muskelschonende Wirkung haben; sie sorgen dafür, dass die Muskulatur nicht angegriffen und als Energiequelle genutzt wird. Im gesamten Körper lassen sich nur etwa 250 Gramm Kohlenhydrate einlagern, während für Fett praktisch unbegrenzter Speicherplatz verfügbar ist.
Mit dem glykämischen Index lassen sich Kohlenhydrate noch weiter differenzieren. Der glykämische Index zeigt an, wie schnell die Energie aus einem Nahrungsmittel ins Blut gelangt. Je schneller die Energie im Blut ist, umso höher ist die glykämische Last des entsprechenden Nahrungsmittels. Gelangt Zucker ins Blut, wird Insulin freigesetzt, das den Zucker abtransportiert und zu seinem Speicherort bringt. Je höher die glykämische Last eines Nahrungsmittels ist, desto mehr Zucker gelangt ins Blut, woraufhin die Bauchspeicheldrüse Insulin produziert. Eine hohe Zuckerkonzentration im Blut führt zu einer hohen Insulinproduktion, um den Zucker als Glykogen für die sofortige Nutzung in den Muskelzellen zu speichern oder als langfristige Reserve in die Fettzellen einzulagern. Ist der ganze Zucker gespeichert, vermittelt das Gehirn dem Magen ein Hungergefühl, um neue Energie herbeizuschaffen.
Je geringer die glykämische Last eines Nahrungsmittels ist, desto länger dauert es, bis die Energie aus dem Essen ins Blut gelangt. Der glykämische Index berücksichtigt den Fett- und Ballaststoffgehalt eines Nahrungsmittels, um zu bestimmen, wie lange es dauert, bis der Zucker im Blut eintrifft. Kartoffeln und Süßkartoffeln sind beispielsweise komplexe Kohlenhydrate. Süßkartoffeln enthalten mehr Ballaststoffe und haben daher eine geringere glykämische Last, weil der Körper länger für die Verdauung braucht und es länger dauert, bis der Zucker ins Blut kommt. Was ist besser: Ein Nahrungsmittel mit einer geringeren oder einer höheren glykämischen Last? Das hängt von Ihrem Ziel ab. Wenn Sie mitten in einem intensiven Workout sind, brauchen Sie etwas, das schnell wirkt und sofort verfügbar ist. Sie würden dann etwas zu sich nehmen, das relativ weit oben auf dem glykämischen Index steht, beispielsweise einen Sportdrink. Haben Sie hingegen einen langen Arbeitstag im Büro, sollten Sie etwas essen, das nachhaltige Energie liefert. Eine Süßkartoffel oder andere Nahrungsmittel, die einen niedrigen glykämischen Index haben, wären eine gute Wahl. Gemüse ohne hohen Stärkegehalt ist ebenfalls eine gute Kohlenhydratquelle. Es hat eine geringere glykämische Last, weil es zuckerarm und ballaststoffreich ist.
Kohlenhydrate sind in allem enthalten, was aus Getreide, Knollen oder Zucker besteht: Brot, Nudeln, Haferflocken, Reis, Sportdrinks, Kartoffeln, Mais, Tortillas, Gemüse und Obst. Die Wahl der Quelle hängt von Ihrem aktuellen Ziel ab. Wollen Sie zum Beispiel Ihren Körperfettanteil reduzieren, sollten Sie eine Kohlenhydratquelle wählen, die einen möglichst geringen glykämischen Index hat. So haben Sie weniger Hunger und nehmen insgesamt weniger Kalorien auf.
Fett ist eine Energiequelle. Alle Arten von Fett enthalten neun Kalorien pro Gramm. Fett wurde im Laufe der Jahre verteufelt und an den Pranger gestellt. Es gab Redewendungen wie »Fett macht fett« oder »Fett geht direkt auf die Hüften.« Allerdings verwandelt sich Nahrungsfett nicht zwangsläufig in Körperfett.
Fett lässt sich in gesättigte und ungesättigte Fette unterteilen. Gesättigte Fette gelten als ungesund und begünstigen Arteriosklerose, hohe Cholesterinwerte und krankmachendes Bauchfett. Einige Beispiele für gesättigte Fette sind frittierte Speisen, rotes Fleisch, Schokolade, Kuchen und Kartoffelchips. Ungesättigte Fette sollen hingegen eine reinigende Wirkung auf Venen und Arterien haben; Beispiele hierfür sind Olivenöl, Mandeln und Fisch.
Fett ist aus vielen Gründen wichtig. Es hilft dem Körper, die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K aufzunehmen. Körperfett hat eine isolierende Wirkung und schützt die inneren Organe. Im Hinblick auf die sportliche Leistungsfähigkeit sollten vor allem ungesättigte Fette konsumiert werden. Sie bieten die größten gesundheitlichen Vorteile und den größten Kosten-Nutzen-Effekt. Ihr täglicher Energiebedarf sollte zu 25 bis 30 Prozent aus Fett bestehen.
Wasser ist einer der wichtigsten, aber von Powerliftern am stärksten vernachlässigten Nährstoffe. Der menschliche Körper besteht zu 60 Prozent, die Muskulatur zu 80 Prozent aus Wasser. Wenn man dehydriert ist, hat man weniger Muskeln für das Gewichtstraining. Von Dehydrierung spricht man, wenn ein Flüssigkeitsverlust von 2 bis 3 Prozent des Körpergewichts eintritt, dann kann der Muskel nicht mehr maximale Kraft erzeugen beziehungsweise Kraft aufrechterhalten. Mit einem Flüssigkeitsverlust von 2 bis 3 Prozent des Körpergewichts können Sie nicht mehr so schwere Hanteln heben oder die Wiederholungszahl steigern. Jeder Prozess im Körper, der zum Stoffwechsel beiträgt, Kraft erzeugt oder Reparaturvorgänge auslöst, erfordert Wasser. Bei Wassermangel fühlt man sich schlecht, weil der Körper nicht mehr seine Leistung erbringen kann. Ist man dehydriert, steigt das Risiko für Muskelzerrungen und -faserrisse, vor allem dann, wenn man auf hohem Niveau trainiert. Wasser sorgt dafür, dass die Muskeln elastisch und beweglich bleiben, um diese Verletzungen zu vermeiden. Sind die Muskeln dehydriert, besitzen sie diese Eigenschaften nicht, werden ineffizient und können nicht wie üblich arbeiten. Nachstehend einige negative Folgen der Dehydrierung:
Wenn Sie Durst haben, liegt ein Flüssigkeitsverlust von einem Prozent Ihres Körpergewichts vor; dieser geringfügige Mangel wirkt sich bereits leistungsmindernd aus. Abgesehen vom Wiegen gibt es eine einfache Methode, Ihren Flüssigkeitshaushalt zu prüfen und sicherzustellen, dass Sie ausreichend hydriert sind: Prüfen Sie beim Wasserlassen Ihren Harn. Hierfür darf das WC-Wasser durch Spülsteine oder Ähnliches natürlich nicht blau gefärbt sein. Der Harn sollte hell sein und annähernd die Farbe von Limonade haben (oder heller); ist er dunkler, sind Sie dehydriert und sollten sofort Wasser trinken.
Wasser sorgt dafür, dass Nährstoffe in die Muskelzellen geschleust und Laktat sowie andere durch das Training anfallende Nebenprodukte aus den Muskelzellen abtransportiert werden. Wenn Sie nicht genug Wasser trinken, können sich die Muskelzellen nicht reparieren, und Sie haben länger Muskelkater. Ist Ihnen jemals in den Sinn gekommen, dass Sie mit einem höheren Wasserkonsum Ihren Muskelkater verringern und verkürzen können? Kleiner Aufwand, große Wirkung. Weil jede Zelle Wasser enthält, schützt es auch die Organe und hält die Gelenke geschmeidig. Die tägliche Gelenksteife, die so mancher spürt, kann ein Symptom der Dehydrierung sein. Einfach mehr Wasser zu trinken kann bereits hilfreich sein und Beschwerden deutlich lindern.
Alle Getränke sind wasserhaltig; Flüssigkeiten lassen sich zwei Kategorien zuordnen: hydrierende und nicht-hydrierende Getränke.
Hydrierende Getränke erhöhen den aktuellen Flüssigkeitshaushalt des Körpers. Sie sind durstlöschend und führen dem Körper Wasser zu. Da Trinken dem Ziel dient, sich zu hydrieren, sollten Sie hauptsächlich hydrierende Getränke zu sich nehmen. Beispiele für hydrierende Getränke sind Wasser, Limonade und Sportgetränke.
Nicht-hydrierende Getränke tragen nicht zur Hydrierung des Körpers bei. Diese Getränke haben eine diuretische oder entwässernde Wirkung. Kaffee und Alkohol sind typische Diuretika. Es ist noch nicht erwiesen, ob sich die entwässernde Wirkung von Kaffee als tatsächliche Dehydrierung äußert oder einfach ein Ableiten des Wassers ist, das auf diesem Weg zugeführt wurde. Alkohol hingegen dehydriert den Körper nachweislich. Ein Großteil des »Katers«, den man nach hohem Alkoholkonsum verspürt, ist auf Dehydrierung in Kombination mit Vitamin-B-Mangel und einem Abfall des Blutzuckers zurückzuführen.