Der Beruf des Sonderpädagogen genießt schon im Namen die Eigenheit besonders zu sein. Die Besonderheit liegt unteranderen an der Zielgruppe, welche diese Pädagogen unterrichten. Eine dieser Zielgruppen sind Menschen mit einem geringeren Intelligenzquotienten als die Normierung.
Es erscheint in der Theorie relativ simpel eine Kategorisierung und Förderung zu gewährleisten, in der Praxis stößt die Sonderpädagogik und im speziellen die Diagnostik aber in ihre Grenzen. Die Diagnostik der Menschen mit geistiger Behinderung oder Lernbehinderung liegt im Spannungsfeld zwischen Förderung und Selektion. Um dieses Spannungsfeld zu begreifen will der Autor zunächst das Wesen der Diagnostik und der geistigen Behinderung kritisch darstellen. Anschließend beleuchtet der Verfasser den Begriff der Intelligenz aus historischer Sicht und nähert sich so den Kern des Intelligenzbegriffes sowie der Intelligenzmessung. Dabei wird beispielhaft das formelle Testverfahren SON-R 2,5-7 kritisch vorgestellt. Abschließend werden die Grenzen der institutionellen Diagnostik aufgezeigt, die formelle und informelle Diagnostik gegenübergestellt und Teilaspekte für eine erfolgreiche Diagnostik vorgestellt.
Dazu schreibt Tent 1985: „Diagnostik ist ein theoretisch begründetes System von Regeln und Verfahren zur Gewinnung und Analyse von Kennwerten für inter‐ und intraindividuelle Merkmalsunterschiede “[1]
Wenn wir diese Definition analysieren, so sehen wir zunächst, dass es sich um ein theoretisch begründetes System von Regeln und Verfahren handelt. Diagnostik muss auf Grundlage einer Theorie entstehen, welche die Durchführung, Auswertung und Interpretation systematisiert, sodass Störvariablen minimiert werden. Darüber hinaus werden Verfahren vorgegeben. Das zweite ist, dass dieses System von Regeln und Verfahren einem Zweck dient. Der Zweck ist die Gewinnung und Analyse von Kennwerten, um eine inter- und intraindividuelle Vergleichbarkeit von Merkmalsunterschieden zu erhalten.
Aus Diagnostik bekommt der Diagnostiker also Werte, die für Merkmale stehen. Es erfolgt eine Merkmalszuschreibung des Probanden durch Diagnostik. Damit erhält der Proband Merkmale, die inter- und intraindividuell vergleichbar sind. Das bedeutet, dass der Proband mit seiner Kohorte verglichen wird. Hierbei wird meist das Alter als Gemeinsamkeit der Kohorte verwendet. Die intraindividuelle Vergleichbarkeit ist eine Möglichkeit, bei dem Testergebnisse einer Person über einen Zeitraum verglichen werden, dabei will der Diagnostiker einen Rückschluss auf den Entwicklungsverlauf zu einem Merkmal herstellen.[2]
Eine Möglichkeit der Unterscheidung ist in Normorientierte Diagnostik und Kriterienorientierte Diagnostik.[3]
Bei der Normorientierte Diagnostik wird der Proband mit dem Mittelwert seiner Bezugsgruppe verglichen. Dies kommt bspw. beim Vergleich von Blutwerten und psychologischen Leistungs- und Persönlichkeitstest vor.
In der Kriterienorientierten Diagnostik werden verschiedene Kriterien auf eine Person angewendet, wie bspw. ICD und DSM.
Die Kriterienorientierte Diagnostik kann weiter in Untergruppen unterschieden werden. Die Erste ist die Selektionsdiagnostik. In ihr findet eine Selektion statt, welche eine unterschiedliche Grundlage haben kann. Hierbei findet eine Auswahl von geeigneten Personen z.B. Personalauslese statt. Eine andere Gruppe ist die Interventionsdiagnostik. Sie wird u.a. in der medizinischen Diagnostik eingesetzt zur Überprüfung einer Therapie. Wenn eine Therapie nicht anschlägt so wird interveniert, daher Interventionsdiagnostik. Mit der Klassifikationsdiagnostik meint man die Einstufung von Personen in ein Schema bspw. Brillenträger nicht Brillenträger. Die Funktionsdiagnostik überprüft einzelne Funktionen wie bspw. Belastbarkeit und Gedächtnis. Auch die Entwicklungsdiagnostik ist eine Untergruppe. Hier wird getestet, ob ein Kind die seinem Alter entsprechenden Fähigkeiten besitzt. Die letzte Gruppe ist die Verlaufsdiagnostik. Diese fällt eine Beurteilung bzw. mehrere Beurteilungen im Verlauf einer Intervention.[4]
Eine andere Möglichkeit der Unterscheidung von Diagnostik ist die Unterscheidung in Förderdiagnostik und Statusdiagnostik. Diese Möglichkeit wird aber in der Präsentation nicht näher ausgeführt.
Für die sonderpädagogische Diagnostik liegt kein einheitlicher Begriff vor. Eine mögliche Definition nach Schluck (2000) ist hierbei:
„Die sonderpädagogische Diagnostik ist nichts anderes als eine pädagogische Diagnostik zur Begleitung von Prozessen der Bildung, Erziehung und Förderung unter erschwerten Bedingungen und als Spezifikation im allgemeinen Begriff enthalten.“[5]
Das Konzept der 4 B der Diagnostik wurde 2009 vom Landesinstitut für Schulentwicklung Baden-Württemberg propagiert und entwickelt.
Am Anfang erfolgt eine Beobachtung, in der die Basiskompetenzen festgestellt werden sollen.
Darauf erfolgt die Beschreibung. Diese findet im Rahmen einer Dokumentation statt. Die Beschreibung geschieht nach klaren Regeln und mit klarem Terminus. So kann man auch nicht in der Medizin Begriffe wie Burn-out oder Nervenzusammenbruch verwenden, da diese im ICD nicht existieren.
Nach der Beschreibung wird der Schüler bewertet. Es wird ein Plan aufgestellt. Ein Plan, welcher der individuelle Lern, - und Entwicklungsbegleitung, (ILEB) gerecht wird. In diesem Plan bzw. Bewertung wird festgestellt wie der Schüler gefördert werden soll. Daher auch Förderplan. Häufige Elemente sind, die Beschreibung des IST- Zustandes (Fähigkeiten und Kompetenzen). Schwerpunkte in den Förderbereichen und den damit verbundenen Lern- und Entwicklungszielen. Rahmenbedingungen der Förderung (personell, materiell, organisatorisch). Förderungsmaßnahmen und Unterstützungsressourcen. Und zuletzt Evaluationsergebnisse und Schlussfolgerungen für die Weiterentwicklung. Bewertung und Planung erfolgt interdisziplinär und kooperative unter Einbezug der Eltern und des Schülers.
Das letzte B der Diagnostik ist die Begleitung. Hierbei versteht der Sonderpädagoge die individuelle Förderung und Begleitung. Sowie eine kontinuierliche Dokumentation und ein individuelles Bildungsangebot.