Alpenkarte
Inhalt
Der Kosmos-Farbcode teilt die Blumen anhand der Blütenfarbe in folgende Gruppen ein:
Rote Blüten
vier Blütenblätter
fünf Blütenblätter
mehr als fünf Blütenblätter
zweiseitig-symmetrisch
Weiße Blüten
vier Blütenblätter
fünf Blütenblätter
mehr als fünf Blütenblätter
zweiseitig-symmetrisch
Blaue Blüten
vier Blütenblätter
fünf Blütenblätter
mehr als fünf Blütenblätter
zweiseitig-symmetrisch
Gelbe Blüten
vier Blütenblätter
fünf Blütenblätter
mehr als fünf Blütenblätter
zweiseitig-symmetrisch
Grüne oder braune Blüten
vier Blütenblätter
fünf Blütenblätter
zweiseitig-symmetrisch
Alpenkarte
Aufbau einer Blütenpflanze
Blattstellungen und Blattformen
Blütenformen und Blütenstände
Impressum
Faszinierende Alpenblumen
Das sehr seltene Alpen-Edelweiß: goldgelbe Blüten in leuchtend weißem »Stern«
Foto: Sauer/Hecker
BLÜTENREICHTUM ÜBER DER WALDGRENZE
Durch ihre gewaltige Höhe und ihre Struktur bieten die Alpen sehr vielfältige Lebensräume. Aufgrund unterschiedlicher Böden und Klimabedingungen herrschen dort ganz verschiedene Verhältnisse, an die sich Tausende von Pflanzen auf ganz unterschiedliche und faszinierende Weise angepasst haben.
Vor allem oberhalb der Waldgrenze erstrecken sich die alpinen Rasen oder Matten. Sie können sehr vielfältig blütenreich sein und sind im Gegensatz zu den Viehweiden (Almen, Alpen) und den Mähwiesen (Mähdern) ohne menschliches Zutun entstanden. Man braucht sehr viel Glück, um in solchen alpinen Rasen auch einmal das sehr seltene Alpen-Edelweiß zu finden, doch es wächst so gut wie immer an Stellen, an die selbst Unsportliche problemlos hingelangen können.Es ist keine Steilfels-Pflanze, obwohl es auch an Felsbändern vorkommen kann. Nach der letzten eiszeitlichen Kaltzeit ist es aus Hochsteppen Zentralasiens eingewandert. Damals waren die Alpen vegetationsarm und steppenähnlich, denn der Eispanzer, der die meisten Berge überdeckt hatte, war gerade erst abgeschmolzen. In der Mongolei wird Edelweiß als Heilkraut und zum Feuermachen verwendet. Bevor es zur Symbolpflanze der Alpen wurde, nutzten die Bergbewohner diese »ewige Blume« als haltbaren Blumenstrauß und ebenfalls als wirksame Heilpflanze. Das blendende Weiß entsteht durch Lichtreflexion vieler Luftbläschen an den verfilzten Haaren, die auch dem Schutz vor ultravioletter Strahlung dienen.
AUFFALLEN UM JEDEN PREIS: ENORME BLÜTENVIELFALT
Die prächtigen Blüten der Alpenblumen erfreuen nicht nur Wanderer und Spaziergänger, sondern sie haben eine ganz bestimmte Funktion. Sie sind so auffällig gefärbt und vielfältig geformt, damit bestäubende Hummeln, Schmetterlinge und Fliegen sofort den Weg zu ihnen finden. Denn in den Hochlagen der Alpen ist die Zeitspanne kurz, an denen Tage so warm sind, dass Insekten fliegen können – da muss man auffallen, um Bestäuber anzulocken. Als Gegenleistung für die Bestäubung erhalten die Blütenbesucher süßen Nektar, der manchmal tief in der Blüte verborgen ist, oder auch nahrhaften Blütenstaub, den Pollen.
DREI ALPINE ERFOLGSREZEPTE: NIEDRIG, POLSTERFÖRMIG, GROSSE BLÜTEN
Bei Alpenblumen sind die Blüten oft im Verhältnis zum Stängel oder zu den Blättern recht groß. Ein Paradebeispiel hierfür ist der Stängellose Kalk-Enzian. Wie auch der Zwergwuchs vieler Alpenblumen ist dies eine perfekte Anpassung an die oft extremen Verhältnisse in diesen Höhen, denn niedrige Pflanzen werden vom Sturm nicht so gebeutelt und weniger vom Wind ausgetrocknet. Außerdem profitieren sie von der Bodenwärme und haben den Vorteil, dass sie im Winter rascher vom isolierenden Schnee bedeckt werden und so vor Frost geschützt sind. Manche Hochgebirgspflanzen wachsen zudem polsterförmig. Wie ein gewölbter Schutzschild lassen diese kompakten Wuchsformen widrige Einflüsse wie heftige Stürme, starken Frost und austrocknenden Wind außen vor.
Gegenblättriger Steinbrech: große Blüten, kleine Blätter, flache Polster
Foto: Werner
Berg-Hauswurz: Rote »Blütensterne« ragen aus einem Rosettenpolster.
Foto: Werner
Alpenpflanzen finden sich nicht nur in Felsspalten. Manche sind perfekt an labile Gesteinsschutthänge angepasst, andere an dünger- und damit nährstoffreiche Viehlagerstätten, wieder andere an nährstoffarme alpine Rasen. Auch gibt es viele Stoffwechselspezialisten: Manche sind an sehr kalkhaltigen Untergrund angepasst, der zum Beispiel in den Dolomiten oder den Allgäuer Alpen vorherrscht, andere an saure Bodenverhältnisse, wie sie auf sogenanntem silikatischen Gestein wirksam sind. Aus silikatischem Gestein, z. B. Gneis, sind die Zentralalpen überwiegend aufgebaut. In den Verbreitungsangaben wird unter ihnen auch der Bereich des Hauptkamms der Westalpen, nicht nur der der Ostalpen, verstanden.
ZUM AUFBAU DES BUCHS
Dieses Buch bietet einen Einblick in die Vielfalt der Alpenblumen. Neben den wichtigsten Merkmalen und Angaben zum Vorkommen und Lebensraum finden Sie in den Porträts viele interessante und wissenswerte Informationen zu jeder Pflanze. Bewusst werden botanische Fakten in möglichst einfacher Sprache nahegebracht, sodass auch der Einsteiger alles mühelos versteht. Ganz ohne botanische Fachausdrücke ist eine korrekte und anschauliche Beschreibung der Pflanzen allerdings nicht möglich. Solche Begriffe sind jedoch auf ein Mindestmaß beschränkt und werden außerdem in Form von beschrifteten Skizzen erläutert (siehe hier).
Stängelloser Kalk-Enzian: prächtige, riesige Blüte und ein extrem kurzer Stängel
Foto: Werner
Einzig die wissenschaftlichen Artnamen sind unverzichtbar, denn erst der wissenschaftliche Name sagt eindeutig aus, welche Pflanzenart denn nun gemeint ist. Die deutschen Artnamen und die wissenschaftlichen Bezeichnungen folgen der neuesten Auflage des »Handwörterbuchs der Pflanzennamen« von Zander (2014).
Die Pflanzen in diesem Buch sind zunächst nach ihrer Blütenfarbe geordnet. Innerhalb der Blütenfarben wird dann nach dem Bau der Blüten unterschieden. Zunächst finden Sie Pflanzen, deren Blütenblätter strahlig-symmetrisch, also sternförmig angeordnet sind. Sie sind wiederum in drei Gruppen unterteilt: in Pflanzen mit bis zu vier Blütenblättern, solchen mit fünf Blütenblättern und schließlich Pflanzen, deren Blüten mehr als fünf Blütenblätter besitzen. Den Abschluss bilden Pflanzen mit zweiseitig-symmetrischen Blüten.
Innerhalb dieser Gruppen ist mitunter ein besonderer Fall enthalten: Manchmal sieht es nur so aus, als habe eine Blume eine einzige Blüte. In Wirklichkeit besitzt sie aber viele winzige Blüten, die zu einer sogenannten Scheinblüte angeordnet sind, die wie eine sehr große Blüte aussieht.
SCHUTZ DER ALPENPFLANZEN
Noch ein Wort zum Schluss: Als reichhaltiger Schatz sind alle unsere Alpenblumen geschützt. Sie dürfen also nicht gepflückt oder ausgegraben werden.
Der Gelbe Alpen-Mohn hat Blüten so zart wie Seidenpapier.
Foto: Werner
Rote Blüten, vier Blütenblätter
Fleischers Weidenröschen
— Epilobium fleischeri
Foto: Haberer
MERKMALE Höhe 10–50 cm; Blüten zartrosa, Durchmesser 2–3 cm, zu fünf bis zehn pro Stängel; Blütezeit Juli–August. VORKOMMEN Zentralalpen, Westalpen, bis 2700 m; Kies, Geröll, Flussschotter, an Bergbächen. WISSENSWERTES Fleischers Weidenröschen ist oft als erste Art an neu entstandenen Kiesbänken oder Schuttablagerungen von Gletschern zu finden. Mit Ausläufern und flugtüchtigen Samen breitet es sich dort rasch aus. Wenn andere Pflanzen ihm Konkurrenz machen, verschwindet dieser »Erstbesiedler« und »Rohboden-Pionier« aber ebenso schnell wieder.
Rote Blüten, vier Blütenblätter
Steinschmückel
— Petrocallis pyrenaica
Foto: Haberer
MERKMALE Höhe 2–10 cm; Blüten zartrosa bis hellviolett, Durchmesser 0,7–1 cm, jeweils zu mehreren; Stängel blattlos; Blütezeit Juni–Juli. VORKOMMEN Kalkalpen, bis 3400 m; steiniger Untergrund. WISSENSWERTES Diese Art überdauerte die Eiszeit an damals eisfreien Stellen der Alpen. Von dort breitete sie sich wieder aus und kommt deshalb heute nur lückenhaft vor. Trotz lockerer Polster hält die Pflanze austrocknenden Winden und Windschliff durch vom Wind mitgeführten Sandkörnern stand. Die Polster sind außen recht fest, innen aber hohl und bleiben so länger feucht.
Rote Blüten, vier Blütenblätter
Rundblättriges Hellerkraut
— Thlaspi cepaeifolium subsp. rotundi-folium
Foto: Haberer
MERKMALE Höhe 3–15 cm; Blüten hellviolett bis tieflila, oft unsymmetrisch, Durchmesser 0,8–1,6 cm; bilden halbkugeligen Blütenstand; Blütezeit Juni–September. VORKOMMEN Kalkalpen, bis 3400 m; Kalkschutthalden. WISSENSWERTES Die Samen keimen tief unten im Geröll. Die Pflanze ist mit einer tiefen Hauptwurzel im Geröll verankert und durchzieht es mit langen Kriechtrieben. Wird sie verschüttet, verlängern sich diese Triebe, wachsen wieder zum Licht und verwurzeln neu. So ist dieser typische »Schuttwanderer« perfekt an beweglichen Gesteinsschutt angepasst.
Rote Blüten, fünf Blütenblätter
Alpen-Mannsschild
— Androsace alpina
Foto: Haberer
MERKMALE Höhe 1–3 cm; Blüten rosa mit gelblicher Mitte, selten weiß, Durchmesser 0,6–0,9 cm; Blätter schmal, 0,3–0,6 cm lang; Blütezeit Juli–August. VORKOMMEN Vor allem in den Zentralalpen, bis 4200 m; feuchte Böden, die oft lange von Schnee bedeckt sind, ruhender Schutt. WISSENSWERTES Der Alpen-Mannsschild gehört zu den zehn Blütenpflanzen der Alpen, die auch in sehr großer Höhe anzutreffen sind. Mit einer Pfahlwurzel und dem kräftigen Feinwurzelwerk ist dieser »Schuttbefestiger« fest im Gesteinsschutt verankert und stabilisiert ihn gleichzeitig.
Rote Blüten, fünf Blütenblätter
Fleischroter Mannsschild
— Androsace carnea
Foto: Haberer
MERKMALE Höhe 2–8 cm; Blüten hellrosa mit gelber Mitte, selten weiß, Durchmesser 0,5–0,9 mm, zu zwei bis zehn pro Stängel; Blätter vor allem in Grundrosetten, untere Blätter bis 2 cm lang und nur 0,2 cm breit; Blütezeit Juni–August. VORKOMMEN Nur in den Westalpen, bis 3000 m; steinige, feuchte Böden. WISSENSWERTES Diese an saure Böden angepasste Art wächst vereinzelt von den Seealpen bis zum Simplon-Pass, ansonsten in den Pyrenäen, der Auvergne und den Vogesen. Meist ist sie auf Feinschutt anzutreffen, der von Schmelzwasser durchfeuchtet ist.
Rote Blüten, fünf Blütenblätter
Alpen-Grasnelke
— Armeria alpina
Foto: Haberer
MERKMALE Höhe 7–25 cm; Scheinblüte rosa bis purpurn, halbkugelig bis kugelig, Durchmesser 1,8–2,6 cm, von trockenen Hüllblättern umgeben; Blütezeit Juni–Juli. VORKOMMEN Fast gesamte Alpen, bis 3000 m; alpine Rasen, steile Südhänge, Felsspalten. WISSENSWERTES Die schmalen Blätter am unteren Stängelabschnitt ähneln Grasbüscheln. Der Blütenstand erinnert an eine Sorte der Gartennelke, die Pflanze gehört jedoch zu einer anderen Familie. Die verwandte Strand-Grasnelke (A. maritima) ist an salzhaltige Böden der Küsten angepasst, die Galmei-Grasnelke (A. m. subsp. halleri) an schwermetallhaltige Böden.
Rote Blüten, fünf Blütenblätter
Schlangen-Knöterich
— Bistorta officinalis
Foto: Haberer
MERKMALE Höhe 30–120 cm; Blüten hell- bis dunkelrosa, 0,4–0,5 cm lang, dicht an dicht in 2–7 cm langem, zylindrischem Blütenstand; Stängel aufrecht, wenig beblättert; untere Blätter bis 20 cm lang; Blütezeit Mai–August. VORKOMMEN Gesamte Alpen, bis 2500 m; Bergwiesen, Bachränder. WISSENSWERTES Der Wurzelstock ist schlangenartig gewunden und zudem mit Blattresten bedeckt, die Reptilienschuppen ähneln. Deswegen wurde er einst gegen Schlangenbisse verwendet. In kleinen Mengen kann man junge Blätter, Stängel und Wurzeln als Wildgemüse verwenden.
Rote Blüten, fünf Blütenblätter
Alpen-Heilglöckchen
— Cortusa matthioli
Foto: Haberer
MERKMALE Höhe 20–40 cm; Blüten glöckchenförmig, purpurrot, 0,7–1,2 cm lang, nickend, zu drei bis zwölf auf einem Stängel; Stängel blattlos, behaart; Blätter bis zu 12 cm breit, fast kreisrund, eingekerbt; Blütezeit Mai–Juli. VORKOMMEN Ostalpen ab Graubünden, Westalpen, bis 2000 m; kühle, feuchte Orte. WISSENSWERTES Die frischen Blätter duften leicht nach Honigwaben. Man schrieb ihnen früher heilkräftige Wirkung bei Wunden und Nervosität zu, daher der Name »Heilglöckchen«. Diese Pflanzenart hat die eiszeitliche Kaltzeit an eisfreien Überdauerungsorten überstanden.
Rote Blüten, fünf Blütenblätter
Sternbergs Nelke
— Dianthus monspessulanus subsp. sternbergii
Foto: Haberer
MERKMALE Höhe 10–20 cm; Blüten zartrosa bis hellpurpur, Durchmesser 1,8–3,5 cm, einzeln auf aufrechtem Stängel, in tieferen Lagen auch zwei bis vier Blüten; Blätter am Stängel steif, fast waagrecht abstehend; Blütezeit Juni–Juli. VORKOMMEN Südliche und östliche Ostalpen, bis 2500 m; alpine Rasen, Felsschutt. WISSENSWERTES Sternbergs Nelke kommt in den Südlichen Kalkalpen zerstreut vor, hauptsächlich in Slowenien. In den Nördlichen Kalkalpen wächst sie nur im Dachstein-Gebiet. Ihre Blütenblätter sind tief in schmale Zipfel zerschlitzt.