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Jan Gardemann

Das magische Amulett #110: Schönheit mit Biss

Romantic Thriller





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Schönheit mit Biss

Das magische Amulett Band 110

Roman von Jan Gardemann

 

Der Umfang dieses Buchs entspricht 98 Taschenbuchseiten.

 

In die Gestalt eines echsenhaften Monsters gezwungen kämpft die junge Lyra um ihr Leben.

Ihr Geliebter Robin findet Hilfe bei Amulettjägerin Brenda Logan, die sich mutig in ein neues Abenteuer stürzt, um die Menschheit vor Schaden zu bewahren.

Doch die Geister bedienen sich ungeheurer Kräfte, die Brenda zu verschlingen drohen!

 

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.

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© Cover by Firuz Askin, 2017

© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

© Logo by Steve Mayer unter Verwendung von Motiven by Pixabay, 2017

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Prolog

Marthas Stimme war in ein schwankendes Jammern übergegangen. Tränen rollten über ihre Wangen, und sie biss sich auf die Unterlippe. Die Kreatur hatte die Hecke inzwischen erreicht. Mit grotesken Bewegungen krabbelte sie über die grüne Mauer hinweg und hastete dann auf allen Vieren über den kurzen Rasen des Parks. Nach wenigen Augenblicken hatte die Dunkelheit das furchteinflößende Wesen verschluckt.

Martha konnte nun nicht länger an sich halten. Laut schluchzend brachen die Tränen aus ihr hervor. Wie eine Ertrinkende klammerte sie sich an Robin fest und vergrub ihr Gesicht an seiner breiten Schulter. Robin zögerte erst einen Moment. Dann legte er Martha einen Arm um die Schulter und tätschelte sie beruhigend. Etwas Kaltes, Frostiges hatte nach seinem Herz gegriffen, und er wünschte sich, dass dies alles nur ein böser Traum wäre und er nun bald erwachen müsse. Aber eine nüchterne Stimme in seinem Innern sagte ihm, dass er wach war und dass er sich damit abfinden müsse, dass seine Geliebte sich in ein schuppiges Monstrum verwandelt hatte...



1

Die Abenddämmerung senkte sich für Robins Geschmack zu langsam über die Villengegend von

Enfield, dem am weitesten im Norden gelegenen Stadtteil von London.

Enfield wird von großen Parkanlagen durchzogen, die so weitläufig sind, dass ein Spaziergang in

ihnen sich zu einer wahren Wanderung auswachsen kann und ganze Golfanlagen in ihnen Platz finden. Wie oft Robin mit Lyra durch diese Parks gestreift war, vermochte er nicht mehr zu sagen. Momentan war er viel zu verwirrt, um überhaupt einen klaren Gedanken fassen zu können. Immer wieder starrte er über eine hohe Hecke hinweg, die ein prächtiges Wiesengrundstück von dem Grange Park abtrennte, in dem er sich aufhielt.

Hinter der Hecke war eine weiße, schloss ähnliche Villa zu erkennen, die in der Mitte des Grundstücks stand und von einem alten Garten umgeben war, dessen Üppigkeit trotz des Herbstes, der darin Einzug gehalten hatte, deutlich zu erkennen war.

Dort, auf der anderen Seite der Hecke, in dem wunderschönen weißen Gebäude wohnte Lyra Perkins, Robins Geliebte! Sie lebte dort allein mit ihrer Mutter, denn ihr Vater verschwand vor vielen Jahren spurlos, und Geschwister hatte sie nicht.

Das Laub der Bäume, die das Haus umstanden, hatte sich gelblich verfärbt. Die letzten Strahlen der unterteilenden Sonne verwandelten die Blätter scheinbar in pures Gold. Die weiße Villenfassade erstrahlte, und die rostroten Schindeln des Spitzdachs schimmerten wie Kupfer.

Doch Robin hatte für die Schönheit des Anblickes nichts übrig. Er hatte die Villa schon oft gesehen. Aber noch nie war sie ihm so abweisend und kalt vorgekommen, wie an diesem Herbstabend.

Die Fensterläden waren alle geschlossen, sogar das Garagentor war zu. Auf den gewundenen Kieswegen des Grundstückes war niemand zu sehen und auf dem Vorplatz standen keine Fahrzeuge.

Martha Perkins, Lyras Mutter war eine kontaktfreudige Person. Ständig empfing sie Besuche, veranstaltete Tees und ließ keine Gelegenheit aus, sich mit Freunden zu treffen. Robin konnte sich nicht erinnern, Martha und Lyra jemals allein in der Villa angetroffen zu haben.

Dies schien sich mit dem heutigen Abend geändert zu haben.

Die Villa und das Grundstück kamen Robin verwaist und verlassen vor. Dabei wusste er genau, dass Mutter und Tochter zu Hause waren.

Vor einer halben Stunde hatte er an der Tür geklingelt und Martha hatte ihm geöffnet. Lyras Mutter hatte seltsam bleich und mitgenommen ausgesehen, wie Robin fand. Wie ein Schatten stand sie in der verdunkelten Eingangshalle, die sonst immer von Licht durchflutet war. Mit einer mechanisch anmutenden Bewegung hatte Martha die Rosen entgegengenommen, die Robin für sie mitgebracht hatte. Das tat er immer, um Lyras Mutter milde zu stimmen und sie für sich einzunehmen. Immerhin wollte er ja mit ihrer Tochter ausgehen, und da er wusste, dass Martha die Beziehung zwischen ihrer Tochter und ihm zwar duldete, aber nicht guthieß, versuchte er mit allen Mitteln sie davon zu überzeugen, dass er genau der Richtige für ihre Tochter war.

Doch als er sah, wie Martha den Arm mit dem Rosenstrauß kraftlos sinken ließ, so dass die Blumen mit den Köpfen traurig nach unten hingen, argwöhnte er, dass irgendetwas nicht stimmte.

»Lyra wird sich heute nicht mit dir treffen«, erklärte sie auch prompt, und ihre Stimme klang dabei seltsam tonlos und matt.

»Warum denn nicht?«, platzte es aus Robin hervor. Er hatte sich auf diesen Abend schon sehr gefreut. Die Schule veranstaltete einen Ball, und Robin hatte fest damit gerechnet, dass Lyra und er zum Pärchen des Jahres gekürt würden.

»Lyra ist krank«, erklärte Martha. »Schwer krank.«

Sie wollte die Tür wieder schließen. Aber Robin streckte den Arm aus und verhinderte es.

»Was fehlt Lyra denn?«, wollte er wissen. Misstrauen regte sich in ihm. »In der Schule machte sie doch noch einen ganz munteren Eindruck.«

Martha starrte Robin mit zusammengekniffenen Augen an. »Verschwinde!«, presste sie hervor. Dann holte sie mit der Tür aus und knallte sie zu.

Robin schaffte es gerade noch rechtzeitig, seine Hand zurückzuziehen. Sicher hätte er sich das Handgelenk verstaucht, wenn die Tür gegen seine Hand geknallt wäre.

Einen Moment lang stand er da und starrte die Tür benommen an. Er konnte, nicht fassen, dass Martha ihn so grob abgewiesen hatte. Trotz ihrer Vorbehalte war sie nämlich stets bemüht gewesen, Robin freundlich und zuvorkommend zu behandeln. Sie war schlau genug, ihrer Tochter den Umgang mit Robin nicht zu verbieten. Sie kannte Lyra, und wusste, dass ein Verbot nur eine Trotzreaktion bei ihr hervorrufen würde, was wiederum dazu führen würde, dass sie sich erst recht mit Robin einließ, um ihrer Mutter zu beweisen, dass sie durchaus in der Lage war, ihren Willen durchzusetzen. Darum ließ Martha ihre Tochter gewähren in der Hoffnung, dass die Beziehung irgendwann abkühlen würde.

Robin wusste genau, dass Martha so dachte. Aber sie hatte sich getäuscht: Lyra und Robin waren unsterblich ineinander verliebt und sie waren fest entschlossen, irgendwann zu heiraten!

Während er vor der Tür stand und sie anstarrte, kam ihm ein schrecklicher Gedanke: War Marthas abweisendes Verhalten etwa darauf zurückzuführen, dass sie die Tiefe der Liebesbeziehung zwischen ihrer Tochter und ihm nun doch durchschaute hatte? Und war sie aufgrund dieser Einschätzung nun zu dem Entschluss gelangt, die beiden auseinanderzubringen mit welchen Mitteln auch immer?

Für Robin sah es ganz danach aus. Warum sonst sollte Martha behaupten, Lyra wäre krank?

Lyra war keine zimperliche Natur. Sie freute sich genauso wie Robin auf den Schulball und würde sich trotz Kopfschmerzen nicht davon abhalten lassen, die Veranstaltung zu besuchen. Und wenn sie wirklich ernsthaft krank gewesen wäre, hätte sie darauf bestanden, Robin an ihr Krankenbett zu lassen, da sie wusste, er würde sich Sorgen machen.

Robin wandte sich von der Tür ab und schlenderte den Kiesweg entlang. Er vergrub die Hände in den Hosentaschen und sah sich immer wieder zu der Villa um. Er schaute zu Lyras Fenster empor, in der Hoffnung, seine Geliebte würde dort erscheinen und ihm Zeichen geben.

Aber das Fenster blieb leer.

Als Robin die Grundstücksausfahrt erreichte, bemerkte er doch noch eine Bewegung hinter Lyras Fenster. Aber es war bloß Martha, wie er an dem kurzen Haar erkannte. Sie öffnete das Fenster und schloss die Läden mit einem lauten Knall.

Seitdem schlich Robin durch den Grange Park und beobachtete über die Hecke hinweg das Grundstück der Perkins, das direkt an der Parkgrenze anschloss. Doch es war dort alles unverändert geblieben, seit Martha die Fensterläden geschlossen hatte. Kein Besucher hatte sich dem Haus genähert, nicht einmal ein Arzt war vorgefahren!

In ganz regelmäßigen Abständen hatte Robin versucht, Lyra über Handy zu erreichen. Aber

Lyra hatte ihr Gerät anscheinend ausgeschaltet, denn er wurde jedes Mal mit ihrer Mailbox verbunden, wenn er versuchte sie zu er reichen.

Anders verhielt es sich nicht mit dem Hausanschluss. Niemand ging an den Apparat. Stattdessen schaltete sich nach dem fünften Klingelzeichen der Anrufbeantworter ein.

Irgendetwas stimmte in der Villa nicht. Robin war fest entschlossen, nach dem Rechten zu sehen, sobald sich die Dunkelheit über Enfield gesenkt hatte.

Er dachte an den Schulball und seine Freunde, die sich jetzt wahrscheinlich alle amüsierten und mit ihren Freundinnen tanzten. Bestimmt fragten sie sich, wo Lyra und Robin abblieben. Robin grinste schräg, weil er wusste, seine Freunde würden ihr Fortbleiben darauf zurückführen, weil sie anscheinend etwas Schöneres und Aufregenderes vorhatten, als auf dem Schulball zu tanzen. Bestimmt flüsterten sie sich ihre Vermutungen hinter vorgehaltener Hand zu und kicherten.

Robin seufzte und schaute wehmütig zu der weißen Villa hinüber.

Irgendetwas hatte sein Leben durcheinandergebracht. Es verlief nicht mehr so, wie es eigentlich sein sollte. Es wurde Zeit, dass er' herausfand, was dafür verantwortlich war. Und wenn er es herausgefunden hatte, würde er alles dransetzen, sein Leben wieder ins rechte Lot zu bringen!