Markus Schelhorn arbeitet als freier Journalist, Buchautor und Fotograf und leitet Workshops zum Thema »Smartphone-Fotografie«. Knapp 20 Jahre schrieb er als Redakteur eines Computermagazins zu Apple-Themen überwiegend zu digitaler Fotografie und Bildbearbeitung. Seit 2016 arbeitet er als freier Journalist. Artikel von ihm wurden in bekannten Fotomagazinen und Online-Magazinen veröffentlicht. Zudem betreibt er die Online-Magazine www.smartphone-foto.de und www.gut-fotografieren.de.
|
Zu diesem Buch – sowie zu vielen weiteren dpunkt.büchern – können Sie auch das entsprechende E-Book im PDF-Format herunterladen. Werden Sie dazu einfach Mitglied bei dpunkt.plus+: www.dpunkt.plus |
Das Handbuch zur Kamera
Markus Schelhorn
gut-fotografieren.de
Lektorat: Boris Karnikowski
Copy-Editing: Friederike Daenecke, Zülpich
Satz: Tilly Mersin und Isolde Kommer, Großerlach, www.mersinkommer.de
Herstellung: Stefanie Weidner
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de
Druck und Bindung: Firmengruppe APPL, aprinta Druck, Wemding
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN: |
|
978-3-86490-742-5 |
|
978-3-96088-938-0 |
|
ePub |
978-3-96088-939-7 |
mobi |
978-3-96088-940-3 |
1. Auflage 2020
Copyright © 2020 dpunkt.verlag GmbH
Wieblinger Weg 17
69123 Heidelberg
Hinweis:
Der Umwelt zuliebe verzichten wir auf die Einschweißfolie.
Schreiben Sie uns:
Falls Sie Anregungen, Wünsche und Kommentare haben, lassen Sie es uns wissen: hallo@dpunkt.de
Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Abbildungen, auch auszugsweise, ist ohne die schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und daher strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.
Es wird darauf hingewiesen, dass die im Buch verwendeten Soft- und Hardware-Bezeichnungen sowie Markennamen und Produktbezeichnungen der jeweiligen Firmen im Allgemeinen warenzeichen-, marken- oder patentrechtlichem Schutz unterliegen.
Alle Angaben und Programme in diesem Buch wurden mit größter Sorgfalt kontrolliert. Weder Autor noch Verlag können jedoch für Schäden haftbar gemacht werden, die in Zusammenhang mit der Verwendung dieses Buches stehen.
5 4 3 2 1 0
Ich möchte Sie auf eine Zeitreise mitnehmen, und vielleicht erleben Sie beim Lesen ein kleines Déjà-vu: Vor rund 100 Jahren sind die ersten Kompaktkameras auf den Markt gekommen, die ein sogenanntes »Kleinbild-Format« von 35 Millimeter Breite nutzten. Zur damaligen Zeit waren das revolutionär kompakte und einfach zu bedienende Kameras für jedermann. Die winzigen Kameras wurden von Profifotografen belächelt. Allerdings waren ihre Studiokameras so monströs, dass sie sich nicht für den mobilen Einsatz eigneten – dafür lieferten sie die deutlich bessere Bildqualität. Zu schlecht sei die Bildqualität der Kleinbildkameras, so die Meinung der etablierten Fotografen. Doch die kleinen Kameras ermöglichten Aufnahmen, die es so zuvor nicht gab: spontane beziehungsweise spontan wirkende Bilder, die das Leben dokumentieren. Dies war die Geburtsstunde der Reportage-Fotografie – und zugleich die Geburtsstunde der legendären Bildagentur Magnum, die von Fotografenlegenden wie Henri Cartier-Bresson oder Robert Capa mitgegründet wurde. Mittlerweile setzen die meisten Profikameras auf das von den damaligen Profifotografen so verpönte Kleinbildformat. In der digitalen Welt nennt man es meist »Vollformat«, Nikon bezeichnet es für seine Kameras als »FX-Format«. Großformat-Kameras mit ihren bis zu 20 x 25 cm großen Filmen sind ein Nischenbereich in der Fotografie geworden.
Ich sehe hier Parallelen zu den Smartphone-Kameras. Wie damals unterschätzen viele Profifotografen die kleinen Kameras der Mobiltelefone. Wie sollen auch die nicht einmal fingernagelgroßen Bildsensoren der Smartphone-Kameras mit den vergleichsweise riesigen Bildsensoren der klassischen Kameras mithalten können? Sicherlich: Die Bildqualität reicht nicht an die einer großen Kamera heran. Doch genügt sie für die meisten Ausgabeformate vollkommen. Systembedingte Einschränkungen gleichen die Smartphones durch den Einsatz mehrerer Kameras und verbesserter Bildaufbereitung aus – Stichwort »künstliche Intelligenz«. Das iPhone 11 optimiert mit mehreren Techniken die Bildqualität bereits bei der Aufnahme. Technisch sind das iPhone 11 und das iPhone 11 Pro gut gerüstet, um selbst bei schwachem Licht eine gute Bildqualität zu liefern.
Höre ich mich bei befreundeten Fotografen und in einschlägigen Internetforen um, dann bemerke ich ein Umdenken auch bei einigen Fotografen, die eine teure, »große« Kamera besitzen. So mancher nimmt immer öfter ein Smartphone mit und lässt die Systemkamera zu Hause. Der Grund: Die Qualität der Aufnahmen mit Smartphone-Kameras ist in vielen Fotosituationen auf den ersten Blick kaum mehr von denen »richtiger« Kameras zu unterscheiden. Und seien wir mal ehrlich: Einen zweiten Blick gibt es selten. Schon längst hat die Smartphone-Kamera die Kompaktkamera ersetzt. Das zeigt sich anhand der Verkaufszahlen: Wurden 2008 noch knapp 120 Millionen Digitalkameras weltweit verkauft, waren es 2017 nur noch 25 Millionen. Zugleich stieg die Anzahl der Fotos, die mit einem Smartphone aufgenommen wurden. Mittlerweile werden rund 85 Prozent aller Digitalfotos mit einem Smartphone erstellt. Darunter sind schon lange nicht mehr nur Schnappschüsse – das Smartphone ist ein Werkzeug für Fotografen geworden. Mit diesem Werkzeug können Sie, wie mit jeder anderen Kamera auch, gute Aufnahmen erstellen. Oder eben nur Schnappschüsse.
In diesem Buch lernen Sie zum einen die technischen Grundlagen der iPhone-11-Kameras kennen. Außerdem zeige ich anhand vieler praktischer Beispiele, wie Sie die technischen Besonderheiten der iPhone-Kamera für Ihre Bildgestaltung nutzen. Das iPhone lädt dazu ein, spontan und kreativ zu fotografieren. Daher gehe ich auch auf die Grundlagen der Bildgestaltung ein und gebe Tipps für weitere Fotografie-Apps. Experimentieren Sie, probieren Sie aberwitzige Fotosituationen aus. Die meisten Versuche mögen zwar keine tollen Ergebnisse bringen, aber für die wenigen gelungenen Bilder ist es das Ausprobieren wert. Der Weg ist das Ziel: die Freude am kreativen Fotografieren und am Entdecken von Neuem.
Bevor es nun losgeht, möchte ich mich bei meiner Frau für ihre Geduld und bei Arne Trautmann, Anwalt mit Tätigkeitsschwerpunkt Medienrecht, für seine fachliche Unterstützung bedanken.
Ich wünsche Ihnen viel Freude mit Ihrer iPhone-Kamera und diesem Buch!
1Die Kameratechnik im Überblick
1.1Der Unterschied zu »großen« Kameras
1.2Die Kameras von iPhone 11 und 11 Pro
1.3Teamwork aus Kameras und Prozessor
1.4Fotoaufnahme außerhalb des Rahmens
1.5Smart HDR, Deep Fusion, Nachtmodus
1.6HEIF ist das neue JPEG
1.7Raw oder HEIF?
1.8Empfehlenswertes Zubehör
2Schnell startklar
2.1Grundeinstellungen
2.2Abkürzungen und Tricks
2.3Bildschirmfotos und Bildschirmaufnahme
3Die Kamera-App im Überblick
3.1Auslöser
3.2Belichtung und Fokus steuern
3.3Farbfilter
3.4Blitz
3.5Selbstauslöser
3.6Panorama
3.7Der Porträt-Modus
3.8Foto
3.9Video
3.10Slo-Mo und Zeitraffer
4Bilder komponieren
4.1Gestaltungsregeln verstehen und brechen
4.2Immer im Training bleiben
4.3Sehen Sie Flächen, keine 3D-Motive
4.4Die Drittelregel (vereinfachter Goldener Schnitt)
4.5Farben
5Das iPhone 11 in der Fotopraxis
5.1Landschaften
5.2Porträt und Selfies
5.3Architektur
5.4Streetfotografie
5.5Makro
5.6Produktfotografie, Stillleben
5.7Nachtfotografie
5.8Schwarzweiß
5.9Kreativ fotografieren
5.10Doppelbelichtung
6Bilder bearbeiten
6.1Bilder mit der Fotos-App bearbeiten
6.2Meine App-Empfehlungen
7Bilder verwalten
7.1Die Fotos-App im Überblick
7.2Diashow erstellen
7.3Backup erstellen
7.4Sync and Share
Index
Die Kameras der iPhone-11-Serie gehören zur Spitzenklasse aller Smartphone-Modelle. Die nicht einmal fingernagelgroßen Bildsensoren liefern in Verbindung mit der Bildoptimierung (dazu gleich mehr) eine gute Qualität. Ein Grund dafür ist die löbliche Entscheidung von Apple, die Auflösung für alle verwendeten Kameras auf 12 Megapixel zu begrenzen. Das reduziert den Speicherbedarf der Fotos und ermöglicht rauschärmere Aufnahmen. Meist betrachtet man die Fotos ohnehin auf digitalen Geräten. Doch die Auflösung von 4032 × 3024 Pixeln reicht selbst dafür aus, ein Foto bei guter Qualität von rund 150 dpi in einer Größe von 70 × 50 cm zu drucken.
Doch ohne eine Bildoptimierung wäre die hohe Bildqualität des iPhone 11 und 11 Pro nicht möglich. Erst das Teamwork aus einer oder mehreren Kameras mit einem leistungsfähigen Prozessor und künstlicher Intelligenz bringt Aufnahmen in erstaunlicher Bildqualität hervor. In vielen Situationen erstellen Sie mit dem iPhone Fotos, die man auf den ersten Blick nicht von Bildern unterscheiden kann, die mit einer großen Kamera aufgenommen wurden.
Sollten Sie bereits eine klassische Kamera (digitale Spiegelreflex oder spiegellose Systemkamera) besitzen, dann hilft es, sich zunächst mit den technischen Unterschieden zum iPhone 11 zu beschäftigen. Dazu eine kurze Erklärung der Grundlagen: Die Belichtung einer Fotografie wird von einer Kombination aus Blendenöffnung, Belichtungszeit und Empfindlichkeit (ISO) bestimmt, die auch Belichtungsdreieck genannt wird. Bei einer »großen« Kamera sowie bei hochwertigen Kompaktkameras lässt sich jeder dieser drei Parameter ändern, auch manuell. Ob Sie die Blendenöffnung oder die Belichtung ändern, hängt von Ihren gestalterischen Absichten ab. Je weiter Sie die Blende schließen, desto größer ist der scharf darstellbare Bereich (Schärfentiefe). Eine offene Blende nutzen Fotografen beispielsweise für den beliebten unscharfen Hintergrund auf Porträtaufnahmen. Geringe Schärfentiefe ist also ein gestalterisches Mittel – und je größer der Kamerasensor ist, umso geringe Schärfentiefe ist grundsätzlich möglich (einen Größenvergleich der Kamerasensoren von Vollformatkamera und iPhone 11 finden Sie auf Seite 16). Die Belichtungszeit ist die zweite Stellschraube, mit der Sie ein Bild gestalten können. Eine lange Belichtungszeit lässt sich unter anderem für Bewegungsunschärfe einsetzen. Die meisten großen Kameras erlauben eine Belichtungszeit von bis zu 30 Sekunden sowie im sogenannten Bulb-Modus beliebig langes Belichten, beispielsweise mit einem steuerbaren Fernauslöser.
Fotografieren Sie mit einem Smartphone, dann müssen Sie umdenken. Die Blendenöffnungen der iPhone-Kameras sind fest auf das Maximum eingestellt. Daher bleiben von dem Belichtungsdreieck nur noch zwei Parameter übrig, die sich tatsächlich ändern lassen: die Belichtungszeit und die Empfindlichkeit (ISO) des Bildsensors. Letzteres übernimmt die Kamera-App automatisch. Sie können lediglich die Belichtung korrigieren. Möchten Sie auch die Empfindlichkeit selbst ändern, dann müssen Sie zu einer der vielen Dritterhersteller-Kamera-Apps greifen, mit denen sich Belichtungszeit und Empfindlichkeit manuell einstellen lassen (mehr dazu ab Seite 119).
Belichtungszeit Die Belichtungszeit reicht beim iPhone 11 und 11 Pro von einer sagenhaften 1/125.000 Sekunde (Weitwinkel-Kamera) bis zu 1 Sekunde. Die extrem kurze Belichtungszeit erreicht das iPhone, da es einen elektronischen Verschluss verwendet. Für längere Belichtungszeiten erstellt das iPhone mehrere Aufnahmen und verrechnet sie zu einer Langzeitbelichtung, teils mit sichtbaren Unterschieden im Vergleich zu einer echten Langzeitbelichtung.
Empfindlichkeit Auch die Empfindlichkeit des iPhone-Bildsensors unterscheidet sich deutlich von der einer »großen« Kamera. Da die iPhone-Kamera mangels Blende nicht abblenden kann, um das einfallende Licht zu mindern, fängt die Empfindlichkeit je nach iPhone-Kamera schon bei ISO 21 an. So kann die iPhone-Kamera auch bei sehr heller Umgebung korrekt belichten. Bei herkömmlichen Kameras liegt der niedrigste Wert der Empfindlichkeit meist bei ISO 100.
Eine Smartphone-Kamera nutzt ein Objektiv mit fester Brennweite, das üblicherweise etwas weitwinklig ist und sich so möglichst universell einsetzen lässt. Mehr Gestaltungsfreiraum erlauben mehrere Kameras mit unterschiedlichen Brennweiten, wie sie mittlerweile viele Smartphone-Modelle nutzen. Auch die iPhone-11-Modelle verwenden mehrere Hauptkameras, die jeweils zwölf Megapixel auflösen. Sowohl das iPhone 11 wie auch das iPhone 11 Pro bieten ein Ultrawide- und ein Weitwinkel-Objektiv. Das Pro-Modell nutzt zusätzlich eine dritte Kamera mit einem leichten Tele, das sich besonders gut für Porträts eignet.