Manuela Keller-Schneider
Impulse zum Berufseinstieg von Lehrpersonen
Grundlagen – Erfahrungsberichte – Reflexionsinstrumente
ISBN Print: 978-3-0355-1253-3
ISBN E-Book: 978-3-0355-1254-0
1. Auflage 2018
Alle Rechte vorbehalten
© 2018 hep verlag ag, Bern
www.hep-verlag.ch
Vorwort
1 Theoretische Grundlagen zur Klärung der Ausgangslage
1.1 Anforderungen der Berufseinstiegsphase
1.2 Kompetenzentwicklung und Professionalisierung
1.3 Wahrnehmung und Deutung von Anforderungen
1.4 Entwicklungsaufgaben im Berufseinstieg von Lehrpersonen (Studie EABest)
1.4.1 Ausgangslage
1.4.2 Ergebnisse zur Wahrnehmung von Berufsanforderungen durch Lehrpersonen in der Berufseinstiegsphase
1.4.3 Berufseinsteigende im Vergleich mit angehenden und erfahrenen Lehrpersonen
1.4.4 Institutionelle Angebote der Berufseinführung
1.5 Berufliche Anforderungen im berufsbiografischen Verlauf
1.6 Mehrperspektivische Betrachtung von Erfahrungen eröffnen Handlungsmöglichkeiten
2 Nun bin ich Lehrer/-in – die Aufgabe der identitätsstiftenden Rollenfindung
2.1 «Endlich darf ich selber – aber wie?» – In den Beruf einsteigen und eigene Möglichkeiten nutzen
2.1.1 Vorfreude und Erwartungen
2.1.2 Die eigenen Ressourcen erkennen
2.1.3 Start – in den Berufsalltag eintauchen
2.2 Mit den eigenen Ansprüchen umgehen
2.2.1 Den eigenen Bezugsrahmen erkennen
2.2.2 Antrieb erkennen – Druck- und Zugmotive
2.3 Die eigenen Ressourcen pflegen und schützen
2.3.1 Mit den eigenen Kräften umgehen
2.3.2 Belastungen und Ressourcen
2.3.3 Relevanz der Bewältigung
2.3.4 Abschalten – sich vor Belastung schützen
2.3.5 Zeitmanagement – Zeitfenster schaffen
2.4 Berufliche Verantwortung übernehmen – Rollenklarheit aufbauen
2.4.1 Wahrnehmung und Deutung von Situationen
2.4.2 Vorstellungen, Ideale und pädagogische Ziele
2.4.3 Widersprüche erkennen
2.4.4 Erwartungen an eine Lehrperson
2.4.5 Werte und Gegenwerte – ein Balanceakt
3 Unterricht
3.1 Unterricht vorbereiten
3.1.1 Phasen von Unterricht
3.1.2 Vorbereitungen schriftlich festhalten – was ist hilfreich?
3.1.3 Unterricht planen – auf Kernfragen reduziert
3.1.4 Vom ‹Warum› zum ‹Wozu› eröffnet Wege
3.1.5 Aus der Perspektive der Schüler/-innen vorbereiten
3.2 Lernen und die Rolle der Lehrperson
3.2.1 Subjektive Sichtweisen auf Lehren und Lernen
3.2.2 Lehr-Lern-Setting
3.2.3 Lernprozesse initiieren und Lernprozesse begleiten
3.3 Unterricht und Unterrichtsqualität
3.4 Lernziele
3.4.1 Wohin soll die Lernreise gehen?
3.4.2 Taxonomie der Lernziele
3.4.3 Lern- und Leistungsziele
3.5 Lernen einleiten – in den Unterricht einsteigen
3.5.1 Das Lernen vorbereiten – in den Unterricht einsteigen
3.5.2 Thematischer Einstieg: Vorwissen aktivieren
3.5.3 Ritualisierter Stundeneinstieg
3.5.4 Informierender Einstieg
3.6 Abschluss und Auswertung von Unterricht
3.6.1 Lernsequenz abschliessen
3.6.2 Lernergebnis erkennen, das eigene Lernen reflektieren – Auswertung auf mehreren Ebenen
3.6.3 Einschätzungen einholen
3.7 Impulse für die Lehrperson zur Reflexion des Unterrichts
3.8 Raum nutzen – die Sitzordnung und ihre Möglichkeiten
4 Lehren und Lernen – die Aufgabe der adressatenbezogenen Vermittlung
4.1 Lernen
4.2 Individuelle Passung des Unterrichts – Förderung der Schüler/-innen
4.2.1 Stoff- und aufgabenbezogene Differenzierung
4.2.2 Didaktische Möglichkeiten, die Passung zu optimieren
4.2.3 Individuelle Passung – Binnendifferenzierung und/oder Lernprozessbegleitung?
4.2.4 Individuelle Ressourcen der Schüler/-innen aktivieren – Passung optimieren
4.3 Lern- und Leistungsfähigkeit beurteilen
4.3.1 Beurteilen – Grundlagen zur Lernförderung
4.3.2 Dimensionen der Beurteilung – was, wozu, woran gemessen und durch wen vorgenommen?
4.3.3 Wer beurteilt? – Perspektiven der Beurteilung
4.3.4 Woran wird gemessen? – Bezugsnorm
4.3.5 Wozu wird beurteilt? – Funktion der Beurteilung
4.4 Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit fördern
4.4.1 Selbstreguliertes Lernen ist Voraussetzung, Methode und Ziel zugleich
4.4.2 Selbstbeurteilung von Arbeiten fördern
4.4.3 Hausaufgaben
5 Mit der Klasse zurechtkommen – die Aufgabe der anerkennenden Klassenführung
5.1 Schulklasse – wie kann diese geführt werden?
5.1.1 Merkmale einer Schulklasse
5.1.2 ‹Gute› Klassenführung
5.1.3 Aufgaben und Möglichkeiten der Klassenführung – direkte und indirekte Interventionen
5.2 Dynamik der Klasse wahrnehmen
5.2.1 Entwicklungsphasen einer Gruppe
5.2.2 Lernaufgaben auf die Entwicklungsphase einer Gruppe ausrichten
5.2.3 Rollen innerhalb einer Gruppe
5.2.4 Dynamiken verstehen – Veränderungen einleiten
5.3 Strukturen schaffen
5.3.1 Vorerfahrungen nutzen
5.3.2 Erwartungen an die Schüler/-innen einer Klasse
5.3.3 Klassenkultur aufbauen, Regeln einrichten und das Befolgen ritualisieren
5.3.4 Funktionierende Regeln als Ressourcen nutzen
5.4 Klassenklima pflegen
5.4.1 Rituale als Teil der Klassenkultur
5.4.2 Klassenrat als partizipative Möglichkeit zur Gestaltung der Klassenkultur
5.4.3 So geht das nicht weiter – Verhaltensänderungen einleiten
5.4.4 Konflikte verstehen und bearbeiten
5.4.5 Konsequenzen
6 Kooperation in und mit der Institution Schule
6.1 Kooperationspartner/-in finden
6.1.1 Zusammenarbeiten
6.1.2 Gute Zusammenarbeit – was kann darunter verstanden werden?
6.1.3 Diskussion pädagogischer Fragen – Intervision
6.2 Stärken und Grenzen kennen, nutzen und respektieren
6.2.1 Kollegium
6.2.2 Grenzen
6.3 Zusammenarbeit mit der Schulleitung aufbauen
6.3.1 Schulleitung als Ansprechperson
6.3.2 Stärken und Grenzen der Schulleitung
6.4 Schulkultur
6.4.1 Schulkultur wahrnehmen
6.4.2 Schulhausregeln
6.4.3 Pausen und Pausenkultur
6.4.4 Berufseinsteigende als Innovationspotenzial
6.5 Rechtliche Grundlagen und Berufsverbände (Schweiz)
7 Elternkontakte aufbauen und pflegen
7.1 Grundhaltungen und Erwartungen
7.1.1 Erwartungen an Eltern
7.1.2 Erwartungen von Eltern
7.1.3 Der familiäre Hintergrund als Lebenswelt des Kindes
7.1.4 Zusammenarbeit aufbauen
7.2 Elternkontakte aufbauen
7.2.1 Begrüssungsbrief
7.2.2 Eltern über den schriftlichen Weg informieren
7.3 Elternabend
7.3.1 Möglichkeiten und Zielsetzungen
7.3.2 Einladungsschreiben
7.3.3 Vorbereitungen
7.4 Elterngespräche
7.4.1 Braucht es dafür ein Elterngespräch?
7.4.2 Merkmale von Elterngesprächen
7.4.3 Zielsetzungen
7.4.4 Mögliche Inhalte von Elterngesprächen
7.4.5 Vorbereitung von Elterngesprächen
7.4.6 Durchführung der Elterngespräche
7.4.7 Nachbereitung und Bilanzierung
7.4.8 Langfristige Entwicklungen
7.5 Zeugnisgespräche – Beurteilungsgespräche
7.5.1 Zeugnisgespräche in der 1. Klasse
7.5.2 Beurteilungsgespräch mit Kind und Eltern
7.6 Zusammenarbeit bei Schwierigkeiten
7.6.1 Schwierigkeiten – Chancen und Grenzen
7.6.2 Mögliches Vorgehen bei Schwierigkeiten
7.6.3 Widerstände
7.7 Gespräche mit Eltern und Schulleitung
7.8 Was tun, wenn Eltern alles abblocken
8 Literatur
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Endlich ist es so weit! Der Einstieg in den Beruf ist ein Ziel, auf das lange hingearbeitet wird. Praxiserfahrungen und Beurteilungen durch Ausbildnerinnen und Ausbildner unterstützen angehende Lehrpersonen in ihrer Entwicklung, doch eine Ausbildung schränkt den Gestaltungsfreiraum ein. Dass der Einstieg in die eigenverantwortliche Berufstätigkeit eine gewisse Entlastung von Fremdbestimmung und Beurteilung mit sich bringt und von der Freude begleitet wird, eigenständig handeln zu können, kommt in der folgenden Aussage zur Geltung. Gleichzeitig zeigt sich darin aber auch das Bewusstsein, nun selber verantwortlich zu sein und eigenen Erwartungen entsprechen zu müssen.
«Endlich kann ich selber bestimmen, wie ich eine Klasse unterrichten und führen möchte! – Aber nun muss ich auch selber wissen, wie ich das tun will.» (Barbara Binder, nach sieben Wochen Berufstätigkeit)
Die Freude ist jedoch auch von Ungewissheiten begleitet, denn wie sich die ‹echte› Berufstätigkeit ‹anfühlt›, zeigt sich erst dann, wenn man mitten drin ist. Eine Ausbildung legt gute Grundlagen, um in den Beruf einsteigen zu können, kann die Komplexität der Anforderungen des Berufs jedoch nur begrenzt vorwegnehmen (Keller-Schneider, 2010a).
«Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass es noch so viel Neues, mir Unbekanntes gibt.» (Nathalie Türler, nach sieben Wochen Berufstätigkeit)
Der Berufseinstieg stellt Anforderungen, die im Rahmen einer Ausbildung trotz Praktika1 nur begrenzt erfahren werden können, da die Komplexität der Anforderungen und die Dynamik ihrer Gleichzeitigkeit beim Einstieg in die eigenverantwortliche Berufstätigkeit sprunghaft ansteigen (Keller-Schneider & Hericks, 2014).
«Ich habe in der Ausbildung ja sehr viel gelernt und sehr viel gearbeitet – doch so viel wie in den letzten drei Monaten noch nie! Ich wusste nicht, dass das möglich ist und erst noch Freude bereitet.» (Nora Maag)
Unterrichten wurde in Praktika bzw. im Referendariat intensiv erprobt; Unterrichtsvorbereitungen gehen bereits leichter von der Hand (Keller-Schneider 2016a). Sich auf diese erworbenen Handlungssicherheiten zu verlassen, reicht jedoch nicht aus, denn das Lernen der Schülerinnen und Schüler muss nun auch in einer grösseren zeitlichen Reichweite verantwortet werden.
«Es genügt nicht mehr, einfach zu unterrichten, vom Stoff her zu denken und diesen für die Schülerinnen und Schüler aufzubereiten. Ich muss nun auch ihre Lernprozesse im Auge behalten, sie in ihrem Lernen begleiten und eine Arbeitskultur aufbauen, die ermöglicht, dass auch wirklich selbstständig gearbeitet werden kann. Das finde ich schon sehr herausfordernd!» (Esther Gerber, im ersten Berufsjahr, in Keller-Schneider 2016b)
Diese Stimmen illustrieren die besonderen Herausforderungen des Berufseinstiegs. Vieles kommt auf die berufseinsteigenden Lehrpersonen zu, was vorher nur begrenzt erfahren werden konnte. Die folgende Aussage macht deutlich, dass diese Phase des Einsteigens zu einem Abschluss kommt und in ein Gefühl übergeht, den Einstieg geschafft zu haben und im Beruf angekommen zu sein. Wann sich diese erste Phase schließt, ist individuell verschieden.
«Nun bin ich im Beruf angekommen – aber es war anstrengend!» (Wanda Färber)
Der Berufseinstieg stellt Herausforderungen, die von den Lehrpersonen individuell gemeistert werden müssen. Die Vielfältigkeit der Anforderungen zeigt sich verkürzt in der folgenden Aussage:
«Dass ich tausend Dinge beachten muss und dabei noch ruhig das Ganze überblicken soll, strapaziert mich arg. Wie kann ich gleichzeitig den Unterricht führen und dabei den Lernprozess jedes Kindes im Auge halten? Wie kann ich die Arbeitsatmosphäre sicherstellen, wenn noch keine Klassengemeinschaft besteht? Wie soll ich den Eltern klar und professionell gegenübertreten, wenn ich noch unsicher bin, wie ich als Lehrerin sein will? Wie kann ich im Team mitdenken und mitgestalten, wenn ich noch nicht weiss, was denn alles zur Arbeit innerhalb einer Schule gehört und welche ungeschriebenen Gesetze ich selbstverständlich beachten muss?» (Barbara Binder, in Keller-Schneider 2010a)
Der Übergang in die eigenverantwortliche Berufstätigkeit kann nicht reibungslos verlaufen, sondern muss aktiv bewältigt werden. In den Beruf einsteigende Lehrpersonen verfügen über grundlegende Fähigkeiten, um sich in der Berufsausübung weiteres Wissen und Können anzueignen. Dass der Wechsel in die eigenverantwortliche Berufstätigkeit die beruflichen Anforderungen an die Lehrperson in einen neuen Referenzrahmen stellt und Weiterlernen erfordert, gilt als gesichert. Wie dieser Übergang wahrgenommen und bewältigt wird, ist individuell verschieden – Patentrezepte gibt es nicht (Keller-Schneider, 2010b).
Das vorliegende Buch will Anregungen geben und Wege aufzeigen, wie diese Herausforderungen bearbeitet und bewältigt werden können. Da es kein ‹richtiges› Handeln gibt und Lösungen einer konkreten Anforderung von der spezifischen Situation sowie von individuellen Sichtweisen der handelnden Lehrperson geprägt werden, möchte ich Möglichkeiten aufzeigen, die weiterführende Lösungen eröffnen und Impulse geben, um das eigene Handeln reflektieren und darauf aufbauend eigene Lösungswege entwickeln zu können.
Die Entscheidung, wie eine Situation angegangen und bewältigt werden kann, wird den Lesenden nicht abgenommen. Es werden keine Tipps gegeben, die es zu befolgen gilt, sondern Impulse, die erst in der eigenverantwortlichen Präzisierung erfolgsversprechend wirken können. Basierend auf meiner Erfahrung als Lehrerbildnerin, den vielen Begegnungen mit kompetenten Berufseinsteigenden und den Befunden meiner Studien zum Berufseinstieg von Lehrpersonen möchte ich die neu in den Beruf einsteigenden Lehrpersonen stärken, die Berufsaufgabe eigenverantwortlich anzupacken und ihr individuelles Potenzial dafür zu nutzen, ihre Berufstätigkeit professionell zu gestalten.
Zur Entstehung des Buchs
Im Rahmen meiner Berufsarbeit als Supervisorin für Berufseinsteigende, als Dozentin und Mentorin von angehenden Lehrpersonen (Studierende der einphasigen Lehrerbildung in der Schweiz), in der Lehre im Rahmen der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen sowie über Befunde aus meinen Studien zum Berufseinstieg von Lehrpersonen wurde klar, dass es berufsphasenspezifische Herausforderungen gibt, denen sich alle stellen müssen. Eine Verknüpfung von unterschiedlichen Zugängen, Sichtweisen und Vorgehen gibt hilfreiche und nachhaltige Impulse zur Bewältigung von Berufsanforderungen. Verknüpfungen können über vielfältige Wege erfolgen. In meiner Berufstätigkeit bin ich vielen sehr kompetenten Berufseinsteigenden begegnet, deren Potenzial ich in das Buch integriere und die ich unter anonymisierten Namen zu Wort kommen lasse.
Zugänge
Die Inhalte werden über drei Zugänge dargelegt. Grundlegendes, für die Berufsarbeit bedeutsames Wissen wird mit spezifischen Erfahrungen von Berufseinsteigenden konkretisiert und mit Reflexionsimpulsen angereichert, um eigene Erfahrungen daran zu spiegeln und weiterzuentwickeln.
(1) Allgemeine Zugänge und theoriebasierte Elemente werden aufgegriffen und für die spezifische Situation, in der Berufseinsteigende stehen, nutzbar gemacht. Es ist durchaus möglich und beabsichtigt, dass einzelne Inhalte aus der Ausbildung bekannt sind und damit wieder in Erinnerung gerufen werden. Ausgewählte theoretische Zugänge werden dazukommen und weitere werden nicht aufgegriffen, auch wenn diese ebenso hilfreich sein könnten.
(2) Berichte und kurze Schilderungen von neu in den Beruf einsteigenden Lehrpersonen geben Einblick in subjektive Zugänge und zeigen auf, wie diese Lehrpersonen spezifische Anforderungen bewältigt haben und welche Erfahrungen sie daraus ziehen.
(3) In einem dritten Zugang werden Reflexionsimpulse gegeben, um die eigene Situation und individuelle Erfahrungen einzubeziehen. Eine mit Leitfragen angeregte Reflexion dieser Erfahrungen soll ermöglichen, die eigene Situation unter erweiterter Perspektive zu betrachten und daraus neue Lösungen zu entwickeln.
Die drei Zugänge werden grafisch unterschiedlich gestaltet, sodass eine Orientierung bezüglich der Zugänge und Textsorten erleichtert wird. Damit soll auch ein fokussiertes Lesen ausgewählter Texte erleichtert werden.
Gliederung
Die Gliederung des Buches basiert auf Befunden der Studie «Entwicklungsaufgaben im Berufseinstieg von Lehrpersonen» (EABest) (Keller-Schneider 2010a) und folgt den Anforderungsbereichen, die empirisch in dieser Studie über den Berufseinstieg von Lehrpersonen identifiziert wurden. Die Inhalte fokussieren auf berufsphasenspezifisch wahrgenommene Herausforderungen und Lösungen.
Eine Einleitung (Kapitel 1) führt in die Thematik ein, zeigt theoretische Zugänge zur Bewältigung von Anforderungen und zur Kompetenzentwicklung allgemein und im Berufseinstieg auf. Es folgen Befunde aus der Studie «EABest» (Entwicklungsaufgaben im Berufseinstieg von Lehrpersonen, 2004–2008). Die theoriegestützte Grundlage des Buches kurz darzulegen, ist mir ein Anliegen, denn diese prägt die Auswahl der Inhalte und die Zugänge der Ausführungen – dieser Teil kann aber auch übersprungen werden. Das Buch lässt sich auch als Nachschlagewerk nutzen und auszugsweise lesen; die Teile sollten auch losgelöst vom Rest des Buches verständlich sein.
Die Herausforderungen, die berufliche Anforderungen stellen, werden in den anschliessenden Kapiteln ausgeführt. Als zentrale Aufgabe erweist sich die Auseinandersetzung mit der Berufsrolle, die im Berufseinstieg als erste Phase der eigenverantwortlichen Berufstätigkeit erneut gestaltet und in eine berufliche Identität überführt wird (Kapitel 2). Es folgen Impulse zur Thematik von Unterricht und Unterrichten (Kapitel 3), da sich auch diese Anforderungen im Berufseinstieg wandeln. Standen im Rahmen der Ausbildung das Gelingen und der reibungslose Ablauf einer Unterrichtssequenz im Vordergrund, so wird im Rahmen der Berufstätigkeit eine Ausrichtung auf die Schülerinnen und Schüler bedeutsam. Es folgen Ausführungen zur besonders herausfordernden Anforderung der adressatenbezogenen Vermittlung (Kapitel 4), d. h. zur Aufgabe, die Adressaten zu erreichen und eine individuelle Passung der Anforderungen, des Unterrichts und der Förderung zu erzielen, um die Schülerinnen und Schüler in einer längerfristigen Perspektive zu begleiten. Aufgaben der Klassenführung (Kapitel 5) sind davon geprägt, dass nun, im Rahmen der eigenverantwortlichen Berufstätigkeit, erstmals eine Lern- und Arbeitskultur aufgebaut und gefördert werden muss, die von der Lehrperson und ihren erzieherischen Zielen sowie durch ihre direkten Interventionen gelenkt und gestaltet wird. Anforderungen der Kooperation in und mit der Institution Schule folgen nach (Kapitel 6). Berufseinsteigende sind erstmals vollwertige Mitglieder eines Kollegiums und einer Schule, in die es sich einzufinden und die es mitzugestalten gilt. Anforderungen, Elternkontakte aufzubauen und zu pflegen (Kapitel 7), bilden den Abschluss. Sie stellen Herausforderungen dar, die nicht den Schulalltag direkt bestimmen, die aber über die neu zu verantwortende Aufgabe indirekten Einfluss auf die Lehrperson und den Schulalltag ausüben. Die vielfältigen und facettenreichen Zugänge zur Thematik beleuchten diese nur ausschnittweise, Vollständigkeit wird nicht angestrebt.
Dank
Bedanken möchte ich mich bei allen Lehrpersonen für die wertvollen Beiträge sowie für die interessanten Begegnungen und Gespräche, Anregungen und Fragen, aus denen gemeinsam entwickelte Lösungen entstehen konnten. Einige Lehrpersonen haben auch mit schriftlichen Dokumenten zur Arbeit beigetragen, wofür ich mich ebenfalls bedanken möchte. Erinnerungen und Erkenntnisse aus diesen Begegnungen haben mich in meiner Berufsarbeit bereichert und gehen anonymisiert in das Buch ein.
Uster, im Herbst 2018
Manuela Keller-Schneider
Die Ausbildung ist abgeschlossen – die eigenverantwortliche Berufstätigkeit beginnt! Der Berufseinstieg stellt eine wichtige berufsbiografische Phase dar. Neu in den Beruf einsteigende Lehrpersonen sind gefordert, die beruflichen Anforderungen so zu bewältigen, dass sie den eigenen sowie den Erwartungen der Mitbeteiligten entsprechen.
Doch was heisst das? Wie lassen sich die unterschiedlichen Ansprüche und Bedürfnisse unter einen Hut bringen? Was erwartet die Lehrperson von sich selbst? Was ist ihr wichtig? Was erwarten die Schülerinnen und Schüler, was ihre Eltern? Was erwarten die Kolleginnen und Kollegen, was die Schulleitung – und was erwartet die Schule, die als öffentliche Institution Bildungschancen ermöglichen will? Die Palette von Ansprüchen und Erwartungen ist vielfältig und teilweise widersprüchlich – Lösungen müssen gesucht und gefunden werden.
Einen eigenen Referenzrahmen zu entwickeln stellt eine bedeutende Anforderung im Berufseinstieg dar. Die Peer-Gruppe fehlt, auch bleiben die alltäglichen Feedbacks, Wertschätzungen und Beurteilungen der Ausbildnerinnen und Ausbildner aus. Die Zufriedenheit der Schülerinnen und Schüler zum Massstab zu nehmen kann zu Fehlschlüssen führen, denn die Berufsrolle der Lehrperson ist komplementär zur Rolle der Schülerinnen und Schüler und zu den gesellschaftlichen Erwartungen.
«Ich habe erkannt, dass ich die Schülerinnen und Schüler nicht immer zufriedenstellen kann, auch wenn ich mich darum bemühe. Es ist sehr befriedigend, wenn die Kinder gerne zur Schule kommen und mit Freude an den Aufgaben arbeiten, die ich ihnen stelle. Nichts ist entmutigender als Kommentare wie ‹Oh, nein!› Da ich aber eine andere Rolle habe als diejenige, die ich als Pfadileiterin und als Skilehrerin hatte, bin ich mir bewusst, dass ich nicht nur mit den Schülerinnen und Schülern zurechtkommen, sondern auch dem Berufsauftrag entsprechen muss. Ich stehe in einem Dreieck, die Kinder sind nicht die einzigen, die Erwartungen an mich richten.» (Katarina Bachmann, Erkenntnis im Rahmen einer Supervisionssitzung)
Die Aussage verweist auf die Aufgaben, sich im Berufsfeld als Lehrperson zu positionieren. Das gilt auch für Lehrpersonen, welche den Beruf als Zweitberuf wählen:
«Als Physiotherapeutin hatte ich die Aufgabe, alle weiterzubringen und sie so gut wie möglich in ihr Weiterkommen einzubinden. Als Lehrerin wird mir klar, dass der Bildungsauftrag, den ich in meiner neuen Rolle übernommen habe, mein Handeln mitbestimmt» (Zita Huwyler).
Dieses Buch will Einblicke in die empirisch identifizierten Anforderungen des Berufseinstiegs geben und diese mit Impulsen von Berufseinsteigenden anreichern, um andere Berufseinsteigende und weitere Interessierte dazu anzuregen, eigene Lösungswege zu entwickeln. Das Buch stützt sich auf theoretische und empirische Grundlagen (Keller-Schneider 2010a), die das Werk prägen; diese werden im ersten Kapitel einleitend dargelegt.
Nach einem kurzen Überblick über die sich im Berufseinstieg stellenden Anforderungen (Kap 1.1) folgen Ausführungen zu beruflichen Entwicklungslinien und Entwicklungsaufgaben, mit denen berufsphasenspezifische Konkretisierungen der beruflichen Anforderungen aufgezeigt werden (Kap 1.2). Begriffe und Theorien zu Kompetenz und Kompetenzentwicklung werden dargelegt (Kap 1.3) und mit Ausführungen zu unterschiedlichen Komponenten der Kompetenzentwicklung angereichert (Kap 1.4). Um die Bedeutung einer Auseinandersetzung mit den Anforderungen zu erläutern und zu verdeutlichen, dass Erfahrungen und deren Verarbeitung für die weitere Professionalisierung von Lehrpersonen zentral sind, folgen Erläuterungen zum Prozessmodell der Wahrnehmung von Anforderungen und zu ihrer Bedeutung für die Professionalisierung von Lehrpersonen (Kap 1.5). Das Zusammenwirken von individuellen und kontextbedingten Merkmalen in einem dynamischen Prozess wird aufgezeigt, um damit die Bedeutung der Sichtweisen, Motive und Ziele einer Lehrperson zu beleuchten. Im sechsten Kapitel folgen Ausführungen zur Studie «Entwicklungsaufgaben im Berufseinstieg von Lehrpersonen» (EABest) und zu daraus hervorgehenden zentralen Befunden (Kap 1.6). Abschliessend wird ein Reflexionsmodell vorgestellt, das dazu dient, eigene Erfahrungen zu analysieren und erweiterte Handlungsmöglichkeiten abzuleiten (Kap 1.7).
Der Berufseinstieg stellt Anforderungen, die in der Ausbildung nur begrenzt vorweggenommen werden können (Keller-Schneider 2010a, 2010b, 2011b, 2018a, Keller-Schneider & Hericks 2014). Als Entwicklungsaufgaben angenommen, müssen diese von allen neu in den Beruf einsteigenden Lehrpersonen eigenständig bearbeitet und bewältigt werden. Soziale Ressourcen wie der Rat von Kolleginnen und Kollegen mit längerer Berufserfahrung oder Gespräche im privaten Bereich können zur Bewältigung genutzt werden; es gibt jedoch keine allgemein gültigen Lösungen.
«Ich habe mich ja so gefreut, endlich selber entscheiden und auch mal etwas wagen zu dürfen. Doch manchmal wünsche ich mir, dass mir jemand sagen würde, wie ich es machen soll. Das wäre sehr hilfreich, dann bin ich auch entlastet, wenn es schiefgeht. Doch jetzt muss ich alles selber entscheiden und die Verantwortung dafür übernehmen, ohne dass mir jemand sagt, ich hätte das gut gemacht.» (Tanja Turnher)
Trotz erworbenem und erprobtem Wissen und reflektierten Erfahrungen zeigen sich in der selber zu verantwortenden Berufstätigkeit neue Herausforderungen, insbesondere auch in der Gleichzeitigkeit der vielfältigen Aufgaben.
«Dass ich tausend Dinge beachten muss und dabei noch ruhig das Ganze überblicken soll, strapaziert mich arg. Wie kann ich gleichzeitig den Unterricht führen und dabei den Lernprozess jedes Kindes im Auge behalten? Wie kann ich die Arbeitsatmosphäre sicherstellen, wenn noch keine Klassengemeinschaft besteht? Wie soll ich den Eltern klar und professionell gegenübertreten, wenn ich noch unsicher bin, wie ich als Lehrerin sein will? Wie kann ich im Team mitdenken und mitgestalten, wenn ich noch nicht weiss, was denn alles zur Arbeit innerhalb einer Schule gehört und welche ungeschriebenen Gesetze ich selbstverständlich beachten muss?» (Barbara Binder, nach sieben Wochen Berufstätigkeit, Ausschnitt aus einem Supervisionsgespräch, in Keller-Schneider 2010a)
«Weiter kommt dazu, dass ich nicht weiss, wann etwas gut genug ist – wie geht es wohl anderen?» (Barbara Binder)
Die Herausforderungen umfassen folgende Bereiche:
» Einen eigenen Massstab für Qualitätsansprüche entwickeln: Berufseinsteigende sind gefordert, ein eigenes Urteil zu bilden und eigene Qualitätsansprüche zu erfüllen; Rückmeldungen und Hinweise durch Ausbildner/-innen entfallen.
» Peer-Gruppe fehlt: Der alltägliche Austausch mit Peers, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden, fehlt. Kontakte zu Peers müssen aktiv organisiert werden, doch oft fehlt die Zeit dazu.
» Wechsel in eine neue Lebensphase: Der Eintritt in die Erwerbtätigkeit ermöglicht finanzielle Eigenständigkeit; Primärverantwortung kann und muss übernommen werden. Viele ziehen von der Herkunftsfamilie weg und gründen einen eigenen Haushalt, was wiederum neue Aufgaben mit sich bringt und den Aufbau neuer sozialer Bezüge erfordert.
» Mit den eigenen Kräften umgehen: Den eigenen Vorstellungen und Idealen entsprechend zu handeln und dabei mit den eigenen Ressourcen so umzugehen, dass die Berufsaufgaben insgesamt zu meistern sind, und dabei nicht von Kräften zu kommen, stellt eine grosse Herausforderung dar. Während den Praktika war es eher möglich, sich für eine bestimmte Zeit zu verausgaben und über die eigenen Kräfte hinaus zu arbeiten, da das Ende dieser anstrengenden Zeit vorhersehbar war. Der Berufseinstieg aber stellt den Anfang eines nicht begrenzten Zeitraums dar. Auch unterrichtsfreie Zeit, d.h. Schulferien, gilt es einzuteilen und zwischen unterrichtsfreier Arbeitszeit und eigenen Ferien zu differenzieren, um sich auf die danach folgende Zeit vorzubereiten, sich Erholung zu verschaffen und gestärkt in die nächste Phase einzusteigen.
» Gestaltung von Unterricht in grösseren Zeithorizonten: Die zeitliche Reichweite von Unterricht wird deutlich erweitert. Lektionen und Lektionsreihen sollen nicht nur in sich stimmig und ausgewogen sein, in den Ablauf eines Schultages eingepasst werden und zusammen mit anderen Lektionen eine den Lernenden und der Sache angemessene und lernförderliche Rhythmisierung ergeben; sie müssen auch in den Ablauf eines Quartals bzw. eines Schuljahres eingepasst werden. Diesen zeitlichen Gesamtrahmen einzuschätzen ist für neu in den Beruf einsteigende Lehrpersonen eine erstmals zu bewältigende Aufgabe.
» Aufbau einer Klassengemeinschaft: Eine lernförderliche Arbeitskultur erleichtert das Lernen und stärkt die Lernfreude – doch eine solche Kultur muss zuerst geschaffen werden. Praktika finden in bereits bestehenden Klassen statt. Im Berufseinstieg ist die Lehrperson gefordert, einen neuen Rahmen zu entwickeln und diesen auf die eigenen Vorstellungen und Erwartungen auszurichten. Was wie und wozu funktionieren könnte und sollte, muss bei laufendem Betrieb fortwährend präzisiert und an neue Gegebenheiten angepasst werden.
» Verantwortung für die schulische Entwicklung der Schülerinnen und Schüler übernehmen: Die Lehrperson ist gefordert, sich nicht nur auf das eigene Handeln zu konzentrieren, sondern den Blick auf die einzelnen Kinder zu erweitern und sich in die unterschiedlichen Perspektiven hineinzuversetzen.
» Ein professionelles Gegenüber für die Eltern sein: Die Lehrperson nimmt ab dem ersten Tag ihrer eigenverantwortlichen Berufstätigkeit eine neue Rolle ein und übernimmt dabei einen neuen Zuständigkeitsbereich. Den Eltern fehlt der Blick auf ihr Kind als Schülerin oder Schüler. Die Lehrperson ist gefordert, das Kind im schulischen Kontext professionell wahrzunehmen und dies in Gesprächen darzulegen. Gleichzeitig ist sie gefordert, Beiträge und Anliegen der Eltern ernst zu nehmen, auch wenn sie erst über wenig Berufserfahrung verfügt.
» Mitglied eines Lehrerkollegiums werden: Als Kollegin oder Kollege Teil eines Kollegiums zu sein, bedeutet, Mitglied dieses Teams zu werden, einen eigenen Part einzunehmen und das eigene Potenzial einzubringen. Neu in den Beruf und in den Arbeitsort einsteigende Lehrpersonen müssen sich in das Leben einer Schule und in die Abläufe und ungeschriebenen Gesetze einfinden.
» Innovationspotenzial einbringen: Oft wird vergessen, dass Berufseinsteigende neue Impulse mitbringen, auf die sie stolz sein können und die für die Schule von Bedeutung sind – denn niemand ist so aktuell ausgebildet wie sie. Damit stellen Berufseinsteigende ein Innovationspotenzial für eine Schule dar, das es anzuerkennen und zu nutzen gilt.
Damit wird deutlich, dass der Einstieg in diese eigenverantwortliche Berufsarbeit keinen reibungslosen Übergang darstellen kann. Sich auf diese Ungewissheiten einlassen und weiterlernen ist erforderlich.
Kompetenzentwicklung im oben geschilderten Sinn zeichnet sich nicht durch zusätzliches Wissen und Können aus, sondern durch eine Verdichtung und eine Anreicherung von Erfahrung. Dabei wird bereits Gelerntes auch immer wieder in Frage gestellt. Neu in den Beruf einsteigende Lehrpersonen erleben sich als kompetent, die Berufsanforderungen zu bewältigen, wie Befunde zeigen (Keller-Schneider 2010a, 2017a). Doch was heisst «kompetent sein» und wie entwickelt sich Kompetenz weiter? Professionalität ist eine berufsbiografisch bedeutsame Aufgabe, die ein Berufsleben lang andauert (Terhart 2001, Keller-Schneider & Hericks 2017). Weiterlernen ist bedingt durch sich laufend verändernde Gegebenheiten erforderlich.
Mit dem Wechsel von der Ausbildung in die Berufseinstiegsphase wandelt sich auch die Bedeutung des Kompetenzbegriffs; Wissen tritt in den Hintergrund, Können wird relevant (Neuweg 2014); damit gewinnt ein anderer Massstab an Bedeutung. Eine Ausbildung ist von Fremdbeurteilung gekennzeichnet, auch wenn die Selbstbeurteilung gefördert und als Mittel zur effektiven Zielerreichung genutzt wird. In der eigenverantwortlichen Berufstätigkeit steht der subjektive Massstab im Vordergrund, denn die Handlungen müssen selber verantwortet werden. Sich nach Erwartungen und Beurteilungskriterien einer Ausbildungsinstitution zu richten schränkt den eigenen Gestaltungsfreiraum ein, schützt aber auch davor, die eigenen Handlungen selber verantworten zu müssen. Sich in diesem Spannungsfeld zwischen Selbstverantwortung und den Erwartungen anderer zu positionieren, kann unterschiedlich gestaltet werden (vgl. dazu Kosinar 2014).
Um Anforderungen anpacken und bewältigen zu können, ist insbesondere das subjektive Kompetenzerleben von Bedeutung; für eine weitere Professionalisierung ebenso (Keller-Schneider 2012a, 2012b). Sich jedoch mit der eigenen Kompetenz realistisch und erfahrungsbezogen auseinanderzusetzen und dabei Stärken und Schwächen zu erkennen, ist für die weitere Professionalisierung von Bedeutung. Wenn klare Kriterien und Instanzen der Beurteilung fehlen, wie das im Lehrberuf der Fall ist, dann ist ein selbstverantworteter Umgang mit Qualitätsanforderungen und mit der eigenen Kompetenzentwicklung erforderlich. Kompetenz als zur Disposition stehendes latentes Potenzial (Chomsky 1981) befähigt, in spezifischen Situationen Anforderungen zu bewältigen und die eigenen Fähigkeiten, Ziele und Mittel dafür einzusetzen.
Wissen und Kenntnisse über einen Sachverhalt stellen bedeutende, aber nicht ausreichende Grundlagen für die Bewältigung von Anforderungen dar. Erworbenes Wissen wird in subjektive Strukturen integriert und dabei transformiert (Neuweg 2014), um als Ressource für die Bewältigung von Anforderungen zur Verfügung zu stehen und zur Erweiterung der Handlungskompetenz beizutragen. Wissen über die Praxis wird mit Wissen aus der Praxis verknüpft, um als Wissen für die Praxis nutzbar zu werden (Shulman 1986, Bromme 1992). In der Verknüpfung unterschiedlicher Wissensarten und Zugängen entwickelt sich Expertise (Abb. 1, Keller-Schneider 2010a, S. 59).
Kompetenzentwicklung als Erwerb von Handlungskompetenz erfolgt in qualitativ sich verändernden Stufen des Verdichtens und Vernetzens von Professionswissen (Dreyfus & Dreyfus 1986, Berliner 2001). Das ursprünglich explizite und formalisierte Wissen (Ausbildungswissen als propositionales Wissen über die Praxis) wird im Zuge der Kompetenzentwicklung nicht nur erweitert und differenziert, sondern auch neu organisiert. Durch Internalisierung von Wissensfacetten und Erkenntnissen wird es zu implizitem, intuitiv nutzbarem Wissen (Perrig 1990, Perrig et al. 1993, Gigerenzer 2007). Das Wissen entwickelt sich vom regelgeleiteten Know that zum erfahrungsbasierten Know how (Dreyfus & Dreyfus 1986, S. 41). In der Art der Verdichtung und Vernetzung von Wissensfacetten unterscheiden sich Anfängerinnen und Anfänger von Expertinnen und Experten (Neuweg, 2004, Keller-Schneider 2010a, 2015a).
Abbildung 2 zeigt die verschiedenen Phasen der Entwicklung von Noviz/-innen zu Expert/-innen (Keller-Schneider 2010a, S. 60). Im Zentrum steht eine zu bewältigende Berufssituation, die sich im Berufsalltag stellt und je nach Kompetenzentwicklungsphase unterschiedlich wahrgenommen wird. Was der handelnden Person ins Auge springt und wie sie dies wahrnimmt, ist nicht nur von wahrnehmungspsychologischen Gesetzmässigkeiten und von individuellen Selektionsprozessen mitbedingt, sondern auch von berufsphasenspezifischen Wahrnehmungs- und Strukturierungsprozessen.
Lehrpersonen aller Berufsphasen sind vor berufliche Situationen gestellt und gefordert, diese zu bewältigen. Das zeigt die Ellipse im Zentrum von Abbildung 2. In der Wahrnehmung und Bewältigung der spezifischen Situation aber lassen sich berufsphasenspezifische Zugänge erkennen.
Noviz/-innen zeichnen sich durch regelgeleitetes Wissen aus, welches sie im Rahmen ihrer Ausbildung erlernen und in konkreten Schulsituationen erproben. Im Berufseinstieg sind sie gefordert, ihr Wissen an situativ bedingte Erfordernisse anzupassen, Widersprüchlichkeiten anzunehmen und damit umzugehen. Daraus entstehen Synergien, die auf einer übergeordneten Ebene Richtlinien bilden, nach welchen Anforderungen von Fortgeschrittenen gebündelt wahrgenommen, gewichtet und bearbeitet werden. Durch weitere Verdichtungen der Regeln und Richtlinien zu Perspektiven eröffnen sich in der Phase der Kompetenz Möglichkeiten einer gezielten Vorausschau und Planung, darauf weiter aufbauend zu einer Reduktion der Komplexität der Situationswahrnehmung (gewandte Könner), bis hin zu einer holistisch-intuitiven Situationswahrnehmung, auf deren Grundlage Expert/-innen unter Berücksichtigung mehrerer Alternativen intuitiv ausgewählt handeln. Die Grenzen zwischen den Phasen können fliessend sein, eine Berufsperson kann sich anforderungsspezifisch zur selben Zeit in unterschiedlichen Phasen befinden. Eine Befragung von Studierenden (Keller-Schneider 2007b) am Ende ihrer Ausbildung hat ergeben, dass sie sich bezüglich Anforderungen der Planung von Unterricht als kompetent einschätzen (Phase Kompetenz), bezüglich der Bewältigung von Anforderungen der Elternarbeit und des Erstellens von Semesterzeugnissen jedoch als Noviz/-innen.
Diesem Modell folgend lassen sich Studierende und Referendar/-innen als Noviz/-innen bezeichnen, die sich regelgeleitetes Wissen aufbauen, in der Praxis erproben, Ergebnisse evaluieren, um daraus abgeleitete Erkenntnisse erneut zu erproben. Je nach Schwerpunktsetzungen der Ausbildung bzw. ihrer Vertreter/-innen werden entsprechende Vorgehensweisen gewählt. Die einen halten es für sinnvoll, über objektiv als richtig bezeichnete Handlungsweisen angehende Lehrpersonen anzuleiten, entsprechende Zielerreichungen zu beurteilen (Wie gut wurde die Handlungsanweisung umgesetzt? Welche Mängel können festgestellt werden? In welchen Bereichen soll warum und wozu optimiert werden?) und regelgeleitetes Wissen zu stärken. Andere setzen eher darauf, die Erprobungen zu reflektieren (Was ist mir wie gelungen? Wie lässt sich etwas erklären? Wozu wurde ein spezifisches Vorgehen gewählt?) und über die Reflexion der erprobten Handlungsanweisungen subjektive Zugänge zur Lösung zu stärken.
«Wie bringe ich das, was ich gelernt hatte, unter einen Hut? Einerseits muss ich Störungen klären, nötigenfalls auch unterbinden, andererseits habe ich auch gelernt, dass effizient genutzte Unterrichtszeit ein zentrales Merkmal guten Unterrichts ausmacht. Doch beides gleichzeitig zu erreichen kriege ich nicht hin! ...» (Wanda Färber)
Berufseinsteigende als Fortgeschrittene verfügen über regelgeleitetes Wissen, welches sie in der Auseinandersetzung mit situativen Anforderungen weiter differenzieren und zu von Richtlinien geleitetem Wissen weiterentwickeln. Die Widersprüchlichkeiten ‹unter einen Hut zu bringen› erfordert Synergiebildungen auf einer übergeordneten Ebene.
«Ja, nun habe ich es geschafft! Eigentlich weiss ich nicht, was es ausmacht, dass ich jetzt davon überzeugt bin, im Beruf angekommen zu sein. Ich verfüge über ein Repertoire, das mir ermöglicht, situativ auf die Schüler und Schülerinnen einzugehen und parallel dazu die Klasse im Auge zu behalten. Ebenso gelingt es mir, die Arbeiten und Entwicklungen in der Schule mitzugestalten und auch mal Stellung zu nehmen. Wenn ich zurückdenke, wie lange ich brauchte, bis ich mich für einen Unterrichtsablauf entscheiden konnte, und wie ich dann im entsprechenden Moment doch vergass, was ich mir wie überlegt hatte. Etwas erstaunt bin ich schon, dass es mir jetzt leichtfällt, auch im Moment selber mein Vorhaben umzustellen, ohne den Faden zu verlieren. Diese Entscheidungen laufen irgendwie und unbewusst; erklären könnte ich das nicht ...» (Irene Ziegler, in Keller-Schneider 2010a)
Erste Synergiebildungen ermöglichen, ähnliche Situationen als solche zu erkennen, Differenzen zu bereits erlebten wahrzunehmen und erfahrungsbasiert mit sich verändernden Situationen zurechtzukommen (Shulman 1986, Bromme 1992, Berliner 2001). Erste Anpassungen an situative Anforderungen werden vollzogen und stellen Entwicklungsschritte dar. Regeln werden erweitert und geben als Richtlinien Leitplanken für die Bewältigung von neuen Anforderungen. Ähnliche Anforderungen in unterschiedlichen Situationen zu erkennen, führt zu Synergien, die durch eine Verdichtung und Vernetzung von Anforderungen eine Reduktion der Komplexität ermöglichen.
Erkenntnisse, die aus Erfahrungen hervorgehen, bilden solide Grundlagen, um neue Anforderungen und Widerfahrnisse zu bewältigen, welche aufgrund des veränderten Referenzrahmens anders wahrgenommen werden (Keller-Schneider 2010a, S. 115 f.). In den Beruf einsteigende Lehrpersonen sind gefordert, ihr Wissen auf die Situation hin anzupassen und aufgrund der gemachten Erfahrungen weiterzuentwickeln. Der Berufseinstieg stellt Entwicklungsaufgaben, deren Lösung zu einer veränderten Strukturierung der Wahrnehmung von Anforderungen führt und neue Perspektiven eröffnet. Das folgende Zitat illustriert, dass aus der Perspektive einer spezifischen Phase zukünftige Kompetenzentwicklungsschritte nicht erkannt werden können:
«Wenn ich an den Anfang meiner Berufstätigkeit als Lehrerin vor gut einem Jahr zurückdenke, so wird mir bewusst, dass ich nun an einem ganz anderen Ort stehe. Vor Berufseinstieg hatte ich nicht erwartet, dass so Vieles auf mich zukommen wird, und dass ich in so kurzer Zeit nochmals so viel lernen muss und kann! Auch meinte ich das Unterrichten im Griff zu haben. Das Ganze ist aber viel komplexer, als ich es mit vorstellen konnte.» (Simone Alt, in Keller-Schneider 2012b, S. 44)
Berufsanfänger/-innen unterscheiden sich in der Strukturierung der Anforderungen. Sie erkennen weniger Synergien als erfahrene Lehrpersonen und verknüpfen Anforderungen anders (Keller-Schneider 2010a und 2015a). Erfahrungswissen kann somit nicht einfach weitergegeben werden (Keller-Schneider 2009a); Berufseinsteigende sind gefordert, selbst Erfahrungen zu machen und sich auf den Prozess der weiteren Professionalisierung einzulassen (Keller-Schneider 2018a). Impulse anderer können als Ideen dienen, müssen aber vor dem Hintergrund der eigenen Werte und Überzeugungen gewichtet und verändert werden. Impulse anderer können Möglichkeiten aufzeigen, Lösungswege aber müssen selber gesucht werden.
Die Wahrnehmung und Deutung von Anforderungen lassen sich über berufsphasenspezifische Strukturierungen (Keller-Schneider 2010a, 2015a) und über ein sich veränderndes Kompetenzerleben beschreiben (Keller-Schneider 2017a). Darüber hinaus tragen auch individuelle Merkmale dazu bei, inwiefern spezifische Anforderungen als Herausforderungen wahrgenommen und in welcher Intensität diese bearbeitet werden.
Das Berufsfeld stellt Anforderungen, die von den Lehrpersonen aufgrund ihrer individuellen Ressourcen unterschiedlich wahrgenommen und gewichtet werden (vgl. Abb. 3). Die Anforderungen lassen sich zu Anforderungsbereichen bündeln, die sich an die Rolle der Lehrperson als Berufsperson richten, an ihre Vermittlung von Sach- und Fachinhalten, an ihre Anerkennung der Schüler/-innen als Lernende und an ihre Kooperation in der Institution Schule (Hericks 2006, Keller-Schneider 2010a, Keller-Schneider & Hericks 2014, Hericks, Keller-Schneider & Bonnet i.V.).
Anforderungen können als Widerfahrnisse im situativen Kontext verstanden werden, die gemäss unbewusst ablaufenden Selektionsprozessen wahrgenommen werden (Goldstein 2014). Das bedeutet, dass spezifische Gegebenheiten und die daraus resultierenden Anforderungen individuell unterschiedlich wahrgenommen und gedeutet werden.
Stress- und ressourcentheoretischen begründet werden wahrgenommene Anforderungen nach ihrer subjektiven Bedeutung und Bewältigbarkeit eingeschätzt (Transaktionale Stresstheorie, Lazarus & Launier 1981). Dabei werden zur Verfügung stehende und zu investierende Ressourcen gegeneinander abgewogen (Theorie der Ressourcenerhaltung, Hobfoll 1989). Diese Einschätzungen laufen intuitiv als unbewusste Prozesse ab. Sie können in Reflexionsprozessen dem Bewusstsein zugänglich gemacht werden oder bleiben weiterhin unbewusst. In beiden Fällen steuern sie den Prozess der Wahrnehmung von Anforderung mit (Gigerenzer 2007).
Je nach Ausgang dieses Prüfprozesses werden Aufgaben als Herausforderungen angenommen und mittels individueller Ressourcen wie Wissen und Können, Motive und Ziele, Überzeugungen, Selbstregulationsfähigkeiten, stabile Persönlichkeitsmerkmale und Emotionen bearbeitet (Cochran-Smith & Zeichner 2005, Keller-Schneider 2010a).
Die folgenden Fragen werden dabei unbewusst gestellt und zu beantworten versucht:
» Weiss ich etwas dazu?
» Kann ich damit umgehen?
» Wovon gehe ich aus? Was hat sich bewährt/nicht bewährt bzw. funktioniert oder funktioniert nicht?
» Was treibt mich dazu an, mich damit auseinanderzusetzen?
» Was ist mir wichtig? Was will ich erreichen?
» Wie gehe ich ganz grundsätzlich an Dinge heran?
» Wie viel will und kann ich investieren? Wo setze ich Grenzen?
» Wie ist meine Stimmung grundsätzlich?
» Will ich mögliche Unterstützung aufsuchen? Wer könnte mich dabei unterstützen?
Diese Fragen fokussieren mehrere Ressourcenbereiche, die unterschiedliche Funktionen im Wahrnehmungsprozess übernehmen:
» Wissen und Können bilden Grundlagen für die Handlungsfähigkeit2. Professionswissen (Shulman 1987, Bromme 1992) lässt sich in Fachwissen, fachdidaktisches Wissen, pädagogisch-psychologisches Wissen, Beratungs- und Organisationswissen gliedern, wobei zwei dieser Wissensbereiche sich auf die zu unterrichtenden Schulfächer beziehen, drei weitere auf die überfachlichen, den Beruf insgesamt betreffenden Kompetenzen.
» Werte und Überzeugungen3 geben als Referenzrahmen Klarheit darüber, was als richtig und wichtig betrachtet wird. Sie gelten im subjektiven Denken als gegeben und dienen den Handlungsmöglichkeiten als Leitplanken. Damit können sie dem, was als machbar und für möglich gehalten wird, auch Grenzen setzen. Überzeugungen beziehen sich auf die Lernbarkeit von Unterrichtsinhalten (epistemologische Überzeugungen), auf Wertebindungen (value commitments), auf den Vorgang des Unterrichtens (unterrichtbezogene Überzeugungen), auf Prozesse von Lehren und Lernen (lerntheoretische Überzeugungen), auf das Lernen der Schülerinnen und Schüler (schülerbezogene Überzeugungen) sowie auf den handelnden Akteuren selber (selbstbezogene Überzeugungen).
» Ziele und Motive4 wirken als dynamische Komponenten auf die Ausrichtung der Handlungen ein5. Sie geben dem Handeln Antrieb und Ausrichtung. Antrieb kann von der individuellen Person, ihren Wünschen, Bedürfnissen und Interessen kommen (intrinsische Motive) oder von aussen, wenn der zu erreichende Zustand (Belohnung, soziale Anerkennung) von Bedeutung ist (extrinsische Motive). Als weitere Komponenten bewirken Zug- und Druckmotive unterschiedlichen Dynamiken6: Im einen Fall wird etwas gemacht, um etwas zu erreichen, im andern, um einer Situation zu entrinnen bzw. nicht in diese hineinzugeraten. Willentliche Entscheidungen (von Volition gestützt) tragen dazu bei, ob eine nicht-intrinsisch motivierte Handlung auch wirklich angepackt wird. Motive können sehr vielfältig sein – ihre Wirkung auf das Handeln ist in jedem Falle dynamisierend.
» Stabile und situationsunabhängige Dispositionen7 stellen wenig veränderbare, individuelle Merkmale der Persönlichkeit dar, die als Filter die Wahrnehmung mitbestimmen. In gängigen Persönlichkeitstheorien lassen sich unterschiedliche Persönlichkeiten mit den Merkmalen Extraversion, emotionale Stabilität, Offenheit für neue Erfahrungen, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit beschreiben.
» Selbstregulative Fähigkeiten8 ermöglichen, den eigenen Ressourceneinsatz im Sinne von Handlungs- und Einsatzbereitschaft zu steuern. Engagement und das Respektieren von Grenzen sollen sich die Waage halten, um vorhandene Ressourcen und Kräfte in den Dienst der Sache zu stellen und zu nutzen; dabei müssen aber auch die Grenzen von Möglichkeiten beachtet werden, um auf längerfristige Ziele bezogen handlungsfähig zu bleiben. Ein sorgfältiges Abschätzen der grundlegenden Veränderbarkeit einer Situation, der verfügbaren Möglichkeiten, aber auch der ‹Kosten›, die dabei entstehen, kann vor nichtdienlichem Ressourcenverlust schützen.
» Emotionen: Stimmungen (stabile oder situative) bestimmen die Wahrnehmung von Anforderungen mit. Erlebt sich jemand als müde und matt, so können alltägliche Anforderungen zu Überforderungen werden; sind Freude und Zufriedenheit dominant, so werden diese Anforderungen mit Leichtigkeit angegangen.
» Aktivierbare soziale Ressourcen9 stellen ein weiteres Potenzial zur Bearbeitung und Bewältigung von Berufsanforderungen dar. Soziale Ressourcen lassen sich in Ressourcen aus beruflichen und privaten Kontakten gliedern. Sie werden zur Unterstützung in der Bewältigung von Anforderungen eingeholt wie auch zur Entlastung durch emotionale Unterstützung. Soziale Ressourcen müssen als solche wahrgenommen und aktiviert werden, um nutzbar zu werden. Somit sind auch in diesem Bereich individuelle Wahrnehmungen und Deutungen von Potenzialen von Bedeutung.
Diese Faktoren wirken auf den Wahrnehmungsprozess von spezifischen Anforderungen ein und prägen mit, inwiefern Anforderungen als Herausforderungen angenommen und bearbeitet werden (vgl. Abb. 3, Keller-Schneider 2018a, nach ebd. 2010a, S. 113).
Die Einschätzung der Bewältigung von beruflichen Anforderungen kann zu unterschiedlichen Entscheidungen führen, welche den Prozess der Bearbeitung bestimmen:
(1) Können die beruflichen Anforderungen routiniert bewältigt werden, so führt die Handlung zur Festigung von bestehenden Routinen. Routiniert bewältigbare Anforderungen werden weder als belastend noch als beanspruchend wahrgenommen und führen zu keinen neuen Erkenntnissen.