Cover

Die
Ordnungen
des
Erfolgs

Einführung
in die
Organisationsaufstellung

Kristine Erb

Kristine Alex

© Verlagshaus Alex, Gollenshausen 2013
Coverlayout: Regine Richter
Coverbild: Kristine Alex
Illustrationen: Karl-Heinz Brecheis
Graphiken: InConcept, Reinhard Hill München

ISBN 978-3-942840-04-0
ebook (epub)

Für meine Eltern

Inhalt

Einleitung

Die Methode

Der Ursprung systemischer Aufstellungsarbeit

Wie funktioniert eine systemische Aufstellung?

Systemaufstellungen im Berufskontext

Wie bekannt sind Aufstellungen in der Wirtschaft?

Welchen Nutzen bringen systemische Aufstellungen im beruflichen Kontext?

Systemaufstellungen in Unternehmen

Auf welche Fragen geben Aufstellungen Antworten?

Welchen Rahmen braucht Aufstellungsarbeit?

Wer stellt auf?

Aufstellungstechnik

Der Aufstellungsablauf

Die Klärung des Anliegens im Vorgespräch

Die Auswahl der Stellvertreter

Das Aufstellen des Repräsentanten

Das Befragen der Repräsentanten

Das Entwickeln von Lösungsbildern

Das Ende der Aufstellung

Das Entrollen der Teilnehmer

Rückmeldungen an den Klienten

Vor – während – nach der Aufstellung

Die räumlichen Rahmenbedingungen

Die drei Leitlinien der Aufstellungsarbeit

Die Aufgaben von Aufstellungsleiter, Klient, Repräsentant und

Zuschauer während der Aufstellung

Die Wahrnehmung des Aufstellungsfeldes

Einwände und Widerstände

Die Zeitachse in einer Aufstellung

Wie nahe kann man der Lösung kommen?

Die Gesprächsrunde

»Typische« Fragen

Prozessarbeit

Was bedeutet phänomenologisches Arbeiten?

Interventionen

Die Stellungsarbeit

Die verbale Interaktion

Gestik und Mimik

Prozesstechniken

Etwas »dahinter« auftauchen lassen

Zu welcher »Altersphase« gehört das Gefühl des Klienten?

Systemebenenwechsel

»Verdecktes« Arbeiten

Der Einsatz der kataleptischen Hand

Fehlende Positionen

Wie lange sollte eine Aufstellung dauern?

Wann breche ich die Aufstellung ab?

Die Wirkung systemischer Aufstellungsarbeit

Wie wirken systemische Aufstellungen?

Wie funktioniert die Informationsübermittlung an Repräsentanten?

Wie schnell setzen sich Lösungen um?

Klienten berichten über die Wirkung ihrer Aufstellung

Aufstellungsformen

Organisationsaufstellungen

Strukturaufstellungen

Das Aufstellen des »ausgeblendeten« Themas

Die Zielaufstellung

Die Glaubenspolaritätenaufstellung

Das (negierte) Tetralemma

Supervisionsaufstellungen

Sonstige Aufstellungsformen

Juristische Aufstellungen

Aufstellungen von Drehbüchern und Theaterstücken

Die Einzelarbeit

Das Erlernen der Aufstellungsarbeit

Welche Voraussetzungen werden benötigt, um eine Aufstellung zu leiten?

Übungen

Beispiele von Aufstellungsarbeit im beruflichen Kontext

Was hat die Ursprungsfamilie mit meinem Arbeitsplatz zu tun?

Eine berufstätige Mutter: Wie bekomme ich Berufs- und Privatleben unter einen Hut

Mein Ziel

Der eigene Weg

Mein Dilemma

Warum fällt es mir so schwer, Entscheidungen zu treffen?

Personalentscheidungen

Welche Aufgaben habe ich nach der Fusion?

Reaktionen der Kunden auf das neue Produkt

Die geklaute Produktidee

Meine Produktpalette

Was ist eine gute Position für einen externen Berater?

Warum zieht es mich immer ins Ausland?

Ich und das Geld

Mir fällt es schwer; Geld anzunehmen

Existenzgründer auf dem Weg zum Erfolg

Prüfungen

Mir ist alles zu viel

Hilfe, mein Nacken ist verspannt!

Wie gehe ich mit meinem Burn-out-Syndrom um?

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Methode

Das menschliche Energiefeld – die wissenschaftliche Erforschung in Vergangenheit und Gegenwart

Die Macht des Schmetterlings

Dank

Glossar

Literatur

Über die Autorin

Einleitung

Systemische Aufstellungen – seit 20 Jahren im familientherapeutischen Kontext bekannt und inzwischen weltweit praktiziert – werden seit kurzem verstärkt im beruflichen Bereich eingesetzt. Mit Aufstellungsarbeit sind komplexe Zusammenhänge besser zu verstehen und in kurzer Zeit Lösungswege zu entdecken. Dies macht sie für die Wirtschaft interessant. Die globale Vernetzung steigt kontinuierlich und der Wunsch, nachhaltige Veränderungsprozesse einzuleiten, Desaster bei Umstrukturierungen zu vermeiden, Einblicke in die Auswirkungen von Outplacement-Politik und Börsengängen zu gewinnen sowie Systeme besser zu verstehen, lenken den Blick auf das, was Aufstellungen bieten.

Eine wesentliche Voraussetzung für ein adäquates Einsetzen der Methode ist die umfangreiche Erfahrung des Aufstellungsleiters bzw. der Aufstellungsleiterin (AL)*1 mit der Aufstellungsarbeit: Das häufige Einnehmen unterschiedlichster Perspektiven wie Zuschauen, Repräsentant sein, eigene Anliegen aufstellen, die Wirkung von aufgestellten eigenen Themen an sich erleben und über einen längeren Zeitraum beobachten, sind die ersten Schritte. Verschiedene Techniken und verinnerlichtes Wissen können gerade beim abstrakten Arbeiten*2 die Qualität und Intensität der Arbeit verfeinern.

Besonders wichtig ist aber auch die innere Haltung, mit der ein AL aufstellt. Diese lässt sich nicht alleine durch Worte vermitteln. Wesentlich sind die Erfahrung und Achtsamkeit, die der AL gegenüber dem Klienten und den ablaufenden Prozessen einnimmt. Sicherlich ist diese Arbeit auch einem stetigen Lernprozess unterworfen, wandelt sich im Verlauf und bringt zunehmend kraftvollere Lösungsbilder hervor.

Immer wieder wird mir die Frage gestellt: »Wie viel Zeit brauche ich, um ›Aufstellen‹ zu lernen?«. Nach meinen Beobachtungen hängt die Geschwindigkeit, mit der eine Person einen guten Zugang zur Aufstellungsarbeit findet, von unterschiedlichen Komponenten ab: Hat sie die notwendige Sensibilität? Kann sie ein Energiesystem wahrnehmen? Geht sie achtungsvoll mit dem Klienten um? Hat sie sozusagen ›Feuer gefangen‹ und beschäftigt sie sich intensiv mit dem Aufstellen? Sucht sie viele Gelegenheiten, um Aufstellungen zu erleben?

Ich selbst wurde mit der Aufstellungsarbeit während meiner unterschiedlichen Tätigkeiten als Projektmanagerin für kontinentübergreifende Studien und Forschungsvorhaben im Gesundheitsbereich konfrontiert. Wiederholt griff ich auf die Aufstellungsarbeit zurück. Es brachte mir immer sehr wertvolle Hinweise. Nach meinem letzten längeren beruflichen Aufenthalt in der Ruandaflüchtlingsoperation in Ostafrika beschloss ich, mich hauptberuflich auf den Einsatz von Aufstellungsarbeit in der Wirtschaft zu spezialisieren.

Über die vermehrte Nachfrage, insbesondere aus der Wirtschaft, ergab sich ein neuer Schwerpunkt meiner Aufstellungsarbeit: das Lehren von Aufstellungsarbeit. Nachdem ich schließlich umfangreiches Material gesammelt hatte, entschied ich mich, meine Erkenntnisse in Form eines Buch niederzuschreiben. Schon während des Schreibens haben sich viele Einsichten weiterentwickelt und verfeinert. Ein Prozess, der sicher weitergeht. Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, die wesentlichen Aspekte der Aufstellungsarbeit in verständlicher Form darzulegen. Meinen Lesern wünsche ich eine spannende und erkenntnisreiche Auseinandersetzung mit der Aufstellungsarbeit.

Die Methode

Der Ursprung systemischer Aufstellungsarbeit

Woher kommt die Methode?

Vor ca. 20 Jahren wurde von Bert Hellinger das so genannte Familienaufstellen entwickelt. Er erforschte grundlegende Ordnungen in Familiensystemen und das, was sie in Un-Ordnung bringt. Inzwischen gibt es viel Wissen über adäquate Interventionsschritte zur Kraftfindung und Lösung für den Klienten in verstrickten familiären Situationen. Es ist möglich, unbewusste Muster mithilfe von Aufstellungsarbeit zu erkennen. Dadurch verändert sich der Handlungsspielraum und neue Verhaltensweisen werden möglich.

In den letzten Jahren wurde begonnen, die Aufstellungsarbeit auch in anderen Bereichen, insbesondere im beruflichen Kontext, zu erforschen und einzusetzen. Sehr interessant sind dabei die Verbindungen und Unterschiede von familiären und berufsbezogenen Systemen. Die Entwicklung steht hier noch relativ am Anfang. Sicherlich werden sich noch viele Erkenntnisse über grundlegende Ordnungen und Strukturen von Organisationssystemen herauskristallisieren.

Was bedeutet der Begriff systemisch?

Beim Aufstellen wird der Gesamtkontext, das ganze System, mit einbezogen und berücksichtigt. Daher wurde der Begriff systemische Aufstellung gewählt.

Was ist das Besondere?

Das Besondere an Aufstellungen ist das Phänomen, dass Stellvertreter sich ohne vorherige Preisgabe von Information über ein System in Personen und abstrakte Positionen hineinspüren können. Dies ist ein grundlegender Unterschied zu herkömmlichen Rollenspielen: Hier ist die Information von dem, was vorgefallen ist, wichtig. Unbewusste Phänomene kommen beim Aufstellen ans Licht und es kann dadurch bewusst damit umgegangen werden. Die Wirklichkeit zeigt sich neu.

Ein Teilnehmer beschreibt das Einnehmen einer Repräsentantenrolle folgendermaßen: »Viele sprechen von Rolle, das ist auch nicht verkehrt. Sie betrifft jedoch nicht nur das Geschehen, vor allem wenn sich dahinter viel Schicksal verbirgt. Ich selbst sehe das ›Repräsentantsein‹ als eine Aufgabe, die mitunter ziemlich anstrengend ist. Das ›Hineinspüren‹ in das Leben und die Umstände, sprich Schicksal, ist keine Rolle, die man ›spielt‹ wie eine Schauspielrolle.«

Phänomenologisches Vorgehen

Grundlegend bei der Aufstellungsarbeit ist ein phänomenologisches Vorgehen, d.h. dass das, was während des Aufstellens auftaucht, sich zeigt und sichtbar wird, in diesem Moment wichtig ist. Damit arbeitet der AL. Sein wichtigster Maßstab für das weitere Vorgehen im Aufstellungsprozess ist die Wirkung von Interventionsvorschlägen auf die Repräsentanten, während nach Lösungen gesucht wird.

Welche therapeutischen Verfahren haben das Aufstellen beeinflusst?

Als Vorläufer von Aufstellungen können sowohl das Psychodrama (nach Moreno), Familienskulpturen und Familienrekonstruktionen (Satir) genannt werden. Elemente dieser Methoden fließen ins Aufstellen mit ein, ebenso umfangreiche Elemente der Hypnotherapie nach Erickson.

Wie unterscheidet sich die Methode von anderen therapeutischen Formen?

Einige Therapiemethoden beschäftigen sich sehr umfangreich mit alten Erlebnissen. Bei der systemischen Aufstellungsarbeit hält man sich dagegen nicht lange mit Analysen auf. Im ersten Aufstellungsbild spiegelt sich der Status quo, die aktuelle Situation. Der Schwerpunkt liegt in der Einleitung von Wandlungsprozessen und dem Finden von Lösungen und neuen Ordnungen. Dies geschieht durch Veränderung der Stellung im Raum und durch verbale Interaktionen der Repräsentanten. Sätze wie »Du warst vor mir da«, »Ich kam nach dir« lösen verstrickte Situationen und benennen die richtige Systemordnung.

Bei Familienaufstellungen gibt es klare Erkenntnisse über eine geordnete Stellung im Raum: Vater und Mutter stehen ihren Kindern gegenüber. In Organisationsaufstellungen steht der hierarchisch Oberste im Allgemeinen rechts von seinen Mitarbeitern. Diese werden hierarchisch absteigend positioniert. Genauso kann nach Dauer der Zugehörigkeit aufgestellt werden.

Wichtigste Unterschiede des Aufstellens zur Skulpturarbeit sind nach Gunthard Weber:

• Beim Familienstellen wird mit Stellvertretern gearbeitet.

• Es wird Abstand von der Zeit genommen. Die inneren Bilder, die die Aufstellenden von einem System in sich tragen, werden aufgestellt und nicht bestimmte Ereignisse situationsbezogen dargestellt.

• Der Platz gilt und die Empfindungen. Anweisungen an Gestik, Mimik etc. unterbleiben.

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Wie funktioniert eine systemische Aufstellung?

Aufstellungsarbeit ist sinnvoll in verfahrenen Situationen, um alte Muster zu unterbrechen und neue Lösungswege zu entdecken.

Aufstellungen sind sowohl in der Einzelarbeit als auch in der Gruppenarbeit effektiv einsetzbar. Stehen Repräsentanten – am besten neutrale Personen – zur Verfügung, werden Beziehungsstrukturen mithilfe von Stellvertretern im Raum aufgestellt. Die Repräsentanten spüren sich verblüffend authentisch in ihre Positionen hinein. Das erste Bild spiegelt treffend den Status quo einer Situation. Durch verbale und räumliche Interaktionen werden Veränderungsprozesse eingeleitet. Das erarbeitete Lösungsbild dient als Informations- und Kraftquelle und erweitert die Fantasie und den Handlungsspielraum desjenigen, der aufgestellt hat. Neue Wege der Lösung können beschritten werden.

In der Einzelarbeit definiert der Klient die einzelnen Positionen im Raum nach seinem Empfinden z.B. mit Figuren, Kissen oder auf den Boden ausgelegten Blättern. Er selbst oder der AL spüren sich in die einzelnen Positionen hinein. Dieses Vorgehen funktioniert erstaunlich gut. Ähnlich wie bei der Arbeit mit Repräsentanten werden auch hier Lösungsbilder und -prozesse erarbeitet.

Systemaufstellungen im Berufskontext

Wie bekannt sind Aufstellungen in der Wirtschaft?

In Unternehmen wird in letzter Zeit vermehrt nach Aufstellungen gefragt. Mitarbeiter, Personal- oder Führungskräfteentwickler, die Familienaufstellungen kennen gelernt und davon gehört haben, dass sich die Methode auch für berufliche Themen einsetzen lässt, sind neugierig darauf geworden, die Einsatzmöglichkeiten im Berufskontext zu erleben.

Die Einführung der Methode in das jeweilige Unternehmen oder die jeweilige Organisation hängt nicht zuletzt davon ab, ob der Mut und die Entscheidungskompetenz vorhanden sind, Neues auszuprobieren und einzuführen, ob die Arbeit persönlich erlebt worden ist und welche und wie viele Personen über ihren Einsatz mitentscheiden.

Stark zunehmend ist die Nachfrage von Trainern, Beratern und aus Personalentwicklungsabteilungen, systemische Organisationsaufstellungen professionell zu erlernen.

Welchen Nutzen bringen systemische Aufstellungen im beruflichen Kontext?

Mithilfe systemischer Aufstellungen lassen sich für vielfältige Fragestellungen in sehr kurzer Zeit maximale Erkenntnisfortschritte erzielen, konkrete Handlungsalternativen aufzeigen und Lösungsansätze erarbeiten.

Durch die Teilnahme an Aufstellungen verbessern Manager ihre Wahrnehmungsfähigkeit und Sensibilität. Die gesammelten Erfahrungen beim Repräsentantsein helfen im Alltag, Gefühle besser zu spüren und einzuordnen. »Ich weiß besser, was los ist« – so eine Managerin nach häufiger umfangreicher Teilnahme an Aufstellungsseminaren. Die Achtsamkeit wird erhöht. Die Fähigkeit zum Querdenken wird trainiert. Verbindungen und Abhängigkeiten zwischen Systemelementen werden erkannt. Zusammenhänge und Lösungswege werden durch die Außensicht aufs eigene System klar. Wandlungen werden eingeleitet. Ein neuer Zugang zu (oft) vermeintlichen Hindernissen und bisher unbekannten Ressourcen wird gewonnen. Führungskräfte sparen im Vergleich zu alternativen Methoden sehr viel Zeit.

Gibt es in einer Firma einen Teamkonflikt, wird in Unternehmen üblicherweise ein Teamentwicklungsseminar vorgeschlagen, was bedeutet, dass das ganze Team für drei Tage aus dem normalen Arbeitsablauf freizustellen ist. Eine erfahrene Trainerin beschreibt den Vorteil von Aufstellungsarbeit folgendermaßen: »Mir erspart eine Aufstellung mit dem Teamchef die Durchführung eines Teamentwicklungsseminars mit allen Beteiligten«.

Aufstellungen bringen in sehr kurzer Zeit maximalen Erkenntnisgewinn. Manager sparen Zeit und Geld.

Systemaufstellungen in Unternehmen

Das Feld des Unbewussten in Systemen

In aus Menschen bestehenden Systemen – Unternehmen, Institutionen, Organisationen – gibt es eine unausgesprochene Ebene, die als das gemeinsame Feld des Unbewussten des Systems bezeichnet werden kann. Systemische Aufstellungen ermöglichen auf phänomenologische Weise Einblicke in das, was Systeme verbindet und zusammenhält. Sie schaffen einen sehr lebendigen Zugang zu neuen Dimensionen von Zusammenhängen und ermöglichen Einblicke in das, was Systeme verbindet und zusammenhält. Mit diesem Instrument kann Unbewusstes sichtbar werden und als kraftvolle Ressource in Lösungsbilder einfließen.

Der Drang, über diese Themen mehr zu erfahren und zu begreifen, besteht momentan in vielen Wissenschaften, z.B. in der Physik, der Biologie und bei Innovations- und Zukunftsforschern. Der Zusammenhang morphogenetischer Felder wird weltweit untersucht. Schlagworte wie »Vernetzung«, »systemisches Denken« und »lernende Organisationen« beherrschen die gesellschafts- und organisationspolitische Debatte.

Die Verflechtungen in Unternehmen

Weltweit nehmen die Verflechtungen in und zwischen Unternehmen zu. Firmenfusionen sind an der Tagesordnung. Die Komplexität interner Konzernverhältnisse steigt. Verworrenheit entsteht. Für die Angestellten wird es zunehmend schwieriger, sich über klare Aufgaben und Plätze in der Hierarchie zu definieren. Es wirken immer mehr äußere, fremdbestimmte Einflüsse auf sie ein. Durch technischen Fortschritt und zunehmende Globalisierung verkürzen sich die Zeitabstände der Neuerungen. Die Unsicherheit, die viel Energie bindet, nimmt zu.

Das Einleiten von Veränderungen im systemischen Kontext

Um Veränderungen erfolgreich einzuleiten und zu etablieren, ist eine systemische Betrachtungsweise in Unternehmen und Institutionen unabdingbar. Jedes Mitglied eines Systems in einem Unternehmen und einer Institution hat einen bestimmten Handlungsspielraum, der von den anderen Systemelementen bestimmt wird. Dies bedeutet in der Praxis, dass es für jede Entscheidung wichtig ist, den Gesamtkontext zu berücksichtigen. Die Vorgeschichte eines Unternehmens, bis zu den Gründern zurückgehend, kann einen wichtigen Einfluss haben. Oft spielen gegenseitige Achtung und Würdigung eine große Rolle. Werden Rangfolge, Zugehörigkeit, der Ausgleich von Geben und Nehmen beachtet und erhält jeder seinen angemessenen Platz, profitiert das ganze System.

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Auf welche Fragen geben Aufstellungen Antworten?

Systemische Aufstellungen eignen sich im Berufskontext für eine Vielfalt von Fragestellungen, die sich auf den zwischenmenschlichen oder persönlichen Bereich beziehen. Sogar mit abstrakten Elementen, wie Produkten und deren Wirkung auf Kunden, Visionen, Leitbildern und Zielen, kann gearbeitet werden:

Themengebiete, die sich mit Aufstellungen bearbeiten lassen

• Den eigenen Platz finden und einnehmen im System

• Auflösung systemischer Verstrickungen

• Erkennen von Störungen im System

• Beziehungsverhältnisse im System klären

• Alternativen prüfen – richtig entscheiden

• Verhandlungen vorbereiten

• Ziele setzen – Ziele erreichen

• Entwicklung und Umsetzung von Visionen

• Schärfung systemischer Wahrnehmung

• Betriebsklima

• Konfliktmanagement

• Führungsstil

• Kundenmanagement optimieren: Kundenzufriedenheit

• Innovationen entdecken und einführen

• Marketingstrategieentwicklung (Produktentwicklung)

• Einschätzen zukünftiger Entwicklungen

• Umgang mit Chaos

• Krisenintervention

• Bankenmanagement

• Umstrukturierungen: Neue Strukturen schaffen und etablieren

• Die Nachfolge meistern; familiäre und wirtschaftliche Interessen berücksichtigen

• Firmengründung mit Erfolg

• Stellen optimal besetzen

• Unternehmensfusionen

• Auswirkungen eines Börsenganges

• Juristische Auseinandersetzungen

Welchen Rahmen braucht Aufstellungsarbeit?

Die wichtigste Voraussetzung für Aufstellungsarbeit

Ein wichtiger Grundsatz für den Einsatz systemischer Aufstellungen in der Wirtschaft ist:

Aufstellungen kann man nur mit Personen durchführen, die bereit sind, auf dieser Ebene zu arbeiten. Wichtig ist auch der richtige Zeitpunkt der Aufstellung.

Die »Verordnung« eines Aufstellungsseminars funktioniert nicht. Auch macht es keinen Sinn, Aufstellungen mit der Haltung auszuprobieren: »Zehn andere Trainings haben nichts gebracht, schauen wir uns mal an, was das Aufstellen zu bieten hat.« Oft fehlt dann die Bereitschaft, sich tiefer einzulassen.

Welche Rahmenbedingungen brauchen systemische Aufstellungen?

Wichtige Rahmenbedingungen sind:

• Eine geschützte Atmosphäre: In Aufstellungsgruppen ist es üblich zu vereinbaren, dass nichts Personenbezogenes weitererzählt wird.

• Ein konkretes Anliegen mit ernsthaftem Leidensdruck.

• Vertrauen des Klienten zum AL und zur Gruppe.

• Klienten und Repräsentanten lassen sich auf die Spürebene ein.

• Annehmen von dem, was sich zeigt.

• Der Stellvertreter äußert offen alle Wahrnehmungen.

• All das, was sich zeigt, bekommt seinen Platz: Es werden keine Wertungen vorgenommen.

• Keine ausschweifenden Interpretationen und Kommentare zu dem, was passiert, möglichst keine »Empfehlungen aus eigener Erfahrung«.

• Kein Missbrauch der Aufstellungsmethode (manipulative Zwecke etc.).

Es kann sein, dass einem Klienten bewusst wird, dass durch Aufstellungsarbeit persönliche Dinge ans Tageslicht kommen können, mit denen er sich momentan nicht auseinander setzen möchte. Es ist wichtig, dies dann zu äußern und weitere Aufstellungsarbeit auf den richtigen Zeitpunkt zu verschieben.

Aufstellungsseminare in Firmen

Aufstellungsseminare unterscheiden sich von dem sonst üblichen Prozedere von Seminaren, welche im Berufskontext von Firmen veranstaltet werden. Sie werden entweder von einer ganzen Gruppe oder einer Einzelperson gewünscht und veranlasst. Jemand kennt einen Aufstellungsleiter, zu dem eine Vertrauensbasis besteht. Die Bereitschaft, auf der Aufstellungsebene zu arbeiten, ist absolute Voraussetzung. Aufstellungsseminare können nicht »verordnet« werden. Oft eignen sie sich für Themen, bei denen verbale Coachingformen zum aktuellen Zeitpunkt nicht weiterhelfen.

Es wird kein theoretisches Wissen vermittelt. Der aufstellende Klient erhält keine Handlungsanweisung von außen. Er arbeitet an seinem persönlichen aktuellen Thema und entscheidet aufgrund seines Erlebens und Beobachtens, wie er damit umgeht. Die Eigenverantwortung des Klienten ist ein zentrales Element der Aufstellungsarbeit und seiner Wirkung.

Unterschiedliche Aufstellungskontexte

• Aufstellungsarbeit mit neutralen Repräsentanten

Einen Führungskonflikt stellt ein Abteilungsleiter z.B. nicht mit seinen engsten Mitarbeitern auf, sondern mit unbeteiligten Repräsentanten. Dazu ist ein geschützter Rahmen notwendig, in dem der Klient – hier der Abteilungsleiter – sicher sein kann, dass das Erlebte nicht intern weitergetragen wird. Hierfür eignet sich ein neutraler Repräsentantenpool. Er besteht aus Personen, die sich als Stellvertreter zur Verfügung stellen. Es kann ohne Benennung von Namen gearbeitet werden. Dies trägt zum Schutz bei und beeinträchtigt weder Ergebnis noch Lösungsbild. Die Aufstellung an einem neutralen Ort außerhalb der Firma oder Institution ist ebenso sinnvoll.

Stellen Mitarbeiter hierarchisch übergeordnete Verantwortungsbereiche auf, achtet der AL darauf, dass dies ohne Anmaßung und unzulässige Eingriffe geschieht.

• Aufstellungen mit dem betroffenen Team

Um Teamkonflikte innerhalb des betroffenen Teams unter Anwesenheit aller Beteiligten aufzustellen, sollte der Leiter der Aufstellung sehr viel Erfahrung und Leitungskompetenz haben. Die Aufstellungstechnik muss dafür etwas abgewandelt werden. Es ist möglich, verdeckt zu arbeiten, indem die Anwesenden für Positionen aufgestellt werden, die nicht benannt werden, die Personen also nichts von der aufgestellten Thematik wissen.

Personen verschiedener Hierarchieebenen sollten eher nicht gleichzeitig anwesend sein. Die Offenheit der Mitarbeiter ist gegenüber Kollegen auf gleicher Hierarchieebene meist größer.

Bezieht sich das Anliegen eines Teams auf externe Probleme, z.B. Kunden- und Geschäftskontakte, Neugestaltung der Produktion oder allgemeine Firmenthemen wie Unternehmenskultur, Unternehmensziele, Leitbilder, kann das Aufstellungsseminar relativ gut in und mit dem Team durchgeführt werden. Sollten sehr persönliche Dinge auftauchen, beispielsweise die innere Kündigung eines Mitarbeiters, empfehle ich, diese Themen in einem separaten und geschützten Kontext anzusprechen und aufzustellen. Die Aufdeckung unter Anwesenheit von Kollegen ist zu vermeiden.

• Offene Aufstellungsseminare

Einen geschützten Rahmen bieten auch offene Aufstellungsseminare, meist Organisationsaufstellungsseminare genannt. Es nehmen Personen aus unterschiedlichen Berufsfeldern teil. Jeder bringt sein Thema mit.

Dieses Setting bietet den Vorteil, unter »Gleichgesinnten« Themen zu bearbeiten. Man lernt von anderen Aufstellungen, nimmt eine ganze Spannbreite von Themen mit und hat die Gelegenheit, in unterschiedlichste Repräsentantenrollen zu schlüpfen. Hierdurch wird die Wahrnehmungsfähigkeit geschärft.

• Einzelarbeit

Einzelcoachings werden von Einzelpersonen aus Unternehmen für unterschiedlichste berufliche und betriebliche Anliegen wahrgenommen. Sie bezahlen dies selbst oder das Unternehmen ermöglicht Coachingsitzungen.

In der Einzelarbeit wird mit Papierblättern oder Figuren anstelle von Repräsentanten gearbeitet.

Diese Arbeit gewährleistet absolute Vertraulichkeit. Sie ist deshalb für Themen mit Öffentlichkeitswirkung und in der Öffentlichkeit stehenden Personen geeignet.

Wer stellt auf?

Wer kann aufstellen?

Aufstellen kann prinzipiell jeder. Geht es um grundsätzliche Dinge in Firmen, ist es ideal, wenn derjenige aufstellt, der auch die Kompetenz hat, etwas zu ändern. Meistens gilt dann, je höher die Person in der Hierarchie – sofern dies mit steigender Handlungskompetenz verbunden ist –, desto wirkungsvoller ist die Aufstellung.

Dies sind insbesondere Unternehmensinhaber und Gründer, Vorstände, die Geschäftsleitung oder Abteilungsleiter. Stellen andere Mitarbeiter auf, ist es günstig, wenn die Aufstellungsarbeit zumindest von oben unterstützt wird. Dies begünstigt die Umsetzung.

Darüber hinaus gibt es natürlich sehr viele mögliche Aufstellungsthemen von einzelnen Mitarbeitern, unabhängig von der Hierarchieebene, die den eigenen Handlungsspielraum betreffen.

Berührt die Frage eines Angestellten das Gesamtsystem, müssen manchmal invariable, nicht von der aufstellenden Person zu ändernde Gegebenheiten akzeptiert werden. Im Vordergrund steht dann der optimale Umgang mit den Erkenntnissen. Beispiel: Eine beschlossene Unternehmensfusion kann nicht von einem Mitarbeiter rückgängig gemacht werden, selbst wenn diese sich negativ auf einzelne Arbeitsfelder auswirkt. Der optimale Umgang mit der Unternehmensfusion steht dann im Vordergrund der Aufstellungsarbeit.

Wann wird aufgestellt?

Es gilt: Je höher der Leidensdruck und desto dringlicher eine Veränderung erwünscht wird, umso sinnvoller und meist wirkungsvoller ist das Aufstellen.

Aufgestellt werden kann in verfahrenen Situationen mit dem Ziel, nach Lösungswegen zu suchen. Ebenso kann vor wichtigen Entscheidungen und der Einführung grundlegender Neuerungen aufgestellt werden, um die potenziellen Auswirkungen und Konsequenzen besser einschätzen zu können.

Aufstellungstechnik

Der Aufstellungsablauf

Die Aufstellungsarbeit lässt sich in mehrere Phasen untergliedern. Wie jede Phase gestaltet wird, liegt zum einen am Anliegen des Klienten sowie an der Art und dem Kenntnisstand der Aufstellungsleiter. In den folgenden Kapiteln werden die einzelnen Schritte detailliert beschrieben.

Die Phasen der Aufstellungsarbeit

Die Vorbereitung der Aufstellung

Die räumlichen Rahmenbedingungen vorbereiten

Die Klärung des Anliegens

Das Abklären von Zusatzinformationen

Das Herausarbeiten klarer Fragestellungen

Der AL legt fest, was aufgestellt wird: Art der Aufstellung, Personen und/oder abstrakte Elemente

Die Aufstellung des ersten Bildes

Der Klient wählt die Repräsentanten aus

Der Klient sammelt sich innerlich und stellt die Personen im Raum auf

Der Klient setzt sich und schaut von außen zu

Der AL befragt die Repräsentanten

Prozessarbeit

Stellungsarbeit: Das Umstellen (Nähe, Distanz, Blickrichtung)

Das Ergänzen von fehlenden Positionen

Die verbale Interaktion: Der AL schlägt Sätze vor. Diese werden von den Repräsentanten auf ihre Stimmigkeit hin überprüft