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Inhaltsverzeichnis

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Autor

Prof. Dr. Bernd Tieke

Inst. f. Physikalische Chemie

der Universität zu Köln

Luxemburger Str. 116

50939 Köln

Vorwort

Die Geschichte dieses Buches beginnt im Sommer 1992, als ich nach der Berufung an das Institut für Physikalische Chemie der Universität zu Köln vor der Aufgabe stand, eine Einführungsvorlesung über Makromolekulare Chemie vorzubereiten. Die Vorlesung sollte im Wintersemester 1992/93 beginnen und der Vorlesungsstoff innerhalb von zwei Semestern in Portionen von zwei Vorlesungsstunden pro Woche vermittelt werden. Rasch zeigte sich, dass kein geeignetes Lehrbuch im Handel erhältlich war, das den Stoff für eine solche Vorlesung in knapper, verständlicher Form, in deutscher Sprache und zu einem vertretbaren Preis beinhaltet. Also blieb mir nichts anderes übrig, als den Stoff für die Vorlesung aus einer Vielzahl von Büchern - zumeist in englischer Sprache - mühsam zusammenzusuchen. Als gute Vorlagen für die Vorbereitung erwiesen sich insbesondere das klar gegliederte Buch „Introduction to Polymers” von R. J. Young, das bis auf den sehr knappen organisch-chemischen Teil eine gute Einführung in die Polymerwissenschaft liefert, einige Teile des Buches „Polymers: Chemistry & Physics of Modern Materials” von J. M. G. Cowie (und dessen deutsche Übersetzung), die sehr ausführlichen „Makromoleküle” von H. - G. Elias, H. Batzers „Polymere Werkstoffe” und die von F. Rodriguez stammenden „Principles of Polymer Systems”, von denen einige auch technische Aspekte der Makromolekularen Chemie ausführlicher behandeln. Der Mangel an geeigneten Lehrbüchern wirkte sich auch auf die Prüfungsvorbereitungen der Studenten aus. Oft wurde ich gefragt, welches Lehrbuch denn am besten geeignet sei. Um die Antwort nicht länger schuldig bleiben zu müssen, entstand im Laufe des Jahres 1993 allmählich ein Skript zur Vorlesung.

Für die zweite Vorlesung im Wintersemester 1994/95 und im nachfolgenden Sommersemester wurde dieses Skript überarbeitet, erweitert und aktualisiert. Die zweite Fassung ist bis auf eine textliche Überarbeitung mit dem vorliegenden Buch identisch. Das Buch soll in das Gebiet der Makromolekularen Chemie einführen und beschränkt sich daher fast ausschließlich auf die Vermittlung von Grundlagenwissen. Es wendet sich primär an Universitätsstudenten der Chemie im Hauptstudium (zwischen Vordiplom und Diplom) und eignet sich zum Beispiel zur Vorbereitung auf die Diplomprüfung in einemWahl(pflicht)fach/Spezialfach Makromolekulare Chemie, kann aber auch für Studenten an der Fachhochschule von Interesse sein. Es richtet sich zudem an Doktoranden, die Makromolekulare Chemie als Nebenfach für eine Doktorprüfung wählen wollen, oder allgemein an Chemiker, die grundlegende Kenntnisse in Makromolekularer Chemie erwerben wollen. Es wird versucht, den Stoff in knapper, aber verständlicher Form und klar gegliedert zu vermitteln, wobei die Teilgebiete Organische Polymerchemie, Physikalische Polymerchemie und Physik der Polymeren gleichermaßen berücksichtigt werden.

Allerdings ist das Gebiet der Makromolekularen Chemie inzwischen so umfangreich, dass nicht alle Teile in einer einführenden Vorlesung gebührend berücksichtigt werden können. Also muss der Stoff reduziert werden. In diesem Buch fehlen zum Beispiel Kapitel über Biopolymere, technische Verarbeitung und Recycling von Polymeren. E- benso wurden zum Beispiel flüssigkristalline Polymere, leitfähige Polymere und Dendrimere weggelassen, obwohl sie in letzter Zeit in der Forschung großes Interesse gefunden haben. Die heute technisch wichtigen Polymere werden dagegen ausfuhrlich behandelt. Sicher kann die Stoffauswahl Anlass zur Kritik bieten, weil sie recht subjektiv ist. Kritik ist im Übrigen aber willkommen: Für Hinweise auf Fehler bin ich ebenso dankbar wie für Verbesserungsvorschläge.

Das vorliegende Buch ist nur durch intensive Hilfe möglich gewesen. Viel Unterstützung bekam ich von Frau Hannelore Jarke, die das handgeschriebene Skript in eine computergeschriebene Version übertrug, und insbesondere von Frau Burgunde Feist, die alle chemischen Formeln und Zeichnungen mit dem Computer erstellt und den Text nochmals technisch überarbeitet hat. Beiden sei hiermit ganz herzlich gedankt. Mein Dank gebührt auch allen Studentinnen und Studenten, die mich auf Fehler im Skript aufmerksam gemacht und so geholfen haben, die Zahl der Irrtümer zu reduzieren. Mein Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. G. Trafara und Frau Dr. M. Holota, Institut für Physikalische Chemie der Universität zu Köln, sowie Herrn Dr. G. Lieser, Max-Planck-Institut für Polymerforschung, Mainz, für die freundliche Überlassung von Material für dieses Buch.

Köln, im April 1997

Bernd Tieke

Vorwort zur zweiten Auflage

Als abzusehen war, dass die erste Auflage des Buches „Makromolekulare Chemie - Eine Einfuhrung" bald verkauft sein würde, hat mich der Verlag Wiley-VCH ermuntert, eine überarbeitete und erweiterte Version des Buches zu erstellen. Nach einigen Anläufen fand ich zu Beginn des Jahres 2005 endlich die hierfür nötige Zeit. Schreibfehler und sonstige Fehler wurden korrigiert, einzelne Kapitel umgeschrieben, erweitert und neue Kapitel ergänzt. Letzteres betrifft insbesondere die Kapitel über lebende kationische und radikalische Polymerisation, elektrisch leitfähige Polymere, flüssigkristalline Polymere, Polyelektrolyte, bioabbaubare Polymere, Polymerverarbeitung und Recycling von Polymeren. Trotz aller Ergänzungen wurde versucht, den bisherigen Charakter des Buches eines erweiterten Vorlesungsskriptes, das sich insbesondere an Studenten im Grund- und Hauptstudium Chemie richtet, beizubehalten. Das Buch soll eine handliche Einfuhrung in die Makromolekulare Chemie bieten, in der wichtige Aspekte des Fachgebiets behandelt werden. Ein Nachschlagewerk der Makromolekularen Chemie ist es sicher nicht und soll es auch nicht sein. Man mag daher verzeihen, dass wichtige Kapitel über Polymerblends, Kompositmaterialien, Dendrimere und Biopolymere auch weiterhin fehlen.

Mein herzlicher Dank gilt zuallererst Frau Burgunde Feist, die aus der Rohfassung des Manuskripts die vorliegende Computerversion angefertigt hat. Vielen Dank auch an zahlreiche Leser, die mich auf Fehler hingewiesen und Verbesserungsvorschläge gemacht haben.

Köln, im Juli 2005

Bernd Tieke

Verzeichnis häufig verwendeter Formelzeichen

A Arrheniuskonstante der Initiierungsreaktion (Ai), Wachstumsreaktion (Ap), Abbruchreaktion (At), Übertragungsreaktion (Atr)
A Abbaugrad des Ausgangspolymers (A0) und des Polymers nach der Reaktonszeit t (At)
A,B Konstanten der Doolittle-Gleichung
A0 ursprüngliche Fläche
A2,3 2. bzw. 3. Virialkoeffizient
Aa,c Fläche der Streuung der amorphen (Aa) bzw. kristallinen Bereiche (Ac)
Ar Arylrest
a Exponent der Mark-Houwink-Gleichung
aT Verschiebungsfaktor
C Kohäsionsenergiedichte
C1 Wärmekapazität bei konstanter Länge
c Massenkonzentration der Lösung (zu Beginn der Reaktion: co)
fm_image001.gif universelle Konstanten der WLF-Gleichung ( fm_image001.gif =17,4 K, fm_image001.gif = 51,6 K)
DMSO Dimethylsulfoxid
DS Substitutionsgrad bei Polysacchariden
DSC Differenzialkalorimetrie (differential scanning calorimetry)
DTA Differenzialthermoanalyse
d Gitterkonstante
dn/dc Brechungsinkrement der Polymerlösung
E Aktivierungsenergie der Initiierungsreaktion (Ei), Wachstumsreaktion (Ep), Abbruchreaktion (Et), Übertragungsreaktion (Etr)
E Elastizitätsmodul bzw. E-Modul, theoretischer (Eth), scheinbarer (Ekrist) und realer E-Modul (Eσ); komplexer E-Modul (E*), Speichermodul (E1) und Verlustmodul (E2)
fm_image001.gif elektrischer Feldvektor
Er(t) Spannungsrelaxationsmodul
F freie Energie
f Funktionalität der Verzweigungseinheit (f) und des j-ten Monomers (fj), durchschnittliche Funktionalität aller Monomere (fav)
f Depolarisations-(Cabannes-)Faktor
f freier Volumenbruch Vf/V(fg:Vf*V)
f Kraft
G freie Enthalpie; freie Enthalpie von Lösungsmittel (G1), Polymer (G2) und Lösung (G12)
G Schermodul (G-Modul); (Realteil: G1; Imaginärteil: G2)
GPC Gelpermeationschromatografie
ΔG Änderung der freien Enthalpie (beim Mischen: ΔGM; bei der Kristallisation bzw. Schmelze pro Einheitsvolumen: ΔGv; bei der Kristallisation von n Kettenstücken: ΔGn)
Δ fm_image002.gif partielle molare freie Enthalpie (Exzess-Enthalpie: Δ fm_image002.gif) der Mischung
g Erdbeschleunigung
g+,g gauche(+)- und gauche(−)-Konformation
H Enthalpie
H magnetische Feldstärke (H0), effektive magnetische Feldstärke (Heff)
ΔH Änderung der Enthalpie (beim Mischen: ΔHM; bei der Kristallisation bzw. Schmelze pro Einheitsvolumen: ΔHv)
Δ fm_image002.gif Änderung der molaren Enthalpie (beim Mischen: Δ fm_image002.gifM; beim Verdampfen: Δ fm_image002.gifv)
Δ fm_image002.gif partielle molare Exzess-Enthalpie der Mischung
HDPE Polyethylen hoher Dichte (high density Polyethylene)
h Planck‘sches Wirkungsquantum (6,26 x 1–34 Js)
h Abstand Primärstrahl–Streustrahl (bei der Röntgenstreuung)
Δh Höhendifferenz im Steigrohr zur Messung des osmotischen Druckes
I Trägheitsmoment
I(t) Kriechnachgiebigkeit
IR Infrarot
i Zahl der Monomereinheiten in der Polymerkette
i Laufzahl der Monomere
iθ Streuintensität
K Konstante bei der Lichtstreuung
K Konstante der Mark-Houwink-Gleichung (Kθ: bei θ-Bedingungen)
K Kompressionsmodul
KD Gleichgewichtskonstante der Ionendissoziation
KE Konstante bei der Molgewichtsbestimmung durch Dampfdruckosmometrie
k,k Geschwindigkeitskonstanten einer chemischen Reaktion:
Initiierungsreaktion (Ki;), Startreaktion (ks), Wachtumsreaktion (kp), Wachstumsreaktion des Ionenpaares (kp(+–)) und des freien Anions (kp(–)), Abbruchreaktion (kt), Abbruchreaktion durch Rekombination (ktc) und Disproportionierung (ktd), Depolymerisation (kdp), Übertragungsreaktion (ktr), Übertragungsreaktion durch Monomer (ktrM), Initiator (ktrI) und Lösungsmittel (ktrS), Hydrolyse (kH), Kettenspaltung (kS)
L Ligand
L1 Verdampfungswärme des Lösungsmittels pro Gramm
LDPE Polyethylen niedriger Dichte (low density Polyethylene)
l Bindungslänge
l Länge der Kapillaren im Viskosimeter
l Lamellendicke, kritische Lamellendicke (l0)
l Länge vor bzw. nach mechanischer Beanspruchung eines Probenkörpers (l0 bzw. l)
l Kettenlänge; maximale Kettenlänge (lmax), Konturlänge (lcont)
Δl Längenänderung bei der mechanischen Beanspruchung
M Monomer, Kette aus i Monomereinheiten (Mi); Metall
M Molekulargewicht; Molekulargewicht des Monomers (M0) und des Moleküls der Länge i (Mi)
fm_image002.gif mittleres Molekulargewicht des Polymers: Zahlenmittel ( fm_image002.gifn), Gewichtsmittel ( fm_image002.gifw), Zentrifugenmittel ( fm_image002.gifz), Viskositätsmittel ( fm_image002.gifη)
fm_image002.gifc Zahlenmittel des Molekulargewichts der Kettenstücke zwischen zwei Netzpunkten
Mt Metallatom
m Masse des Polymers; Masse der Polymerschmelze zur Zeit t0 (m0) bzw. zur Zeit t (mL), Masse des einzelnen Sphärolithen (ms) bzw. des sphärolithischen Materials (ms)
ma,c Masse des amorphen bzw. kristallinen Polymers
m0 Gesamtmasse der Polymerschmelze
N Zahl der Moleküle; ursprüngliche Zahl der Monomermoleküle (N0), Zahl der Moleküle des j-ten Monomers (Nj), Zahl der Monomermoleküle zur Zeit t (Nt), Zahl der Lösungsmittelmoleküle (N1), Zahl der Polymermoleküle (N2, Zahl der Moleküle der Länge i (Ni)
N Zahl der Nuclei pro Einheitsvolumen und -zeit, Zahl der Nuclei insgesamt (Nges)
N Zahl der Ketten pro Einheitsvolumen
NA Avogadro-Konstante
NMP N-Methylpyrrolidon
NMR kernmagnetische Resonanz (nuclear magnetic resonance)
n Molzahl
n Zahl der Monomereinheiten in der Polymerkette
n Ordnungszahl des Reflexes (bei der Röntgenstreuung)
n0 Brechungsindex des Lösungsmittels
ng,t Zahl der gauche- bzw. trans-Konformationen pro Kette
P(θ) winkelabhängige Streufunktion
P(i) Wahrscheinlichkeit für die Bildung des Polymermoleküls aus i Monomereinheiten
P Polymerkette, Polymerkette aus n Monomereinheiten (Pn)
PA 66 Polyamid-66
PE Polyethylen
PET Polyethylenterephthalat
PMMA Poly(methylmethacrylat)
POM Poly(oxymethylen)
PP Polypropylen
PS Polystyrol
PTFE Polytetrafluorethylen
PVA Poly(vinylalkohol)
PVC Polyvinylchlorid
p Dampfdruck der Lösung (p1) bzw. des reinen Lösungsmittels (p10)
p Umsatz
p Zahl der Kontakte in der Polymerlösung
p Polarisationsfaktor
pG Umsatz, bei dem Gelierung eintritt
Δp relative Dampfdruckerniedrigung
Rθ reduzierte Streuintensität
R, Rn Alkyl- oder Alkylenrest, auch Aryl- oder Arylenrest
r stöchiometrisches Verhältnis der Ausgangskomponenten bei der Stufenwachstumsreaktion
r Abstand Probe–Detektor bzw. Probe–Film bei der Röntgenstreuung
r Kapillardurchmesser beim Viskosimeter
r Sphärolithradius
r1,2 Reaktivitätsverhältnisse bei der Copolymerisation
openbr.gifr2closebr.gif mittleres Quadrat des Kettenabstands (beim ungestörten Knäuel: openbr.gifr2closebr.gif0; bei Annahme fester Bindungswinkel: openbr.gifr2closebr.giffw)
openbr.gifr2closebr.gif1/2 9 1/9mittlerer Kettenendenabstand (im realen Knäuel: fm_image002.gif)
S Entropie
S Scherspannung
SN nucleophile Substitution
ΔS Änderung der Entropie (beim Mischen: ΔSM; bei der Kristallisation bzw. Schmelze pro Einheitsvolumen: ΔSv; der Einzelkette: ΔSi)
Δ fm_image002.gif partielle molare Exzess-Entropie der Mischung
openbr.gifs2closebr.gif1/2 mittlerer Trägheitsradius
T Temperatur; Glastemperatur (Tg), Glastemperatur bei unendlichem Molekulargewicht (Tg),Gleichgewichtsschmelztemperatur bzw. ideale Schmelztemperatur fm_image002.gif, Ceiling-Temperatur (TC), ristallisationstemperatur (Tc), Lösungstemperatur (Ts)
TMS Tetramethylsilan
THF Tetrahydrofuran
ΔT Unterkühlung (bei der Kristallisation)
ΔT Temperaturdifferenz bei der Dampfdruckosmometrie (theoretisch: ΔTth; experimentell: ΔTexp)
t Zeit
t trans-Konformation
U Uneinheitlichkeit
U innere Energie
ΔUv molare innere Verdampfungsenergie
V Volumen der Lösung
V Volumen des Polymers; tatsächliches Volumen (Vp), freies Volumen (Vf) eingefrorenes freies Volumen (Vf*), Volumen des amorphen (Va) und kris tallinen Polymers (Vc)
V Volumen bei der Kristallisation; Ausgangsvolumen (Vo), Endvolumen (V) und Volumen zur Zeit t
Ve Elutionsvolumen
fm_image002.gif Molvolumen; Molvolumen der Gasphase ( fm_image002.gifg) und flüssigen Phase ( fm_image002.gifl)
w Arbeit
w Wahrscheinlichkeit
w isotherm reversible Deformationsarbeit pro Einheitsvolumen
w Gewichtsbruch (der Moleküle mit der Länge i: wi; der kristallinen Phase (= Kristallisationsgrad): wc)
fm_image002.gif mittlerer Polymerisationsgrad; Zahlenmittel des Polymerisationsgrades ( fm_image002.gifn), Zahlenmittel des Polymerisationsgrades bei Kettenabbau zur Zeit t0 ( fm_image002.gifn,0), Zahlenmittel des Polymerisationsgrades bei Kettenabbau zur Zeit t ( fm_image002.gifn,t), Gewichtsmittel des Polymerisationsgrades ( fm_image002.gifw)
X Molenbruch (der Moleküle mit der Länge i: xi; der Lösungsmittelmoleküle: x1; der Polymermoleküle: x2; des Weichmachers: xw)
z Koordinationszahl des Gitters
α Expansionsfaktor zur Berechnung der realen Knäuelgröße
α Wahrscheinlichkeit (Abschnitt 2.2.1.8)
α Verzweigungskoeffizient (kritischer Verzweigungskoeffizient: αG)
αf thermischer Ausdehnungskoeffizient des freien Volumens
fm_image002.gif Polymer-Lösungsmittel-Wechselwirkungsparameter
Δ Änderung einer Größe
Δε Energiedifferenz (zwischen Lösungsmittel und Polymerlösung)
δ Phasenwinkel
δ Löslichkeitsparameter des Lösungsmittels (δ1) und des Gelösten (δ2)
δ chemische Verschiebung
ε dielektrische Konstante
ε Dehnung
ε Wechselwirkungsenergie in der Polymerlösung (Lösungsmittel-Lösungsmittel (ε11); Lösungsmittel-Polymer (ε12) und Polymer-Polymer (ε22))
φ Bindungsrotationswinkel
φ universelle Konstante (Flory-Fox-Theorie)
φ Volumenbruch (des Lösungsmittels in der Polymerlösung: φ1; des Polymers in der Polymerlösung: φ2; der kristallinen Phase: φc)
γ Scherung
γ Verhältnis der Zahl der Endgruppen A an Verzweigungsstellen zur Gesamtzahl der vorhandenen Endgruppen A (Abschnitt 2.1.7.2)
γ Oberflächenenergie; Faltoberflächenenergie (γe); laterale Oberflächenenergie {γs)
η Viskosität; Viskosität des Lösungsmittels (η); relative Viskosität (ηrel); spezifische Viskosität (ηsp)
[η] Grenzviskositätszahl, Staudinger-Index
K Enthalpieparameter
λ Wellenlänge
λ Dehnverhältnis (λ1,2,3- in x-, y-, z-Richtung)
Δλ Wellenlängendifferenz der Streustrahlung (vordere: Δλv; hintere: Δλh)
Λ Dämpfung
μ magnetisches Kernmoment
μ Poisson-Zahl
V Wachstumsrate von Kristallen
V Frequenz (des resonanten Radiofrequenzfeldes: v0)
fm_image002.gif kinetische Kettenlänge
Π osmotischer Druck
θ Winkel: Bindungswinkel, Streuwinkel, Drehwinkel
θ θ-Temperatur (Temperatur, bei der sich die Lösung pseudoideal verhält)
ρ Dichte; Dichte der Lösung (ρs); Dichte des amorphen (ρa) und kristallinen Polymers (ρc); Dichte der Polymerschmelze (ρL) und des sphärolithisch kristallisierten Polymers (ρs)
σ sterischer Parameter zur Bestimmung von openbr.gifr2closebr.gif0
σ Abschirmungskonstante (σ von Tetramethylsilan: σTMS)
σ Zugspannung (nominale Spannung: σn)
Δσ Spannungsinkrement
τ Zeitdauer der Einwirkung eines Spannungsinkrements
τ0 Relaxationszeit
Ω Anzahl der möglichen Kettenkonformationen bzw. Anordnungsmöglichkeiten der Kette
ω Kreisfrequenz
ψ Entropieparameter

1

Grundlegende Bemerkungen und Definitionen

1.1 Historisches

Der Umgang mit polymeren Materialien war sehr lange begrenzt auf Holz, Naturfasern, Felle, Horn, Pech, Proteine und Kohlenhydrate. Erstmals erwähnt werden

~ 5000 v. Chr.Baumwolle (Mexiko),
~ 3000 v. Chr.Seide (China),
~ 2000 v. Chr.Bitumen, Schellack (Orient),
~ 1500 n. Chr.Gummi (Kolumbus),
~ 1800Guttapercha.

Im 19. Jahrhundert beginnt die Polymerchemie mit der chemischen Modifizierung von Biopolymeren, im 20. Jahrhundert beginnt die synthetische Polymerchemie. Einige historische Daten aus den Bereichen der Polymertechnologie und -Wissenschaft sind in aufgelistet.

1.2 BegriffsdetIn itionen

Ein Polymer ist das n-mere eines Monomers, wobei n > 1 ist und die Monomere ko- valent miteinander verknüpft sind. Ein Oligomer ist ein Polymer, bei dem 2 ≤ n < ~ 10 Monomere kovalent verknüpft sind. Ein Monomer ist ein Molekül, das eine oder mehrere polymerisationsfähige Gruppen besitzt. Die Zahl der polymerisationsfähigen Gruppen ist durch die Funktionalität des Monomers bestimmt.

Beispiele:

(a) Bifunktionelle Monomere

image

(b) Trifunktionelles Monomer

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(c) Tetrafunktionelles Monomer

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. Historische Daten der Polymertechnologie und -Wissenschaft [1].

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1.3 Klassifizierungen

Polymere können auf verschiedene Weise klassifiziert werden:

(a) nach Herkunft und Herstellung

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(b) nach Anzahl und Anordnung der Monomerbausteine

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(c) nach der Polymerstruktur

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1.4 Nomenklatur

Die Bezeichnung des Polymers erfolgt in der Regel nach dem Ausgangsmonomer, das mit dem Zusatz Poly- versehen wird.

Beispiele:

image

Polymere, die durch chemische Modifizierung anderer Polymerer hergestellt werden, bezeichnet man nach der neu gebildeten formalen Monomereinheit.

1.5 Molekulargewicht und Polymerisationsgrad

Polymere weisen in der Regel keine exakte Molmasse, sondern eine Molekulargewichtsverteilung auf (). Die Molekulargewichtsverteilung erlaubt verschiedene Mittelwertbildungen, die unter (a) bis (e) näher erläutert werden. Weitere Begriffe, die aus der Molekulargewichtsverteilung resultieren, sind die Polydispersität und Unein- heitlichkeit eines Polymers sowie der mittlere Polymerisationsgrad. Sie werden unter (f) und (g) diskutiert.

. Typische Molmassenverteilung eines synthetischen Polymers.

image

(a) Zahlenmittel des Molekulargewichts image

Wir definieren xi als den Molenbruch der Moleküle mit der Länge i. xi beschreibt dann das Verhältnis der Zahl der Moleküle Ni der Länge i zu der Gesamtzahl der Moleküle N=ΣNi:

image

Das Zahlenmittel des Molekulargewichts ist definiert als

image

Mit xi = Ni/N und N = ΣNi folgt

image

(b) Gewichtsmittel des Molekulargewichts image

Wir definieren wi als den Gewichtsbruch der Moleküle der Länge i. wi beschreibt dann das Verhältnis des Gewichts der Moleküle der Länge i, NiMi zu der gesamten Masse der Moleküle Σ NiMi:

image

Für das Gewichtsmittel des Molekulargewichts folgt hieraus mit image = image WiMi die Beziehung

image

(c) Weitere Mittelwerte

Das Zentrifugenmittel image wird durch Messung des Sedimentationsgleichgewichts in der Ultrazentrifuge bestimmt. Es hat keine anschauliche Bedeutung. Es ist definiert als

image

Das Viskositätsmittel image wird durch Messung der Grenzviskositätszahl [η] einer Polymerlösung bestimmt. Es hat ebenfalls keine anschauliche Bedeutung. Es ist definiert als

image

wobei a eine Zahl zwischen 0 und 1 ist.

(d) Verhältnis der Mittelwerte zueinander

Es gilt image

(e) Beispiel für die Berechnung von Molekulargewichtsmittelwerten

Das Polymer A besteht aus zehn Molekülen.
Ein Molekül hat das Molekulargewicht100.000
Fünf Moleküle haben das Molekulargewicht200.000
Drei Moleküle haben das Molekulargewicht500.000
Ein Molekül hat das Molekulargewicht1.000.000

image und image lassen sich dann wie folgt berechnen:

image

(f) Polydispersität und Uneinheitlichkeit

Die Breite einer Molekulargewichtsverteilung wird häufig durch den Quotienten image die sogenannte Polydispersität, beschrieben. Gelegentlich wird auch die Uneinheitlichkeit U verwendet:

image

Bei vielen Polymerisationsreaktionen werden Polydispersitäten von circa 2 erhalten. Ist dagegen image so spricht man von einem monodispersen Polymer.

(g) Polymerisationsgrad

Der mittlere Polymerisationsgrad image ist gegeben durch das Verhältnis des mittleren Molekulargewichts image des Polymers zu dem des Ausgangsmonomers, M0:

image

Mit image und image lassen sich Zahlen- und Gewichtsmittel des Polymerisationsgrades definieren:

image

Am gebräuchlichsten ist das Zahlenmittel des Polymerisationsgrades image,

1.6 Thermisches Verhalten: Tg und Tm

Bei tiefen Temperaturen sind Polymere fest. In fester Phase können sie entweder kristallin oder amorph vorliegen. Meistens treten beide Zustände auf, das heißt, es koexistieren kristalline und amorphe Bereiche. Die Polymere werden dann als „teilkristallin“ bezeichnet.

Langsames Abkühlen fordert die Kristallisation, während rasches Abkühlen („Abschrecken“) die Bildung amorpher Bereiche begünstigt. Beim Aufwärmen teilkristalliner Proben treten zwei charakteristische Umwandlungstemperaturen auf:

(a) die Glastemperatur Tg (Umwandlung Glaszustand image gummiähnlicher Zustand),
(b) die Schmelztemperatur Tm (Umwandlung kristalline Phase image isotrope Schmelze).

Tm tritt in der Regel nicht als scharfer Schmelzpunkt, sondern als mehr oder weniger breiter Schmelzbereich auf, weil das Polymer verschieden große Kristallite enthält, die verschieden rasch aufschmelzen. Auch bewirkt die Teilkristallinität eine Absenkung von Tm. Der Schmelzpunkt Tm eines teilkristallinen Polymers liegt immer niedriger als der ideale Schmelzpunkt eines perfekt kristallinen Polymers, Tm0. Beim Überschreiten von Tg erweichen glasförmig erstarrte, amorphe Bereiche und gehen in einen Zustand erhöhter Flexibilität („Gummizustand“) über. Da Tg stets unter Tm liegt, kann auch Rekristallisation eintreten. Tg und Tm lassen sich zum Beispiel über Änderungen des spezifischen Volumens () oder mithilfe der Differenzialthermoanalyse (DTA, DSC) bestimmen ().

. Schematische Darstellung der Änderung des spezifischen Volumens eines Polymers mit der Temperatur T für eine vollständig amorphe Probe, eine teilkristalline Probe und ein vollständig kristallines Material [1].

image

. Schematische DSC-Aufheizkurve eines teilkristallinen Polymers mit Glasübergang, exothermer Rekristallisation, endothermem Schmelzen und exothermer Zersetzung.

image

1.7 Mechanisches Verhalten

Kunststoffe werden häufig nach ihrem mechanischen Verhalten klassifiziert. Ein einfaches Experiment zur Bestimmung des mechanischen Verhaltens ist der Zugversuch, der die Dehnung ε eines Probenkörpers als Funktion der angelegten Zugspannung crmisst. Die Form des Spannungs-Dehnungs-Diagramms () erlaubt, zwischen steifen (e- nergieelastischen) Polymeren, plastisch verformbaren (viskoelastischen) Polymeren und vollelastischen, gummiartigen (entropieelastischen) Polymeren zu unterscheiden. Aus der Anfangssteigung lässt sich mithilfe des Hooke'schen Gesetzes

image

der E-Modul des Polymers bestimmen. Wie zeigt, haben entropieelastische Polymere (Elastomere) den niedrigsten E-Modul, während energieelastische Polymere (Hartplastik, Fasern) die höchsten Modulwerte besitzen.

. Typische Spannungs-Dehnungs-Diagramme verschiedener Polymere.

image

Einige Beispiele für thermoplastische, elastomere und faserbildende Kunststoffe sind in - zusammengestellt.

1.8 Verarbeitung

Kunststoffe werden auch nach der Art ihrer Herstellung eingeteilt und bezeichnet.

Thermoplaste sind lineare Polymere, die oberhalb Tg oder Tm fließfahig werden und durch Extrusion und Spritzgießen verarbeitet werden können.

Duroplaste (Thermosets) sind vernetzte Polymere, die durch Gießen der Monomere (oder Oligomere) in eine Form und anschließende (oder simultane) thermische Vernetzung in der Form hergestellt werden. Die Vernetzung kann thermisch oder photochemisch (nach Zugabe geeigneter Initiatoren) erfolgen. Beispiele für Duroplaste sind Epoxidharze, Polyesterharze, Phenolharze und Aminoharze. 

. Beispiele für thermoplastische, elastomere und faserbildende Kunststoffe,

(a) Thermoplastische Kunststoffe

image

(b) Elastomere Kunststoffe

image

(c) Faserbildende Kunststoffe

image

2

Synthetische makromolekulare Chemie

2.1 Stufenwachstumsreaktion (Polykondensation und Polyaddition)

Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Arten der Polymerisation: die Stufenwachstumsreaktion und die Kettenwachstumsreaktion (). Polykondensation und Polyaddition sind Stufenwachstumsreaktionen. Bei der Polykondensation erfolgen die einzelnen Reaktionsschritte unter Kondensation kleiner Moleküle wie zum Beispiel Wasser. Bei der Polyaddition tritt lediglich eine Addition der Monomermoleküle ein. Die Kettenwachstumsreaktionen werden in Abschnitt 2.2 besprochen.

Schema der verschiedenen Polyreaktionen.

c02_img01.jpg

2.1.1 Lineare Stufenwachstumsreaktion

Lineare Stufenwachstumsreaktionen können erfolgen durch die Reaktionen

c02_img02.jpg

Beispiele für (a):

Polyester durch Polykondensation:

c02_img03.jpg

Polyamid durch Polykondensation:

c02_img04.jpg

Polyurethan durch Polyaddition:

c02_img04.jpg

Beispiel für (b):

Polyester durch Polykondensation:

c02_img05.jpg

Der Verlauf der Stufenwachstumspolymerisation ist in illustriert. Selbst bei einem Umsatz von 75% sind nur Oligomere und Restmonomere vorhanden. Erst bei sehr hohem Umsatz bilden sich lange Polymerketten.

Schematische Darstellung der Stufenwachstumspolymerisation.

c02_img06.jpg

2.1.2 Carothers-Gleichung

Die Carothers-Gleichung liefert eine Beziehung zwischen dem Umsatz p und dem Polymerisationsgrad c02__imagex.jpg.

(a) Wir betrachten ein A-B-System. N0 sei die ursprüngliche Zahl von Monomermolekülen. Sie entspricht der Zahl der Gruppen A oder B. Nt sei die Zahl der Moleküle zur Zeit t. Sie entspricht der Zahl der Gruppen A oder B, die zur Zeit t noch vorhanden sind. Daraus folgt, dass die Differenz (N0 − Nt) die Zahl der funktionellen Gruppen A oder B, die zur Zeit t reagiert haben, beschreibt. Für den Umsatz p gilt demnach

c02_img08.jpg

p kann man auch als die Wahrscheinlichkeit definieren, dass eine ursprünglich vorhandene funktionelle Gruppe reagiert hat. p = 0,5 bedeutet dann, dass bei einem Umsatz von 50% jede ursprünglich vorhandene Gruppe mit einer 50%-Wahrscheinlichkeit reagiert hat.

Der Polymerisationsgrad c02_img07.jpg lässt sich beschreiben durch

c02_img09.jpg

Hieraus folgt die Carothers-Gleichung

c02_img10.jpg

Beispiel:

p c02_img07.jpg
0,5 2
0,95 20
0,990 100
0,9990 1000
0,9999 10.000

Der Zusammenhang zwischen p und c02_img07.jpg ist in grafisch dargestellt. Das Beispiel zeigt, dass erst bei sehr hohen Umsätzen hohe Polymerisationsgrade erreicht werden.

(b) Wir betrachten ein A–A/B-B-System. Bei exaktem l:l-Verhältnis gelten die gleichen Überlegungen wie bei einem A–B-System, außer dass von zwei N0 Anfangsmolekülen ausgegangen werden muss.

Ist das Molverhältnis ungleich, ändert sich die Carothers-Gleichung. In diesem Fall definieren wir ein Verhältnis r der Anzahl der A–A-Moleküle zur Anzahl der B–B-Moleküle:

c02_img11.jpg

Zusammenhang zwischen Umsatz p und mittlerem Polymerisationsgrad c02_img07.jpg bei der Stufenwachstumsreaktion.

c02_img12.jpg

Die Definition erfolgt immer so, dass r < 1 ist. Die Carothers-Gleichung wird nun zu

c02_img13.jpg

Beispiel:

In einem Reaktionsgemisch sind 5% mehr Disäure als Diol vorhanden. Hieraus folgt furr:

c02_img14.jpg

In sind die mithilfe der Carothers-Gleichung erhaltenen Polymerisationsgrade c02_img07.jpg für r = 0,9524 und r = 1 bei 99,99 und 100% aufgelistet. Das Beispiel zeigt, dass die stöchiometrische Einwaage extrem wichtig ist, um hohe Molgewichte zu erhalten. Sie ist noch viel wichtiger als die Vollständigkeit des Umsatzes.

Zusammenhang zwischen r beziehungsweise p und c02_img07.jpg.

r p c02_img07.jpg
0,9524 0,999 39,4
1 0,999 1000,0
0,9524 1 41,0

2.1.3 Kinetik

Wir betrachten die katalysierte Polyesterbildung nach

c02_img15.jpg

Die Verbrauchsgeschwindigkeit der Hydroxylgruppen entspricht der der Carboxylgruppen, das heißt

c02_img16.jpg

Für die Reaktionsgeschwindigkeit gilt:

c02_img17.jpg

mit der Geschwindigkeitskonstanten k der Veresterungsreaktion. Wird kein Katalysator zugesetzt, so wirken die COOH-Gruppen als Katalysator, das heißt, es gilt

c02_img18.jpg

Bei gleicher Anzahl funktioneller Gruppen gilt [COOH] = [OH] = c, das heißt

c02_img19.jpg

Mithilfe der Carothers-Gleichung kann c durch c0 und p ausgedrückt werden:

c02_img20.jpg

und

c02_img21.jpg

Durch Einsetzen folgt

c02_img22.jpg

Die Auftragung von 1/(1− p)2 gegen t liefert eine Gerade mit der Steigung 2 kc02 ().

Die unkatalysierte Reaktion ist recht langsam, und c02_img07.jpg ist nicht hoch. Deshalb wird meist ein Katalysator zugesetzt, zum Beispiel Toluolsulfonsäure. Da die Katalysatorkonzentration während der Reaktion unverändert bleibt, gilt vereinfacht:

c02_img23.jpg

c02_img24.jpg

und

c02_img25.jpg

Die Auftragung von 1/(1 − p) gegen t liefert eine Gerade mit der Steigung k’c0 ().

Polyesterbildung von Adipinsäure mit Ethylenglykol, (a) selbstkatalysiert bei 439 K und (b) katalysiert mit p-Toluolsulfonsäure bei 382 K [2, 3].

c02_img27.jpg

2.1.4 Molekulargewichtsverteilung

Das Kettenwachstum ist ein Zufallsprozess und fuhrt zu einer Kettenlängenverteilung. Diese Verteilung kann statistisch berechnet werden. Wir betrachten die Reaktion

c02_img28.jpg

und fragen nach der Wahrscheinlichkeit P(i), dass nach der Zeit t gerade i Monomere zu einer Kette reagiert haben, das heißt dass eine Kette mit dem Polymerisationsgrad i, bestehend aus i Monomereinheiten mit (i −1) Esterbindungen, entstanden ist.

P(i) ist gleich dem Produkt der Wahrscheinlichkeiten p der Bildung der einzelnen Estergruppen in diesem Molekül. Im Polymermolekül aus i Monomereinheiten (s. o.) und ( i − l) Esterbindungen ist diese Wahrscheinlichkeit p( i−1) Das Polymermolekül hat dann aber noch je eine nichtreagierte OH- und COOH-Gruppe an den beiden Enden. Die Wahrscheinlichkeit für eine Gruppe, nicht reagiert zu haben, ist (1 − p). Daraus folgt für die Wahrscheinlichkeit der Existenz des oben dargestellten Polymermoleküls mit ( i − 1) Esterbindungen

c02_img29.jpg

Wie groß ist nun die Zahl der Moleküle N i mit i Einheiten zur Zeit t? Sie lässt sich mit- hilfe der Gesamtzahl Nt der Moleküle zur Zeit t ausdrücken:

c02_img30.jpg

Mit Nt = N0 (1 − p) (Abschnitt 2.1.2) folgt

c02_img31.jpg

Der Gewichtsbruch Wi ist als Quotient aus der Masse der Moleküle der Länge i und der Gesamtmasse aller Moleküle definiert. Für W i folgt

c02_img32.jpg

mit dem Molekulargewicht M0 des Monomers und

c02_img33.jpg

Die Verteilungsfunktionen für den Zahlenbruch N i/N t und den Gewichtsbruch w i sind für verschiedene p-Werte in und veranschaulicht. Die Abbildungen zeigen, dass zahlenmäßig die kleinen Moleküle stets überwiegen, aber ihr Gewichtsanteil gering ist und mit p → 1 weiter abnimmt. Die Maxima der Kurven in entsprechen dem jeweiligen Zahlenmittel des Polymerisationsgrades c02_img07.jpg .

Zahlenbruchverteilungskurven (a) und Gewichtsbruchverteilungskurven (b) der linearen Stufenwachstumsreaktion. Kurve 1: p = 0,9600, Kurve 2: p = 0,9875, Kurve 3 :p = 0,9950 [4].

c02_img34.jpg

2.1.5 Molekulargewichtsmittelwerte und Uneinheitlichkeit

Sind Ni und wi bekannt, so lassen sich c02_img35.jpg und c02_img36.jpg leicht berechnen. Es gilt:

c02_img37.jpg

Für das Verhältnis von c02_img36.jpg zu c02_img35.jpg gilt somit

c02_img38.jpg

das heißt, bei p → l (100% Umsatz) geht c02_img36.jpg /c02_img35.jpg gegen 2. Die Differenz

c02_img39.jpg

wird auch als Uneinheitlichkeit eines Polymers bezeichnet.

2.1.6 Technisch genutzte Polymere

2.1.6.1 Polyethylenterephthalat (PET)

Die Herstellung erfolgt durch Umesterung von Dimethylterephthalat mit Glykol:

c02_img40.jpg

(Tm =Tg =