Cover

Über dieses Buch:

Wie wird man glücklich? Für manche Frauen ist diese Frage leicht zu beantworten: ein Haus, ein Auto, zwei Kinder und ein zuverlässiger Ehemann. Doch einige Frauen sehen das anders – sie sind Geliebte, und genießen diesen Status mit all seinen Vorzügen. Die Geliebte hat Freiheiten, von denen eine Ehefrau und Mutter nur träumen kann: keine Abhängigkeit, keine Kompromisse, kein langweiliges Alltagsleben. Dafür spannende und befreite Momente mit Männern, die das Leben in ein prickelndes Glas Champagner verwandeln. 

Über die Autorin:

Nicole Maibaum, 1971 geboren, arbeitet als freie Journalistin für eine Reihe von Publikumszeitschriften. Als Autorin veröffentlichte sie bereits einige Ratgeber. Nicole Maibaum lebt mit ihrem Sohn in Hamburg.

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Neuausgabe Februar 2015

Copyright © der Originalausgabe 2003 Knaur Taschenbuch

Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., GmbH & Co. KG, München

Copyright © der Neuausgabe 2015 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Maria Seidel, atelier-seidel.de

Titelbildabbildung: Thinkstockphoto/Hemera

ISBN 978-3-95824-083-4

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Nicole Maibaum

Am liebsten Geliebte

Glücklich ohne Ehering

dotbooks.

Exklusiv in diesem Buch:

- Welcher Geliebtentyp sind Sie?

- Warum hat er eine Geliebte?

- Wie stehen die Chancen für die Zukunft Ihrer Beziehung?

Vielen Dank an die Psychologen Michael Thiel, Monika Thurke, Steffen Fliegel und Arnd Stein, die Rechtsanwältin Esther Caspary, die Geliebte Dörte und alle anderen Geliebten.

Zur Lage der Geliebten

Damals …

England im Jahr 1971: Eine junge Frau, 24 Jahre alt, trifft am Rande eines Polofelds einen Prinzen. Einen, der eines Tages das ganze Land regieren soll und der zudem gar nicht übel aussieht – das findet die junge Frau zumindest, und so geht sie bei dieser Begegnung in die Offensive. Angeblich mit den Worten: »Meine Urgroßmutter war die Geliebte Ihres Ururgroßvaters. Also, wie wär’s?« Der 23 Jahre alte Prinz Charles ist nicht abgeneigt. Und so beginnt die Geschichte einer der bekanntesten Geliebten der Gegenwart: Camilla Parker Bowles. Eine Frau, die die Meinungen spaltet: Die einen finden sie sympathisch, andere wehren sich dagegen, auch nur ein gutes Haar an ihr zu lassen. Sicher, sie ist anders, sie geht ihren eigenen Weg, und damit haben einige Menschen ihre Probleme. Fest steht jedoch: Charles ist seit über 30 Jahren von Camilla fasziniert, und die Zuneigung beruht trotz der gesellschaftlichen Schranken auf Gegenseitigkeit.

Aber ist Camilla vielleicht nur ein Einzelfall? Eine wie keine? Mitnichten. Zwar angelt sich nicht jede Frau einen Blaublüter, doch ist dies auch nicht die Voraussetzung für eine glückliche Geliebtenbeziehung.

Überhaupt ist vieles einfach nicht planbar, und die Liebe schon gar nicht. Diese Erfahrung machte zum Beispiel die allseits beliebte Hollywood-Schauspielerin Katharine Hepburn. Eigentlich wollte sie 1942 nur einmal wieder einen Film drehen, doch bei den Dreharbeiten zu Die Frau, von der man spricht läuft ihr Schauspielerkollege Spencer Tracy über den Weg. Das ist der Anfang einer Beziehung, über die ein US-Magazin einmal schrieb: »Die Romanze der beiden war die größte Liebesgeschichte, die nie erzählt wurde.« Tatsächlich dringt wenig an die Öffentlichkeit, denn Tracy ist verheiratet. Eine Scheidung kommt für den Mimen aufgrund seines streng katholischen Glaubens nicht infrage, genauso wenig aber eine Trennung von Katharine Hepburn. An den Wochenenden ist der Schauspieler bei seiner Ehefrau Louise und ihrem gemeinsamen taubstummen Sohn. Seine Geliebte Hepburn verbringt mit Spencer Tracy über 25 Jahre lang die Tage zwischen den Wochenenden. Als Tracy 1962 schwer erkrankt, unterbricht sie wie selbstverständlich ihre Karriere und pflegt den kranken Geliebten bis zu seinem Tod im Jahr 1967.

Das ist kein wirkliches Happy End, wie man es sonst aus Hollywood gewohnt ist. Doch auch das gibt es in Geliebtenbeziehungen durchaus, und ein solcher Fall ereignete sich sogar in deutschen Landen: Doris Köpf, allein erziehende Mutter einer kleinen Tochter, arbeitet als politische Journalistin und begegnet so zwangsläufig dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder. Der Mann ist 20 Jahre älter und in dritter Ehe verheiratet. Doch dies ist kein Grund, der Liebe nicht eine Chance zu geben, und nach einem langen Rosenkrieg mit Ehefrau Hiltrud lässt sich Gerhard Schröder scheiden und heiratet seine Geliebte. War diese damals eine ganz normale Frau, so ist sie anno 2003 die Bundeskanzlergattin.

Drei Frauen, drei Geschichten, drei verschiedene Leben, drei Geliebte von vielen …

Deutschland heute: die Situation der Schattenfrauen

Verschiedene Studien haben ergeben, dass sich rund 80 Prozent aller Männer eine Geliebte wünschen und dass zwischen 70 und 80 Prozent aller verheirateten Männer im Lauf ihrer Ehe einmal untreu sind. Es ist allerdings schwierig, genaue Zahlen zu bekommen, da die Themen »Seitensprünge« oder »Geliebte« nach wie vor tabu sind.

Schätzungen zufolge leben zurzeit in Deutschland etwa 1,5 Millionen Geliebte. Zahlreiche davon führen ein Schattendasein – nicht weil sie es wollen, sondern weil sie es müssen: Oft dürfen nicht nur die Ehefrau oder Freundin des Partners, sondern darf auch das eigene Umfeld nichts von der Geliebtenbeziehung wissen.

Denn es gibt immer noch genügend Mitmenschen, die der Geliebten den Stempel »Luder« aufdrücken und sie an den Rand der Gesellschaft drängen wollen. Dieses Buch will dazu beitragen, die Vorurteile gegenüber Geliebten abzubauen und gängigen Klischeevorstellungen entgegenzuwirken. Hier erfahren Sie, warum Frauen überhaupt Geliebte werden und bleiben – und lernen Motive der Männer kennen, die eine Geliebte haben. Berichtet wird über prominente Geliebte in der Geschichte und in der Gegenwart, und auch unbekannte Geliebte kommen zu Wort und berichten von ihrem Leben und von den Fragen, mit denen sie sich immer wieder beschäftigen: Muss ich mich entscheiden? Muss sich mein Partner zwischen seiner Ehefrau und mir entscheiden? Hinzu kommt die Überlegung, wie lange eine Frau eigentlich als Geliebte leben kann. Möglicherweise ihr Leben lang? Warum nicht. Es ist keine Seltenheit, dass eine Geliebtenbeziehung über mehrere Jahre, sogar Jahrzehnte hinweg andauert. Denn das Leben als Geliebte bringt viele Vorteile mit sich, auch wenn dies selbst vielen Geliebten nicht bewusst sein mag. Diesen sei gesagt: Es ist nicht so, wie es Ihnen vielleicht eingeredet wird. Das Leben als Geliebte muss keine schlimme Zeit sein, auch wenn andere das vielfach denken. Ganz im Gegenteil! Viele Geliebte führen ein glückliches und zufriedenes Leben und lassen sich von den Anfeindungen in der Gesellschaft und den vielen Vorurteilen nicht unterkriegen. Und das sollte sich jede Geliebte nehmen – sich frei zu machen für ein Leben mit Selbstbewusstsein, damit sie hocherhobenen Hauptes sagen kann: Ich bin eine Geliebte und glücklich. Es lohnt sich!

Dann biste jetzt ja eine Geliebte!

Wie lebt und was erlebt eine Geliebte wirklich? Ist es so, wie es einige Zeitungen berichten? Läuft alles heimlich und vieles versteckt ab? Wie fängt eine Geliebtenbeziehung an und wo hört sie auf?

Antworten darauf gibt hier eine Geliebte. Sie erzählt ihre Geschichte, spricht über ihre Gefühle und Erfahrungen. Ihren richtigen Namen möchte sie nicht nennen. Einige Menschen in ihrem Leben, wie die Arbeitskollegen und Nachbarn, sollen nichts von ihrem Liebesleben erfahren. Nur so viel: Es ist eine junge Frau aus Hamburg. Sie sieht aus wie viele andere Frauen auch. Sie hat einen Job und Freunde. Sie hat eine Familie und ein Zuhause. Alles ist so, wie im Leben anderer Frauen – fast alles. Doch was sie von den anderen unterscheidet und wie sie mit ihrer Rolle als Geliebte lebt, soll sie lieber selbst erzählen:

Wie alles begann

Versuchen Sie nicht, Ihr Leben zu planen, nach der einzig großen Liebe zu suchen, um dann, wie alle anderen, scheinbar glücklich zu leben. Ich dachte auch einmal, das und nur das sei das einzig Wahre und Wichtige. Das stimmt aber nicht, so viel weiß ich jetzt. Und damit Sie verstehen, wovon ich rede, fange ich am besten ganz von vorne an.

Gestatten, ich bin 35, weiblich, Single. Ich arbeite als Grafikerin in einer Werbeagentur mit 15 Mitarbeitern und entwerfe dort Layouts für Plakate, gestalte Kundenhefte und arbeite noch ein wenig an der Gestaltung unserer Homepage mit. Das war seit Jahren mein Alltag und weiter nichts Besonderes – bis zu jener Woche vor knapp zwei Jahren, in der auf unserer Büroetage ein kleines Architektenteam einzog, drei Männer und eine Frau. Als Sparmaßnahme hatte sich unsere Firma dazu entschlossen, mit diesem Team die Räumlichkeiten zu teilen. Der erste Tag, an dem die Architekten einzogen, war furchtbar. Ständig kamen Handwerker herein, fragten nach Stromanschlüssen oder Ähnlichem und machten dann später mit ihren Bohrmaschinen mächtig Lärm. Am zweiten Tag wurde es ruhiger, und am dritten Tag konnten wir endlich wieder über den Flur gehen, ohne dabei über Kartons zu stolpern oder Kreppband unter den Schuhen kleben zu haben. So stand ich am dritten Tag entspannt in unserer Gemeinschaftsküche, um mir einen Milchkaffee zu machen, als ich plötzlich hinter mir eine männliche Stimme sagen hörte: »Na, wir sind jetzt wohl Nachbarn.« Zuerst glaubte ich an eine blöde Anmache irgendeines aufdringlichen Handwerkers, erinnerte mich dann aber, dass diese ja nicht mehr da waren, und schaute mir den Mann genauer an. Groß war er, ich schätzte so um die 185 bis 190 Zentimeter, etwa Ende 30, dunkelhaarig, sportliche Figur – und: kein Ehering. Sorry, aber als Singlefrau checkt man ziemlich schnell ab, ob ein Gegenüber vergeben ist oder nicht.

»Äh, Nachbarn?«, fragte ich.

»Ja, Nachbarn. Ich bin vom Architektenteam. Und Sie? Was machen Sie da drüben eigentlich genau? Irgendetwas mit Werbung, oder?« Ich nickte. »Genau, überwiegend Werbekataloge für Sportartikelhersteller«, antwortete ich und musste an meine beste Freundin Juliane denken. An unsere endlosen Singlefrauen-Gespräche und die Hoffnung auf die bekannte und viel zitierte Liebe auf den ersten Blick. Bingo! Ich hatte sie mal wieder gefunden. Denn zugegeben, ich habe mich schon immer ziemlich schnell verliebt, sozusagen binnen Sekunden, und dieser Typ war der neue Auserwählte. Ich taxierte ihn mit meinen Blicken, er hatte einen durchtrainierten Körper.

»Sportartikel, das klingt ja gut. Ich jogge nämlich. Sie bekommen nicht zufällig Prozente auf Sportklamotten?« Damit holte mich der Mann aus meinen Gedanken zurück. Klar, er joggte und wahrscheinlich machte er auch bei ganz anderen sportiven Betätigungen eine vorzeigbare Figur. Meine Gedanken schweiften ab und landeten beim Sex. Pardon, aber ich konnte nichts daran ändern. Ist doch auch natürlich, oder? Ich schaute mir seine Beine an, seinen Po, zumindest was ich davon sehen konnte, und dann seine Hände. Sie waren gepflegt, schöne, feine, lange Finger. Wie es wohl wäre, wenn …

»Ach, und wenn Sie Prozente bekommen, meine Zwillinge, Jungs, die bräuchten auch noch neue Turnschuhe.« – Autsch. Das tat weh! Abrupter hätte er mich nicht aus meinen Tagträumen zurückholen können. Was für ein Idiot und Mistkerl er war! Warum trug er auch keinen Ehering? Dann hätte ich mich gar nicht hinreißen lassen und hätte vielleicht gar nicht so weit gedacht.

»Zwillinge?«, fragte ich und hoffte, dass man meiner Stimme nicht anhörte, dass ich mich gerade wie ein beim Träumen ertapptes Schulmädchen fühlte. »Das ist ja nett. Äh, wie alt sind die beiden denn?« Ich spielte mit dem Henkel meiner Tasse und versuchte, nicht auf seine süßen Lachfalten zu starren, die nun noch stärker zum Vorschein kamen. »Sie sind sieben geworden und gerade in die Schule gekommen«, sagte er.

Großer Gott, ich kam mir vor wie in einem schlechten Film, Marke Billigporno. Während er mir von seinen süßen minderjährigen Jungs erzählte, dachte ich sozusagen an die »Produktion« von Kindern. »Ja, Zwillinge, das ist schon was. Am Anfang hatten meine Frau und ich ganz schön viel zu tun damit«, hörte ich ihn sagen, und ich glaubte nun nicht mehr Teil eines Softpornos zu sein, sondern eher in einem Horrorstreifen oder in einer Doku-Anleitung zum Thema »Wie Sie einer Grafikerin alle Träume rauben können«. Denn klar, so ein Mann hatte natürlich auch eine Frau.

Als sein Kollege in die Küche kam, verabschiedete ich mich. »Äh, ja, ich muss …«, sagte ich und stellte erfreut einen kühlen und nüchternen Ton in meiner Stimme fest. Während ich rausging, hörte ich ihn noch hinter mir herrufen: »Ich bin übrigens der Thomas, der Tom …«

Als ich wieder an meinem Schreibtisch saß, kreisten die Gedanken in meinem Kopf. Auch später in der Straßenbahn und am Ende des Tages zu Hause. Herrje, egal ob Ehefrau und Kinder, ich wusste es und konnte doch nichts dafür: Ich war verliebt!

Klar, verliebt war ich schon viele Male zuvor gewesen. Das erste Mal mit neun Jahren, in einen Jungen, der zwei Schulbänke vor mir saß. Keine Ahnung, was aus ihm geworden ist. Dann mit 17 Jahren in Michael, mit 21 in Stefan, mit 22 in Andreas, mit 25 in Kai und Sven zugleich, mit 27 in Marc. Um es abzukürzen: Es hatte bereits einige Männer in meinem Leben gegeben. Doch nie war eine andere Frau mit im Spiel gewesen, geschweige denn ein Typ, der verheiratet war.

Und schon schoss mir der nächste Gedanke durch den Kopf: Darf ich mich überhaupt in einen verheirateten Mann verlieben? Bin ich nicht verpflichtet, gleich an etwas Abstoßendes zu denken, verschimmelte Leberwurstbrote zum Beispiel oder an etwas, was ich gar nicht mag, damit mir das Verliebtsein sofort vergeht? Tue ich seiner Frau nicht Unrecht? Nehme ich mir etwas, was mir nicht zusteht?

Schluss! Was machte ich mir überhaupt Gedanken, wenn ich noch nicht einmal wusste, ob der Mann mich überhaupt wahrgenommen hatte?

Er hatte, wie ich nur zwei Tage später deutlich erkennen konnte. Tom und ich trafen uns im Büroflur. Mein Herz pochte laut und schnell, und vor Nervosität war ich wahrscheinlich knallrot angelaufen. »Hallo«, piepste ich wie ein aufgeregter Teenager. Tom grinste und sagte: »Na, schon an die Prozente gedacht und mir ein paar Schuhe besorgt?« Mist, eigentlich war ich mehr damit beschäftigt, meinen Puls runterzubringen, aber gegen seinen Charme war ich machtlos. »Schuhe? – Klar, alles in Arbeit. Ich meld mich«, meinte ich, leichten Schwindelgefühlen ausgesetzt, und ging in Richtung Toilette. Dort angekommen, schaute ich in den Spiegel und hätte mich am liebsten selbst geohrfeigt. Ich blöde Kuh, die 30 Jahre knapp überschritten, fiel bei diesem Typen doch glatt in pubertäre Zeiten zurück. Der hatte doch bestimmt gemerkt, dass ich ihm weit mehr besorgen würde als bloß die Turnschuhe! Verdammt. Dabei steht doch in allen Frauenzeitschriften, man solle die Unnahbare mimen, damit bei den Männern der Jagdinstinkt ausbricht.

Einige Stunden später merkte ich, dass es eben so ist, wie es ist. Ich stand an der Kaufhauskasse, hatte mein Lieblingsduschgel und -shampoo in der Hand, als hinter mir eine Stimme ertönte: »Überziehen wir hier die Mittagspause?«

Ich glaubte zuerst an Verfolgungswahn, doch als ich mich umdrehte, blickte ich tatsächlich in Toms dunkelblaue Augen. »Nö, das nehmen wir nicht so ernst«, presste ich hervor. »Na dann können wir ja noch einen Kaffee trinken gehen, oder?«, schlug Tom vor, und ich nickte. »Klar, gerne.«

Wir plauderten über den Job, über das Bürogebäude, über die mangelnden Möglichkeiten, mittags gut essen zu gehen, das Wetter und die vorbeilaufenden Leute. Es war nett, und ich glaube, in diesem Moment war uns beiden klar, dass es einmal so kommen würde, wie es drei Tage später, an einem Freitag, kam.

Tom fing mich im Büroflur ab. »Haben Sie heute Abend schon etwas vor? Ich suche nämlich noch dringend eine charmante Begleitung, die mir etwas über die neuesten Sportschuhe erzählt und mir beim Essen Gesellschaft leistet …«

Ich dachte an seine Ehefrau. Ob sie verreist war? Oder war sie vielleicht krank? Hatten sie sich gestritten? Ob er wohl oft mit anderen Frauen essen ging? Vielleicht hatte er sich ja auch von seiner Ehefrau getrennt?

Absurd, was einem in wenigen Sekunden alles durch den Kopf gehen kann. »Klingt gut, das Essen zumindest. Aber ich denke, für Fragen über Sportschuhe bin ich leider die Falsche. Schade, aber ich kann Ihnen da meinen Kollegen empfehlen.« Na bitte, ich war stolz auf mich. Schlagfertig und mit ein wenig Witz gekontert. Wir mussten beide grinsen und einigten uns auf 20 Uhr, um bei einem Italiener im Hafenviertel zu essen.

Der Abend wurde sehr schön. Natürlich hatte ich vorher meine Freundin Juliane zu mir beordert und mich mindestens viermal umgezogen. Am Ende landete ich aber doch bei einer schwarzen Stoffhose mit leichtem Schlag und einer schwarzen Bluse –klassische Kleidungsstücke, in denen ich mich zudem wohl fühlte. Zum Glück hatte Tom mittags einen Tisch reserviert, das Restaurant war rappelvoll. Wir redeten wieder über unsere Jobs, über Italiener und ihre Kochkünste, über unsere Kindheit und den Hang zu Spaghetti mit Tomatensoße. Irgendwann erwähnte Tom in einem Nebensatz, dass seine Frau mit den Kindern übers Wochenende zur Oma gefahren sei, und erzählte dann weiter von der angenehmen Ruhe im Haus, endlich einmal Computerspiele, Lesen, Ausschlafen und so weiter. Ehrlich gesagt, habe ich ihm zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr so genau zugehört. Ich war mit meinen Gedanken längst dort angekommen, wo wir nach einer Flasche Rotwein beim Italiener, einem Absacker-Drink in der benachbarten Bar und der folgenden Taxifahrt zu mir nach Hause auch landeten – im Bett.

Für mich war es eigentlich von vornherein klar gewesen, dass es passieren würde. Ich habe nicht großartig überlegt. Warum denn auch? Wegen seiner Frau? Wirklich, ich kenne sie nicht. Aber ich kenne mich. Ich bin eine unabhängige, freiheitsliebende Frau und dank der Bravo, ein paar guten Freundinnen und ordentlichem Biologieunterricht ausreichend aufgeklärt. Ich mag Sex. Ich genieße das Gefühl von fremden Händen auf meiner Haut, genieße es, wenn der Kopf auf Leerlauf schaltet und Denken nicht mehr möglich ist. Sich nur noch fallen lassen, am Ende erschöpft und zufrieden in die Bettdecke kuscheln und feststellen: Das Leben ist schön. Wissen, dass der andere Gleiches denkt und dass beide glücklich sind. Warum sollte ich das mit Tom nicht dürfen? Wegen seiner Frau? Für einen Moment, wirklich nur für einen kurzen, habe ich an sie gedacht, aber dann siegte der Gedanke: Wenn ich es mit Tom nicht mache, macht es eben eine andere. Und bitte, da ich auch gerne Sex habe, wäre ich schön blöd, wenn ich mir so einen Mann entgehen lassen würde. Wirklich, manchmal ist es einfach gut, ein bisschen mehr an sich selbst zu denken und sich etwas zu gönnen.

Also hatten wir Sex, und schon beim Einschlafen war mir klar, dies war kein bloßer One-Night-Stand. Wäre er auf dem Laken ein absoluter Loser gewesen, hätte ich ihm vielleicht eine zweite Chance verwehrt. Er war es aber nicht, und so genoss ich gleich beim Aufwachen das nächste Mal. Ich bin nicht die Frau, die ausschweifend über irgendwelche Stellungen und Techniken, Orgasmen oder die Länge und Breite seines … – egal, das behalte ich lieber für mich und ziehe einfach das Fazit: Es war Wahnsinn!

Trotzdem schwirrten mir samstags, als ich nach dem Frühstück die Tür hinter Tom schloss, einige Fragen durch den Kopf:

War ich die Erste, mit der er seine Frau betrogen hatte? Wird er es ihr erzählen? Schläft er noch mit seiner Frau? Wie ist wohl der Sex mit ihr? Auch wenn ich über ein gesundes Selbstbewusstsein verfüge, kann ich nicht leugnen, dass die Gedanken daran mir ein komisches Gefühl in der Magengegend bescherten. Leider verselbstständigen sich Gedanken ja gerne, und daher konnte ich mich nicht dagegen wehren, mir Tom und sie – eine Mischung aus Moderatorin Nina Ruge und Schauspielerin Veronica Ferres, ich weiß auch nicht, wie ich darauf kam – im Bett vorzustellen. Wie sie beide nackt daliegen und … nein! Ich hatte wahnsinnig guten Sex mit einem wahnsinnig tollen Mann. Ich lebe in einer hübschen Wohnung, ich habe nette Freunde und einen guten Job. Warum sollte ich mir das Leben mit solchen Fragen und intensivem Nachdenken unnötig schwer machen? Zumal sich die wichtigste Frage, ob wir uns wohl wiedersehen würden, erübrigte. Denn selbstverständlich sahen wir uns wieder, wenn auch erst am folgenden Montag im Büro.

Es war etwas komisch, als wir uns gleich morgens in der Küche begegneten. Was würde er sagen? Was sollte ich sagen? Würde überhaupt einer von uns etwas sagen? Schon wieder hatte ich vorher zu viel gegrübelt. Denn natürlich sagte er etwas: »Gehen wir heute Mittag zusammen essen?« Ich grinste. »Klar, gerne.«

Zum Glück gibt es bei uns im Büro nicht so einen Herdentrieb, der dazu führt, dass alle zusammen zu irgendeiner Futterstelle losziehen. So konnte ich mich einfach gegen 13 Uhr von meinen Kollegen verabschieden, und Tom und ich trafen uns in einem kleinen Bistro. Warum auch nicht? Keiner konnte sich darüber wirklich das Maul zerreißen. Schließlich waren Tom und ich ja so etwas wie Kollegen.

Zu meinem Erstaunen redete Tom gar nicht lange um den heißen Brei herum. Ich hatte gedacht, er würde vielleicht etwas von einem Ausrutscher erzählen, würde sagen: »Bitte versteh, ich bin verheiratet«, doch er sagte nichts dergleichen. Stattdessen zog er zwei Theaterkarten hervor und meinte nur: »Donnerstag um 20 Uhr. Shakespeares Sommernachtstraum. Wir können ja vorher noch bei dir kochen.« Kein Wort über seine Frau, kein Wort über das Wochenende, kein Wort über seine Kinder. Und er machte erst recht nicht den Versuch, irgendetwas als ungeschehen hinzustellen. Keine Frage: Der Mann machte mich sprachlos, und verzückt nahm ich die Theaterkarten an mich.

Am selben Abend war ich mit Juliane verabredet. Natürlich hatte ich ihr das Wichtigste bereits samstags am Telefon erzählt, aber bei einem Gläschen Wein und Tapas lässt es sich viel netter quatschen. Ich erzählte und erzählte, und am Ende meinte Juliane nur: »Dann biste jetzt ja eine Geliebte!«

Wir mussten beide erst grinsen und dann laut lachen.

Von der Lust zu lieben

Eine Frage, die Psychologen, Verhaltensforscher, Biologen, Philosophen, Neurologen – kurzum, die Wissenschaft – und Menschen im Allgemeinen beschäftigt, lautet: Was ist eigentlich Liebe?

Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, heißt es manchmal, begleitet von Kribbeln im Bauch und Herzflattern. Andere wiederum sagen gar nichts, schweigen und grinsen scheinbar wissend.

Aus Sicht der Forschung

Die neuere Forschung spricht in Sachen Liebe mehrheitlich eher nüchtern von einem »multidimensionalen Konstrukt«. In diesem Konstrukt bilden sich die Einstellungen, Gefühle und Verhaltensweisen einer Person gegenüber einer Zielperson ab.

Genauer untersucht hat dieses Phänomen der kanadische Soziologe John Alan Lee. Aus der Analyse literarischer und philosophischer Texte sowie den Ergebnissen verschiedener Befragungen leitet er folgende sechs Liebesformen ab:

Romantische Liebe (Eros)

Gemeint ist hiermit die Liebe auf den ersten Blick, bei der der Partner der Idealvorstellung, also dem Bild vom »Traummann« beziehungsweise von der »Traumfrau«, entspricht. Die romantische Liebe basiert stark auf der erotischen Anziehung und der emotional-physiologischen Intensität des Erlebens.

Spielerische Liebe (Ludus)

Wie die Begrifflichkeit schon sagt, wird diese Form der Liebe als ein Spiel betrachtet, bei dem weder tiefe Gefühle noch die Bindung an einen einzelnen Partner eine große Rolle spielen. Im Vordergrund steht vielmehr die Verführung und sexuelle Freiheit. So besitzt diese Form der Liebe keine Zukunftsperspektive, sondern beschränkt sich auf das Hier und Jetzt.

Freundschaftliche Liebe (Storge)

Sie entwickelt sich oftmals aus einer langen freundschaftlichen Vertrautheit heraus. Dabei bilden ähnliche Interessen der Partner und gemeinsame Unternehmungen die Basis der Beziehung. Die Sexualität hat keine zentrale Bedeutung.

Besitzergreifende Liebe (Mania)

Dieser Liebe liegt ein dominierendes und verzehrendes Gefühl zugrunde. Alles dreht sich um den Partner. Der auf diese Weise Liebende ist sehr eifersüchtig, verlangt nach der ständigen Aufmerksamkeit des Partners und leidet, wenn diese ausbleibt.

Pragmatische Liebe (Pragma)

Im Vordergrund stehen hier weniger Emotion und Sexualität. Es geht vielmehr um pragmatische Überlegungen sozialer, finanzieller oder möglicherweise auch religiöser Art. Der Partner wird anhand dieser ausgesucht und an ihnen gemessen, sie können ebenso dazu führen, dass ein Partner als nicht passend eingestuft wird.

Altruistische Liebe (Agape)

Alles dreht sich bei diesem Liebesstil um das Wohlergehen des Partners. Für ihn in selbstloser und aufopfernder Weise da zu sein und ihn zu unterstützen ist für den in dieser Form Liebenden erfüllend und belohnend.

Doch liegt in den meisten Fällen nicht eine einzelne Form der Liebe vor, sondern es kommt zu Kombinationen und Entwicklungen der Liebesformen – beispielsweise kann die romantische Liebe von Beginn an sehr pragmatisch angelegt sein und sich später zu einer äußerst besitzergreifenden Liebe entwickeln. Erst die gegebenenfalls wirren Verknüpfungen von Liebesformen und die unbeantwortete Frage, wieso man diesen und keinen anderen Partner gewählt hat, machen die Liebe zu jenem phänomenalen und eigentlich unbeschreiblichen Gefühl. Der Literat Franz Kafka (1883-1924) versuchte trotzdem, die Liebe zu beschreiben, und kam zu einem charmanten Vergleich: »Liebe ist alles, was unser Leben steigert, erweitert und bereichert. Nach allen Höhen und Tiefen. Die Liebe ist so unproblematisch wie ein Fahrzeug. Problematisch sind nur die Lenker, die Fahrgäste und die Straße.«

Männer und Liebe

Als wäre es nicht schon verwirrend genug, dass Liebe nicht gleich Liebe ist, lieben Männer und Frauen auch noch auf verschiedene Arten. Die Ursache dafür liegt im Gehirn, sagt Ruben Gur von der University of Pennsylvania in Philadelphia. Der Psychologe und Neurologe untersuchte gemeinsam mit seiner Frau Raquel, ebenfalls Psychologin, das Limbische System des menschlichen Gehirns. Das ist jener Gehirnbereich am Rand der Großhirnrinde, der sämtliche Reizeinwirkungen auf alle menschlichen Sinneskanäle verarbeitet. So löst das Limbische System zum Beispiel Emotionen aus wie Furcht und Zuneigung, initiiert Trieb- und Instinkthandlungen und sorgt für Gefühlstönungen. Genau in diesem System gibt es einen Bereich, der Gyrus cinguli genannt wird und der, so die beiden Gurs, für die Paarbindung des Menschen besonders wichtig ist. Dieser ist bei Frauen wesentlich ausgeprägter als bei Männern. Vor dem Hintergrund dieser Forschungsergebnisse kommen die Psychologen zu dem Schluss: Frauen haben eine stärkere Fähigkeit zur Liebe im Sinne von Bindung und Engagement.

Aber damit nicht genug: Aufgrund der Tatsache, dass der Gyrus cinguli nahe den Sprachzentren liegt, können Frauen auch besser über ihre Gefühle reden, folgert das Forscherehepaar weiter.

Als ob wir Frauen dies nicht schon lange wüssten! Männer sind Muffel, wenn es um das Reden über Gefühle geht, und haben in Sachen Bindung und Engagement häufig arge Defizite. Viel lieber, als sich möglichen verbalen Auseinandersetzungen zu stellen, halten es einige Herren wie ihre steinzeitlichen Vorfahren und sind wahre Profis, was das Jäger-und-Sammler-Verhalten angeht: Etliche von ihnen suchen laufend nach neuen Errungenschaften und können auch gar nichts dagegen unternehmen – so entspricht es ihrer Geschichte, die ihren Anfang irgendwann vor vier Millionen Jahren genommen hat.

Damals, so der britische Evolutionsforscher Ralph Drury, lebten die Männer als Jäger und hatten weder die Zeit noch die nötige Aufmerksamkeit, um sich ausdauernden Sex zu leisten. Es gab kein Vorspiel, kein Nachspiel, keine spektakulären Orgasmen, keine besondere Frau. Den Grund hierfür sieht Drury darin, dass die Jäger tagelang allein unterwegs waren. Wenn die Triebe sie drängten, mussten sie sie auf unsentimentale und schnelle Weise befriedigen. Mit diesem Wissen im Hinterkopf sind Ralph Drury und andere Forscher zu der Ansicht gelangt, dass männlicher Sex noch heute mehr mit Masturbation zu tun hat als mit Partnerschaft – und das fängt schon beim Verlieben an. Die amerikanische Psychologin Ellen Fein ist ähnlicher Ansicht: Männer sind wirklich anders gepolt als Frauen, denn sie wollen sofort Sex. Erst wenn sich die Herren der Schöpfung Mühe geben, entwickelt sich Liebe.

Und? Irgendwie haben wir Frauen das doch schon geahnt, wenn nicht gar gewusst. Trotzdem: Sollten wir deswegen Männer grundsätzlich meiden? Sie lange zappeln lassen und erst einmal einen großen Bogen um sie machen? Mitnichten – und selbst wenn wir dies tatsächlich wollten, wäre es nicht möglich.

Amors Pfeile – Gegenwehr ist zwecklos

Frauen verlieben sich in Sekundenschnelle. Dagegen können auch Sie, liebe Leserin, sich nicht wehren. Kirsten Kruck vom Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie in Andechs untersuchte in einer Studie das Verhalten von 713 Frauen, zum Beispiel in Discos und Kneipen, und beobachtete dabei deren Vorgehensweise in Sachen Männermusterung. Krucks Fazit: Frauen brauchen nur vier Minuten, um ein Urteil über einen männlichen Vertreter zu fällen. Vier Minuten, nach denen Frauen wissen, was sie wollen, vier Minuten, die sich fein säuberlich nachvollziehen lassen …

1. bis 100. Millisekunde: Alles, was Sie als Frau in diesen Momenten wahrnehmen, sind Lichtpunkte. Diese werden von den Nervenzellen in Nachrichten umgewandelt und an Unterabteilungen des Gehirns, die unter anderem für Angst, Hunger, Paarung und Erregung zuständig sind, weitergeleitet. Diese Informationen werden mit den gespeicherten Daten bezüglich eigener Erfahrungen und Wünsche verglichen, zum Beispiel: Ist der Mann im richtigen Alter? Was hat er für eine Figur? Ist er attraktiv?

101. bis 110. Millisekunde: Die gefilterten Botschaften sind Auslöser für Emotionen. Der ganze weibliche Körper ist nun auf Höchstleistung eingestellt: Adrenalin wird freigesetzt, die Pupillen weiten sich, der Blutdruck steigt, das Lustzentrum wird aktiviert.

111. Millisekunde bis 1. Minute: Die Flirtphase kann beginnen. Sie pirschen sich näher an den Mann heran, um seine Person genauer zu inspizieren. Sie haben seine Daten (Haarfarbe, Kleidung etc.) in Ihren Langzeitspeicher aufgenommen und würden ihn auch nach einigen Wochen wiedererkennen.

1. bis 3. Minute: Nun werden die körperliche Erscheinung und das Verhalten des Mannes unter die Lupe genommen. Viele Frauen bevorzugen – so die Untersuchung – einen Mann mit knackigem Po, ausgeprägter Kinn-Mund-Partie und lockeren Bewegungen. Geht es dann in die Kategorie »Smalltalk« über, achten 55 Prozent der Frauen zunächst auf Mimik, Gestik und Körperhaltung. Tonfall, Aussprache und Sprechgeschwindigkeit sind zu 38 Prozent von Bedeutung, und nur sieben Prozent macht der Inhalt aus.

3. bis 4. Minute: Sie haben sich entschieden, ob der Mann für Sie als Liebespartner infrage kommt oder nicht. Außerdem glauben Sie zu wissen, ob der Inspizierte ehrgeizig, geizig, sanft oder kinderlieb ist.

Vier Minuten oder 240 Sekunden, in denen das Gehirn automatisch arbeitet und alles so blitzschnell seinen Gang nimmt, dass jede Gegenwehr zwecklos ist. Selbst wenn Sie versuchen würden, den Vorgang in den Griff zu bekommen, gelänge es Ihnen nicht. Sie verlieben sich in den Mann, der Ihnen gefällt. Und dabei zählen in den ersten Sekunden sein Aussehen, sein Geruch, seine Stimme – kurzum: die gesamte äußere Erscheinung des Mannes inklusive seines Auftretens –, und ganz sicher nicht die Fragen: »Hast du eine Freundin?«, oder: »Bist du verheiratet?« Derartiges interessiert die Liebe zumeist nicht. Sie sucht sich bekanntermaßen ihren eigenen Weg, kennt dabei keine Hürden und Grenzen und führt somit auf ihrer Angebotsliste auch liierte Männer.

Dass es Geliebte gibt, dass es Männer gibt, die mehrere Frauen lieben, ist eine Tatsache, die einige Völker als selbstverständlich betrachten, weshalb sie die Polygamie erlauben. Sie können die Aufregung darüber in den westlich orientierten Ländern gar nicht verstehen. Genauer gesagt, sind es hauptsächlich afrikanische und arabische Gesellschaften, in denen dem Mann das Recht eingeräumt wird, mit mehreren Frauen gleichzeitig zusammenzuleben.

Da ist es wieder, das Phänomen der Liebe – und die liebe Last mit ihr. Immer wieder aufs Neue sind es die alten Fragen, die für Diskussionen sorgen: »Gibt es nur eine große Liebe im Leben?«, »Können Frauen und Männer Freunde sein, ohne sich zu lieben?«, oder: »Funktioniert Sex ohne Liebe und Liebe ohne Sex?« Viele davon bleiben unbeantwortet – zum Glück. So bleibt die Liebe weiterhin ein schönes, fast unerklärliches Phänomen.

Einige Menschen wollen sich trotzdem mit dem Unerklärlichen der Liebe und ihrer Unberechenbarkeit nicht abfinden und versuchen, diesem Gefühl auf den Grund zu gehen. Wiederum andere machen Geschäfte mit der Liebe. So gibt es zum Beispiel Partnervermittlungsagenturen, Büros für organisierte Seitensprünge und etliche Fernsehshows, in denen sich Paare finden sollen und später hoffentlich lieben lernen. Auch wenn dies durchaus seinen eigenen Reiz haben mag, wünschen sich die meisten Menschen doch etwas anderes: Plötzlich von Amors Pfeil getroffen zu werden und vor lauter Liebestaumel nicht mehr klar denken zu können. Kein Richtig und Falsch mehr zu kennen und kein Morgen, sondern nur noch das Heute zu sehen. Jeder, der versucht, beim Prozess des Verliebens den Kopf einzuschalten, jeder, der die Liebe zu sehr überdenkt, sie anzweifelt oder gar ablehnt, lässt sich das Schönste im Leben entgehen: Die Liebe – zu lieben und geliebt zu werden!

Geliebte und ihre Geschichten

Die Anzahl der Geliebten in der Vergangenheit ist gewaltig, und es dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass es auch immer wieder Geliebte geben wird. Nicht selten schrieben diese Frauen, gerade weil sie Geliebte waren, Geschichte. Hier eine kleine Auswahl:

Kleopatra

Vielleicht war es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick, vielleicht funkte es aber auch erst später. Fakt ist, dass es im Jahr 48 vor Christus in Alexandria geschah: Dort trafen sich Kleopatra VII. und der römische Feldherr Cäsar zum ersten Mal. Cäsar war hingerissen von der damals 21-jährigen Schönheit. Obwohl mit Calpurnia verheiratet, versuchte er erst gar nicht, seine Gefühle für Kleopatra zu verheimlichen, und lud sie ein Jahr später zu einer kleinen Liebesreise auf dem Nil ein. Die Beziehung entwickelte sich und war mehr als nur eine heiße Affäre. So folgte Kleopatra 46 vor Christus Cäsar nach Rom und lebte dort als seine Geliebte. Sie gebar ihm einen Sohn, den sie Cäsarion nannte.

Als Cäsar im Jahr 44 vor Christus ermordet wurde, kehrte Kleopatra in ihre Heimat Ägypten zurück. Dort regierte sie mit dem jungen Cäsarion und wurde wieder eine Geliebte: von Marcus Antonius. Der damalige Beherrscher des Ostens war eigentlich mit Fulvia verheiratet, als er Kleopatra begegnete und ihren Reizen sofort erlag. Kleopatra und Antonius bekamen Zwillinge. Selbst als Fulvia starb und Antonius aus taktischen Gründen die Schwester seines Gegenspielers Octavian heiratete, blieb Kleopatra seine Geliebte. Schließlich ließ Antonius sich von seiner Ehefrau Octavia scheiden, um 37 vor Christus seine Geliebte Kleopatra heiraten zu können. Octavian war erbost, sagte Antonius den Kampf an und schickte die Flotte Roms und Heeresverbände gegen Ägypten. Bis in die Nacht hinein sollen die Kämpfe gedauert haben, die schließlich mit Antonius’ Niederlage endeten.

Das Drama nahm seinen Lauf: Sieger Octavian zwang Antonius zum Selbstmord und sperrte Kleopatra in ihren Palast, wo sie streng bewacht wurde: Sie sollte keinen Märtyrertod sterben dürfen. Daher wurden alle scharfen und spitzen Gegenstände aus ihren Gemächern entfernt. Trotz aller Vorkehrungen aber gelang es einer Dienerin Kleopatras, eine Giftschlange einzuschmuggeln. Mit dem Biss der Schlange endete im Jahr 30 vor Christus die letzte Dynastie in Ägypten.

Madame Pompadour

Unter ihrem richtigen Namen Jeanne Antoinette Poisson dürfte sie den meisten weniger geläufig sein, als Madame Pompadour hatte diese Geliebte fast 20 Jahre großen Einfluss auf die französische Politik.

Geboren wurde Jeanne Antoinette am 29. Dezember 1721 als Tochter eines Lebensmittelhändlers. Ein gesellschaftlicher Status, mit dem sich die junge Frau nicht zufrieden geben wollte. Schön wie sie war, verdrehte sie bei einem Ball im Pariser Hôtel de Ville kurzerhand dem französischen König Ludwig XV. den Kopf. Eigentlich war der König mit Maria Leszczynska, der Tochter des entthronten polnischen Königs Stanislaus I. Leszczynski verheiratet. Doch das hinderte Ludwig nicht, Jeanne Antoinette 1745 an seinen Hof zu holen. Innerhalb kurzer Zeit wurde die junge Frau nicht nur die Lieblingsmätresse des Königs. Sie wurde zudem geadelt und erhielt den Titel einer Marquise de Pompadour, benannt nach dem Gut Pompadour, das ihr der König gekauft hatte.

Doch die junge Frau sollte noch mehr erreichen. So fungierte die Marquise de Pompadour als Vermittlerin zwischen den Ministern und dem König und war an den Bündnisverhandlungen beteiligt, die im Siebenjährigen Krieg zu der Koalition von Frankreich und Österreich führten. In dieser Zeit war Madame Pompadour mächtiger denn je. Ihr Einfluss erstreckte sich sogar auf die Ernennung von Heerführern, und kein Minister wagte es, ihr zu widersprechen. Madame Pompadour starb am 15. April 1764 an Tuberkulose.

Marilyn Monroe

Eine unglückliche Kindheit, Liebesaffären mit berühmten Männern, ein kometenhafter Aufstieg und mit 36 Jahren ein mysteriöser Tod. Als Norma Jean Baker, besser bekannt als Marilyn Monroe, in den frühen Morgenstunden des 5. August 1962 stirbt, wird sie zu einer Legende. Grund hierfür ist sicherlich einerseits, dass sie in Hollywood-Klassikern wie Blondinen bevorzugt (1953), Wie angelt man sich einen Millionär (1953) oder Manche mögen’s heiß (1959) glänzte. Andererseits aber auch, dass sie schön war und einen Stil prägte, der Jahrzehnte später von Stars wie Madonna kopiert und von Elton John besungen wurde. Und zur Legende wurde sie auch, weil Marilyn die Antworten auf zwei Fragen mit ins Grab nahm: War es Selbstmord oder Mord? Starb Marilyn Monroe, weil sie eine Geliebte war?

Die Beziehung von Marilyn Monroe zu den Kennedy-Brüdern ist heute ein offenes Geheimnis. Besonders zu Robert Kennedy, dem damaligen Justizminister und Ehemann von Ethel Skakel, soll die Monroe eine intensive Verbindung gehabt haben – enger noch als zu US-Präsident John F. Kennedy. Allerdings soll es zwischen Robert Kennedy und Marilyn Monroe gekriselt haben, und Gerüchten zufolge beendete Robert die Beziehung. Daraufhin soll die Schauspielerin mehrmals versucht haben, Robert Kennedy im Weißen Haus zu erreichen. Doch ihre Anrufe wurden meist gar nicht erst durchgestellt. In verzweifelter Wut soll sie dann angekündigt haben, am 6. August um 11 Uhr eine Pressekonferenz einzuberufen, in der sie aller Welt berichten wolle, dass sie Robert Kennedys Kind abgetrieben und mit seinem Bruder John eine Affäre gehabt habe. Weiterhin soll sie gedroht haben, geheime Pläne der CIA und der Mafia zu enthüllen, in denen es angeblich um die Ermordung Fidel Castros ging. Als Robert Kennedy dies zu Ohren kam, soll er sofort zu Marilyn geeilt sein. Augenzeugenberichten zufolge betrat Robert Kennedy das Haus der Monroe am frühen Samstagabend, den 4. August 1962. Dort soll es zu einem heftigen Streit zwischen den beiden gekommen sein, und Kennedy verließ das Haus. Ein paar Stunden später war Marilyn Monroe tot.

Sie starb, so heißt es, an einer Überdosis Schlaftabletten. Ihr nackter Körper lag mit dem Kopf nach unten auf dem Bett, während eine Hand den Telefonhörer fest umklammert hielt. Neben dem Bett fand man leere Schlaftablettenröhrchen.

Alles deutete auf einen Selbstmord hin, doch die Beweise, die seither gefunden wurden, scheinen dem zu widersprechen. Es stellte sich heraus, dass Marilyns Haushälterin und zwei Ärzte vier Stunden lang gewartet hatten, bevor sie die Polizei verständigten. Auch schien die Position, in der die Leiche gefunden wurde, unnatürlich, es sah aus, als habe jemand den nackten Körper so hingelegt. Damit nicht genug: Die Gerichtsmediziner stießen ebenfalls auf Ungereimtheiten. Dr. Keith Simpson, ein führender Experte auf dem Gebiet der Gerichtsmedizin bei der britischen Regierung, merkte an, dass der Barbituratgehalt in Blut und Leber von Marilyn Monroe so hoch gewesen sei, dass auch ihr Magen Rückstände der Kapseln hätte enthalten müssen. Doch derartige Befunde gab es nicht.

Übrigens war John F. Kennedy nicht der erste US-Präsident, der eine Geliebte hatte. Auch Franklin Roosevelt, von 1933 bis 1945 Präsident der Vereinigten Staaten, führte eine außereheliche Beziehung. Im Jahr 1913 wurde Lucy Mercer seine Geliebte, die Privatsekretärin seiner Frau Eleanor. Fünf Jahre später entdeckte Eleanor Liebesbriefe und drohte Berichten zufolge mit der Scheidung. Roosevelt versprach, die Affäre zu beenden. Später soll Mercer aber wieder in sein Leben getreten sein und ihn vor seinem Tod am Krankenbett besucht haben.

Und natürlich erinnern wir uns alle an die Geliebtenbeziehung, die 1998 um die Welt ging: zwischen Präsident Bill Clinton und Monica Lewinsky, einer Praktikantin im Weißen Haus.

Maria Callas

ChristinaChristina